Zur Programmdebatte in der Sozialdemokratic

Siegfried Aufhäuser und Heinrich Mann - Gegen und für den Partclaufruf

Bemerkungen

zum Aufruf des Parteivorstandes

Von S. Aufhäuser

Nach der Niederlage der deutschen Arbeiterbewegung zeigte sich alsbald in wachsendem Maße das Bedürfnis nach politischer Neuorientierung. Es ist auch erklärlich, daß in einer Periode faschistischer Diktatur, die Sozialisten von je­der aktiven Teilnahme am politischen Geschehen ausschaltet, das Diskutieren der Genossen einen wesentlichen Be­standteil ihres politischen Lebens von heute bilden muß. So bemühen sich heute die besten Teile der deutschen Arbeiter­klasse, eine Analyse der politischen und ökonomischen Situa­tion zu finden, den Weg zur Macht zu erörtern und eine kon­grete Vorstellung vom Ziel der kommenden Kämpfe zu ge­winnen. Es wäre durchaus verständlich und wünschenswert gewesen, wenn sich auch die Zentrale der SPD. in Prag an diesem Suchen nach neuen Wegen beteiligt hätte. Dagegen muß es als eine völlige Verkennung des Aussprache- Bedürf­nisses angesehen werden, wenn der Parteivorstand geglaubt hat, das geistige Ringen nach Neugestaltung mit einem neuen Parteiaufruf bereichern zu sollen. Es kommt wohl in diesem Stadium der Selbstkritik, der Selbstverständigung, des Prü­fens und Suchens nach dem richtigen Weg nicht so sehr dar­auf an, den von der deutschen Katastrophe erschütterten Menschen sofort irgend einen mit Mehrheit beschlossenen und geformten ,, fertigen Standpunk t" eines Partei­vorstandes zu servieren, als vielmehr darauf, den Prager Apparat in den Dienst des schwierigen Klärungsprozesses zu stellen.

Die Veröffentlichung vom 28. Januar ist vom Parteivor­stand unterzeichnet und es heißt dort:

,, Die Führung ist sich dabei bewußt, daß sie der ständigen Mitwirkung und Beratung der Leiter der ille­galen Gruppen bedarf."

Diese selbst erteilte Legitimation zur Führung der revolutio­nären Bewegung ist ebenso verfehlt, wie die Form des Mani­fests unangebracht war.

Der Führungsanspruch des PV. kann weder aus der Ver. gangenheit, noch aus seiner gegenwärtigen Tätigkeit be­gründet werden.

Die Prager Zentrale kann weder die Absicht haben, die repräsentativen Aufgaben des früheren Berliner PV. über­nehmen zu wollen, noch sollte sie versuchen, mit Aufrufen die parteimäßige Propaganda erneuern zu wollen. Sie sollte vielmehr ihre neue und große Aufgabe darin sehen, eine Willenszentrale zu werden, um mitzuhelfen an der programmatischen Neugestaltung und an der Gestaltung einer neuen Führung.

Nur im Meinungsaustausch über eine Plattform der kom­menden Bewegung und in der innerdeutschen Bewegung illegal wirkender Kräfte werden sich die zur künftigen Führung berufenen jungen Kräfte zeigen und bewähren können.

Ein Aufruf mit für seine Verfasser ungewohnten Formulie­rungen reicht nicht aus, um ein ungewöhnliches Vertrauen zu der sich selbst präsentierenden Führung zu schaffen. Eine solche plötzlich gemachte Veröffentlichung wird vor allem ihre Wirkung verfehlen müssen, wenn die übrigen literari­schen Erzeugnisse eines gleichen revolutionären Elans er­mangeln.

Wenn der Phönix aus der Asche des Reformismus empor­steigt, um sofort ins Revolutionäre fliegen zu wollen, so mag das interessant sein, aber die Erneuerung, um die es in der Arbeiterbewegung geht, sollte weniger plötzlich und über­raschend sein, als vielmehr historisch fundiert.

