,, Deutsche Freiheit", Nr. 29

ARBEIT UND WIRTSCHAFT

Sonntag- Montag, 4./5. Februar 1934

Lange Gesichter

Bei den alten Nationalsozialisten

Zur Frage der Bankreform nimmt in der letzten Nummer der Deutschen Sparkassen- Zeitung" der Direktor beim

Deutschen Sparkassen- und Giroverband, Dr. Arthur R.

Hermann, Stellung, und zwar unter Hinweis auf die Kieler Rede Dr. Schachts. Der Reichsbankpräsident hatte be­kanntlich erklärt: Ob wir ein verstaatlichtes Bankwesen oder beides haben, ist von untergeordneter Bedeutung. Ent­scheidend ist, daß wir ein nationalsozialistisches Bankwesen haben."

Dr. Hermann meint hierzu: Diese Formulierung ist einigermaßen überraschend. Wir alten Nationalsozialisten waren bisher und sind nach wie vor der Auffassung, daß ein nationalsozialistisches Bankwesen gerade dadurch wesentlich gekennzeichnet sein müsse, daß grundsätzlich die öffentliche Hand es verwalte." Dr. Hermann betont weiter, es werde leichter sein, den privaten Restsektor des Bankwesens zu verstaatlichen und ihm dann den richtigen Führer zu geben, als das rechtliche private Bankwesen, vor allem aber die Groß­banken und Aktienbanken, beizubehalten und die noch vor­handenen Bankleiter im nationalsozialistischen Geiste, also im Geiste des öffentlichen Bankwesens zu erziehen. Es sei unumgänglich, für alle Bankinstitute eines nationalsozialisti­schen Bankwesens die grundsägliche negative Einstellung zum Gewinnstreben nicht lediglich in den Personen, sondern in erster Linie durch Heraushebung des Bankwesens als Ganzes aus der Privatwirtschaftssphäre in die öffentliche Wirtschaftsphäre( Eisenbahn, Post) in der Rechtsordnung zu verankern.

Zum Schluß betonte Dr. Hermann, wie es anläßlich seiner Kieler Ausführungen auch Dr. Schacht tat, daß allein der Führer das letzte Wort zu sprechen habe.

Der von der Schwerindustrie und den Banken geführte ,, Führer" wird wohl wieder einmal die alten Nationalsozia­listen enttäuschen müssen!

Wer bricht?

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Der gebrochene Feder und die ungebrochene Zinsknechtschaft

Das Deutsche Nachrichtenbüro verbreitet folgendes merk­würdige Dementi:

,, In einer Unterredung, die Staatssekretär Gottfried Feder einem Journalisten gewährte, und die in mehreren Zeitungen Berlins und des Reiches veröffentlicht wurde, unterlief dem Interviewer ein grundlegender Irrtum. In seiner Nieder­schrift, die er nach der Unterredung machte, und weder, wie es üblich ist, dem interviewten Staatssekretär, noch dem Pressereferenten im Reichswirtschaftsministerium vorlegte, stellt er die Behauptung auf, daß Gotfried Feder die Forde­rung nach Brechung der Zinsknechtschaft nur als revolutio­näres Schlagwort bezeichnet habe. Tatsächlich erklärte Staats­sekretär Feder jedoch, daß Brechung der Zinsknechtschaft die unbedingbare sittliche Forderung des Nationalsozialis­mus, das Kernstück des nationalsozialistischen Programms sei. Die Forderung nach Brechung der Zinsknechtschaft ist nach wie vor das Kernstück des nationalsozialistischen Wirt­schaftsprogramms. Das bedeutet keine Einschränkung des vom nationalsozialistischen Staate grundsätzlich bejahten Spargedankens, schon weil der nationalsozialistische Staat seine besondere Fürsorge dem wirtschaftlich Schwachen an­gedeihen läßt und darum auch für die Sicherheit gemachter

Da also Herr Staatssekretär Feder, nun mit hohem Gehalt und Pensionsberechtigung die Zinsknechtschaft nicht mehr brechen kann, bricht er in ethische Phrasen aus. Gebrochen ist uns Feder. Ungebrochen bleibt die Zinsknechtschaft.

