Englischer Brick bef Union god. Bell Cheels!
Serocold Skeels gründet eine neue- die vierte faschistische Partei; Symbol das Grauhemd, bestickt mit der Jack. Heil
Dr. O. G. London , 27. Januar 1934. Der Faschismus in England macht von sich reden. Nicht, daß die faschistische Gefahr im Augenblick besonders akut sei. Aber bie Zeitungen schreiben darüber im Anschluß an zwei Ereignisse. Das erste davon ist freilich nur humori stisch zu nehmen.
Die Streiche des Mister Serocold Skeels
Da sprach jüngst in Nürnberg neben dem berüchtigten Streicher ein waschechter Engländer, Mister Serocold Skeels; er pries Hitler , er verfluchte die Juden kurz eine Rede nach Streichers Herzen. Endlich ein Engländer, der die Judenfrage erkennt. Dieses war der erste Streich, doch der zweite folgte sogleich.
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kabinett Macdonald, heutigem Führer der stärksten, Sir Oswald Mosley , ehemaliger Minister im Labourschwarzbehembeten Faschistengruppe, ist Seil wieder ** fahren oder auch Unheil. Der Bresselord Rothermere , der schon seit geraumer Zeit das Lob Mussolinis und Hit lers fingt, hat sich jetzt auch für England offen zum Faschismus bekannt. Hurra, die Schwarzhemden", so trompetete er vor einer Woche in seiner„ Daily Mail" über 4 Spalten. Der Jugend gebührt die Führung; sie will Aktion und nicht bas ewige Treibenlaffen; sie will nichts mit der alten Politikerbande zu tun haben, die stets nur an eigne oder Parteiinteressen denkt; sie will sich für die Größe Britanniens und des Weltreichs einsetzen, selbst los, idealistisch; Italien und Deutschland sind heute die bestregierten Länder der Welt; England muß ihnen folgen. Die Zeit nicht und sind vor allem zu alt. Wit 60 Jahren, Die alten Führer müssen weggefegt werden; sie verstehen so proklamiert Lord Rothermere , friert der Verstand ein, das Gehirn wird steif( wofür freilich dieser Artikel des 65jährigen Lords ein zwingender Beweis zu sein scheint). Also alle hinein in Mosleys Schwarzhemdenheer; es ist schon stark, es wird bald stärker ſein; in zwei Jahren spätestens, bei der nächsten Wahl, wird die Entscheidung fallen; England wird Mosley die Führung geben, dessen sei er gewiß. So der prächtige Presselord, der von Hugenbergs Schicksal wahrhaftig nichts gelernt hat.
Kurz danach erschien in Streichers Schmutzblatt, dem Stürmer", ein Brief dieses Serocold Skeels. Wieder ein Lobgesang auf Hitler und seine antisemitische Politik. Skeels versprach das gleiche in England zu vollbringen. Ja er sei schon dicht am 3iel, wenn er nur zuschlagen wolle, dann würde das alte System rasch zusammenbrechen und der„ verjudete Scheinfaschist" Mosley mit ihm. Einige englische Zeitungen berichteten über den kuriosen Brief des in England bisher unbekannten Herrn; aber niemand regte sich weiter darüber auf. Dieses war der zweite Streich. Doch der dritte folgte sogleich.
In der englischen Universitätsstadt Cambridge ist durch den Uebertritt des bisher konservativen Abgeordneten dieses Wahlkreises ins Oberhaus eine Nachwahl nötig geworden. Ein Konservativer, ein Liberaler, ein Labourmann bewerben sich um den Sitz; da tauchte plötzlich als vierter Herr Serocold Skeels als Kandidat der United British Party( Vereinigte Britische Partei) auf. Einstimmig aufgestellt, so hieß es. Dieses war der dritte Streich. Doch der vierte folgte sogleich.