Eine solche historische Betrachtung aber fehlt in dem Manifest gänzlich. Es beginnt mit dem 30. Januar 1933 als wenn wir darauf verzichten könnten, die weiter zurück­liegenden Ursachen für die Aufwärtsentwicklung des deut­ schen Faschismus zu untersuchen.

Wenn sich die Massen, deren Vertrauen für eine kommende Bewegung erst gewonnen werden muß, in diesem Aufruf zu­rechtfinden sollen, dann bedarf es einer objektiven Wür­digung der geschichtlichen Vorgänge seit 1918 und seit 1914. Das Versprechen, alles diesmal anders machen zu wollen, muß von der Erkenntnis getragen sein, warum die reformi­stische Politik der Vergangenheit zu Rückschlägen ge­führt hat. Die Versicherung, daß historische Fehler in der neuen Situation nicht wiederholt werden können, ist zu we­nig. Die einleitenden Bemerkungen des Aufrufs, die ganze 13 Zeilen umfassen, enthalten einige Schlagworte von der ..Knechtschaft" und der Gesetzlosigkeit" der faschistischen Despotie, ohne auch nur den Versuch einer Erforschung des Wissens des Faschismus zu unternehmen. Die Erneuerung der Arbeiterbewegung verlangt es aber, daß wir uns mit den soziologischen Antriebskräften des Faschismus eingehend be­fassen.

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Die leichte Form des Aufrufs hat es auch mit sich gebracht, daß der PV. auf jede Analyse der Krise im Kapitalismus ver­zichten zu können glaubt. Der Zusammenhang zwischen dem aufkommenden Faschismus und dem verfallenden Kapitalis­ mus muß in allen Einzelheiten aufgezeigt werden, wenn nicht der grundlegende Fehler von 1918 schon am Anfang unserer Betrachtungen wiederum einreißen soll, nämlich daß die öko­nomische Fundierung unseres politischen Vorgebens fehlt. Unsere ganze Stellung zur Anwendung demokratischer Mit­tel steht und fällt mit der Auffassung, die wir von der Struk­tur des Spätkapitalismus haben.

Die unhistorische Betrachtungsweise in dem Manifest und der Verzicht auf eingehende sachliche Selbstkritik vermin­dern auch den Wert der brauchbaren Teile des Aufrufs. Diese Mängel werden nur zu korrigieren sein, wenn man auf pro­pagandistische Wirkung eines Aufrufs in diesem Augenblick verzichtet und nach einer Diskussionsgrundlage sucht, die eine erschöpfende Behandlung des Gesamtproblems ermög­licht. In einer solchen Plattform würde wahrscheinlich auch neben der Staatsform der soziale Inhalt des revolutionären Staates weit mehr, als es hier geschieht, zur Geltung kommen.

Demokratie

Neben vielen Einzelheiten, die heute nicht erörtert werden sollen, wird die Behandlung der parlamentarischen Demo­kratie als Gradmesser für die machtpolitische Bedeutung dieses Manifests angesehen werden dürfen. Es herrscht keine Meinungsverschiedenheit, daß in Ländern, die eine vorhan­dene Demokratie zu verteidigen haben, dafür alle Mittel an­gewandt werden müssen und es soll auch nicht bezweifelt werden, daß in Deutschland eine brennende Sehnsucht nach Freiheit besteht. Aber ebenso sicher ist, daß die Totalität des faschistischen Staates nur vom absoluten Willen des arbeiten­den Volkes nach der Macht im Staate abgelöst werden kann. Im heutigen geschichtlichen Stadium der Klassenkämpfe in Deutschland kann es nicht genügen, alle Demokratie unver­ändert in der Schaffung eines aus gleichen, geheimen direk­ten und allgemeinen Wahlen hervorgegangenen Parlaments sehen zu wollen. Die demokratische Selbsbestimmung des Volkes ist vielmehr an zwei wesentliche Voraussetzungen ge­bunden, einmal daß die Träger des Staates die arbeitenden Menschen sind und zum anderen, daß die Feinde des Sozia­lismus, das sind auch die Feinde der Kopf- und Handarbeiter, keine Möglichkeit haben dürfen, unter Mißbrauch der parla­mentarischen Demokratie die Existenz eines werdenden so­ zialistischen Gemeinwesens zu unterhöhlen. Es muß deshalb nach den Erfahrungen von 1918/19 merkwürdig anmuten, wenn bereits im ersten Manifest für den Kampf um den revolutionären Sozialismus die Propaganda für die Einbe­rufung einer Volksvertretung nach allgemeinen gleichen direkten und geheimen Wahlen einsetzt. Wir sollten den Mut haben, im Ringen um die soziale Demokratie, auch den Be­griff der Demokratie zu definieren, d. h. die formale Demo­kratie durch die Demokratie aller Träger der Arbeit zu er­setzen.