Nichtarier und Reichsfluchtsteuer Zahlen müssen sie auf jeden Fall

Der Reichsfinanzhof hatte sich mit der Frage zu befassen, ob Nichtarier, die das Deutsche Reich verlassen, der Reichs­fluchtsteuer unterliegen. Ein Beschwerdeführer hatte, nach­dem er als Nichtarier seinen Rechtsanwaltsberuf hatte auf­geben müssen, seinen inländischen Wohnsitz ebenfalls auf­gegeben, um in England zu studieren und Vertretungen deutscher Firmen zu übernehmen. Er besaß bei seiner Aus­reise ein Kapitalvermögen von 64 000 Mark. Der Reichs­finanzhof bat den Reichsfinanzminister um eine Stellung­nahme. In dieser heißt es, daß die von der Reichsregierung getroffenen Maßnahmen in der Arierfrage den Zweck hatten, den überragenden Einfluß der Nichtarier auch in der Wirt­schaft zu beseitigen. Die dadurch erforderlich gewordene Umstellung in der Berufsausübung der Nichtarier könne aber keinen Grund zu einer allgemeinen Freistellung von der Reichsfluchtsteuer bei der Abwanderung solcher Personen sein. Ebenso wie sich nach Schluß des Weltkrieges die vielen Berufsoffiziere, Beamten und zum Teil auch Angehörigen der freien Berufe hätten umstellen müssen, könne dies auch den Nichtariern zugemutet werden, zumal diese Umstellung den unter die Reichsfluchtsteuer- Verordnung fallenden Per­sonen durch ihre Vermögenslage regelmäßig erleichtert werde. Maßnahmen der Reichsregierung, durch die Nichtarier zum Auswandern gezwungen würden, beständen nicht. Wenn aber ein Nichtarier den Wunsch habe, seinen Wohnsitz in das Ausland zu verlegen, solle er nicht daran gehindert wer­den. Ein deutsches Interesse an der Auswanderung werde im allgemeinen zu verneinen sein. Mit der Abwanderung sei eine Schwächung der Steuerkraft des Reiches, der Länder und Ge­meinden verbunden. Die Abwanderung trage außerdem zur Erhöhung der Arbeitslosigkeit bei. Sehr wesentlich sei ferner der Schaden, der bei der Abwanderung durch den Kapital­abzug der Allgemeinheit zugefügt werde. Es sei daher erfor­derlich, daß die Abwandernden, die ihr Vermögen unter dem Schutze des Deutschen Reichs hätten erwerben können, zu einer letzten großen Abgabe herangezogen würden. Befrei­ung von dieser Steuer sei nur aus Gründen des Gemeinwohls und nicht aus Gründen möglich, die in der Person des Abwandernden lägen. Der Reichsfinanzminister erklärt zu­sammenfassend, daß eine Entscheidung, ob die Auswanderung eines Nichtariers im deutschen Interesse liege. nur von Fall zu Fall getroffen werden könne und daß die Bestimmungen der Reichsfluchtsteuer- Verordnung auf Nichtarier ohne Ein­schränkung anzuwenden seien.

Der Reichsfinanzhof hat sich der Stellungnahme des Reichsfinanzministers angeschlossen. Die Bejahung der Frage, Reichsfinanzministers angeschlossen. Die Bejahung der Frage, ob die Auswanderung von Nichtarier im deutschen Interesse liege, würde auch dem reichsten Nichtarier die Möglichkeit eröffnen, ohne Rechtsnachteil dem Druck der deutschen Steuergesetze zu entgehen. Damit wäre für den Nichtarier ein Ausnahmezustand geschaffen, der mit der Forderung steuerlicher Gerechtigkeit unvereinbar wäre. Es könne aber auch nicht anerkannt werden, daß die Gründe, die den Be­schwerdeführern zur Abwanderung bestimmt hätten, volks­wirtschaftlich gerechtfertigt seien.

Ersparnisse eintritt. Nicht die Höhe des Zinses ist entschei- Judenboykoff wird for'gesetzt

dend für die Stabilität der Wirtschaft, sondern die ethischen und schöpferischen Kräfte, die in ihr wirken und die ihren Ausdruck finden in der Parole: ,, Gemeinnut geht vor Eigen­nutz".

