Wie wird den emigrierten
Intellektuellen geholfen?
liche Lehrkräfte in den USA . und eine Anzahl Tierärzte in China . Zahlreiche neue Stipendienstellungen könnten in kürzester Zeit verwirklicht werden, wenn das Komitee über seine erheblichen laufenden Verpflichtungen hinaus die nötigen zusätzlichen Mitteln hätte. Für jeden ge. schaffenen Plaz müssen rund 2400 ich w. r. im Jahre 1984 gerechnet werden. Wäre das Fällen, die das Komitee in Behandlung hat, Zug um Zug 600 in Arbeit und Brot gebracht werden. Der Boranschlag sieht für 1934 an Ausgaben allein für laufende oder sofort realisierbare Fälle die stattliche Summe von 281 550 schw. Franken vor und erwähnt ferner die Notwendigkeit der Beschaffung von 88 700 schw. Fr. für sofort besetzbare Bosten, für die noch keine Deckung vorhanden ist.
Ein Beispiel: Das Genfer Komitee für Arbeitsvermittlung nötige Geld vorhanden, dann könnten von den 2000 an geflüchtete geistige Arbeiter
Der gewaltige Dammbruch der Zivilisation, den die Aufrichtung der nackten Barbarei in Deutschland hervor. gerufen hat, ließ eine Springflut von Flüchtlingen über Europa gehen, deren Not zunächst mit dem für alle gleichen Mittel der primitivsten Unterstügung gesteuert werden mußte. Nach kurzer Zeit jedoch begannen ordnende Kräfte sich geltend zu machen. Bestehende Organisationen übernahmen für dauernde Lösungen der allgemeinen Hilfsaufgabe die Sorge um besondere Berufsgruppen des enormen Flüchtlingsheeres, neue Organisationen wurden zu diesem Zwecke gegründet. Endlich schuf der Völker bund das Flüchtlingskommissariat in Lausanne , das aber die Arbeit der individuellen Unterbringung völlig den privaten Organisationen überläßt.
Ein solches Teilproblem der Flüchtlingshilfe ist die Arbeitsbeschaffung für eine der größten Gruppen von Flüchtlingen, nämlich der geistigen Arbeiter, die wiederum je als Universitätslehrkräfte, Studenten oder Angehörige freier Berufe unterschiedliche Aufnahmebedingungen in der Fremde vorfinden. Trotz der lähmenden Wirtschaftskrise wurde ein kleiner Teil besonders hervorragender Wissen schaftler rasch in neue Wirkungskreise berufen, indessen blieb das schwere Problem der Unterbringung der großen Masse von Kräften, die naturnotwendig von den ent fprechenden Schichten aller Länder als unliebsame Kon
Das
kurrenz empfunden werden muß. Es liegt in der Natur der freien Berufe, daß gerade ihre Vertreter im Flücht. lingsheere besonders schwierig zu neuen Existenzmöglich keiten kommen hönnen. Um ihnen in erster Linie die Mittel zu geben und die Wege zu neuen Existenzen zu öffnen, wurde im Mai 1933 von führenden Staatsmännern und Frauen, wie Lord Cecil , Benesch, Madariaga und Mrs. Corbett Ashby in Genf das Comité international pour le placement des Intellectuels émigrés" gegründet. Zum Präsidenten wurde Nicolas Politis , der griechische Botschafter in Paris , und zum Vizepräsidenten Professor William Rappard , Direktor des Instituts Universitaire des Hautes Etudes Internationales gewählt. Komitee hat in den verschiedenen Ländern Zweigstellen, von denen z. B. die in Paris unter der erfolgreichen Leitung von Mme. Vavasseur steht. Mit dem Hohen Kommissariat in Lausanne arbeitet das Komitee eng zusammen, d h. der Hohe Kommissar und sein Büro verschlingen rund 300 000 schweizer Franken an Gehältern und Verwaltungskosten pro Jahr und tun effektiv nichts, während die privaten Komitees fast keine Verwaltungskosten haben und alle Arbeit allein machen! Ohne Unterscheidung von Geschlecht, Nationalität, Religion, Raffe oder Meinung arbeitet das ständige Büro des Komitees nach dem System der individuellen Vermittlung von Fall zu Fall, das sich als einzig dem Wesen der freien Berufe entsprechend erwiesen hat.