In der im Manifest gegebenen Fassung ist grundsät lich gegenüber der Haltung von 1918 kein Unterschied fest­zustellen, selbst wenn diesmal die konstituierende National­versammlung einige Wochen später als damals stattfinden

soll.

Verfassung im revolutionären Staat

Während das Manifest bereits die Einberufung der parla­mentarischen Volksvertretung nach allgemeinen. Wahlen vor­sieht, fehlt jede demokratische Vorsorge dort, wo es sich um den Aufbau der politischen und wirtschaftlichen Verfassung im revolutionären Staate handelt. Es ist wohl einmal von einer Planstelle die Rede, die völlig in der Luft hängt. Die Erinnerung an 1918 sollte uns veranlassen, statt der forma­len Parlamentsdemokratie die Konstruktion einer demo­kratischen Räteverfassung aufzuzeigen, deren Ausgangspunkt in den Betrieben liegen muß. Hier hätten manche Gelegenheit, im Rahmen einer Arbeiterdemokratie ihre demokratischen Leidenschaften auszutoben.

Alle diese Probleme müssen diskutiert werden, bevor die Zeit für Parteiaufrufe gekommen sein kann. Je weniger diese große historisch bedeutsame Diskussion durch Parteigebun­denheit belastet wird, umso ergiebiger wird sie sein. Es geht in den kommenden Entscheidungen nicht um die Reorganisa­tion einer Partei, sondern um das Werden einer einheitlichen neuen Arbeiterbewegung. Die vorhandenen Stellen der Ar­beiterparteien aus dem vorfaschistischen Deutschland erfül­len ihre Mission, wenn sie sich zur Gestaltung der neuen Be­wegung zur Verfügung stellen. Wir brauchen eine schonungs­lose Erforschung der Vergangenheit, ein objektives Bild des heutigen Deutschland und den Willen zur Macht der Arbeit in Staat und Wirtschaft. Nur so kann das deutsche Prole­tariat das Vertrauen zur eigenen Kraft zurückgewinnen und für seine Freiheit kämpfen.

Revolution und Einigkeit

Von Heinrich Mann

Mit dem neuen revolutionären Programm der Sozialdemo­kratie bin ich in den meisten Punkten einverstanden. Als der für die nächste Zeit wichtigste Satz erscheint mir dieser: Ob Sozialdemokrat, ob Kommunist.. der Feind der Diktatur wird im Kampf durch die Bedingungen des Kampfes selbst der gleiche sozialistische Revolutionär." Hiervon dürfen in­des nicht nur die Sozialdemokraten überzeugt sein. Auch alle anderen Sozialisten müssen denselben Glauben und festen Willen haben, sonst fände die entscheidende Stunde sie un­vorbereitet.

Ich empfehle vor allem Verhandlungen mit dem Ziel der unbedingten, restlosen Einigung. Das neue revolutionäre Programm Ihrer Partei wäre dabei als Mindestprogramm zu betrachten.

Nach meiner Natur und Tätigkeit war ich immer durchdrun­gen von der alles andere übertreffenden Bedeutung des geistigen Kampfes. Sein Ergebnis bestimmt auch die Wirtschaft, nicht umgekehrt. Denn der Mensch ist zum Men­schen geworden, nicht, seitdem er eine Wirtschaft hat, son­dern als er zu denken anfing. Das neue revolutionäre Pro­gramm macht mir ganz den Eindruck, als ob es von dieser Voraussetzung ausgeht, und das ist mir eine wahre Genug­

tuung.

