60 000 deutsche   Emigranten Nach einer Schätzung von Lord Cecil  

London  , 2. Februar( Inpreß.) Auf der ersten Sigung der Wölferbundskommission für die deutschen   Emigranten, die in Gegenwart des Hohen Kommissars Macdonald stattfand, teilte der Vorsitzende, Viscount Cecil, mit, daß die Zahl der deutschen Emigranten gegenwärtig etwa 60.000 beträgt. Rund 85 Prozent sind Juden. Ungefähr 7000 Personen haben sich in Palestina niedergelassen, etwa 6000 in Polen  . Die Zahl der Emigranten, die in der Lage sind, sich aus eigenen Mitteln zu unterhalten, wird auf 10 bis 15 000 geschäßt. Unter den übrigen 32 000 befinden sich 17.00 Frauen und Kinder sowie

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5000 Salbwüchfige. Für 10000 Männer muß eine Arbeits- Entmannung!

möglichkeit beschafft werden.

Dr. Chaim Weizmann   erklärte, man müsse damit rechnen, daß jährlich weitere 15 bis 20 000 Juden aus Deutschland   aus­wandern würden. Davon fönne Palestina 10 000 aufnehmen. Was darüber hinausgehe, müsse auf andere Länder verteilt werden. In diesem Zusammenhang wurde Argentinien   von Dr. Weizmann genannt. Im übrigen dürfte man nicht über­sehen, daß der deutschen   Emigration eine neue Welle öster retch, tscher Juden folgen fönne.

Der schweizer Delegierte, Professor Rappard, Vorsitzender des akademischen Hilfswerks, teilt mit, daß nach den Stati­stifen seiner Organisation 1200 Profefforen, 5000 Technifer und Vertreter freier Berufe sowie eine weit höhere Bahl von Studenten Deutschland   verlassen haben; nur wenige unter ihnen fanden im Ausland Beschäftigung.

Deutsche   Amtstitel

Reichsinnenministerium und Auslandschulen

Das Reichsinnenministerium hat den Leitern von Schulen

Ein grauenhaftes Familienbild

Darmstadt  , 2. Febr. Zum erstenmal ordnete heute ett

der Sohn freigesprochen, da er geistig beschränkt erscheine und zur Zeit seines Vergehens nach Ansicht des Gerichts noch nicht die entsprechende Einsicht gehabt habe.

heffisches Gericht, die Große Straffammer in Darmstadt  , Schweizer Spiegel"

die Entmannung eines Familienvaters an. Vor Gericht stand der Melker Josef B. aus Weiterstadt   wegen Blut= schande, die er mit dreien seiner Töchter, von denen die eine feine Stieftochter ist, getrieben hatte. Die Mädchen haben sämtlich Kinder von ihm geboren, und die Ver­fehlungen reichen bis in das Jahr 1924 zurück. Wie sich in der Verhandlung ergab, mißbrauchte der Mann die Kinder schon mit elf Jahren zu unzüchtigen Handlungen. Diesem Milieu ist es wohl zuzuschreiben, daß auch der damals 14jährige Sohn sich einer seiner Schwestern in gleicher Weise zu nähern suchte. Der Angeklagte wurde zu fünf Jahren Zuchthaus und fünf Jahren Ehrverlust verurteilt. Gleich­zeitig wurde die Entmannung gegen ihn angeordnet. Die Stieftochter und die eine eigene Tochter erhielten je sechs Monate Gefängnis. Die jüngste Tochter aing straffrei aus, weil sie noch nicht 18 Jahre alt war. Ebenso wurde

in Athen  , Buenos Aires  , Helsingfors  , Istanbul  , Madrid  , BRIEFKASTEN

Mailand, Merifo, Rotterdam  , Sofia  , Windhut, Barcelona  , Haag, Sao Paulo  , Rio de Janeiro  , Schanghai  , Valparaiso  deutsche   Amtstitel verliehen. Daraus darf man schließen, daß diese Schulleiter auch der Disziplinargerichtsbarkeit und der deutschen   Pädagogik in der Art der Rust   und Schemm unter­worfen sind. Immerhin ist diese Sache der Beachtung wert.

