Der Kampf um die Saar  

Das Vordringen der deutschen   Freiheitsfront

Vor den Saar  - Entscheidungen

Die Unterkommission tagt

Saarbrücken  , 17. Februar 1934. Man muß es dem Dreierkomitee des Völkerbundsrates zur Vorberatung der Saarabstimmung lassen: Die Herren arbeiten ebenso gründlich wie sachkundig und sind aufrichtig bemüht, ganze Arbeit zu leisten.

Daß sie für dieses verdienstvolle Werk nicht die Zus stimmung Hitlers   und seiner Pressekulis haben( die sich sonst nicht genug tun können in der Behauptung, daß sie die Saarabstimmung 90prozentig sicher in ihren Händen hätten), kann man bedauern ist aber andererseits nur ein Beweis mehr dafür, wie objektiv, loyal und unbeeinflußt das Komitee arbeitet.

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Sowohl der Vorsitzende, der italienische Baron Aloisi, wie der spanische Botschafter Madariaga und der argentinische Botschafter Cantilo legen eine Energie, Umsicht und vornehme Neutralität an den Tag, die wirk­lich andere Kommentare verdient hätten, als sie ihnen von der Hitlerpreffe, durch den hitleramtlichen Rundfunk, das hitleramtliche Deutsche   Nachrichtenbüro und die gleich. geschaltete Saarpresse zuteil werden. Wir müssen aller dings gestehen, daß wir sowohl die Haltung des Komitees wie deren Beurteilung durch die Nazioten gar nicht anders erwartet haben.

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Besonders hervorgehoben werden muß auch das absolute Einverständnis, das zwischen dem Präsidenten der Regierungskommission, Herrn Knog, und dem Rats­komitee besteht und erneut bestätigt worden ist. Außer dem hat das Ratskomitee der Regierungskommission ein besonderes Vertrauensvotum ausgesprochen, indem es keine besondere Abstimmungskommission neben der Regierungskommission vorschlägt, was als eine er neute schmere Niederlage der Greuel. märchenpolitik der sogenannten deutschen  Front" in Genf   und im übrigen Auslande zu werten ist.

Außerdem scheint das Komitee mit dem Vorschlage von Knog, vor, während und nach der Abstimmung eine internationale Polizeitruppe zur Aufrecht erhaltung der Ruhe, Sicherheit und Ordnung an der Saar  zu unterhalten, einverstanden zu sein, und hat einer neutralen sachverständi en Juristen. kommission über die beiden Fragen der gemeinde­

oder bezirksweisen Abstimmung und der genauen Hand. habung der Wahlberechtigung, zugestimmt. Auch wird man von anderen Sachverständigen Entscheidungs. grundlagen für bestimmte Teile des gesamten gabenkreises einfordern und sich voraussichtlich am 4. 3. wieder in Genf   versammeln.

uf­

Auf absolut zuverlässigem Wege ist uns trotz der streng gehüteten Geheimhaltung der Sitzungen und der selbst auferlegten Schweigepflicht der Ratsmitglieder noch fol gende hoch interessante und sehr wesentliche Einzelheit aus der ersten General. aussprache vom Donnerstag nachmittag bekannt geworden: Herr Madariaga hat die Frage des Abstimmungsdatums angeschnitten und die Aus­sprache der drei Herren gelangte zu dem einstimmigen Ergebnis,

daß vorläufig weder das Dreierkomitee ein Datum vorschlagennoch die Maitagung des Rates um die Festsetzung eines solchen bitten werde: Erst müsse de facto die absolute Sicherstellung einer freien und Abstimmung unbeeinflußten erfolgt

fein, ehe man dieser Frage nähertreten könne.

Das entspricht der Auffassung, wie sie die Freiheits­front des Saargebietes in Genf  , im übrigen Auslande und gegenüber der ausländischen Presse immer wieder gefordert hat und wir sind glücklich, daß diese Forderung die des Rechtes, des Vertrages und der Billigkeit ist!

Wer ein wirklich ehrliches und wahrheits. gemäßes Abstimmungsergebnis haben will, muß diese Stellungnahme des Dreierkomitees mit allen Kräften und aus ganzem Herzen unterstützen. Wer das nicht tun zu können glaubt, beweist nur die eigene Unsicherheit in bezug auf das Abstimmungsergebnis und jenen Mangel an fair play, der das Kennzeichen fehlender Güte der eigenen Sache ist.