Arier- Grundsatz im Einzelhandel

Die Pressekorrespondenz der NS. - Hago verbreitet einen Artikel ,, Der Erfolg der Hago- Propaganda". Im Anschluß an

Finanzskandale einer Monarchiengen so reich geworden, daß Millaud, der seinen Ehrgeiz

Die faschistische Presse aller Länder, die sehr erstaunt ist, daß es so etwas wie Finanzskandale, Zeitungsbestechungen und Advokatenkorruption geben kann, ruft den Ratten­schwanz von Schwindeleien, die Stavisky und seine Kon­sorten begangen haben, als typisches Produkt der Demokratie aus. Zur rechten Zeit kommt daher die Erinnerung an einen Finanzskandal des zweiten französischen Kaiserreiches, also aus der Epoche des glorreichen Diktators Napoleon III . In der französischen Wochenschrift ,, Revue hebdomadaire" er­zählt der Schriftsteller Pierre de Lacretelle von dem Fall Mirès", der auf ein Haar den Fällen ähnlicher außerordent­licher Abenteuer gleicht. Auch Mirès war ein ungewöhnlicher Abenteurer, auch er wurde ebenso von der Machtgier wie von der Leidenschaft nach dem Gelde angetrieben.

Mirès wurde in Bordeaux im Jahre 1809 als Sohn eines kleinen Goldarbeiters, der auch daneben Pfandleihgeschäfte betrieb, geboren. Als Kind hatte er in den Straßen gespielt und war den durchfahrenden Kutschen nachgelaufen, um einige Kupferstücke zu erbetteln. Er konnte bis zum Alter von zwölf Jahren kaum lesen und gar nicht schreiben. Dann trat er als Laufbursche bei einem Händler von Glasperlen ein, später bei einem Weinhändler, bei dem er lesen, schrei­ben und besonders rechnen lernte. Im Jahre 1833 tauchte er als Steuerbeamter auf. Nach dem Tode seines Vaters fuhr er zu einem seiner Brüder nach Paris und bei ihm fand er einen Kameraden aus seiner Jugendzeit wieder, namens Millaud, der Verkäufer bei einem Buchhändler war und nebst dem ein Blatt Der Straßenjunge von Paris " gegründet hatte. Später gab er das erste Blatt, das nebst politischen Indiskretionen auch Kriminalgeschichten veröffentlichte,

heraus.

Mirès und sein Jugendfreund Millaud kauften für tausend Franken ein Finanzblatt, das eben zusammengekracht war, die Eisenbahnzeitung". Den Rentnern, die dem Paar Kapi­talien anvertrauten, versprachen sie achtzig Prozent Zinsen. Die Geschäfte gingen glänzend. Nun gründeten die beiden drei Zeitungen. Das Vaterland", das bonapartistisch war, den republikanischen Ratgeber des Volkes" und schließlich ,, Das Ereignis", in dem Viktor Hugo eine Tribüne fand. Im Verlauf von drei Jahren waren die beiden durch ihre Zei­

zu begrenzen wußte, sich mit der Hälfte des vorhandenen Kapitals, mit dreieinhalb Millionen, zurückzog. Und mit der­Kapitals, mit dreieinhalb Millionen, zurückzog. Und mit der selben Summe ging Mirès seinen Eroberungs- und Beatezug weiter.

Sein Geschäftsprinzip war, Unternehmungen gründen, die einem allgemeinen Bedürfnis entgegenkamen und eine ver­nünftige Basis hatten. Ferner hielt er sich Fachleute prinzi­piell vom Leibe und verfaßte insbesondere selber die Kosten­voranschläge, bei denen es ihm auf einen Irrtum von meh­reren Millionen nicht ankam. Tauchten nun solche Irrtümer auf, so machte er auch vor Buchfälschungen und falschen Bilanzen nicht halt. Im übrigen vertraute er seinem sugge­stiven Einfluß auf die Massen und der Organisation der Propaganda, die er ins Werk gesetzt hatte. Im Jahre 1858 betrugen seine Spekulationen an der Pariser Börse 723 Mil­lionen Franken. Als er im Jahre 1850 die Allgemeine Kasse vereinigter Aktionäre gründete, versprach er eine Dividende Zeit hindurch zahlte. Er tat alles, was damals wie jetzt zu von sechzig bis achtzig Prozent, die er auch tatsächlich einige solchen Riesengeschäften gehörte. Einige tüchtige Journalisten waren in seinem engsten Stabe, ferner bemächtigte er sich der ganzen Presse seinér Zeit und schließlich eröffnete er ein offenes Kontokorrent den Persönlichkeiten des Kaiser­hofes sowie den hohen Staatsfunktionären. Sein Buchhalter enthüllte später, daß es nicht weniger als zweihunderttausend solcher größerer oder geringerer, ungeheurer oder lächer­licher Konti gegeben habe. Ein einzelner Geschäftsfreund" Mirès brachte es bis zu einer offenen Schuld von vierzig Mil­lionen Franken.

