Holzola

Goddardut di

Pentjake

obablemI- 1662

Freihei

Nummer 21 2. Jahrgang

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Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands  

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Saarbrücken  , Freitag, den 26. Januar 1934 Chefredakteur: M. Braun

915

Aus dem Inhalt

Ende der deutsch­

französischen Unterhaltung Seite 2

dou more 8

Ehcencühriger do mon

Reichsstatthalter

Seite 3

Riesenpleite im Mittelstand

Seite 4

Dec Fud' ist Schuld

Seite 7

Flucht aus Oranienburg  

www.pland Abenteuerlicher Ausbruch des sozialdemokratischen Abgeordneten Seger   aus der Hölle des Konzentrationslagers

Bericht des Augenzeugen über die Untaten der Kanzler- Schandbuben

Nach abenteuerlicher Flucht aus dem Konzentrationslager Oranienburg   ist der langjährige Generalsekretär der Deuts fchen Friedensgesellschaft und sozialdemokratische Reichstags: abgeordnete Gerhart Seger  - Dessau   ins Ausland entkom: men. Seger   war neun Monate in Schuzhaft; drei Monate in Einzelhaft im Gerichtsgefängnis in Dessau   und sechs Mo­nate im Konzentrationslager Oranienburg  .

Der Abgeordnete Seger   war Augenzeuge des Empfangs, der in Oranienburg   den zur gleichen Zeit eingelieferten Ab­geordneten Ebert und Heilmann und den ehemaligen Leitern des deutschen Rundfunks Dr. Magnus, Gies jede, Flesch und Braun bereitet wurde.

Diese sechs Männer wurden vor der gesam ten A. entkleidet, ihrer Anzüge beraubt und in alte abgelegte Lumpen gehüllt. Es wurden ihnen die saare geschoren, fie mur den vor der Front der Gefangenen be: schimpft und mißhandelt, am schlimmsten Heilmann.

Außer diesen sechs waren an bekannteren Personen im Lager Oranienburg   die Abgg.& in ftler und Szillat( Ober: Künstler bürgermeister von Brandenburg  ), die Oberstaatsanwälte Binder und Köhler. Dem Abgeordneten  Künstler wurden drei Pfeile in die Haare hineinrasiert. Die beiden Oberstaatsanwälte hatten unter früheren Regierungen als Vertreter politischer De: zernate Strafprozesse gegen Nationalsozialisten, darunter auch gegen Göbbels  , durchzuführen. Im Konzentrations­lager nahm jezt die SA. dafür Rache an ihnen. Die Nach­richt, daß das Lager Oranienburg   nur noch für meuternde SA. und SS. diene, erklärt Seger für unrichtig. Es waren zwar solche Gefangenen aus der SA. im La ger, aber sie bildeten nur einen sehr gerina gen Prozentjag der Belegichaft.

Ein wahrheitsgetreuer Bericht der grauenvollen Miß: handlungen, die Seger in sechs Monaten Oranienburg   er: lebt und gesehen hat Seger beginnt ihn mit der. Eides: formel deutscher   Gerichte:" Ich schwöre, daß ich nach bestem Wissen und Gewissen die reine Wahr: heit fagen, nichts verschweigen und nichts hinzusehen werde!" wird als Buch erscheinen( bei der Verlagsanstalt Graphia in Karlsbad  , mit einem Geleit: wort, das der frühere Präsident der preußischen Dichteraka: demie Heinrich Mann   schrieb). In diesem Buch wird Seger den Versuch unternehmen, neben einer der strengsten Rachprüfung ftandhaltenden objektiven Darstellung das bis­her völlig unbekannte Milien des Lagerlebens zu schildern. Die Grausamkeiten, die in den Konzentrationslagern täg: lich vorkommen und in vielen Pressenachrichten über die deutschen   Grenzen gedrungen find- stehen nicht im Vor: dergrund der Mitteilungen Segers. Fürchterlich sind neben

förperlichen die seelischen Mißhandlungen, denen die Häft­linge täglich ausgefegt find. Seger berichtet, daß es in Oranienburg   außer den üblichen Arrestzellen besondere Stehen, nicht einmal das Niederhocken ermöglichen. In die: Dunkelzellen gibt, die dem darin Eingeschlossenen nur das sen Steinfärgen wurden Gefangene bis zu acht Tagen und Nächten stehend lebendig begraben! Es ist im vollen Sinne des Wortes eine Hölle, aus der Seger trog der Gefahr, auf der Flucht erschossen zu werden, in verwegener Flucht ent kommen ist.

