Straßburger Wochenbericht

Straßburg , 9. Februar 1934.

Generalstreik am Montag

Anolog des Aufrufs der zentralen Gewerkschaften in Paris , zu. Manifestation gegen die royalistischen und faschistischen Umsturzversuche in der Hauptstadt am Montag in einen 24stündigen Generalstreik zu treten, haben die freien Ge­werkschaften von Straßburg sowie des Departements Bas­Rn beschlossen, auch im Unterelsaß den Generalstreik durchzuführen. In einem ganzseitigen Aufruf in der sozia­ listischen Presse wenden sich die Organisationen an ihre Mitglieder. Sie erörtern die Motive, die jene Demonstrationen in der blutigen Dienstagnacht in Paris leiteten, weisen darauf hin, daß es sich hier um die ersten Anfänge des auf­kommenden Faschismus handelt, mit dem sich der Royalismus verbündete und nennen die Gefahren, die der Arbeiterschaft und der freiheitlich gesinnten Bevölkerung drohen, wenn sich die Tiktaturgelüste bestimmter Gruppen weiter aus­breiten. Das Schicksal der deutschen Arbeiterbewegung müsse den französischen Arbeitern eine Lehre sein. Wenn sie nicht wünschten, daß in Frankreich jede freie Meinungsäußerung, die Presse-, Versammlungs- und Denkfreiheit unterdrückt, die freiheitlichen Elemente in Konzentrationslager geworfen würden, dann müßten die Arbeiter einig und geschlossen jetzt schon zu der Verteidigung ihrer heilig ten Güter ein­treten. Der aufkeimende Faschismus müsse in seinen ersten Anfängen niedergeschlagen werden. Der Generalstreik am kommenden Montag soll der gesamten Oeffentlichkeit zeigen, daß die Macht und Kampfbereitschaft der französischen Ar­beiterklasse ungebrochen sind. Obwohl die kommunistischen Gewerkschaften sich noch nicht entschließen konnten, sich am Generalstreik zu beteiligen, darf doch damit gerechnet werden, daß die Arbeiter dem Aufruf ihrer Organisation in großer Zahl Folge leisten werden. Die Streikenden treffen sich am Montag, vormittags 9 Uhr, auf dem Contades zu einer großen Demonstration.

Sturm auf die Zeitungskioske

Die Vorgänge in Paris , deren Wellenschlag im Elsaß lediglich in einem gesteigerten Interesse für Nachrichten aus der Hauptstadt sich bemerkbar machte, hatte zur Folge, daß am Mittwoch auf die Zeitungskioske in den Hauptverkehrs­stunden des Tages ein wahrer Sturm einsetzte. Die Pariser Zeitungen, die in mehreren tausend Exemplaren hier jeden Tag zur Verbreitung gelangen, waren in einigen Minuten vergriffen. Um sich des Ansturms zu erwehren, mußten die größeren Kioske sogar zeitweilig die Schalter schließen. Während man in Paris die Kioske in Brand steckte, umwarb man sie hier in brennender Neugierde nach den neuesten Nachrichten aus der Hauptstadt.

* Erneuerung der Identitätskarten

Die im Département du Bas- Rhin wohnenden Ausländer werden darauf aufmerksam gemacht, daß die Identitäts­karten für 1933 abgelaufen sind und spätestens bis zum Ablauf des ersten Vierteljahrs 1934 erneuert sein müssen, wenn sich ihre Inhaber nicht Bestrafungen zuziehen wollen. die Erneuerung erfolgt bei den Bürgermeistereien oder den zuständigen Polizeikommissariaten.

Gemeinderatssitzung

gestel aast 8: Am nächsten Montag findet eine öffentliche Gemeinderats sitzung statt.

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Hitlerspitzel?

Vor einigen Tagen präsentierte sich hier bei mehreren Zei­tungen ein Herr Melcher, der sich als englischer Journa­list ausgab, der aus Deutschland flüchten mußte, um seiner Verhaftung durch die Gestapo zu entgehen. Je nach der poli­tischen Tendenz des Blattes, bei dem er seine Aufwartung machte, richtete er seine Erzählungen ein. Wenn es ihm auch nicht gelang, einiges Geld zu schnorren, was wohl der Haupt­zweck seines Besuches gewesen sein wird, so wurde er von einigen linksstehender Blättern doch bald entlarvt und abgeschüttelt. Die Gestapo ist in der Auswahl ihrer Spigel, von denen es im Elsaß nur so wimmelt, immer noch nicht vorsichtig genug!