Wer waren die Schuldigen? Man hat es nie genau erfahren das ist ja der Vorteil der Monarchien und Diktaturen, daß Korruptionsaffären nicht auffliegen, sondern leicht ver­

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tuscht werden können, während das Vertuschen und Unter­drücken in der Demokratie schwerer ist, die Papiere des Mirès wurden von der Polizei konfisziert und vernichtet. Sein großes Projekt im Jahre 1852 betraf die Agrarkredit­banken von Marseille und Nevers , die er um 48 Millionen, zahlbar in mehreren Jahresraten, kaufte und für die er Aktien für 150 Millionen ausgeben wollte. Der Reinertrag nach Abzug aller Provisionen und Bestechungsgelder sollte 60 Millionen betragen. Aber die Regierung annullierte den Vertrag. Dann warf er sich auf Kohlengruben und Hochöfen,

die Feststellung, daß es im Dezember überall erreicht worden sei, einen gegenüber dem Vorjahre erhöhten Umsatz zu er­möglichen, heißt es in dem Artikel:

,, Die erhöhten Umsätze lassen sich einerseits aus dem all. gemeinen Konjunkturanstieg erklären, andererseits ist aber eine deutsche Bevorzugung deutscher Einzelhandelsgeschäfte zu erkennen. In erster Linie dienten verschiedene Plakate diesem Zweck und leiteten den Käuferstrom in die ge­wünschte Bahn. Ebenso wichtig erwies sich die Aufklärungs­arbeit durch die Presse in Form von Aufrufen, Bilderdar­stellungen, Anzeigen. Unterstützt wurde diese Arbeit durch Versammlungen, insbesondere durch die Frauenschaften( so veranstaltete der Gau Düsseldorf 41 Versammlungen); es gelang ferner noch, auch die Lichtspieltheater in den Dienst der Propaganda zu stellen. Nicht zu vergessen sind in dieser Hinsicht die vor allem in Süd- und Mitteldeutschland ver­anstalteten Christmessen, deren Beschickung allein dem Ein­zelhandel zukam. Wenn man zudem bedenkt, daß die Land­bevölkerung sonst im allgemeinen ihre Einkäufe vorwiegend in den billigen Einheitspreisläden und Warenhäusern tätigte, wenn sie zum Wochenende in die Stadt kam, so ist als be­sonders beachtenswert festzustellen, daß es zwar noch nicht überall, so doch in vielen Gegenden bereits gelungen ist, durch die bis in das letzte Dorf hineingetragene Propaganda. einen Teil dieser Käufer dem deutschen Einzelhandel zuzu­führen.

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Es ist klar, daß lange nicht alle Käufer dem Rufe der NS.­Hago gefolgt sind. und daß ferner, wie aus den Meldungen einzelner Gaue hervorgeht, an verschiedenen Orten jüdische Geschäfte versucht haben und sehr häufig nicht ohne Er­folg! sich ihre alten Käuferschichten, und insbesondere die Landbevölkerung. zu erhalten. Aber auch hier wird das Ziel der in Zukunft fortgesetzten Aufklärungs- und Propa­ganda- Arbeit der NS .- Hago sein, dem Einzelhandel und Handwerk den Hauptanteil an den getätigten Umsätzen zu­

zuleiten."

Textilwirtschaft

Umsatzsteigerung im Dezember

Nach den statistischen Erhebungen des Reichsbundes des Textil- Einzelhandels ist, wie die Textil- Woche" mitteilt der Umsatz im Textileinzelhandel wertmäßig auf 114,9 Prozent des Umsatzes im Dezember 1932 gestiegn.