Göring   stichlt und plündert

Die nationalsozialistische Regierung stiehlt zu­gunsten des nationalsozialistischen Parteiapparats gunsten des nationalsozialistischen Parteiapparats

Wie Magnus Hirschfeld   beraubt wurde Das Geheime Staatspolizeiamt Berlin hat folgende Vers fügung erlassen: Auf Grund des§ 1 des Gesetzes über Ein­stehung fommunistischen Vermögens vom 21. Mai 1933 ( RGBI. 1, S. 293) in Verbindung mit dem Gesetz über die Einziehung staats- und volksfeindlichen Vermögens vom 14. Juli 1933( RGBI. 1 S. 479) und der preußischen Ausführungsverordnung vom 31. Mai 1933 ( Gs. S. 207) wird das gesamte Vermögen der Dr.- Magnus: Hirschfeld- Stiftung sowie das persönliche Vermögen des Dr. Magnus Hirschfeld   zugunsten des preußischen Staates, ver: treten durch den Minister des Innern, eingezogen." gez. Hinkler. ündA olen

Dr. Hirschfeld hat gegen diese Verfügung und ihre Be­gründung sofort Einspruch erheben lassen, die aber wohl faum Erfolg haben dürfte. Es handelt sich bei dieser Kon­fisfation um recht erhebliche Werte, unter anderem um zwei große Gebäude am Berliner Tiergarten   mit 115 Raumen. In einem dieser Häuser, das Dr. Hirschfeld   1918 von dem Fürsten Hatzfeld, dem früheren deutschen   Botschafter in Pa­ ris  , gekauft hatte, um dort sein Institut für Sexualwissen­ schaft   einzurichten, hat bereits der Nationalsozialistische Ju­ristenbund sein Heim aufgeschlagen. Die gesamte Einrichtung des Instituts und der Privaträume sowie der wissenschaft­lichen Sammlungen, die von der Plünderung der Bibliothek und des Archivs und der Verbrennung am 10. Mai vorigen Jahres übriggeblieben waren, wurden bereits im Dezember 1933 öffentlich unter großem Zulauf versteigert.

Verschiedene Versuche ausländischer Gelehrter, die einzig

artigen Sammlungen als Ganzes zu erwerben und so der Wissenschaft zu erhalten, waren vergeblich. Abgesehen von Wissenschaft zu erhalten, waren vergeblich. Abgesehen von einigen Stücken, die dem Museum für Völkerkunde über­wiesen wurden, konnte nur ein kleiner Reit des wertvollen Materials dadurch gerettet werden, daß ein tschechoslowa fischer Spezialarzt als Käufer auftrat.

Saar  - Zustände

Was der Regierungskommission geboten wird

In einem Ort an der Saar   ist ein Landjäger nieder­geschossen worden. Ueber das Vorleben des Täters ist amt­lich noch nichts bekannt gegeben. Die nationalsozialistische Presse nennt ihn einen Emigranten". Die kommu­nistische Presse behauptet, es handle sich um einen flüch tigen SA.- Mann aus der Gegend von Karlsruhe  , der wegen Einbruchsdiebstahls und wegen Nieder schießens von zwei Kriminalbeamter verfolgt werde. Wenn dies zutrifft, ist es also keineswegs ein Emigrant", sondern ein gemeiner Verbrecher von derart Reichsdeutschen, die eben erst in der Schweiz   tagelang hun­derte Polizeibeamte in Schach   hielten und sieben Todesopfer forderten, bis sie selbst sich entleibten.

Die nationalsozialistische. Saar- Front", herausgegeben von dem Führer der deutschen Front", Staatsrat Alois Spaniol  , nimmt die Tat eines gemeinen Verbrechers zum Anlaß, der Regierungskommission vorzuwerfen, daß diese das Saargebiet zu einem Verbrecher­asyl und einer Stätte des politischen Wahn­jinns gemacht habe. Der Wahnsinn rast die Re­

gierungskommission schweigt." Alle Emigranten werden schlechthin als Verbrecher bezeichnet. An der Saar   herrsche die Terrorfreiheit internationalen Ver­brechertums und die Regierungsfommission unterlasse es, den organisierten Mord zu unterbinden. Wörtlich wird der Regierungskommission gesagt:

Den Emigranten aber, dem blindwütigen Werkzeug separatistischer Drahtzieher, hält eine hohe Obrigkeit im Saargebiet nach wie vor ohne lange Prüfung die Arme offen entgegen, während sie anständigen Elementen oft alle Schwierigkeiten macht und ihnen wohl gar den Auf­enthalt verweigert.

Das ist der offene Vorwurf, daß die Regierungs­tommiffion emigrierte Verbrecher bevorzuge, während sie anständigen Elementen den Aufenthalt verweigere. Diesem Blatte hat neulich dieselbe Regierungsfommission ein längeres Verbot abgekürzt.