Ehedrama in Roppenheim

Vor dem Schwurgericht stand die 45 Jahre alte Frau Vix, die ihren Gatten, der sie jahrelang schwer mißhandelt, durch einen Revolverschuß so schwer verletzt, daß er für immer das Augenlicht einbüßte. Das Schwurgericht verurteilte die Frau wegen vorsätzlicher Körperverlegung zu sechs Mo­naten Gefängnis, während ihre 19 Jahre alte Tochter, die der Mutter den Revolver verschaffte und sie in die Hand­habung der Waffe einweihte, freigesprochen wurde. Mindestpreis des Brotmehls

Durch eine Verordnung des Präfekten wurde im Départe­ment des Bas- Rhin der Mindestpreis des Brotmehls wie folgt festgesetzt: 191.50 Fr. die 100 Kilo, netto, franko Bäckerei, 193 Fr. brutto für franko Bäckerei.

Ein Elsässer unter den Opfern von Paris '

Bei den Straßenunruhen in Paris wurde in der Nacht zum

3. Dér Präfekt hat angeordnet, daß maskierte Personen Emigranten! Emigranten!

sich auf den Straßen der Stadt nur am 11., 12., 13. und 18. Februar zeigen dürfen. Für Maskenumzüge müssen Genehmigungen eingeholt werden. Auf den Straßen und öffentlichen Plägen ist das Werfen mit Papierschlangen und Konfetti verboten. Außerdem darf nach elf Uhr abends im Freien nicht musiziert oder gesungen werden. Automobile sollen während den Faschingstagen in der Stadt langsam

fahren.

Der Narrenprinz regiert die Stunde

Das Karnevalstreiben geht allmählich seinem Höhepunkt entgegen. Schon in der vergangenen Woche fanden viele karnevalistische Veranstaltungen, statt. Am Samstag werden mehrere hundert Kappenabende und Maskenbälle steigen, von denen der bedeutendste jener der Künstler und der

Presse im Palais des Fetes sein wird...

Die gestohlene Mappe aus der Ill gefischt

Während die Polizei der Täter, die dieser Tage am Tauler­

Ein Dementi der Saarregierung

dub. Saarbrüden, 9. Februar. Die Regierungskommission des Saarge biets teilf mit:

Die Behauptung, wonach Emigranten bei der Paẞkontrolle tätig fein sollen, entbehrt jeder Grundlage.

Damit ist wieder eine der vielen gleichgeschalteten fügen über das Saargebiet geplakt Jn der maß- und finnlosen Wut der Nazis gegen die Emigranten wird alles unangenehme, das dem Nationalsozialismus durch jeine eigene Schuld widerfährt, der Tätigkeit der Emigranten in die Schuhe geschoben. Hitler selbst hat dazu in verschiedenen Reichstagsreden das Stichwort ge­liefert.

ring den Raubüberfall auf den Herrn Israel durchführten und Der antikatholische Spaniol

dabei hunderttausend Franken erbeuteten, immer noch nicht habhaft werden konnte, fischte man jetzt aus der Il die Mappe, die die Räuber Herrn Israel damals entrissen haben. Schecks und Bargeld fehlten selbstverständlich, die Ge­schäftspapiere befanden sich aber noch in der Mappe

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Mittwoch der aus Schiltigheim stammende Alphonse Auf­schneider so schwer verletzt, daß er starb. Aufschneider gehörte der ,, Action Francaise" an.

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Kunst, Theater, Konzerte

Das letzte der drei Volkskonzerte fand am Mittwochabend statt. Es wurde von Hermann Seherg en dirigiert und brachte im ersten Teil Schumanns dritte Symphonie, die auch die ,, Rheinische" genannt wird: Als Solist lernte man Herrn Antonio Tusca aus Winterthur kennen, der das 2. Concerto für Violineello von Haydn in meisterhafter Vollendung spielte. Mit Schuberts Ouvertüre zu Rosamunde" wurde der Abend beschlossen.

Im Stadttheater gabs eine ausgezeichnete Aufführung von Puccinis ,, M a dame Butterfly", während das Elsässische Theater mit Glüeck mueß d'r Mensch han" ein älteres Lustspiel in neuer Fassung herausbrachte.