Die Truppenfrage vertagt

M. B.

Genf  , 17. Febr. Der für die Vorbereitung der Abstim mung im Saargebiet eingelegte Ausschuß hat die Frage der evtl. Entsendung von Truppen nach dem Saargebiet bis zum März vertagt, da eine Einigung über diese Frage nicht mög lich war.

Wilhelm Kanpp

der in sehr prägnanter und präziser Weise die Schluß folgerungen aus den tragisch- gewaltigen österreichischen Vor­gängen zog und lebhaften Beifall erntete. Dann trat der Jungführer unserer SSB.- Kameraden an die Rampe und leistete im Namen aller Freiheitsfämpfer folgenden Schwur: Wir schwören!

Bei den Opfern des Freiheitskampfes der sozialdemokras tischen Arbeiter Wiens

Trene

der sozialistischen   Idee, ihren Organisationen. dem Führer!

Bereitschaft

zu jeder Stunde, zu jeder Tat! Einsatz

von Gut und Blut! Standhaftigkeit

bis zum Sieg!"

Sodann forderte er die Versammelten auf. in Ergriffenheit und Andenken an die österreichischen Freiheitsopfer eine Minute Stillschweigen mit erhobener Freiheitsfaust einzu­legen, während gedämpft die Trommeln wirbelten. Dann setzte das Tambourkorps mit einem Freiheitslied ein, worauf

Mar Braun

sprach. Seine ganze Rede war ein einziger glühender Appell an die Einheit und Schlagfraft des Proleta= rtats. der, mit immer wiederholten stürmischen Zustim­mungen unterbrochen wurde. Dann sang die ganze Ver­sammlung mit Begeisterung die Internationale" und unter Freiheitsrufen leerte sich der Saal, das Treppenhaus und das Restaurant.

Die Freiheitsfront des Saargebietes wird Saars zur Einheitsfront des zugleich proletariat 3. Von Woche zu Woche wird der Zustrom zu den Fretheitskundgebungen der Saar   größer, der Kampfwille entschlossener und die Begeiste rung unaufhaltsamer.

Dasselbe Bild zeigten übrigens auch die gleichzeitigen Kundgebungen in Neunkirchen   und Sulzbach  . In Neunkirchen   war der Andrang so start, daß er für eine

sofortige gleichgefüllte Parallelversammlung gereicht hätte - leider fehlt uns dazu ein entsprechender Raum. In Neun­firchen sprachen Richard Pfaff und Richard Kirn  . während in Sulzbach   Karl Etienne und Hermann Petri die überfüllte Versammlung mit sich fortrissen.

Urteil aus Oberschlesien  Katholisches Blatt über Max Braun  

Wenn man die Wahrheit aus katholischem Munde hören will, muß man zu fatholischen Blättern außerhalb des dritten Reiches" und unabhängig von den Kaffen schränken Göbbels greifen, um die wahre Stimmung des Katholizismus zu hören. So schreibt beispielsweise die katholische Volkszeitung" in Oberschlesien   über die Saarverhältnisse:

" Die Dinge im Saargebiet spizzen sich zu. Rein äußerlich ist allerdings eine gewisse Entspannung zu verzeichnen

im

Studienrat üd behandelte das Thema von der medizinischen, fittlichen, moralischen, eugenischen und Kirchs lichen Seite aus. Reiner dieser Gesichtspunkte fönne, so führte der Vortragende aus, dem Borgehen der Reichsregierung eine Stüge fein! Niemand auf Erden sei unfehlbar! Auch Regierungen nicht! Ste habe also auch kein Recht sich Rechte über Menschen anzumaßen, die allein in Gottes Macht stünden.

Richts anderes als Diebstahl am Menschen sei es, was jekt das Sterilisationsgefeß vorschreibe Diebstahl, an dem auch der Staat fein Recht habe!

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Aber auch von einem anderen Standpunkt aus sei das neue Gesetz sehr bedenklich und wieder seien es feine unbe wiesenen Behauptungen, sondern Erfahrungstatsachen aus Amerika   So sei die Folge von Sterilisation dort gewesen, daß sich unzählige Menschen freiwillig sterilisieren lassen wollten sterilisieren lassen wollten, um besser ihren schlech= ten Leidenschaften fröhnen zu können! Wie sehe ein Notwehrrecht" des Staates, wie es das feige Sterilisationsgefeß fein solle, aus. menn Hemmungslosigkeit seine Folge sei! Auch dieser Gesichtspunkt der deutschen   Reichsregierung sei also absolut unzutreffend.

