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Militärabteilung auf Lastwagen vor dem Wiener Rathaus , das besetzt wur...
Oben rechts: Der Karl- Mary- Hof, eine große Mustersiedlung im Wiener Norden, in der sich die Schutzbündler verschanzt hatten und troß Einsetzung von Artillerie verzweifelten Widerstand leisteten. Unten rechts: Schulkinder bringen einen Wagen der Straßenbahn, der infolge des Streifs stromlos geworden war, ins Depot.
Verzweifelt wird weitergekämpfte 1107
Die Lage in der Provinz
Das Deutsche Nachrichten- Büro meldet aus München , 14. Februar: Nach den dem österreichischen Pressedienst vor= liegenden Nachrichten aus Defterreich ist die Lage im ganzen Lande nach wie vor sehr ernst.
In der Stadt Steyr in Oberösterreich sind die Aufständischen immer noch Herren der Lage, nachdem sie ledig: lich einen Teil der Stadt nach heftigem Artilleriefener räumen mußten. Die Stadt ist vom Bahnverfehr ab: geschnitten, da die Marristen die Bahngleise nach St. Va: lentin gesprengt haben. Eine Gendarmerieabteilung wurde von den Marxisten überfallen und ließ elf Tote am Plage zurüd.
Im Salzburger Bahnhof wurde am Mittwoch eine Lokomotive auf der Drehscheibe vor dem Lokomotivschuppen umgestürzt, so daß die anderen Lokomotiven nicht ausfahren konnten. Der Bahnhof wurde später von einer Abteilung des Schußkorps besetzt. In der Nähe von Puch Sprengten die Marristen einen Elektrizitätsmaft der wichtigen Bahnstrecke Salzburg - Bischofshofen , so daß der Verkehr nur noch eingleifig aufrechterhalten werden kann. In Zell am See weigerten sich Angehörige der Heimwehren, zum Schutzforps einzurücken und weinten, als sie dazu gezwungen wurden. In Hallein befürchtet man den Ausbruch von Unruhen. 90 Mann der Salzburger Garnison wurden dorthin ab= kommandiert.
Die Stadt Graz war am Dienstag abend ohne Licht. Die Straßenbahn und die Bundesbahn konnten nicht ver: fehren. Die Fervsprechverbindungen sind zum größten Teil unterbrochen. Die Stimmung auf der Regierungsseite ist äußerst gedrückt. Der Kommandant der berittenen Polizei ist in den Kämpfen gefallen. Die Heimwehr wurde bisher lediglich zur Bewachung von Parkplägen eingesetzt.
In Eggenberg bei Graz war es am Dienstag nachmittag erneut zu schweren Kämpfen gekommen. Die Kasernen der Gendarmerie und Polizei wurden von Sozial
demokraten geftürmt. Was sich zur Wehr setzte, wurde nieder:
gemacht, die übrigen gefangen genommen. Je ein Ueberfallauto der Polizei und der Gendarmerie, die zur Hilfe geeilt waren, mußten sich nach kurzem Handgemenge ergeben. Später wurden Alpenjäger und weitere Verstärkungen der Gendarmerie eingesetzt, worauf sich die Sozialdemokraten in der Richtung auf Göfting zurückzogen. Auf seiten der Marristen wurden hier in den Straßenfämpfen auch Minenwerfer benutzt, die unter den Regierungstruppen verheerend gewirkt haben sollen. Schließlich wurde Artillerie eingesetzt, die die Stellungen der Marxisten die ganze Nacht über ununterbrochen beschossen. Die Glasfabrik Göfting ist nur noch ein Trümmerhaufen. Bisher wurden über 60 Tote gezählt. Größere Unruhen werden auch aus Obersteiermark gemeldet. Im oberen Ennstal hat die Gendarmerie mehrere Tote zu verzeichnen.
In Brud an der Mur haben die Schutzbündler noch immer die wichtigsten Punkte in der Hand. Der Eisenbahnverkehr ist teilweise lahmgelegt.