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Lenna. Der gesamten nationalsozialistischen Presse geht ein„ In­formationsdienst der NSBO.- Pressestelle zu. Hier werden zahl­lose Waschzettel hergestellt, die den braunen Zeitungen ihre Arbeit erleichtern. Nr. 47 dieses sogenannten Informationsdienstes ist uns zugegangen und berichtet von einer Prenefahrt nach Leuna  , dem Wunderwerk der chemischen Industrie im Halleschen Bezirk. Darin heißt es wörtlich: Wir verfinfen nicht in Verzweiflung, nein, deutsche   Männer kommen und holen buchstäblich die Rohstoffe aus der Luft. Und mieder ist es eine Tat echten deutschen Geistes, als Männer der verschiedenen chemischen Werke in Deutschland   sich zu­fammenschließen, um nicht im gegenseitigen Konkurrenzkampf den Aufbau des Werkes zu verhindern... Wenn man Material fabri­tationsweise und Resultat aneinanderreiht, so bekommt man doch eine ungeheure Hochachtung vor deutschem Erfindergeist."- Bei der Geburt der Erfindung hat freilich nicht Wotan, sondern Jehova Pate gestanden. Rohstoffe aus der Luft zu holen: Das war die Ent­deckung des jüdischen Professors Haber, dem das Hitlerreich den Stuhl vor die Tür des Kaiser- Wilhelm- Instituts sezte. Ein echter deutscher Mann mag feinen Juden leiden, doch seine Erfindungen nimmt er gern, um sie hinterher in echter Nibelungentreue als Großtat deutschen Geistes zu preisen.

Budweis  . Ja.

L. R. Wir haben neulich, als wir über das Verbot von zwei Zeitungen im Saargebiet berichteten, der„ Chronif" unrecht getan. Durch eine mißverständliche zusammenfassende Ueberschrift ist sie zusammen mit dem verbotenen nationalsozialistischen Blatt in die Kategorie der Zeitungen eingereiht worden, die zu Terror and Mord anreizen. Wir stellen mit Nachdruck fest, daß die„ Chronik" wegen eines fulturpolitischen Angriffs verboten worden ist, der

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Guggenbühl u. Hubers Schweizer Spiegel", eine Monatsschrift. Vielgestaltig wie das Leben selbst ist die soeben erschienene Februar Nummer des„ Schweizer Spiegels". Sie enthält neben dem Artikel „ Ich setze Prominente ins beste Licht" von einem Züricher   Foto­reporter, die Bekenntnije eines Landpfarrers:„ Der sorgenfreie Beruf". Neben authentischen Fotografien von einem Maskenball vor 30 Jahren Als Großvater über die Stränge schlng", den Beis trag„ Gnade und Barmherzigkeit im Naturgeset" von Dr. med. Ch. Widmer. Ein Kapitel eines neuen humoristischen Romanes von Richard Zaugg, dem Verfasser des fröhlichen Buches:„ Die Welt  ist so schlecht, Fräulein Betty", neben„ Holdup  ", einem Erlebnis eines Schweizers in den USA.  , das durch den frechen Banküberfall in Basel   besondere Aktualität hat. Das dreimonatliche Abonnement auf den„ Schweizer Spiegel"( Guggenbühl u. Huber, Storchen gasse 16, Zürich   1) kostet 3,80 Fr.

wohl auf Andersdenkende verlegend wirken konnte, aber mit Terror und Mord nichts zu tun hat.

Miquis Brüssel. Wir danken für Ihre Mühe und Ihre An regung. Diese Fragen sind oft von uns behandelt worden. Einen Offenen Brief ist uns dieser Verräter nicht wert.

Malmedy  . Wir danken für die Uebersendung des Landboten  ". Der tanzt ja ganz nach Göbbels   Pfeife. Zugleich ist es ein schöner Beweis dafür, wie groß die Oppositionsfreiheit in dem verlästertent Belgien   ist.