Am 19. Februar gastieren die berühmten Wiener Sängerknaben hier. Sie singen ,, Bastien und Bastienne " von Mozart . Frau Jack Hylton stellt am 15. Februar im Sängerhaus ihr Jazz- Orchester vor, während am Freitag, 16. Februar, die Societé Philharmonique de Paris " mit Brai­ lowsky ein Konzert gibt. dessen Programm Werke Schu­Ein Klavier- und manns, Chopins und von Liszt aufweist. Gesangabend der beiden Künstler Jacqueline Serre und Jean Haz art aus Paris findet am Donnerstag, 22. Februar, E. D. im Berlioz Saal des Conservatoire statt,

gegenüber in den letzten Tagen Gegenstand eingehender Be­sprechungen gewesen seien. Auf besonderen Wunsch des preußischen Ministerpräsidenten hat eine Aussprache zwischen Bischof Dr. Bornewasser und Staatsrat Spaniol statt­gefunden. Außer dem Bischof und Staatsrat Spaniol sollen noch der Führer der deutschen Gewerkschaftsfront", Kiefer, sowie der Fachbearbeiter für Saarfragen im preußischen Innenministerium, Dr. Schneider, an dieser Aussprache teil­genommen haben. Im Verlaufe dieser Vierer- Konferenz soll der kirchliche Oberhirte seinen ernsten Besorgntfien über die katholikenfeindlichen Aeußerungen, die aus dem Schweden - Interview zu entnehmen jeien, und deren Auswirkungen Ausdruck verliehen haben. Man beschloß. zwecks Bereinigung einen Untersuchungsausschuẞ" einzu­feßen. Wie dem General- Anzeiger ", für das Saargebiet versichert wurde, wird aller Boraussicht nach Bizekanzler von Papen, der als Katholik und Saarländer an der ganzen Angelegenheit starf intereffiert ist, sich an der Prüfung des Schweden Materials" beteiligen.

Die tägliche Freiheitskundgebung

In Wiebelskirchen im Saargebiet fand am 4. Februar die Generalversammlung der Sozialdemokra= tischen Partei statt. Aus dem Geschäftsbericht ergab sich die erfreuliche Tatsache, daß troß des immer heftiger einsetzenden braunen Terrors an der Saar teiner der. führenden Ge­nossen der Partei die Treue gebrochen hat. Sie stehen mit unverminderter Kraft und Geschlossenheit hinter der Partei­leitung und find gewillt und entschlossen, den Kampf um die Saar imm. Interene eines freien Deutschland bis zum sieg= reichen Ende zu führen. Den Schluß der Versammlung bil­dete ein feierliches Trenebekenntnis zur Parteileitung des Saargebietes und zu dem Landesführer Max Braun .

Der Saarausschuß

Am 15. Februar in Genf sk Genf

, 9. debinar. Wie das Bölferbundssekretariat mitteilt, it nunmehr der vom Völkerbundsrat zur Vorbereifung der Abstimmung im Saargebiet eingefebte Ausschuß endgültig zum 15. Februar nach Genf einberufen worden. An den Arbeiten des Aus­schusses nehmen bekanntlich der italienische Ratsvertreter und Berichterstatter über die Saarfrage, der Kabinettschef Mussolinis, Baron Alolfi, als Vorsitzender, ferner der panische Botschafter in Paris und Vertreter Spaniens beim Wölferbund Madariaga sowie der argentinische Bot­schafter in Rom Canfifo tell.

Die Grundlage der Arbeiten des Ausschusses, der wahr­scheinlich auf seiner Tagung am 15. Februar bereits in die fachliche Beratung der Materie eintreten wird, sind vom Völkerbundssekretariat ausgearbeitete Fragenbogen über juristische und technische mit der Abstimmung zusamnien­hängende Fragen sowie ein Bericht des Präsidenten der Regierungsfommission, nor. Ob Knor an der Tagung des Ausschüsses, die etwa eine Woche dauern wird, teilnehmen wird: steht noch nicht fest, doch ist es möglich, daß er im Laufe der Tagung von den Mitgliedern des Ausschusses nach Genf eingeladen wird. Wie wir hören, wird auf jeden Fall Baron Aloisi persönlich nach Genf fommen und nicht, wie man aus nächst angenommen hatte, sich vertreten lassen.