Noch immer wird geprügelt...

Und sterben Gefolterte

Hamburg  , 26. Febr.( Inpreß): Der Hamburger Arbeiter­fuktionär Edgar Andre  , der vor einem halben Jahr verhaftet und im Gebäude der Hamburger Gestapo   eingekerfert wurde, ist bei furchtbaren Mißhandlungen unter den Händen seiner Beiniger gestorben. Andre, dem man Adressen von politischen Mitarbeitern abpressen wollte, ist, da er standhaft blieb, wochenlang Tag und Nacht mit Ochsenziemern, Reitpeitschen und Eisenketten geprügelt worden. Ein durch Zufall Frei­gelassener schildert den förperlichen Zustand des Gefangenen mit folgenden Worten: Der Rücken war kohlschwarz, die Nieren waren dick geschwollen, an den Armen hing die Haut in Feßen herunter, am Kopf befand sich eine Narbe neben der anderen."

John Scheer

Paris, 26. Febr.( Jnpreß): Das Internationale Befrei­ungskomitee erhält folgenden Bericht aus Deutschand:

Es ist nicht wahr, daß John Scheer auf der Flucht erschossen worden ist. Scheer war körperlich überhaupt nicht mehr in der Lage, einen Fluchtversuch zu machen. Von Mifgefangenen erfahren wir, daß seine Handgelenke durch Fesseln, die er ununterbrochen tragen mußte, und die zu eng waren, dick angeschwollen waren; Rücken und Brust hatten keine Haut mehr, sondern bestanden aus einer blutigen Fleischmasse. Die Haut der Schenkel, des Gesäßes und der Nierenpartien war

" Molise marbetua Oranienburg

dadurch, daß man Scheer mit Gewalt an einen glübenden Oranienburg  "

Ofen im Keller der Gestapo   gepreßt hatte, verbrannt. Einen Teil seiner dichten Haare hatte man ausgerissen. Jedes Wort zu der Nazibehauptung, daß Scheer einen Fluchtversuch un ternommen habe, ist auf Grund dieser Tatsachen überflüssig. Sie erklären aber gleichzeitig auch, warum die Hitlerregie­rung jede Obduktion der Leiche verweigerte und selbst die engsten Angehörigen an der Teilnahme der in aller Heim­lichkeit erfolgten Beerdigung hinderte, um jede Möglichkeit auszuschalten, daß sie den Ermordeten noch einmal sehen

fönnten.

Korruption

oder Nazi- Demagogie? Verfahren gegen bayerischen Minister

Regensburg  , 26. Febr. Die Staatsanwaltschaft Regensburg   hat gegen den ehemaligen baye­ rischen   Landwirtschaftsminister Wuhlhofer einen Haftbefehl erlassen. Es werden ihm Vergehen gegen das Genossenschaftsgesetz und auch Betrügereien zur Last gelegt. Wie die Blätter melden, soll Wuhlhofer flüchtig sein und sich in England aufhalten. Die Beschuldigungen gehen dahin, daß der frühere Minister sich infolge Fehl spekulationen Betrügereien habe zuschulden kommen lassen, die sich auf 500 000 Mart beliefen. Gegen Wußl­hofer, der als Vertreter des Bayerischen Bauernbundes   der bayerischen   Regierung von März 1920 bis Ende 1924 ange­hörte und der dann in das landwirtschaftliche Genossenschafts­wesen zurückkehrte, sind schon im Jahre 1931 bei dem Konkurs der von ihm und von seinem Sohn geleiteten Straubinger  Genossenschaft schwere Vorwürfe erhoben worden. Man warf ihm schon damals unzulässige Privatgeschäfte und verlust­reiche Transaktionen zum Schaden der Genossenschaft vor. Auch damals wurden die Schädigungen der Genossenschaft auf über eine halbe Million beziffert. Es handelt sich jetzt wohl um die Verfolgung dieser selben Angelegenheit durch die Staatsanwaltschaft.

Triumph des Partelbuchbeamtentums

Der ärztliche Oberbürgermeister

Laut Bekanntmachung des Bürgermeisteramtes Pirmasens  wurde der praktische Ärzt Dr. Rudolf Ramm   zum ersten Bürgermeister der Stadt Pirmasens   gewählt. Der lang­jährige Oberbürgermeister Geheimrat Strobel soll angeblich aus Gesundheitsrücksichten zurückgetreten sein. Das ist natür lich Schwindel. Strobel mußte fich bei der Machtübernahme der Nazi damals verpflichten, innerhalb eines Jahres zurück­zutreten und einem Parteibuchbeamten Plaß zu machen.