Schließlich müsse auch berücksichtigt werden, wie denn zahl­reiche heutige Kriminelle, zahlreiche heutige Asoziale auf die schiefe Bahn gekommen seien.

Sei es nicht der Krieg und seine Folgen gewesen, der hier verheerend gewirkt habe? Geradezu absurd sei es, wenn der nationale" Staat diese Leute jetzt berauben wolle! Derselbe Staat, der im Kriegsfalle jede Selbstverstümm lung bestrafe!

Auch die angeblich mit dem Gesez beabsichtigte Verhütung von Erbkrankheiten sei nichts als eine unbewiesene Behauptung. Der Redner ging hier auf einen Zwischen­ruf ein, der Beethoven   erwähnt hatte und betonte, daß ja schon dieses Beispiel des tauben Beethoven zeige, wie es um die menschliche Kenntnis der Erbkrankheiten" stehe! Am Ende seiner stark beachteten Rede verlas der Redner die Botschaft des Papstes vom Dezember, in der katholischen Aerzten und Schwestern jede Mitwirkung bei Sterilisationen ftrengstens untersagt wird. Es ist für die heutige Lage an der Saar tennzeichnend, daß der Vortrag stürmischen Beifall fand!-

Wir fügen hinzu: Wo bleibt die Konsequenz dieser Aus­führungen in der Politik? Eine schärfere Ablehnung der Die saarländischen Katholiken Hitlermethoden konnte man sich in dem Rahmen des Vor­trages gar nicht denken. können mit vollem Recht verlangen, daß die katholische Kirche  , die durch einen ihrer Vertreter in so eindeutiger Weise die Sterilisation als eine Barbarei erklärt, auch den Mut zur Entscheidung hat. Kann sie es verantworten, daß die katholische Bevölkerung des Saargebietes ciner solchen Barbarei ausgeliefert wird?!

Ueber den Referenten, den katholischen Geistlichen Dr. Lück, äußerte sich nach dem Vortrage ein prominenter Nationalsozialist: Intelligenzbestien von der Art des Dr. Lück gehören im britten Reich" ins Konzentrationslager." Die überfüllte Versammlung war von dem Referat be­geistert.

Innern jedoch geht der Terror unverändert weiter.". Die Eine Emigranten- Verordnung

nichtgleichgeschulteten Zeitungen

" Volksstimme", Chronit",

General- Anzeiger  "," Saarlouiser Journal", eitland", Meldepflicht

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" Deutsche Freiheit"," Acbeiterzeitung"," Neunkircher Echo", zu denen in diesen Tagen noch die Deutsche Volts- Zeitung", und " Die schwarze Front  " hinzufommen werden führen gewinen­haft über ihn Buch, unter Anführung genauer Einzelheiten jeden einzelnen Falles, und es vergeht keine Woche, in der sie nicht gezwungen find, über mehrere Dußend Fälle von Beschimp­fungen, Tätlichkeiten, heimtüdischen Ueberfällen, Bedrohungen mit Rache nach 1985", Mißhandlungen, Schifanierungen in den Betrieben usw. zu berichten. Daß die Verfügungen der Re­gierung, vor allem das Uniform- und Abzeichenverbot, täglich en majje übertreten werden, daß die verbotene SA. und SS. in Wirk­lichkeit nach wie vor bestehen und sogar bei offiziellen Anlässen ungetarnt in Erscheinung treten, und daß die zum großen Teil gleichgeschalteten" unteren Erefutiv- Organe von allebem in den meisten Fällen prinzipiell nichts sehen", erscheint demgegenüber schon beinahe belanglos. Es ist, furz gefagt, dasselbe Bild wie während des Abstimmung& fampfes in Ober fchlesien.