Wir haber allerdings damit zu rechnen, daß der Mensch als denkendes Wesen trog allem noch in den Anfängen steht. Sein Denken bleibt meistens schwach und unzuverlässig: wie wären sonst Rückfälle in die barbarische Widervernunft mög­lich und das wird jetzt erlebt! Man darf daher nach dem Sieg der sozialistischen Revolution nicht tun, als wäre dann plöglich die ganze Nation endgültig gewonnen und auf die höchste Stufe gehoben. Das Programm sagt richtig: Erst nach der Sicherung der revolutionären Macht... beginnt der Aufbau des freien Staatswesens."

Dringend möchte ich zu bedenken geben, daß die revolu tionäre Macht durch Zerstörung der gegenrevolutionären Machtpositionen noch längst nicht gesichert sein kann. Das schlechte Erlebnis des dritten Reiches" ist damit aus den Menschen nicht ausgetrieben. Vorher; unter der Wei­ marer Republik , waren sie meistens überzeugungslose Mit­

läufer. Seitdem erlernten sie in der Schule des Nationalso­zialismus ein Uebermaß an Schändlichkeit. Das geht leider schnell und verhältnismäßig mühelos, während jeder sittliche Erfolg vieler Mühe und Geduld bedarf. Die revolutionäre Macht wird erst dann gesichert sein, wenn die Deutschen eine gesicherte moralisch- politische Erziehung haben. Den einen ist sie heute in Vergessenheit geraten, an­dere aber haben sie noch niemals besessen.

Das neue revolutionäre Programm bestimmt die Ein. heitsschule und die Auslese der für die Studien be­gabtesten Schüler. Das ist eine gebieterische Notwendigkeit auch im Politischen und im Sittlichen. Man kann nicht sofort allen die volle staatsbürgerliche Gleichberechtigung, das ak­tive und das passive Wahlrecht geben, ganz gleich, ob jemand während des ,, dritten Reiches" sein besseres Menschentum behauptet oder es dem augenblicklichen Vorteil aufgeopfert hat nicht erst zu reden von denen, die sich während dieser Zeit mit Genuß in der Gemeinheit gewälzt haben.

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Man halte sich nicht an noch so wünschenswerte theore­tische Voraussetzungen, wie die Gleichberechtigung, sondern immer nur wirkliche menschliche Tatsachen. Die Gleich­berechtigung aller ist das Ziel, aber sie muß erst geschaffen werden durch Erziehung. Keine Klassendiktatur: sondern das Vorrecht der schon Erzogenen, bis die Uebrigen nach­gerückt sind!

Die Ideen der gesamt- europäischen Gesittung, auf die das Programm der Sozialdemokratie sich beruft, sind den Deut­ schen nicht in Fleisch und Blut übergegangen: wenigstens einem so großen Teil von ihnen nicht, daß der Nationalsozia­ lismus mit allen seinen Lügen und Verbrechen denkbar wer­den ja sogar die unflätigste Verwirklichung finden konnte. In den Deutschen müssen befestigt werden die Ideen unserer Gesittung, das geht allem anderen vor, und ohne daß dies voranginge, wäre alles andere umsonst. Die Ideen unserer Gesittung haben ihre Herkunft in der Antike und in Chri­stentum: beide werden lebendig und wirksam bleiben. Ein Staat, der die ganze Gesittung umfassen will, scheidet das Christentum nicht aus, er trennt sich nicht von der Kirche.

Die Trennung von Staat und Kirche ist in den Entwurf des neuen revolutionären Programms übernommen, weil man von früher her die Geistlichen für Diener der herrschenden Klassen hält. Sie könnten es aber höchstens in demselben Zahlenverhältnis sein, wie die Richter oder die Professoren oder alle anderen. Nun zeigen die Ereignisse, daß sie es viel weniger sind als alle anderen.