Versucht man die inzwischen eingetretenen Preisänderun­gen auszuschalten, so ergibt sich bei Umrechnung über den Lebenshaltungsindex( Gruppe Bekleidung) ein Umsatz von 114 4 Prozent, bei Umrechnung über den Großhandelsindex für Textilien ein solcher von 111,6 Prozent des Umsatzes im Vergleichsmonat. Diese günstige Umsatzentwicklung dürfte zu einem nicht geringen Teil auf die Ausgabe von Bedarfs­deckungsscheinen zurückzuführen sein. Die für die verschie­denen Größenklassen der Betriebe errechneten Teilziffern lassen erkennen, daß sowohl im Dezember als auch im ganzen letzten Vierteljahr die kleineren Geschäfte mit einem Jah­resumsatz zwischen 50 000 und 60 000 RM. und zwischen 80 000 und 100 000 RM. am günstigsten abgeschnitten haben. Die Großbetriebe( Jahrensumsatz über 1 Million Reichs­mark) und allerdings auch die kleinsten Geschäfte( Jahres­umsatz unter 25 000 RM.) weisen in beiden Zeiträumen die niedrigsten relativen Werte auf.

Wasserzeichen- Hakenkreuz

Die Deutsche Reichspost läßt künftig alle Freimarken auf Papier mit dem Wasserzeichen Hakenkreuze drucken. Sie gibt auch wieder Postkarten mit Antwortkarte zu fünf und fünf Pfennig für den Ortsverkehr aus, die bei denjenigen Postanstalten zum Verkauf bereitgehalten werden, bei denen ein Bedürfnis dafür vorhanden ist.

um die Lieferanten für die Eisenbahnen zu unterbieten. Die Regierung suchte sich seiner zu erwehren, indem sie den englischen Erzen die Zollgrenzen Frankreichs öffnete. Ein anderes Geschäft war eine Konzession für die Gasbeleuchtung von Marseille . Schließlich erwarb er auch das alleinige Recht, Eisenbahnen im Kirchenstaat zu bauen.

Im Jahre 1860 ist er der Nabob, den Alphonse Daudet in seinem Roman zeichnet. Durch die Heirat seiner Tochter ist er mit einem herzoglichen Hause liiert. Er erlaubt sich alle's, weil er weiß, daß sein Sturz Minister, Diplomaten und Hof­würdenträger mitreißen würde. Aber plöglich erfolgt der Sturz dennoch. Anläßlich einer türkischen Anleihe wird gegen Mirès eine Betrugsanzeige erstattet. Und da werden alle seine Gaunereien und Betrügereien enthüllt. Aber die Re­gierung will, bevor sie ihn verhaftet, Mirès erst zwingen, seine Beute herauszugeben. Er verkauft seine Gründe, seine Häuser, seine Zeitungen und sogar die Juwelen seiner Frau. Und als es soweit ist und er einen ruhigen Sonntagabend hei seiner Familie zubringt, erscheint in seinem Hause ein Polizeikommissär und nimmt ihn mit.

Es war das gleiche wie jetzt und doch nicht das gleiche. Die großen Advokaten von Paris weigerten sich nämlich, seine Verteidigung zu übernehmen. Aber auch die unbekann­teren Advokaten, an die er sich wenden muß, bringen einen wahren Justizskandal zustande. Er wurde zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, von dem Berufungsgericht von der An­klage des Betruges und der Veruntreuung von Aktien frei­gesprochen, aber immerhin wegen der vielen Delikte, die ihm zur Last gelegt wurden, zu gleichfalls fünf Jahren verur­teilt. Der Kassationshof sprach ihn frei und verwies den Prozeß vor einen anderen Gerichtshof, wo der Generalstaats­anwalt von der Anklage zurücktrat. Dieser Freispruch rief in Frankreich eine ungeheure Erregung hervor, und um doch etwas zu tun, verurteilte die Justiz Mirès wegen einer Bro­schüre, die er veröffentlicht hatte und in der er seine Pro­zesse darlegte, zu einem Monat Gefängnis.

Der große Abenteurer des zweiten Kaiserreiches, der nun von allen seinen Trabanten und Pfründenjägern allein ge­lassen wurde, starb in Marseille im Jahre 1871 allein, in völliger Armut, eine lästige Lokalerscheinung, weil er alle Leute zu überzeugen versuchte, daß er das größte Opfer seiner Epoche sei.