In Wien , wo die ganze Nacht zum Mittwoch und auch am Mittwoch vormittag unausgesetzt Maschinengewehrfeuer und Kanonendonner zu hören war, befinden sich das Leo: poldsauer Gaswerk und das Elektrizitätswerf immer noch in den Händen des Republikanischen Schutzbundes. Die Regierung wagt es nicht, diese städtischen Anlagen mit schwerem Fener zu belegen, um diese lebenswichtigen Anlagen nicht der Gefahr der Bernichtung auszufezen.
Wien , 14. Februar. Die Kampfhandlungen haben am Mittwochvormittag am Mittwochvormittag wieder in größerem Umfange eingesetzt. Die Rämpfe er: ftrecken fich jetzt hauptsächlich auf den Abschnitt Floridsdorf . Die Regierungstruppen nahmen nach längerer Artillerie: vorbereitung die Gartenstadt sowie einen größeren Ge: meindeban.
Floridsdorf soll gegenwärtig von allen Seiten von den Regierungstruppen eingeschlossen sein. Den Schutzbündlern soll ein um 12 Uhr ablaufendes Ultimatum gestellt worden fein, die Waffen abzuliefern und sich zu ergeben, andernfalls das gesamte Gebiet, in dem sich die Schußbündler verschanzt haben, vollständig mit Artillerie zusammengeschossen würde. Aus St. Pölten sind am Vormittag die Artillerie und Regierungstruppen eingetroffen und sofort in Floridsdorf in den Kampf eingelegt worden. Die Zahl der Schutzbündler in Floridsdorf wird halbamtlich mit 3000 Mann angegeben. Schwere Kämpfe follen gegenwärtig auch an der Philadelphia: brücke im Gange sein.
Auch aus Ottakring werden Kämpfe gemeldet.
In den Mittagsstunden des Mittwoch wird von amt: licher Seite( daher braucht es auch nicht so ganz zu ftimmen) mitgeteilt, daß der letzte Kampfabschnitt, der noch in größerem Ausmaße im Befiz der Schutzbündler war, näm: lich die Stellungen in Floridsdorf , von ihnen geräumt worden sind und sich nunmehr vollständig im Besitze der Res gierungstruppen befinden. Die Schutzbündler haben sich in Floridsdorf ergeben und die weiße Fahne gehißt. Auch die Kämpfe an der Philadelphiabrüde find gegen Mittag zu Ende gegangen. Auch in den anderen Kampfabschnitten sind die Schutzbündler im Rückzug. Aus einzelnen Arbeiterhäusern sind bereits weiße Fahnen gehißt. Bei der Besetzung wurden Mengen von Waffen und Munition aufgefunden. Im 12. Be
zirk ergab sich ebenfalls eine große Anzahl von Schuhbündlern. Da die Polizei zum Abtransport der Gefangenen nicht ausreichte, wurden die in der Umgebung liegenden Magazine besetzt und die Gefangenen dort sofort eingesperrt. Die Truppen haben am Vormittag eine systematische Durchsuchung sämtlicher roten Gemeindehäuser vorgenommen, die von den sozialdemokratischen Gemeindeverwaltungen seit Jahren mit öffentlichen Mitteln als strategische Stützpunkte für einen etwaigen Bürgerkrieg hergerichtet waren.
Das Gaswert Leopoldsan an der Grenze von Floridsdorf , das bisher ununterbrochen von Schutzbündlern besegt war, ist
Maschinengewehren . Schließlich wurde ein Panzerwagen ein: gesezt. Vor Eröffnung des Feuers war den Fronen und Rindern gestattet worden, mit ihren Sachen das Gemeinde: haus zu verlassen. Von den Schutzbündlern wurde aus allen Fenstern das Feuer heftig erwidert. Eine Frau wurde durch Querschläger getötet. Der Kampf ist zur Stunde noch im Gange.
Die KrönungsleuA Tab b 36 sozialdemokratische Verbände und Vereine aufgelöst
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Wien, 14. Febr. Die amtliche Nachrichtenstelle teilt mit: Das Bundeskanzleram: hat die Auflösung von insgesamt 36 jozialdemokratischen Vereinen verfügt. Darunter bejinden sich sämtliche Zentralorganisationen der österreichischen sozialdemokratischen Partei, einschließlich der freien Gewerkschaften, deren Spigenverband, der Bund der Freien, Gewerkschaften Österreichs , ebenfalls der Auflösung verfallen ist. Die übrigen sind die sozialistischen Arbeitervereine, die Touristen- und Sportvereinigungen sowie die gesellschaftlichen Vereinigungen, die unmittelbar der sozialdemokratischen Partei angegliedert
waren.