Im alten System" wurde eine juristische Vorbildung zur Hauptauflage für die Wahl zum ersten Bürgermeister einer Stadt gemacht. Wer infolge seiner praktischen Befähigung und auf Grund des Vertrauens der Bürgerschaft zu einem solchen Posten gewählt war, aber die juristische Vorbilduna nicht aufweisen konnte, wurde von den Nazis in der schofelsten Weise als Parteibuchbeamter beschimpft.

Dr. Ramm ist heute 1. Bürgermeister einer Stadt von 50 000 Einwohnern und hat nicht nur feine juristische Vor­bildung, er hat auch während seiner Stadtratstätigkeit be­wiesen, daß ihm jede Befähigung für einen solchen Posten fehlt. Also ein typischer Parteibuchbeamter.

Aufbruch zur Futterkrippe Ein Schulbeispiel nationalsozialistischer Korruption

Die Deutsche   Reichsbahngesellschaft teilt mit:

Hervorragende Verdienste ihrer Beamten und Arbeiter um die nationale Erhebung will die deutsche Reichsbahngesellschaft durch Förderung im Dienstverhältnis anerkennen. Eine solche Förde­rung sollen diejenigen erhalten, die vor dem 30. Januar 1933 als Angehörige der SA. und SS. und des Stahlhelms oder als Amtswalter der politischen Organisationen der NSDAP. durch Tat und Wort besonders für die nationale Erhebung eingetreten sind und die Gewähr bieten, daß sie auch fernerhin vorbildlich und erzieherisch im Sinne der nationalsozialistischen Bewegung wirfen werden." Wir schlagen vor: Für jede schwere Körperverlegung im Prozent, und für jeden einwandfrei nachweisbaren Feme  mord an marristischen Untermenschen" 80 Prozent Gehalts­zuschlag! Das Ganze heiße: Gemeinnuß geht vor Eigennuz!

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Aus dem Notenkraker", Amsterdam  

, Wie die Verrückten schlugen sie auf uns los"

Dieser Städtename wird in die Geschichte eingehen als der Inbegriff des Grauens und des tierhaften Menschentums. Oranienburg- Dachau- et tutti quanti wird man

einst der heranwachsenden Jugend nahe bringen, als die große, niemals auszutilgende Schande, in die Deutschland  während seiner Hitlerbarbarei verfallen war.

Alles was man persönlich erlebt haben mag, steht zurück vor der Schilderung, die Gerhart Seger   mit minutiöser Ge­nauigkeit in seinem im Graphia- Verlag Karlsbad   er­schienenen Werfchen Oranienburg  " niedergelegt hat. Dieser ehemalige Reichstagsabgeordnete hat alle wesentlichen Ge­schehnisse im Verlauf von sieben Monaten, die sich in Oranienburg   abspielten, nach einer tollkühnen Flucht, in diesem Buche der Oeffentlichkeit unterbreitet.

Man fühlt sich beim Lesen in das dunkelste Mittelalter versetzt und mehr als einmal muß man sich fragen, wie es möglich war und noch ist, daß Wesen, die sich Menschen nennen, andere Menschen mit solcher Fülle von Dual und tierhaftem Sadismus überschütten können.

Seger hat fast leidenschaftslos, aber in seinem einfachen, nackten Bericht, um so furchtbarer in der Wirkung, der Welt ein Dokument geschenkt, daß seinesgleichen sucht.

Wer das Hitlerdeutschland und was von ihm erwartet werden kann, kennen lernen will, der lese diese fachliche Dar stellung Gerhart Segers. Es wäre wünschenswert, wenn alle Barlamentarier, alle Politifer, alle Diplomaten in einer

stillen Stunde den Mut fänden, dieses Dokument über das wahre Deutschland   zu lesen.

Aber auch jeder Bürger sollte sich in dieses Tatsachen­material vertiefen, um zu begreifen, wie unermeßlich tief

Im Januar:

( Gerhart Seger  )

der Sturz eines Boltes sein kann, daß sich im Verzweiflungs­taumel dem fulturwidrigen Faschismus ausliefert.

Dieses Buch Oranienburg  " bedeutet für alle Demokra­tien ein Menetefel" vor diesem Rattenfänger eines tot wunden Kapitalismus, dem menschenschändenden Faschis­B.

mus.

