Außenpolitischer Widerhall der Kämpfe

dnb. Paris , 14. Febr. Die Ereignisse, die sich in Desterreich abspielen, finden in Paris in der Presse wie in politischen Kreisen große Beachtung. Sie bieten Gelegenheit, das Thema Desterreich wieder einmal ausführlich vom außen­politischen Standpunkt zu behandeln.

Absurd ist eine Enthüllung" des Echo de Paris", daß die französischen Sozialisten und Gewerkschaften dafür ver antwortlich seien, daß am Montag die österreichische Sozial­demokratie ut einem blutigen Leichnam" gemacht wurde. Seit langem, so schreibt das Blatt, sei Dollfuß entschlossen gewesen, mit dem Marrismus aufzuräumen.

Der Einspruch der französischen Regierung habe die Durch führung dieser Absicht bisher verhindert. Barthou habe, als er das Außenministerium übernahm, dieses Beto Paul: Boncour bestätigt. In Paris habe man nie begreifen Fönnen, was Bundeskanzler Dollfuß gewinnen könnte, wenn er fich die Sozialdemokraten zu Feinden mache, die fich doch wenigftens gegen das Hitlerdeutschland auflehnten. Als am letzten Montag nun beunruhigende Nachrichten aus Wien eintrafen, habe der Quai d'Orsay leider mit seinem Vertreter in Wien wegen des Telefonstreits nicht sprechen fönnen. Insofern hätten die französischen Sozialisten und Gewerkschaftler ihr Teil Verantwortung daran, daß man die österreichische Sozialdemokratie zu einem blutigen Leichnam gemacht habe. Die unmittelbar vorhandene Gefahr in Dester­reich werde nur beschworen werden können, wenn Hitler das Gefühl habe, daß Italien als Grenzland Desterreichs sowie Frankreich und England bei Gelegenheit mit Gewalt den Artikel 80 des Versailler Vertrages aufrechtzuerhalten

wissen würden, der die Unabhängigkeit Deſterreichs zum Gegen stand babe. Leiber lasse der englische Außenminister die Juan­spruchnahme des Völkerbundes durch Oesterreich nur mit fnapper Mühe zu und biete Oesterreich nicht die geringste Versicherung hinsichtlich der Haltung, die England im Völkerbundsrat einnehmen werde.

Im Gegenteil! Man wisse nicht einmal ficher, ob man Bundeskanzler Dollfuß englischerseits nicht sogar ents mutigt habe.

Das Deuvre" erflärt, Desterreich verschiebe die An­rufung des Völkerbundes von einem Tag zum andern. Der Grund sei wohl, daß Dollfuß in Italien die einzige Groß­macht gefunden habe, die Desterreich wirklich wirksam gegen Deutschland verteidigen könnte. Desterreich wisse, daß die materielle Hilfe, die ihm Italien bringen werde, von der Bedingung abhänge, daß Oesterreich von einer Anrufung des Bölkerbundes a fehe. Die Niederwerfung der Marristen in Wien und die Auflösung der Parteien, die die Möglich­feit zu einer vollständigen Faschisierung Desterreichs ver­schloffen, hätten in Rom anscheinend ungeheure Befriedi­gung verursacht. Habe nicht der Vorsitzende des Völkerbunds= rates, der polnische Außenminister Bed, bei Dollfuß per=

sönliche Schritte unternommen, damit die österreichische Frage nicht vor den Völkerbund komme? Man könne annehmen, so schließt das Blatt, daß die Deutschen ießt nach Beendigung der deutsch - französischen Aussprache keinen Grund mehr hatten, auf Frankreich Rücksicht zu nehmen, und daß sie jetzt alles mögliche versuchen würden, den Anschluß zu verwirt: lichen. Werden sie aber auch die Italiener vor den Kopf stoßen?