Held Munichreither
Der Schwerverwundete gehängt...
Wien , 14. Febr. Das vom Standgericht gegen den Schutzbündler Karl Munichreither verhängte Todesurteil ist um 16.41 Uhr durch den Strang vollzogen worden.
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Drei Stunden nach dem ungeheuerlichen Urteil des Wiener Standgerichtes wurde im Namen des Verfassungs. bruches , im Namen des Staatsstreichs der Schußbund führer Munichreither„ gerichtet". Der Schwer= verwundete mußte also die Rache der entmenschten Soldateska sehr schnell über sich ergehen lassen. Eine Ungeheuerlichkeit, die die ganzen verbrecherischen Methoden der österreichischen Gewaltmenschen und Faschisten der großen Deffentlichkeit enthüllt. Das ist kein Richten, das ist grausamer barbarisch ster Mord.
Der Schutzbündler Munichreither war ein Held. Er wurde von der Meute der Reaktion kaltblütig und wohlüberlegt gemordet. Wie das die christlichen Heuchler, die in Desterreich triumphieren wollen, mit ihrer Religion in Einklang bringen, bleibt allen religiös und menschlich Empfindenden unerklärlich. Munichreither ist tot. Die kämpfende Arbeiterschaft der ganzen Welt wird ihn und die Helden des Kampfes um Wien in ewiger Erinnerung
ebenfalls in die Sände der Regierungstruppen gefa Auf der Tragbahre... Judenhof, ebenfalls in Floridsdorf , versuchten sich die Schutzbündler zunächst in Stellungen einzugraben. Das Polizei: kommissariat im Bezirk Floridsdorf , das seit Beginn des Aufstandes inmitten des Schußfeldes sowohl von seiten der Regierungstruppen wie auch der Schutzbündler lag, hatte schon in den Vormittagsstunden Luft bekommen, so daß es zum erstenmal seit diesen Tagen verlassen werden konnte. Bei dieser Einzelaktion sollen 100 Gefangene gemacht worden sein. Die Leiche des am Dienstag getöteten Bezirkshauptmannes Friedrich wurde in Floridsdorf gefunden. Im Schlingerhof( Floridsdorf ), der von den Regierungstruppen mit Minen beschossen worden war, sind jetzt 50 Tote aufgefunden worden.
Wien , 14. Febr. Der Senat des Standgerichtes, der aus drei Oberlandesgerichtsräten zusammengesetzt ist, trat heute zum
In Meidling haben die Schutzbündler noch den Wiener Berg besegt.
Wien , 14. Febr. Im Bezirk Meidling fetzten heute mittag Regierungstruppen zum Angriff auf das Meidlinger Ges Regierungstruppen zum Angriff auf das Meidlinger Ge: meindehaus, einen ausgedehnten Gebäudekomplex, an, in dem sich die Schutzbündler verschanzt hatten. Die Regierungs: truppen beschoffen das Gebäude zwei Stunden lang mit
ersten politischen Standgerichtsprozeß zusammen. Gegen zehn Mitglieder des Sozialistischen Schutzbundes ist Anklage auf Aufruhr im Sinne des Standrechtes erhoben worden. Zwei der Angeklagten, die bei den letzten Kämpfen schwere Verlegungen erlitten hatten, mußten auf Trag= bahren in den Sigungsfaal gebracht werden, sie wurden jedoch vom Gericht für verhandlungsfähig erklärt.
Bei den Angeklagten handelt es sich überwiegend um erwerbslose Arbeiter. Ein Abschluß der Verhandlung ist für heute noch nicht zu erwarten.
Weitere Standgerichte zusammengetreten
Wien , 14. Febr. Am Nachmittag sind drei weitere Standgerichte zusammengetreten. Angeflagt ist u. a. der Kommandant der Hauptfeuerwache in Floridsdorf , Ingenieur Weizel. Von dieser Wache wurde die Polizei wiederholt beschossen, wobei zehn Wachbeamte, darunter der Stabshauptmann b bitc Friedrich, getötet wurden.