..Anti- Braunbuch"

Von einem sadistischen Verbrecher geschrieben DNB. Berlin  , 26. Febr. Wie wir einer Anfündigung des Verlages Buch- und Tiefdruck- Gesellschaft m. b. 5." ent­nehmen, wird in den nächsten Tage in diesem Verlage das Antibraunbuch über das erste Konzentrationslager unter dem Titel Konzentrationslager Oranienburg  " erscheinen. Der Verfasser dieser Aufklärungsschrift ist SA  - Sturmbann= führer Schäfer, der Lagerfommandant von Oranienburg  . SA.  - Gruppenführer Ernst hat zu diesem Buch ein Vorwort geschrieben.

Der Lagerkommandant Schäfer, der Verantwortliche für zahllose Roheitstaten in Oranienburg  , ist ein verlumpter Verbrecher, und es kennzeichnet das ganze braune System, daß er beauftragt worden ist, ein Antibraunbuch" u schreiben. Die Wahrheit über Oranienburg   steht in dem Buche des früheren Reichstagsabgeordneten Seger, der diesen Burschen Schäfer als wehrloser Gefangener erlebt hat. Was sollen da überhaupt noch Ablengnungen? Das Schicksal der erst in Fesseln gelegten und nun nach dem Frei­spruch nicht freigelaffenen Dimitroff   und Torgler   offenbart der ganzen Welt, welche Verbrecherbanden in Deutschland  am Werke sind.

3 Todesurteile, 447 Jahre Gefängnis- und Zuchthausstraien

Unermüdlich produziert die Justizmaschine im Hitler Deutschland   eine unabsehbare Reihe härtester Urteile gegen Antifaschisten. Der Justizapparat als willfähriger Helfer gegen die immer unzufriedener werdenden Massen arbeitet präzis, rasch und befehlsgehorsam. Schloß der Monat De­sember mit einer Bilanz von 476 Jahren Zuchthaus   und 117 Jahren Gefängnis für politische Vergehen ab, so steht der erste Monat im neuen Jahr nicht dahinter zurück.

Viermal in einem Monat rief man den Henker: Van der Lubbe wird für immer zum Schweigen gebracht; dret Ar­beiter, vor wenigen Wochen erst verurteilt, werden hin­gerichtet.

Gleichzeitig ergehen drei neue Todesurteile und zwei frühere Verurteilungen zur Todesstrafe werden bestätigt, die Rechtsmittel der Verurteilten verworfen. So werden legal" die politischen Gegner beseitigt. Aber vergessen wir nicht in dieser grauenhaften Statistik des Monats Januar die nieder­trächtige Ermordung der vier antifaschistischen Führer Scheer, Steinfurth  , Schwarz und Schönhaar, die unter dem Vorwand, daß man sie in Potsdam   verhören wolle(!), an einer einsamen Stelle in der Umnebung Ber­ lins   planmäßig auf der Flucht" erschossen wurden.

Nach der noch unvollständigen Statistik der Roten Hilfe Deutschland"( viele Urteile werden nicht der Oeffentlichkeit bekanntgegeben), sind im Monat Januar 128 Antifaschisten zu Freiheitsstrafen verurteilt worden. Einer von ihnen zu lebenslänglichem Zuchthaus, die anderen zu insgesamt 477

Gefängnis für Denunzianten

Vor dem Altenburger Schöffengericht waren ein Hand­lungsgehilfe und eine gefchiedene Frau angeklagt. Die bei­den hätten dem Oberbürgermeister der Stadt Material über die frühere politische Betätigung eines ange­sehenen städtischen Beamten übergeben. Leitmotiv war der Wunsch, diesen Beamten aus dem Dienst zu entfernen. Bei der Verhandlung stellte es sich heraus, daß alle Angaben falich waren. Das Gericht verurteilte den Berleumder zu vier Monaten, die Frau zu sechs Wochen Gefängnis.

Dienst der nationalen Erhebung" gewähre man fünisia Brief aus Singen a.

Brief aus Singen a. Hohentwiel

Ehescheidung wegen Rassenverschiedenheit

Das Wiener Oberlandesgericht hat zum erstenmal ein Urteil bestätigt, durch das Rassenverschiedenheit als Schei­dungsgrund anerkant wird. Die Vorinstanz hatte der Klage eines fatholischen Arbeiters stattgegeben, der die Trennung feiner im Jahre 1928 mit einer Jüdin geschlossenen Ehe aus Gründen der Raffenverschiedenheit verlangt hatte. In der Begründung des Urteils wurde ausgeführt, Verschiedenheit der Rasse wirte sich auf das Familienleben ungünstig aus.