A. B. Unfre Unachtsamkeit damals scheint niemand geschadet zu haben. Darüber sind wir froh. Wir bemühen uns, noch vorsichtiger zu sein. Euer famoses Telegramm ist verwertet worden. Freiheit! Früher München  ." Sie teilen uns mit, daß die NSDAP. in München   einen Hotelpalast nach dem andern erwirbt:„ Nachdem die NSDAP  . schon vor einigen Monaten das bekannte Münchener Hotel „ Der Reichsadler" in der Herzog- Wilhelm- Straße angekauft hatte, gingen nunmehr zwei weitere Münchener   Hotels in ihren Besitz über, und zwar Hotel Marienbad" und Hotel Union". Beide liegen unmittelbar nebeneinander in der Barerstraße gegenüber der Gauleitung des Gaues München  - Oberbayern  . Zum„ Hotel Marienbad" gehören drei Gartenhäuser, die durch einen Verbin­dungsbau und durch überdachte Gänge miteinander verbunden sind, sowie Schloß Mühlfeld am Ammersee   bei Herrsching   mit großen landwirtschaftlichen Anlagen und mit einer Fischzucht. Mit Borliebe nahmen Fürstlichkeiten, Künstler und Gelehrte hier Wohnung. Das Hotel Union" war im Besitz des„ Katholischen Kasinos" München  und bildete den Mittelpunkt des katholischen gesellschaftlichen Lebens der Stadt. Hier wohnte mit Vorliebe die Geistlichkeit. Zu dem Hotel gehört ein großer Theatersaal, der längere Zeit auch als öffentliches Theater diente." Das sind dieselben Leute, die landauf landab schwadronierten, wenn irgendwo ein folides Verwaltungss gebäude für eine sozialpolitische Kasse gebaut wurde.

Scherchen   in Paris  

Dies Konzert wäre schon vor einem Jahre in Deutschland  nicht mehr möglich gewesen. Die braunen Bataillone hätten die ,, Stimmung weiter Volkskreise" damals bereits gegen die Künder moderner Kunst gelenkt. Und heute würde wahr­scheinlich schon die Ankündigung eines solchen Abends ge­nügen, um die Veranstalter zu nationaler Erziehung und körperlicher Ertüchtigung lies Züchtigung in ein Kon­zentrationslager zu befördern.

Die„ neue Musik", die Musik, die sich inhaltlich und formal als neuer Wert in den letzten zwei Jahrzehnten durchgesetzt hat, muß heute aus Deutschland   fliehen, in der Fremde, wenn nicht neue Heimat, so doch Unterschlupf und Notdach suchen.

Das Programm des ersten diesjährigen Scherchen  - Konzertes in Paris   umfaßte drei wesentliche Namen: zunächst M au­rice Ravel, den repräsentativsten französischen   Musiker dieser Zeit. Einer, der die ganze Entwicklung der Tonkunst seit der Jahrhundertwende durchlaufen hat. Der mit seiner Meisterschaft, seiner Wachsamkeit für alle Anregungen, die vom amerikanischen   Westen und deutschen wie russischen Osten kommen, seiner Eleganz in und gleichzeitig auch über den Entwicklungsgängen der Zeit steht. Sein Kammermusik­werk ,, Introduktion und Allegro" für Harfe, Flöte, Klari­nette und Streichquartett, das in Paris   aufgeführt wird, ge­hört nicht zum Wesentlichsten, das der heute nahezu sechzig­jährige Baske geschrieben hat. Immerhin, es ist ein( für unsere Ohren) herrlich klingendes Musikstück, und ein Vor­wand für die große Kunst der Harfenistin Micheline Kahn. Das Pariser   Konzertpublikum feiert die Könnerin nach Gebühr.

