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Grilled

Freiheil

Nummer 28-2. Jahrgang

da tutal garsins

Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands

Saarbrücken, Samstag, den 3. Februar 1934 Chefredakteur: M. Braun

Aus dem Inhalt

Völkecbund höce!

Seite 3

Winterhilfe- Volksbetrug

Seite 3

,, Deutsche Gegenregierung"

Seite 5

Bibel und Ucalinda

Seite 7

Inseratenteil beachten!

Oesterreichs   Heimwehr   marschiert

Bewaffnete Aktion zur Umwälzung in Oesterreich  ?

Junsbrud, 2. Febr. Die Tiroler Heimwehr   hat nach einem Bericht des Tiroler Anzeigers" gestern schlagartig einen Vorstoß von noch nicht übersehbarer Tragweite unter: nommen. Auf ein überraschendes Aufgebot segten sich etwa 8000 Mann an zahlreichen Stellen Tirols in Marsch. Während des ganzen Tages besezten die Heim: wehrformationen Innsbrud und zahlreiche größere Orte und Märkte. Gleichzeitig begaben sich die Führer der Tiroler Heimwehr zum Landeshaupt= mann in' Junsbrud und überbrachte ihm folgende Forderungen:

zahlreichen Papierböllerexplosionen wurden 30 führende nationalsozialistische Persönlichkeiten in Gastein   verhaftet.

Der Bundeskommissar für Propaganda, Dr. Steible, ist, wie amtlich mitgeteilt wird, nach Innsbruck   abgereist, um als Landesführer des Tiroler Heimatschuzes eine In= spektion der aufgebotenen Schuhforma= tionen des Tiroler Heimatschutes in ganz Tirol vorzunehmen.

Dem Landeshauptmann ist ein Ausschuß zur Seite zu Parteien- Auflösung gefordert

stellen, dem Mitglieder der Heimwehr  , des Bauernbundes, des Jungbauernbundes und der Ostmärkischen Sturmscharen angehören.

In unruhigen Gemeinden ist ein Regierungskom: missar einzusehen.

Jedem Bezirkshauptmann ist ein Verbindungs:

mann der Heimwehr beizugeben.

In den Aemtern und den Gerichten ist eine rüdsichtss lose Säuberungsaktion durchzuführen.

Wien  , 2. Febr. Die in Innsbrud eingerückten Heim: wehrtruppen fordern u. a. auch die Auflösung der Sozialdemokratie und der Christlichsozialen Partei, ferner die Entfernung aller marxistischen  meister. Die Heimwehrtruppen würden Junsbrud nicht und sonst wie unzuverlässigen Bürger:

eher verlassen als bis ihre Forderungen erfüllt sind.

Staatsfeindliche Verbände find fofort Brüsklerung Oesterreichs  

aufzulösen.

Die Nationalsozialisten haben die Kosten für das Aufgebot der Heimwehr zu tragen.

Unter dem Drud dieser Aktion sicherte der Tiroler Landeshauptmann nach tele: fonischer Rüdsprache mit Wien   die Erfül= Tung dieser Forderungen zu; die Durchführung wurde sofort eingeleitet. in

Nach einem Kommunique der Pressestelle der Tiroler Heimwehr wird zu diesen sensationellen Vorgängen erklärt, daß sich das Heimwehraufgebot nicht in einer rein defensiven Maßnahme zum Schuße des Staates er: schöpfe, sondern die nachdrückliche Forderung des wehrhaften Tirol nach einer grundlegenden positiven Neuordnung des öffentlichen Lebens bedente.

Es ist bemerkenswert, daß sich das Kommunique dabei ausdrücklich auf die Aufforderung des Bundes tanzlers Dollfuß bezieht, gegen alle offenen und ver: steckten Feinde des Staates vorzugehen. Das Heimwehrauf gebot bleibe, bis zur Erledigung dieser Forderungen" auf:

recht.

Eine ähnliche Aktion plant man auch für Oberöster= reich; sie soll dann später auf das ganze Land Salzburg   auß­gedehnt werden. Wie verlautet, beabsichtigt die Regierung, Sicherheitskommissare bei allen Bezirkshaupt: mannschaften zu ernennen. U. a. rechnet man mit der Ein: segung eines Regierungskommissars für Graz und mit der Auflösung des dortigen Gemeinderats.