Ein liberales Blatt interviewte den neuen Kandidaten. insbesondere über seine Stellung gegenüber dem Juden tum. Und siehe da, aus dem großmächtigen Helden, der noch soeben unter dem Schutze des Hakenkreuzbanners mit Streicher um die Wette gebrüllt hatte, wurde ein vorsichtiger Diplomat. Er bewundere Hitler , jo erklärte Sheels dem Interviewer, er billige auch dessen Juden politik für Deutschland . Aber in England lägen die Dinge anders. Die deutschen Juden seien Ashkenasim und böse, aber die englischen Juden seien aus Spanien ein gewanderte Sephardim und gut. Sie mischten sich nicht mit anderen Raffen und mengten sich nicht in die Politik ( was wohl der sephardische Jude Disraeli , der einer der würde?). Gegen die englischen Juden habe er nichts. Armer Streicher, er hatte sich doch schon so über seinen
englischen Kollegen gefreut. Und nun diese Enttäuschung. Dieses war der vierte Streich, doch der fünfte folgte sogleich.
Am nächsten Morgen verkündete die Presse, Serocold Skeels fei als Kandidat der United British Party wieder abgesetzt, ebenfalls einstimmig. Grund: er habe sich entgegen seinem Bersprechen zur Judenfrage geäußert. Die Partei wolle diese Frage völlig aus der Debatte heraus laffen. Dieses war der fünfte Streich( und er traf den armen Skeels jelber), doch der sechste folgte sogleich.
Bevor Serocold Sheels bei der mysteriösen United British Party auftauchte, war er ein führendes Mitglied der Imperial Fashists gewesen, einer nurantisemitischen, strikt mosleyfeindlichen faschistischen Gruppe. Nun wurde er aus dieser Partei in großem Bogen herausgefeßt, weil er ihnen wieder nicht antisemitisch genug ist. Dieses war der sechste Streich, doch der siebente folgt sogleich.
Wird Mosley froh sein über diese Unterstützung? Gewiß, er hat jetzt die Publizität, nach der er sich so lange sehnte. Tagtäglich folgt der ganze Pressekonzern der neuen Parole. Rothermeres" Daily Mail" allein hat eine Auflage von 1,7 Millionen täglich, dazu kommen die gleich falls vielgelesenen Abendblätter und Sonntagsblätter. Die„ Daily Mail" ist der Auflage nach die drittgrößte Zeitung Englands, sie folgt dem Labourblatt ,, Daily Herald" mit über 2 Millionen und dem„ Daily Expreß " des anderen Presselords Beaverbrook mit fast 2 Millionen dicht auf dem Fuß.
und dennoch, ob es eine reine Freude für Mosley sein wird? Alle Politiker Englands, gleich welcher Richtung, schätzen die politische Bedeutung der„ Daily Mail" und ihresgleichen stets gering ein, da faft nur ihr Sport- und Klatschteil gelesen wird. Aber wichtiger noch ist die Tat sache, daß bisher jedes politische Unternehmen Rother meres ein klägliches Fiasko war, das nach kurzer Zeit in Lächerlichkeit endete. Der„ Manchester Guardian" machte des Lords noch einmal Revue passieren zu lassen. Da hat er einmal eine Partei gegen Abfallverschwendung(!) gegründet vergeffen. Da hat er eine spezielle Hutmode in genau solchen Leitartikeln propagiert, wie er heute Mosley anpreist vergessen. Da hat er sich mit Feuereifer für die sofortige Revision des Friedensvertrages von Trianon( Ungarn ) eingesetzt und für die Wiederherstellung eines großen Königreiche Ungarn wobei er ernstlich hoffte, daß sein Sohn, den er bereits nach Ungarn schickte, König werden solle vergessen. Da hat er vor wenigen Jahren sich mit großem Getöse dem Empirekreuzzug seines Kollegen Beaverbrook angeschloffen.„ Manchester Guardian" ist sogar so boshaft, Rothermeres Artikel zu dieser Frage zu zitieren und siehe da, auch dort die Worte von der idealistischen Jugend, die Aktion fordere, von der alten Politikerbande, bie nur an sich und ihre Partei denke. Dann ein Loblied auf Beaverbrook, der eine wahre Führernatur sei. England werde ihm binnen kurzem die Führung geben, dessen sei er gewiß. Also ber
Eine Rede mit Hintergründen e
An Ueberraschungen läßt es der Faschismus nicht fehlen. Auf feinem Gebiet ist er jedoch von solcher Wandlungsfähigkeit wie auf dem der sogenannten„ Moral". Der deutsche Spießbürger, die muffige Eulalia mit dem wilhelminischen Knoten, die Jazzbandfeinde, gaben sich auf der braunen Ebene ein undurchdringliches Stelldichein, beffen Hintergrund die hemmungslose homosexuelle Aftivität geuelle wisser Führer war.