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Arnold Schönberg  , ein Altersgenosse Ravels  , ist der zweite im Programm. Er hat vor wenigen Wochen erst sein Amt als Kompositionslehrer am Bostoner Malkin Konservato­rium angetreten. Man hört den„ Pierrot Lunaire", und man ermißt, welchen Verlust die Abwanderung dieses einstigen Berliner   Akademiemitgliedes für Deutschland  , für Europa  bedeutet. Der Name Schönberg umfaßt, abgesehen von allen individuellen Werten, die historische Funktion der Beendi­gung einer im weitesten Sinne romantischen Musik­epoche Die Aufführung des Pierrot Lunaire", der die neben entwicklungsgeschichtliche Bedeutung Schönbergs seinen beiden Bühnenwerken, den Orchester- und späten Klavierstücken wohl am deutlichsten zeigt, stellt die größten Anforderungen. Sie wurden gemeistert auf dem Podium durch Scherchen   und seine Instrumentalisten, durch Marya Freund, die die schwierige, zwischen Gesang und Sprechton seltsam schwebende Rezitation in deutscher Sprache einzigartig durchführte und sich zuvor in französi­scher Conférence zur Deuterin des eigenartigen Werkes machte. wie auch im Saale, wo ein an Besonderes gewöhnter

Kreis sich bewußt war, einem Meisterwerk gegenüberzu­stehen.

Igor Strawinsky  - mit der Konzertsuite aus der mit der Konzertsuite aus der Geschichte vom Soldaten" bildet den Schluß. Es ist nach der Problematik Schönbergs ein fast befreiend wirkender Ausklang. Hier ist eine in Substanz und Erscheinungsform neue Musikart gefunden. Dies genialer Opus Strawinskys wird gemeinsam mit einigen Werken des zur Zeit in Deutsch­ land   ebenfalls totgeschwiegenen Hindemith   als Anfang einer neuen Musikepoche, die ihren Weg auch über die Stagnation dieser Unglücksjahre hoffentlich weitergehen wird, gelten können.

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Man denkt ein Jahrzehnt zurück: in der Volksbühne, zum ersten Male für Berlin  , führte derselbe Scherchen  zusammen mit dem heute gleich vielen anderen in die Wüste geschickten Intendanten Ebert( als unvergeßlicher Vorleser) diesen Soldaten" szenisch auf. Es war wohl die legte öffentliche Veranstaltung, die der damals schon tot­kranke Busoni besuchte( sein zehnter Todestag fällt in dieses Jahr). Er klatschte aus seiner Loge dem Werk, den Künst­lern Beifall... Dies Bild vor Augen, weiß man, was nach bei uns dem Ende der Barbarei drüben auch auf diesem Gebiet neu zu bauen sein wird.

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Werbt für die„ Deutsche Freiheit“

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Seit fünfzehn Jahren ist der Dirigent Hermann Scherchen   nun Wegbereiter neuer Musik. In Frankfurt  , Berlin  , Königsberg  , in seinem Schweizer   Wirkungskreis, in Straßburg  , bei den internationalen Festen und in Paris  : seine Gastabende sind keine Galakonzerte mit 150- Mann- Orchester und Attraktions- Solisten. Seine Podien sind leer: fünf oder zehn Musiker, der eine oder andere der Sache der neuen Musik innerlichst verbundene Solist schlägt mit ihm die Schlacht, die oft genug ,, Saalschlachten" in des Wortes ur. sprünglicher Bedeutung gewesen sind. Und weil er ein be deutender deutscher Dirigent ist, ehrlich, der Sache dienend, mit einer ,, Weggesinnung" wie selten einer, dirigiert er heute rings um Deutschland   herum! Und den stärksten Beifall findet er in Paris  , der Stadt mit dem interessiertestem fran­zösischen und dem interessantestem deutschen Musik­publikum.

Für dies Konzert, für diese Instrumentalisten, mit denen Scherchen   arbeiten konnte, den besten, die für diesen Zweck in Paris   zu finden sein dürften, sei der ,, Triton"-Gesellschaft aller Dank und alle Bewunderung gezollt.

Paul Walter.

Für den Gesamtinhalt verantwortlich: Johann Pis in Dud weiler; für Inserate: Ctto Kuhn in Saarbrücken  . Rotationsdruck und Verlag: Verlag der Voltsstimme GmbH., Saarbrücken 3, Schüßenstraße 5.

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