Für Gastein   ist von Vizekanzler Fey   persönlich eine Aftion angeordnet worden. Zu diesem Zwed wurde die Gendarmerie in Gastein   durch Truppen und Schußkorps­abteilungen verstärkt. Als Vergeltungsmaßnahme für die

Und des Völkerbundes

Berlin  , 1. Febr. Der Reichsminister des Auswärtigen  , Freiherr v. Neurath  , hat heute nachmittag den österreichi­schen Gesandten Herrn Tauschitz zu sich gebeten und ihm die Antwort der Reichsregierung auf die am 17. v. M. über­reichte Note ausgehändigt, worin die Beschwerden der öster­ reichischen   Regierung über Einmischungen Deutschlands   in die innerösterreichischen Angelegenheiten enthalten waren. Die deutsche Antwort stellt noch einmal die grundsätzliche Haltung der Reichsregierung gegenüber dem österreichischen Problem fest und widerlegt auf Grund der angestellten Er­mittlungen Punkt für Punkt die einzelnen österreichischen Beschwerden. Zugleich bringt die Antwort zum Ausdruck, daß nach Ansicht der Reichsregierung das Problem einer inter­nationalen Behandlung nicht zugänglich ist und auf diesem Wege nicht gelöst werden kann.

Diese Antwort ist also ein glattes Nein auf die Forde­rungen der österreichischen   Regierung und die Behauptung, daß die Bedrohung der österreichischen Selbständigkeit den Völkerbund nichts angehe.

Verschärfung!

( Inpreß.) Das Zentralorgan der Nazis, der Bölkische Beobachter", veröffentlicht ein Manifest, das sich an das österreichische Volk richtet. An die Nationalsozialisten Dester­reichs wird die Aufforderung gerichtet, den Kampf gegen die Regierung Dollfuß zu verschärfen; die deutschen   Nazis würden sie unterstützen.

Die österreichische Regierung, heißt es in dem Manifest, liegt im Sterben. Das Regime Dollfuß   muß mit allen Mitteln befämpft werden bis zum Sieg.

Dollfuß   und die Sozialdemokratic

Die Haltung der österreichischen Marxisten

Der Parteirat der Sozialdemokratischen Partei, dem be- Der Parteirat erinnert daran, daß die österreichische kanntlich weder Mandatare noch Angestellte der Partei Sozialdemokratie, insbesondere auch in den Beschlüssen des oder der Gewerkschaften angehören, hat am 28. Januar Parteitages vom 3. Dezember 1983, ihre Bereitschaft erklärt hat, an iner friedlichen und verfassungs: zu dem ,, Appell" des Bundeskanzlers Dollfuß, dem alsbald das Kolportage- Verbot der Arbeiter- Zeitung  " folgte, Stel- mäßigen Entwirrung der politischen Krise mitzuwirken. Der Parteirat erklärt, daß die sozialdemo: lung genommen. Es ist bezeichnend, daß dieser Beschluß in der, Arbeiter- Zeitung  " zu zwei Dritteln kontratische Arbeiterschaft auch jetzt in jedem Augenblicke zu dieser Mitwirkung bereit ist. fisziert wurde, und zwar an jenen Stellen, in denen er­klärt wird, daß die Arbeiterschaft zur Mitarbeit nur unter der Zusicherung ihrer verfassungs­mäßigen Freiheitsrechte bereit ist. Bir veröffentlichen nachfolgend die ganze Resolution: Der Bundeskanzler hat am 18. Januar einen Appell an iene tre der Bevölkerung" gerichtet, die aus flaffen: tämpferischen Gründen bisher noch abseits stehen. Er hat den W. Ich ausgesprochen, daß seine Argumente von der Arbeiterschaft beachtet werden.

Der Parteirat ftellt aber fest, daß sowohl der seit dem März planmäßig immer weiter geführte Abbau der Freiheitsrechte des Volkes und der sozialen Rechte der Arbeiter, Angestellten und Beamten, als auch vieles, was man bisher über die Ver: fassungspläne der Regierung gehört hat, jene innere Bes reitschaft" der Arbeiterschaft zur Mitarbeit, die der Bundes: fanzler in seiner Rede vom 18. Jannar gefordert hat, nicht aufkommen lassen. Die neue Notverordnung behält die Ar: ( Fortsetzung siehe 2. Seite!)