Der Petit Parifien" erklärt, daß die Unterredung Barthous mit dem italienischen Botschafter auf die öfter­reichische Frage Bezug hatte. Die englische und die fran­ zösische Auffassung bezüglich der deutsch - österreichischen Schwierigkeiten und der Anrufung des Völkerbundes feien gleichsam identisch. Aber die italienische Auffassung weiche davon ab Der Völkerbundsrat könne übrigens zu einer außerordentlichen Sibung kaum vor Ablauf von 10 Tagen zusammentreten, da sich der Vorsitzende, Außenminister Beck, gegenwärtig zu einem offiziellen Besuch in Moskau befindet. Im Populaire" schreibt Leon Blum : Um den Frieden in Europa zu schonen, haben die österreichischen Sozialisten den Kampf verschoben, selbst auf die Gefahr, ihre Widerstands­kraft dadurch zu verringern. Europa habe dieses Opfer der österreichischen Sozialisten grausam vergolten. Die Nieder­werfung der Sozialisten verurteile Dollfuß aber zur Ver­ständigung mit den Nationalsozialisten. Zähle Dollfuß etwa auf die Arbeiter, um den völkischen Banden" den Weg zu sperren? Sklaven hätten kein Vaterland.

Italienische Truppenbewegungen Mussolini zufrieden

dnb. Paris , 14. Febr. Der römische Korrespondent der Zeitung Le Jour" will berichten fönnen, daß Italien zwischen Triest und Padua eine Armee zusammenziehe. In der Meldung, für die man dem Blatt die volle Verant­wortung überlassen muß, heißt es, man finde in Rom die Vorkommnisse in Desterreich nicht sehr ärgerlich. Man er­Fläre in Rom , die Regierung Dollfuß werde durch die Widerstandsprobe gestärft werden und außerdem nicht mehr zugleich nach zwei Fronten zu kämpfen haben. Im Palais Chigi erkenne man seit Dienstag abend an, daß italienische Truppenbewegungen stattfänden, über deren Ausmaß man nichts bekannt gébe. Man erkläre sie mit der Durchführung eines seit mehreren Monaten ausgearbeiteten Planes des Generalstabs. Es scheine, daß diese logischen Vorsichtsmaßregeln" in der Verdoppelung der Armeekorps beständen, die zwischen Triest und Bozen stehen, sowie in der Zusammenziehung einer Armee in Padua .

Frankreichs ,, äußerste Grenze"

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Vor der Kammerdebatte

rüstung Frankreichs zuzustimmen. In weiten Kreisen glaube man, daß diese französische Politif die Aussichten des briti­ schen Abrüstungsplanes gefährde. Es werde vielleicht sogar schwer sein, sie mit den weniger weitgehenden Bestimmungen des italienischen Planes zu versöhnen.

Dem Pariser Korrespondent der" Times" zufolge ver­lautet, daß die franzöfifche Antwort auf die deutsche Dent­schrift zwar die Tür für weitere direkte Verhandlungen nicht schließe, aber den deutschen Standpunkt in allen wichtigen Fragen unannehmbar finde. Es bestehe reichlich Grund zu der Annahme, daß die franzöfifche Regierung in dieser Be­ziehung eine etwas steifere Haltung einnehmen werde als ihre Vorgängerin. Aber sei es nicht überraschend zu hören ( wenn auch noch keine amtliche Bestätigung vorliege), daß die französische Regierung auf den unbedingten Sicherheitss garantien beharre und jedes weitere Abrüsten Frankreichs ablehne, falls es von irgendwelchen deutschen Aufrüstungen begleitet sei? Man glaube auch, daß die französische Regie­rung darauf bestehen werde, die deutschen Verbände bei jeder Berechnung der Mannschaftsstärke mitzuzählen. Endlich nehme man an, die französische Regierung habe zu verstehen gegeben, daß die jeßige Lage nicht unbegrenzte Zeit fort­dauern könne und daß eine entscheidende Lösung in der nahen Zukunft gefunden werden müsse.

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Höflich aber entschieden"

Paris , 14. Febr. Die Presse befaßt sich heute erneut mit dem Inhalt der französischen Abrüstungsnote.