Eine überraschend große Menge von Geistlichen kämpft jetzt für Christus als Sinnbild der menschlichen Gesittung. Sie wagen Freiheit und das Leben: Wer tut das sonst von den Intellektuellen des Landes?

Hätten auch yon diesen siebentausend sich so verhalten wie die Pfarrer, vielleicht wäre die ganze Hitlerei nicht. Der so­zialistische revolutionäre Staat wird sie von seinem Wert überzeugen müssen, dann kann er die besten in seiner Staats­kirche vereinigen.

Er wird doch auch seine Richter auswählen. Er ist ferner gehalten, seine Professoren auf ihre sittliche Eignung zu prüfen. Außerdem möge der künftige Staat die Pressefreiheit anders verstehn, als die erste Republik sie verstand. So geht es nicht wieder, daß die gelesensten Zeitungen die große Masse gar nicht bessern, sie höchstens befriedigen wollen. ..Als Leser sind uns die Nazis so lieb wie jeder andere," äußerte einer der Leiter eines demokratischen Konzerns 1931, aber 1933 mußte er flüchten. Das Zeitungsgeschäft hat nichts zu tun mit Pressefreiheit. Uebrigens dringen sehr große Organe in die Menge des Volkes nicht wirklich ein; sondern kleine aber tief wahre Organe wirken nachhaltig auf bestimmte Abschnitte des Volkes. Die demokratische Er­ziehung vollzieht sich gruppenweise und staffelweise, in eng begrenzten Wahlkreisen, von Mersch zu Mensch.

Demokratie, sozialistische Demokratie, ist nur dort er­reichbar, wo man einander sieht, kennt, verstehen lernt, und wo die gegenseitige Achtung zunimmt.

Massenaufmärsche sind nicht sozialistisch, nicht demokra­tisch. Wo riesige Führerbildnisse an den Häusern und quer über die Straße hängen, da sollen Massen eingefangen, aber nicht überzeugt werden. Eine Volkseinheit ist leer und ist er­schwindelt, wenn sie hergestellt wird durch Rundfunkreden, die jeden im Land erfassen. Alles Mechanische, dies will ich sagen, ist verwerflicher Unfug, wo es darum geht, Mensch­liches zu pflegen und es dem vornehmsten Menschentum anzunähern. Die betrachte ich als das weit gesteckte Ziel der sozialistischen Demokratie. Ziele müssen bekanntlich sehr anspruchsvoll sein, damit es überhaupt vorwärts geht. Im Sittlichen ist es so.

Für alles hier Vorgebrachte finde ich in Ihrem neuen revolutionären Programm die Grundlage und Gelegenheit; sonst hätte ich mir nicht erlaubt und hätte auch für unnüt gehalten, es zu sagen. Die Sozialisten werden ihr Programm verwirklichen vorausgesetzt, daß sie einig sind. Sie werden dann sogar früher in die Lage kommen zu handeln, als wenn das dritte Reich" nicht gewesen wäre. Der National­sozialismus ist wider Willen berufen, den Hochkapitalismus abzukürzen: wir wissen es. Falls ich dann noch da wäre, möchte ich mitarbeiten und besonders an einer Stelle fort­fahren, wo ich im Augenblick der Katastrophe abbrechen mußte. Es war ein Schullesebuch, das mich und mehrere andere Mitglieder der Preußischen Akademie der Künste beschäftigte. Es sollte endlich vom Volk und nicht mehr von den früheren Fürsten handeln, und es sollte die Arbeit und die Freude feiern, anstatt des ewig ergebnislosen Schlacht gemetzels. Wir dachten es uns als Einheits- Lesebuch für die preußischen Schulen; aber das ging erstens nicht, denn jede Provinz mußte das ihre haben und behalten. Außerdem sahen die Ministerialräte, von deren guten Willen wir ab­hingen, das ,, dritte Reich" kommen und wünschten auch dann ihre Plätze zu bewahren. Darum erschien unser Lesebuch nie. Dies ist nur ein unscheinbares Glied aus der endlosen Kette der Tatsachen, die beweisen, daß das Programm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands nicht nur sozia­listisch, daß es auch revolutionär sein mußte,

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