Geschäfte mit dem Tod

Von Arthur Seehof

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Die private Rüstungsindustrie ist in keinem Lande eine erfreuliche Erscheinung. Und wer sich einmal die Mühe gemacht hat, sich mit ihr und ihrer Politik zu beschäftigen, dem ist ein Krupp genau so lieb" wie ein Schneider oder auch ein Zaharoff. Für die Abrüstung ist weder der eine noch der andere, und Kriege sind ihnen allen das jewpopanolichste, das edelste, das nationalste", das beste Geschäft. Gewiß liegt es nicht ausschließlich in den Händen der Rüstungsindustriellen wie ihrer Finanzier, die einzelnen Nationen in das große Geschäft, in den Krieg, zu treiben, es gibt andere, entscheidendere Fak toren, aber immerhin und das schrieb die unvergeß­man hat seinen eigenen Generalstab und seine eigene liche Larissa Reißner   in einer Reportage über Krupp Diplomatie". Heute wie in der Vorkriegszeit. Nur daß heute beide weit erfahrener und besser ausgebildet sind als früher. Die Genfer   Shearer- Affäre mar gewiß ein Reinfall. Doch sind außer dieser einen Affäre noch andere an die Deffentlichkeit gekommen? Nein. Und das beweist lediglich, daß die Rüstungsindustrie sehr geschickt zu arbeiten gelernt hat..... Außerdem, was braucht fie heute noch viele und teuere Geheimagenten, wo sie doch ihren Hitler, ihren Göring  , ihren Rothermere usw. haf. Daß die Hitler und Göring   von der Rüstungsindustrie bezahlt sind und zum Teil bewußt, zum Teil unbewußt für sie arbeiten, ist heute eine bewiesene Tatsache, daß ein Rothermere wie übrigens Dutzende andere von Presse­ gewaltigen"- aus den verschiedensten und zum Teil mir allerdunkelsten Queen finanziell gespeist werden bitten die Rothermere- Presse, es zu bestreiten. Wir wür. den dann gern mit sehr genauen Angaben dienen.

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Nein, Stavisky war keineswegs der raffinierteste Hochstapler aller Zeiten", er war lediglich un escroc de petit race im Verhältnis zu denen, die um ihrer Profite willen immer wieder versuchen, Millionen in den Tod, in das Elend oder auch in das langsame Verenden zu jagen.

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Doch hier ist nicht der Raum, über Stavisky und den Fall Presse zu schreiben. Aber diese wenigen einleiten­den Worte waren notwendig, bevor über ein Buch ge­sprochen werden kann, das einen der tollsten Skandale darstellt, den die deutsche Publizistik bis heute zu ver­zeichnen hat. Der Skandal heißt F. W. von Derzen. Sein. Buch trägt den Titel Geschäfte mit dem Tod" und den Untertitel Hinter den Kulissen der französischen  Rüstungsindustrie". Einmal weiß von Dergen sehr, sehr menig. Und was er dann schließlich weiß, hat er in der Hauptsache bei Paul Faure dem Sozialisten und un­ermüdlichen Ankläger von Schneider- Creuzot und Ges nossen abgeschrieben und nationalistisch verdreht. Außerdem lügt er, daß es nur so nach knisternden Reichs­tagsbalken stinkt. Was von Oergen z. B. über das zur Zeit der Ministerpräsidentschaft Tardieus bereits vorhan­dene Dossier der deutschen   Wiederaufrüstung sagt, ist eine einzige und noch dazu niederträchtige Lüge. Gewiß, Tar­dieu ist ein Mann des Comité des Forges und seine ge­samte europäische   Bolitik war niemals die unsere. Die europäische Linke ist wohl berechtigt, Tardieu und seine Bolitik anzuklagen. Wird sie aber von einem von Derzen angeklagt scheinheilig und verlogen, Don einem Mann, der niemals( auch nicht in seinem Bolenbuch) die ganze Wahrheit sagt, sondern schon fast Lüge wird, dann wissen wir nur zu gut, ſtets ein solches Teilchen davon, daß es lissen der französischen   Rüstungsindustrie zu leuchten, marum das geschieht. Keineswegs, um hinter die Ku­was auch tatsächlich nicht geschieht( Was von Oertzen bekannt.), nein, um eine nationalistische, eine Kriegshetze an Tatsächlichem mitteilt, ist bekannt und zum Teil längst zu betreiben, zu der die Krupp, die Rhein- Metall usw. nur freudig Beifall klatschen können.

nur

Wenn das wirklich das ganze Material ist, über das der Fachmann" von Dergen verfügt, dieses in den Ge­schäften mit dem Tod" wiedergegebene, dann sind wir jederzeit in der Lage, noch sehr beträchtliche Mengen hin. zuzutun. Allerdings in etwas anderer Form, als es einem von Derzen lieb sein dürfte. Doch das Nichtwissen, das