" Matin" schreibt u. a., der neue französische Außenminister Barthou haben den aus der Zeit Paul- Boncours von den Dienststellen des Quai d'Orsay vorbereiteten Antwort entwurf vollständig umgearbeitet. Der Wortlaut der Note werde veröffentlicht werden, sobald die Wilhelm­straße davon habe Kenntnis nehmen fönnen. Der neue Tert sei höflich, aber entschieden, und laufe darauf hinaus, daß die französische Regierung von den deutschen Ausführungen Kenntnis nehme und erkläre, ohne auf die gestellten Fragen zu antworten, daß es Frankreich nicht möglich sei, irgendeine Deutschlands zum Ziele habe. Die von Barthou ausgearbei­Maßnahme ins Auge zu fassen, die eine Rüstungsausgleichung tete Antwort sei im letzten Kabinettsrat einmütig gebilligt worden.

" Petit Parifien" erklärt, jede Aussprache über die deutscher­feits gestellten einzelnen Fragen sei solange überflüssig, als nicht eine Verständigung über die Grundsäße erzielt sei. Das Blatt nimmt in diesem Zusammenhang ebenfalls auf eine eventuelle Rüstungsangleichung Bezug.

" Echo de Paris" glaubt darauf hinweisen zu können, daß die französische Regieruna ießt lediglich geneigt sei, an einer allgemeinen Abrüftungsaussprache teilzunehmen, d. h., daß die Verhandlungen in Genf weitergeführt werden müßten. " Deuvre" will wissen, daß die französische Antwort ziem­lich trocken gehalten sei und sich darauf beschränke, die deutsche Einstellung zum Abrüstungsproblem abzulehnen. Die fran­ zösische Antwort werde einige Säße enthalten, denen zu ent nehmen sei, daß Frankreich in seiner letzten Note und in seinem letzten Abkommensentwurf die äußerste Grenze seiner Zugeständnisse angegeben habe.

10. April Abrüstungskonferenz

London , 13. Febr. Das kleine Büro der Abrüstungskon­ferenz trat heute vormittag um 11 Uhr in London bei dem Präsidenten der Abrüstungskonferenz, Arthur Henderson , zu einer Besprechung zusammen. Anwesend waren Beneich,

Entscheidende Politis, Aghnides und Avenol. Die Besprechung erstreckte sich

Aenderung in der Abrüstungsfrage?--­

Paris , 14. Febr. In den Wandelgängen der französischen Rammer herrscht trop der bevorstehenden Vorstellung der Regierung Doumergue nur wenig Leben und Treiben. Grup­ven von Abgeordneten besprechen die allgemeine Lage und

die Regierung Doumergue am Donnerstag eine Mehrheit von etwa 450 Stimmen auf sich vereinigen werde.

find ſich im allgemeinen darüber einig, daß die Parteiftreitig Zur französischen Antwort

feiten nun endlich einer nußbringenden Arbeit Platz machen müßten. Es wurde sogar in Erwägung gezogen, den bisheri­gen Ministerpräsidenten Daladier zu bitten, in der Donners­tag- Sibung in der Kammer nicht zu erscheinen, da seine An­wesenheit möglicherweise zu ernſten Rusammenstößen zwi­schen der Rechten und der Linken führen könnte. Außerdem will man im Interesse der Wiederherstellung der Ruhe an den Abgeordneten Henriot herantreten und ihn bitten, seinen Interpellationsantrag auf gerichtliche Verfolgung Daladiers und seiner verantwortlichen Minister wegen der Unruhen vom Dienstag und Mittwoch fallen zu lassen. In gut unter­richteten parlamentarischen Kreisen rechnet man damit, daß

London , 14. Febr. Zur Abrüstungslage schreibt der diplo­matische Korrespondent des Daily Telegraph ": Henderson und seine Kollegen hätten am Dienstag widerwillig zugeben müssen, daß mit dem Amtsantritt der neuen französischen Regierung eine entscheidende Aenderung in der Abrüstungs­frage eingetreten sei. Dies scheine in der französischen Ab: rüftungsdenkschrift, die Henderson am Montag erhalten habe, flargemacht worden an sein und dürfte noch deutlicher aus der französischen Antwort auf die leßte deutsche Denkschrift hervorgehen. Das Kabinett Doumerque werde es ablehnen, eine baldigen Aufrüstung Deutschlands oder einer Ab­

in der Hauptsache auf die Berichte der Regierungen Groß­ britanniens , Frankreichs und Italiens über die diploma­tischen Verhandlungen mit Deutschland , Ueber das Datum des nächsten Zusammentritte der Abrüstungskonferens wurde fein Entschluß gefaßt.