Herrliche Zeiten sind im britten Reich" für den Arbeiter angebrochen. Der große parteiamtliche Bettel preßt aus den armen Teufeln heraus, was nur herauszupressen ist. Natür­lich geschieht das alles freiwillig. Die vielen freiwilligen Spenden" sind keine Abzüge oder gar Steuern. Das behaup= ten nur die Marristen. So wäre es auch eine Greuelnachricht, wenn jemand behaupten wollte, der Lohn sei abgebaut worden. In einem Großbetrieb in Singen am Hohentwiel hat man den Arbeitern nicht etwa 6,5 Prozent Lohn abgebaut, man hat lediglich dem Unternehmer erlaubt, zugunsten der Arbeiter" 6,5 Prozent weniger zu verrechnen. Das ist nach nationalsozialistischen Auffajfuna fein Abzug. Dem Betriebs­vertrauensmann ist anscheinend der Mut zur Verteidigung

Jahren Gefängnis und Zuchthaus. So gehört es zu den Mitteln des politischen Terrors im heutigen Deutschland  , pro Tag durchschnittlich 15 Jahre Freiheitsentzug durch die ordentlichen Gerichte aussprechen zu lassen.

Noch aber zeigt sich die nationalsozialistische Rachsucht nicht befriedigt. Entrüstung und blutgieriges Toben ging durch die deutsche Presse, als der Maikowski- Prozeß mit einem zu ,, milden" Urteil endete.( Bekanntlich wurden bei einem völlig unaufgeklärten Tatbestand 38 Jahre Zuchthaus und 95 Jahre Gefängnisstrafe verhängt.) Und schon kündigt das Gericht willfährig an, daß der Prozeß noch einmal aufgerollt wird. Es besteht größte Gefahr für die Angeklagten. Hatte sich bis­her selbst das faschistische Gericht geweigert, den belastenden Aussagen offenbarer Provokateure Glauben zu schenken, so wird es sich bei der neuerlichen Verhandlung unter dem ver­stärkten Druck von Regierung und Presse über seine Be­denken hinwegfeßen. Bewußt wird hier ein Racheurteil vor­bereitet, ein Fehlurteil, das alles in Schatten stellen wird, was die faschistische Justiz bisher schon geleistet" hat.

Die Angeklagten im Maifowsti- Prozeß schweben in Todes= gefahr!

44 zum Tode verurteilte Antifaschisten sizen in ihren Todeszellen, jeden Augenblick den Henter erwartend.

Eine Blutbahn ist der Weg der faschistischen Gerichtsbar feit. Der Weltöffentlichkeit darf das nicht vorenthalten bleiben, die Weltöffentlichkeit muß die Stimme des Pro testes gegen den Blutterror im Hitler- Deutschland erheben.

der Arbeiterrechte in seine hohen Stiefeln gerutscht. Hätte sich im zweiten Reiche ein Vertrauensmann der Arbeiterschaft in gleicher Weise benommen wie er, hätten gerade die Kreise, die ihm heute den Mund verbinden, Bolfsverräter" und Arbeiterverräter" geschrien. Es scheint überhaupt, als ob eine riesige Begriffsverwirrung in unserem Volfe immer stärker um sich greift. Was vor einem Jahre Arbeiter verrat" und Volksverrat" genannt wurde, ist heute Dienst an der Volksgemeinschaft".

Wie sich übrigens die herrlichen Zeiten auswirken und wie der Wohlstand" der Arbeiterklasse beschaffen ist, darüber gibt eine Notiz der NS  . Bodensee- Rundschau", Ronstanz, Nr. 85 vom 10. Februar 1984 Ausschluß. Es befindet sich da unter den amtlichen Betteleien folgende Notiz:

Eine herzliche Bitte!

Für ein armes Ehepaar wird eine Bettstelle mit Rost gesucht. Ein Deckbett und zwei Kopffiffen.

Wer etwas entbehren kann, wird herzlich gebeten, seine Adresse dem Winterhilfswerk Engen   bekannt zu geben, da­mit es abgeholt werden kann. Ein armes Ehepaar wartet darauf und sagt schon zum voraus dem edlen Wohltäter ein herzliches Bergelts Gott  !".

SA.  - Volkswohlfahrt und Winterhilfswerk Kreisleitung Engen. Wir haben es wirklich schon herrlich weit gebracht. Ein Arbeiter.