In der letzten Zeit ist nun aber auch die Abwehr aktiv ge= worden. Die Freiheitsfront, die in dem noch jungen, von den Nazis tödlich gehaßten Mag Braun einen energischen, um fichtigen Führer, wortgewaltigen Agitator, gewandten Diplo maten und ganz hervorragenden Organisator besist. hat sich einen Schutzbund geschaffen; die Hauptsächlich auf der Sozialdemokratie aufgebaute Freiheitsfront und die an anderen für die Beibehaltung des Status quo eintretenden Organisationen( Ver­band der Saarbergleute, Saarländische Sozialisten- Partei, Saar­ländische Wirtschaftsvereinigung, Unabhängige Bürger- und Bauernpartei, Katholische Arbeitsgemeinschaft, Verband der Saar­Franzosen, Französisch- Saarländische Vereinigung und so weiter) entfalten eine überaus rege Propaganda. und Versammlungs­tätigkeit, und auch die Regierungsfommission hat eine Reihe Die durchgreifender Besserungsmaßnahmen getroffen fatholische Opposition... verstärkt sich von Tag zu Tag. Neuerdings macht sich auch eine protestantische Oppo­fition bemerkbar Und außerdem ist es einigen Otto­Straßer Anhängern gelungen, die nationalsozialistische Opposition, die Stahlhelm Opposition und die mon­archistischen Kreise zu einer gemeinsamen Kampffront zusammen­zufaffen. Alle diefe Gruppen haben verschiedene Ziele. Jede geht ihren eigenen Weg. Aber in der energischen Ablehnung der 1985­Rückgliederung der Saar an Hitler- Deutschland sind sie alle einig.

Saar  - Katholiken

Freiheitsfront wird Einheitsfront gegen Sterilisierung

Große Kundgebung in Saarbrücken  

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Saarbrüden, den 17. Februar 1984. Die Freiheitsfront hatte Freitag zu einer Kundgebung ge­-die Stühle waren ausgeräumt rufen. Kopf an Kopf standen worden die Menschen im großen Saal des AW.- Hauses, die Teilnehmer einer gewaltigen Demonstration wurden. Der erste Redner des Abends war Gewerkschaftssekretär

Saarbrücken  , 17. Februar.

In Saarbrüden sprach der katholische Studienrat ud vor den Mitglieder des katholisch- kaufmännischen Vereins über die Frage der Sterilisation. Es ist bemerkenswert, daß der Vortragende zu einer außerordentlich scharfen Ablehnung dieser neudeutschen Einrichtung aus allen, hier in Betracht fommenden Gesichtspunkten heraus, tam.

Die Regierungskommission des Saargebiets hat eine Polizeiverordnung betr. Regelung der Aufnahme politischer Flüchtlinge im Saargebiet erlaffen. Es heißt darin:

Artikel 1

Personen, welche aus politischen oder kulturellen Gründen ihren Heimatstaat verlassen haben und im Saargebiet Aufent halt nehmen wollen, find verpflichtet, innerhalb 8 Tage nach der Ankunft sich bei der Regierungskommission, Abteilung Verkehrswesen, zu melden.

Artikel 2

Dem Meldepflichtigen wird nach Prüfung seiner Angaben ein besonderer Personalausweis ausgestellt, der ihn bos rechtigt, im Saargebiet Aufenthalt zu nehmen.

Artikel 3

Die Aufenthaltsgenehmigung fann insbesondere zurückgezogen werden, wenn sich herausstellt, daß

1. bei Beantragung des Personalausweises falsche Angaben gemacht worden sind;

2. wenn der Juhaber eines solchen Ausweises im Saar: gebiet eine politische Tätigkeit entfaltet, die nach völkerrechts lichen Grundsätzen mit der Gewährung des Asylrechtes uns vereinbar erscheint.

Schutz

des Gewerkschaftsvermögens

Auf Grund des Artikels 10 Abs. 3 der Verordnung vom 31. Mai 1988 betr. Abänderung und Ergänzung des Reichs vereinsgesetzes vom 19. April 1908( Amtsblatt 1988, Nr. 278)

und

in Erwägung,

daß das Vermögen des früheren Verbandes der Bergs banindustriearbeiter Deutschlands  , Sig Bochum, welchem der Verband deutscher   Bergbaus industriearbeiter für das Saargebiet, Sig Saarbrüden, bis zum 7. Mai 1988 als Bezirk angehörte, von ber Firma H. Hansmann n. Co., Sig Bochum, verwaltet wurde,

verordnet die Regierungskommission auf Grund ihres Beschlusses vom 10. Februar 1934:

Die Verwaltung des im Saargebiet belegenen Teiles des beweglichen und unbeweglichen Vermögens der Firma H. Hansmann u. Co., Sig Bochum, wird bis zur endgültigen Feststellung der Bermögensverhältnisse durch die saarländis schen Gerichte der Vermögensverwaltung des Verbandes deutscher   Bergbauindustries arbeiter für das Saargebiet G. m. b. H., Sig Saarbrüden", übertragen.