Genf , 18. Febr. Das Völkerbundssekretariat veröffentlicht über die Tagung des Büros der Abrüstungskonferens, die Dienstag nachmittag in London stattfand, eine furze Mit­teilung, aus der hervorgeht, daß beschlossen worden ist, das Präsidium der Abrüstungskonferenz zum 10. April einzu­berufen. Die Tagungsteilnehmer seien der Ansicht gewesen, daß es bei dem gegenwärtigen Stand der Abrüstungsfrage unmöglich sei, Entscheidungen zu treffen, da diese die vor­gesehenen Verhandlungen des englischen Lordfiegelbewahrers Eden in den Hauptstädten ungünstig beeinflussen könnten. Falls eine an den Verhandlungen beteiligte Macht es wünschen sollte, fönnte die Tagung des Präsidiums auch bereits vor dem 10. April stattfinden.

Paul Löbe

Eine angebliche Unterredung

Nach etwa sechsmonatiger Haft ist der frühere Reichstagspräsident Paul Löbe am 16. Dezember aus der Haft entlassen worden. Er lebt seitdem zurückgezogen und ohne jede politische Betä­tigung in Berlin . Wir wissen, daß er bemüht ist. sich eine bescheidene Existenz aufzubauen, ohne daß ihm dies bis jetzt gelungen wäre. Er ist ver­mögenslos und bezieht keine Pension. Es ist auf­fallend, daß Paul Löbe plötzlich es für notwendig gehalten haben sollte, einer ausländischen Zeitung seine politischen Ansichten über das neue Deutschland kundzutun. Er weiß aus eigener schmerzlicher Erfahrung genau, daß freies Reden und Schreiben in diesem Reiche nicht möglich ist. Wir geben daher nur aus Chronistenpflicht nach gleichgeschalteten Auszügen den Inhalt einer Unterredung wieder, die Paul Löbe einem Ver­treter des belgischen katholisch- konservativen Blattes ,, Libre Belgique" gewährt haben soll. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, daß Paul Löbe nicht die Möglichkeit hat, diese Angaben der Presse zu dementieren, selbst wenn das Interview grobe Fälschungen enthalten sollte,

Ich habe das Versprechen abgeben müssen," so erklärt Löbe, mich politisch nicht mehr zu betätigen. Diese Ver­pflichtung ist mir um so leichter gefallen, als ich von mir aus die Periode meiner politischen Tätigkeit für endgültig abgeschlossen halte. Eine zukünftige, Entwicklung Deutsch­ lands wird sich auf neuen Grundlagen vollziehen und in dieser Hinsicht stimme ich den Worten Hitlers zu: Was gewefen iſt, tehrt nicht wieder!" Man würde mich für einen verächtlichen Ueberläufer halten, wenn ich, der ich so­lange für andere Ideale gewirkt habe, plößlich mich dem Nationalsozialismus an den Sals werfen würde. Ich bin aber objeftin genug, um einzugestehen, daß die neuen Führer Deutschlands mit großer Talfraft Probleme in Angriff genommen haben, denen wir nicht gewachsen ge­mefen find, z. B. Reichsreform, die Arbeitsbeschaffung und die Winterhilfe, in der ein starker sozialistischer Zug zum

Ansbrud kommt. Das Agrarproblem scheint mir ebenfalls mit viel Schneid angepackt worden zu sein. Wenn es Hitler gelingt, sechs Millionen Arbeitslose in den Arbeitsp rozeß wieder einzuordnen, so müssen auch wir in aller Hochachtung den Hut vor ihm ziehen." Im weiteren Verlauf der Unterhaltung erfundigte sich der Berichterstatter nach Löbes Auffassungen über die Außenpolitif. Ich denke oft an Oesterreich ," so sagte Löbe. Sechzehn Jahre hindurch war ich Präsident des Deutsch - Desterreichischen Volksbundes. Oesterreich ist ein deutsches Land und wenn diese beiden Teile des deut­ schen Volkes den Willen haben, sich zu vereinigen, so hat niemand das Recht, diese Einigung mit Gewalt zu ver hindern. Wir haben während der fünfzehn Jahre niemals an einen Gewaltstreich gegen Oesterreich gedacht und ich bin überzeugt davon, daß Hitler ebensowenig daran denkt. Gegen wen würde sich übrigens ein solcher Gewaltstreich richten? Die Mehrheit des österreichischen Volkes war seit jeher für den Anschluß.