Fortsetzung fehe 2. Seite

Danzig  

Die Stadt mit dem Völkerbundskommissar Von Dr. Rolf Sell

Als die Sonne des dritten Reiches" über Danzig   auf gegangen war, glaubten viele Narren, daß die Not jetzt eine Ende hat. Was der letzte brutale Versuch eines niedergehenden Systems ist, wurde in eine neue kapita listische Morgendämmerung umgedeutet. Und die wegen ihrer sozialen Lage zu den Enterbten Gehörenden jubelten mit, freuten sich mit ihren Bedrückern.

Versprechen hats viele gegeben. Für jeden hatte ja Adolf einen vollen Mund. Den Danzigern versprach er, was des Danzigers ist: Rückkehr zum Reich, Wiederge­winnung des polnischen Korridors, eine Danziger Arbeits schlacht und überhaupt ein goldenes Zeitalter. So hörte man es vor Tisch. Nach der Wahl gab es das erste Staunen. Die Uebernationalen biederten sich an Polen  an. Zu diesem Zweck holte sich der frisch gebackene Senatspräsident Herr Rauschning, ein aus Posen importierter Reaktionär der alten Schule, von Berlin  den Dreh mit der Achtung der fremden Volksgemein­schaft". Herr Rauschning schloß daraufhin mit Polen  Verträge ab, für die jeder Senator vor ihm mit dem Namen Landesverräter" gebrandmarkt worden wäre. Polen   erhielt bedeutende wirtschaftliche und kulturelle Vorteile. Neue polnische Schulen konnten errichtet werden.

Trotz der widerlichen Anbiederungen der Nazis an Polen   blieb bisher der praktische Erfolg für Danzig   gleich null. Das Leben änderte sich nur für die neue Nazi­bourgeoisie. Der Herr Jnnensenator fährt jetzt zu Jagden des polnischen Staatspräsidenten. Man kann sich Billen einrichten lassen. Es geht ihnen gut, den neuen Herren. Die Arbeitslosen aber stempeln weiter. Dafür heißen sie aber jetzt nicht mehr Proleten, sondern Volksgenossen".

Im Innern zog Bettelei und Barbarei ein. Das be­währte Schema wurde aus Deutschland   übernommen. Wie gerne hätte man morden und schlagen wollen! Da gab es bisher noch ein Hindernis, der vom Völkerbund eingesetzte Kommissar, der die Einhaltung der Verfassung missar bestätigte Herrn Rauschning, daß er die beschworene zu überwachen hatte. Trotzdem der Bölkerbundskom­Verfassung schon mehrfach gebrochen hätte. Es gab einen Schulkonflikt, einen Zeitungskonflikt und der Konflikte mehr. Trotz der verfassungsmäßig garantierten Mei­nungsfreiheit wurde angeordnet, daß der Schulunterricht mit dem Hitlergruß zu beginnen und zu enden hätte. Auch jüdische Kinder wurden dazu gezwungen. Wer nicht parierte, wurde geschlagen. Dann wurde die Gesinnung zwangsweise durch Besuch von Nazifilmen untermauert. Sechsjährige Kinder mußten ohne Ausnahme SA.- Mann Brand", Hitlerjunge Quer" und ähnliche Erzeugnisse an­sehen. Der Erfolg dieser Nazierziehung war in mehreren Fällen der, daß Kinder nachts unter Schreikrämpfen era wachten und in schwere Psychosen verfielen.

Die Meinungsfreiheit der Zeitungen besteht so weit", daß nicht einmal Meldungen über eklatanten Verfassungs­bruch der Danziger Senatoren gebracht werden dürfen. Die sozialdemokratische und die katholische Zeitung wurden mehrfach verboten, ihre Verleger unter den Augen des Völkerbundskommissars in Schutzhaft genommen. Interventionen des Völkerbundskommissars wurden Bruder Deutschland   seinen Völkerbundskonflikt; und es brüsk übergangen. Jezt hat Danzig   analog seinem großen werden noch weitere folgen.

Ein Schandkapitel bildet hüben wie drüben die famose Justizmaschinerie. Für Erschlagungen von Arbeitern ist gleich der Notwehrparagraf da. Verhaftungen erfolgen unter Ausschluß der Oeffentlichkeit. Gewiß ist es nicht so wie in Deutschland  , dem klassisch gewordenen Lande der Richter und Henker. Aber man ist auf dem besten Wege zu diesem Jdyll". Schon spricht man, daß sich in Weichselmünde ein getarntes Konzentrationslager be­findet.

Die Urteile Danziger Gerichte bilden ein besonderes