Nun aber liegt eine neue Situation vor. Das kritisch gewordene Volk begnügt sich nicht mehr mit der bloßen Beurteilung der Zustände im dritten Reich". Es ficht sich, im wahrsten Sinne des Wortes, diese seine Führer an. Fast täglich liefert die gleichgeschaltete Presse Prozeßberichte über schwere Verurteilungen, die wegen gewisser Gespräche über das Privatleben der Prominenten erfolgten. Da wittert der scharfäugigfte unter den Führern, Herr Göbbels , mit Recht eine große Gefahr: den drohenden Verlust des Glaubens an die große Sache, wenn ihre Repräsentanten sich so be= nehmen. Kurz, er sucht und er findet eine neue Parole, die er in die Frage„ Moral oder Moralin?" verkleidet. Sie erfolgt durch einen Artikel in der gesamten gleichgeschalteten Preffe, in dem es heißt:
" Jede Revolution hat ihre Unarten, auch die unsere. Das ist an sich nicht schlimm; denn die gleichen sich meistens von selbst aus oder werden von der Zeit wieder ausgeglichen. Entscheidend bleibt nur, daß die Verant wortlichen ein wachsames Auge darüber halten und aus Furcht vor der Deffentlichfeit nicht schweigen, wo Reben am Plage wäre.
Es ist heute an der Zeit, ein paar dieser Unarten, die auch beim nationalsozialistischen Umbruch in die Erscheinung getreten sind, in das helle Licht der öffentlichen Beachtung hineinzurücken und mitleidlos unter die Lupe einer kritischen Betrachtung zu nehmen.
1. Es hat sich im öffentlichen Leben vielfach der Unfug herausgebildet, durch öffentliches Reglement nicht nur, wie es richtig und geboten erscheint, die großen, wichtigsten Grundgefeße unseres nationalen Lebens zu bestimmen und feitzulegen, sondern darüber hinaus auch noch im einzelnen ben privaten Menschen den oder seiner rein persönlichen Auffawungen vorzuschreiben. Das führt auf die Dauer au einer Sittenriecherei, die alles andere als nationalsozialistisch ist. Naturfremde Menschen, die entweder ein Leben schon hinter sich, oder nicht
verdienen, daß sie noch eins vor sich haben, machen im Ramen unserer Revolution in Moral. Diese Art von Moral hat oft mit wahrer Sittlichkeit nicht viel zu tun. Sie stellt ethische Gesetze auf, die vielleicht das Gemeinschaftsleben in einem Sonnenfloster zur Not regeln fönnten, die aber in einem modernen Kulturstaat volltommen fehl am Ort find. Das ist Moralin statt Moral, und die dafür eintreten, sind von allen guten Geistern verlassen. Aber sie sollen sich wenigstens nicht vor die Deffentlichkeit hinstellen unter Berufung auf uns; denn wir wollen mit ihnen und ihrer muffigen Lebensauffassung nichts zu tun haben
Das geht so weit, daß diese Kumpanei von Sittenrichtern nicht einmal vor den Bezirten des rein Privaten Halt macht. Sie möchten am liebsten in Stadt und Land Keuschheitskommissionen einsetzen, die die Aufgabe hätten, das Ehe- und Liebesleben von Müller und Schulze zn überwachen. Sie würden zwar, wie es in der bekannten Operette heißt, das Küssen nicht abschaffen, weil das eine viel zu beliebte Beschäftigung ist; aber sie würden immerhin, wenn es nach ihnen ginge, das nationalsozialistische
wandeln, in der Denunziation, Bettschnüffelei und Erpreffung an der Tagesordnung wären.