Das gleiche gilt für die Saar . Die Rückkehr des Saargebietes zu Deutschland vor dem Jahre 1985 würde eine unnötige Spannung der deutsch - franzö sischen Beziehungen verhindern." Auf den Einwand des Berichterstatters Sie sprechen ia genau wie Hitler !" er­widerte Paul Löbe : Meiner Ansicht nach darf man seinen Patriotismus nicht von seinen innerpolitischen Anschau­ungen abhängig machen. Ueber den Parteien gibt es ein Deutschland . Stresemann sagte mitunter ironisch zu mir: Sie sind ja ein ganz schlimmer Imperialist mit Ihren erigen Reden über den Anschluß" Aber was wollen Sie, ich bin immer ein guter Deutscher gewesen, stets eingedent des Wortes von Laurence der einmal gesagt hat, daß die Nationen so wie Blumen sind, die erst zusammen einen schönen Strauß abgeben."

Am Schluß der Besprechung gab Löbe der Ueberzeugung Ausdruck, daß, wenn man die Dinge von hoher Warte aus betrachte, man allen persönlichen Groll und Unmut vergessen müsse. Ueberall" so fuhr Löbe fort, find Experimente im Gange; in Deutschland , in den Bereinigten Staaten von Amerifa und in Frankreich . Daß wir in fünf oder zehn Jahren wieder an die Macht kom­

men fönnten, daran glaubt kein Mensch. Ich möchte zwar auf meine Freunde im Ausland nicht deprimierend wirken, aber sie wissen selbst, daß unsere Rolle ausgespielt ist. Sie wissen, wie sie sich halten müssen und was sie von der ihnen verbliebenen Rolle zu halten haben."

D. F. Die Unterredung enthält Bemerkungen, die für einen alten Sozialisten unglaublich klingen. So das Lob der Win­terhilfe. Der Parlamentarier Paul Löbe weiß natürlich sehr genau, daß dieser allgemeinen Bettelei eine Beraubung der Bedürftigen durch weitgehenden Abbau der Sozialpolitik, insbesondere durch den Hinauswurf Bedürftiger aus der Ar­beitslosenrente vorausgegangen ist. Er weiß auch, in welchem Maße Reich, Länder und Gemeinden und private Fürsorge in den früheren Jahren geholfen haben, freilich ohne ihre Leistungen propagandistisch so aufzubauschen, wie es die jeßige Regierung liebt.

Ob nun das Interview echt oder gefälscht ist: weder auf die Illegalen im Lande noch auf die Emigration wird es deprimierend wirken. Paul Löbe ist schon vom politischen Rampffeld abgetreten, als er, kurz vor der Auflösung der Partei, noch glaubte, irgend einen modus vivendi mit dem Hitlerregime finden zu können und eine entsprechende Poli­tif der Reichstagsfraktion versuchte.

Daß wir" in fünf oder zehn Jahren wieder an die Macht kommen, haben wir" nie behauptet. Die alten politischen Formen und ihre alte Führung sind es gewiß nicht, die die jezige faschistische Diktatur ablösen. Das Vergangene fehrt nicht wieder. Auch die Sozialdemokratie weiß das, wie ihre entschlossene Abfehr von früheren Fehlern und eine grund­sätzliche Umstellung ihrer Politit zeigt. Die Illegalen drin­nen und wir draußen bereiten nur die tommenden Dinge vor. Der Machtkampf um das Reich wird von mancherlei Kräften und Faktoren geführt und entschieden werden, die jezt noch nicht flar zu erkennen sind. Dieses Ringen um die sozialistische Macht ist aber in voller Entwicklung, und die wachsende Bewegung ist unabhängig davon, ob irgend femand müde beiseite treten follte. Die Namen von Glans aus der parlamentarischen Periode sind verblaßt, Aus den Reihen der Ungenannten werden in einem unvergleichlich schweren Kampfe neue Volksführer in entscheidenden Stunden her­vortreten.