Dieselben Moralpächter treten häufig an die vorgefeßten Behörden mit dem Anfinnen heran, ilme, Zheaterftide, Opern und Operetten zu verbieten, weil darin Tänzerinnen, Bühnenstars ufw, auftreten, die angeblich die schlimmite Gefährdung der öffentlichen Sitt lichkeit darstellen. Gäbe man ihrem Verlangen nach, dann saben wir bald nur noch alte Jungfern und Dilettanten weiblichen und männlichen Geschlechtes über die Leinwand und über die Bretter schreiten. Die Theater ständen leer, weil ja das Publikum in ihnen im allgemeinen nicht das zu finden hofft, was es in den Kirchen oder Bethäusern sucht. Man verschone uns deshalb mit diesem heuchlerischen Getue, hinter dem feine echte, starfe Lebensauffassung und auch feine ehrliche Moral steht. Es ist meistens nur der Widerstand der im Leben zu furz Gefommenen gegen das Leben. Er wird das ewige Leben und seine Gefeße nicht aufheben, höchstens sie hinter eine Breiwand von verächtlicher Heuchelei und lügnerischer Prüderie zurücktreten lafen.
2. Die deutsche Frau geht nicht allein aus, fte fitt nicht allein im Restaurant, fie fährt nicht ohne Anitands dame mit einem Jüngling oder gar mit einem A.- Mann auf die Sonntagnachmittagtour, fie raucht nicht, fie trinkt
edle Lord Rothermere hat sein altes Manuskript hervor geholt, einige Sätze etwas geändert, für Beaverbrook Mosley eingesetzt, für Empirefeldzug Faschismus- und fertig war die Sache. Ob wohl die Prophezeiung ebenso in Erfüllung gehen wird wie damals, wo nach ein paar gescheiterten Versuchen, ein Unterhausmandat zu erobern, traut dem Frieden nicht. Er rückt offen von seinem das Ganze rasch wieder einschlief? Nun, Beaverbrook Kollegen ab und schreibt flugs einen Artikel„ Empire ever!
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Naizism never!"( Das Weltreich immer, Nagitum nie). und der liberale News- Chronicle" veröffentlicht eine feine Enthüllung aus Mosleys schwarzem Haus, wodurch bekannt wurde, daß die Mosleyfaschisten einen Begeisterungsbrieffturm aus dem Publikum an die„ Daily Mail" organisiert haben.
Und doch, so humoristisch heute noch vieles erscheinen mag, so wäre es doch falsch, den Kopf in den Sand zu stecken und jede faschistische Gefahr zu leugnen. Die Jdeenlosigkeit der gegenwärtigen Regierung treibt Mosley allerdings Wähler zu.
Sir Stafford Cripps ist einer der jüngeren Führer der Labour Party . Er ist ungewöhnlich rasch in den Vordergrund getreten, was er nicht zuletzt der Tatsache verdankt, daß er bei der großen Wahlkatastrophe 1931 sein Mandat behielt. Er ist zweifellos einer der besten Köpfe der Partei. Er ist der geistige Führer des linken Flügels, der rasche Umwandlung zum Sozialismus unter rücksichtsloser Unterdrückung aller undemokratischen Widerstände fordert. Aber er ist taktisch nicht gerade geschickt. Er wird so oft mißverstanden. So kam er in den Ruf eines Anschwarzer Mann. Das hatte ihm bisher nicht viel geschadet. hängers der Diktatur, die Rechte benutzt ihn geradezu als Bor einigen Tage nannte er unter den undemokratischen Aber jetzt hat er sich selber einen schweren Schlag versetzt. Kräften, deren Widerstand eventuell überwunden werden müsse, auch„ Buckingham Palace ". Buckingham Palace ist das Schloß des Königs. Wer die eigenartige, moralisch
ungeheuer starke Stellung der Krone und vor allem ihres jebigen Trägers kennt, kann ermessen, wie verheerend diese Anspielung wirkte. Cripps merkte es auch rasch, anstatt nun aber die Anspielung in geschickter Form offen zurückzunehmen, versuchte er es mit Auslegungen. Er habe, so erklärte er schon am nächsten Tag, gar nicht den König gemeint, an dessen Loyalität er unbedingt glaube, er habe noch weniger die Institutionen der Monarchie an greifen wollen, deren Anhänger er sei, er habe nur die Hofbeamten gemeint und die Einflüsse, die auf den König ausgeübt würden. Nun erwiderten die Gegner, ja, wenn der Konig loyal ist, dann hört er doch nur auf die Minister und nicht auf irgendwelche Einflüsse, dann sind also auch die Hofbeamten usw. keine Gefahr. Cripps suchte dann den schlechten Eindruck seiner Rede dadurch wieder gutzumachen, daß er einen besonders herzlichen Trinkspruch auf den König ausbrachte. Aber seine Position ist durch diese eine ungeschickte Rede, die von allen Antisozialisten gewaltig ausgeschlachtet wird, sehr gefährdet. Schon manche Laufbahn ist in England durch eine ungeschickte Rede oder Handlung jäh abgebrochen worden. Cripps Hoffnungen auf die Führerschaft der Labour Party haben jedenfalls heute keine große Aussicht mehr. Freilich, man soll nicht prophezeien auch Macdonald war einmal geächtet, während des Krieges wegen seiner pazifistischen Haltung und doch wurde er Ministerpräsident.
In englischen Preffekommentaren wird das deutsch - pols nische Abkommen als ein Palt des Friedens und der Freundschaft bezeichnet, der wie der„ Observer" jagt als ein diplomatisches Wunder angesehen werden könne.
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night, fie pußt sich nicht und macht sich nicht schön, kurz und gut, sie tut alles, um die böse Begehrlichkeit des Mannes in ihre Schranken zurückzuweisen. So ungefähr stellt der kleine Moralin Moriß sich die deutsche Frau vor. Und wehe, wenn so ein armes, weibliches Wesen, das vor lauter Schicklichkeitsgesehen nicht aus noch ein weiß, das Unglück hat, aus Unfenntnis oder sündiger Lust eines davon zu übertreten. Es versteht sich am Rande, daß die deutsche Frau feinen Bubifopf trägt; das tun nur Jüdinnen und sonstiges verächtliches Gezeug. Leben wir nun in einem Pietisten staat, oder im Zeitalter des daseinsbejahenden Nationalsozialismus? Wir sind erhaben über den Verdacht, daß wir einen öden Prunk und aufreizenden Lugus das Wort reden wollten. Der Füher und viele seiner engeren Mitarbeiter trinfen und rauchen nicht und huldigen auch nicht den Genüssen des Lukullus; aber verächtlich sind die, die in einem 60- millionen- Volf jede Freude und jeden Optimismus abtöten möchten, ganz abgesehen davon, daß ihr albernes Treiben unzähligen Menschen nur Armut und Unglüd bringt. Eine trostlose Verarmung unseres öffentlichen und privaten Lebens würde die Folge sein. Und dagegen machen wir Front! Also: Mehr Lebensbejahung und weniger Muckertum! Mehr Moral, aber weniger Moralin!" Das liest sich vortrefflich. Ein geschickter Journalist und Propagandist findet sichere Formulierungen. Ihnen werden viele zustimmen, die den Faschismus hassen. Trozdem haudelt es sich um ein beispielloses Dokument, der hitleramtlichen Heuchelei, die nur möglich ist an gesichts der Vergeßlichkeit des deutschen Volkes. Denn die Naziagitation hat zum Teil von der Ausstreuung solchen „ Moralins" gelebt und auf dieser Basis ihren größten agitatorischen und demagogischen Erfolg erzielt. Er hat den intimsten Privatgeschichten und Bettgeheimnissen republikanischer Repräsentanten zur Massenverbreitung verholfen. Er hat mit diesen Mitteln den früheren Polizeipräsidenten Weiß und den Innenminister Grcezinski beschmutzt und verleumdet und hat dabei auch bei ihren Frauen nicht Halt gemacht. Nicht genug damit! Herr Streicher, der„ Führer" in Franken, holt in seinem Stürmer" mit der Spachtel heute noch jedes Dreckklümpchen ans Tageslicht, das irgendwo aufzutreiben ist. Freilich treiben ist. Freilich vor allem bei Juden und bei Judengenossen. Da ist es nicht nur erlaubt, sondern politisch erwünscht.
Wenn die Sittenrichterei nationalsozialistische Führer trifft, ist sie von„ verächtlicher Heuchelei und lügnerischer Prüderie." In allen anderen Fällen bleibt sie ein Mittel sur Erhaltung der deutschen Sittenreinheit vor vergiftenden rassefremden Einflüssen, gegen die der deutsche Aufbruch" nach wie vor eingesetzt werden muß.