Der gute Erfolg der persönlichen Methode zeigt sich deutich im bisherigen Ergebnis der Arbeit des Komitees nach dem Bericht bis 1. Dezember 1933.
Politik im Schnee
Vier Wochen lang währt das mohammedanische Rhamadanfest. Tags wird gefastet, gegessen nur des Nachts. Und vier Wochen lang sprach die nationalistische arabische Presse davon, daß mans nach Ablauf des Festes, am 16. Jannar, den Engländern und den Juden mal wieder gründlich geben werde mit einer Demonstration. Die Parolen, unter denen marschiert werden sollte, waren die alten: Beschränkung der jüdischen Einwanderung: fein Landverfauf an Juden.
Man war gespannt. Wird die für Jerusalem und alle andern Städte Palästinas angesagte Demonstration statt finden legal oder illegal? Wird wieder Blut fließen wie in Jerusalem am 13., in Jaffa am 27., in Haifa am 28., in Jerusalem am 29. Oftober? Die Kämpfe, die in jenen heißen Herbsttagen die englisch geleitete Polizei, gedeckt von einem dichten Kriegshaufen schwer bewaffneter Soldaten, durchführte, waren für die Mandatarmacht Prestigeschlachten. Die arabischen Demonstrationen waren verboten gewesen, ihre Führer wiederholt, zuletzt sogar vom Sigh Gommiffioner Wauchope selbst, gewarnt worden. Ob die Polizei richtig vorgegangen ist? Eine Untersuchungstonmission tagt noch jest hinter verschlossenen Türen
Nachbem die von der arabischen Exekutive in wirklich unverantwortlicher Weise in die Feuerlinie geschickten Opfer, arme Fellachen zu meift, zur Rube bestattet waren. begann eine unruhige Beit, allerdings nur für die Juden. Die Polizei veranstaltete eine wilde Touristenjagd" auf jene paar tausend Immigranten, die sich mit einem abgelaufenen Touristenvisum oder überhaupt ohne Ausweis widergefeßlich im Lande aufhalten. Wer gefaßt wurde, sollte erstens ber Bestrafung und zweitens der Landesgrenze zugeführt werden: mag er felbft schen, wie und wo er weiterlebt... Angeber und Spitel witterten Beute. Die Pechvögel unter ihnen wurden erkannt und fürchterlich verbauen. Die „ Glückspilze" verdienten sich ihren Kopitoon. Man erfuhr die Namen derer. die die Varaarapheuschlinge fing: es waren alles brave Menschen. die Arbeit hatten und feinem, am wenigsten aber dem Stante. zur Past fielen. Ent nichts, ber Jude wird verbannt So fam ein„ ifleaaler" Schuhmacher in& Gefängnis, der felt feinem ersten Lebensjahr in Palästina lebt, jedoch in günftigeren Zeiten versäumt hatte, fich legalifieren zu Taffen.
Der jüdischen Benäfferuna bemächtlate fich eine große Erreauna. In einem Fall gelang es, llegale", die abtransportiert werden sollten, vom Polizeianto herunteranholen und gemaltfam it befreien. Aber weniger belächelt ala diefes 2mischenfpter murde der Ton, an dem in Tel- Aviv die ausSchlicklich ühische Polizei der Stadt sich einem aegen die eralische Rolitif protestierenden Demonstrationszug der Rionisten Revisionisten entaenenitete E3 aab Vermundete. In der sanzen Welt laa men non diefem arotesfen Bruderfamnf Wan mar erstaunt. Ind nicht antekt unter dem Ginbrn ber Weltmeinung wurde der Touristenlaad Balalt geblafen.
Ym 1ehrinen hat sich die Einmanderunaanraria der Manbatarenierung nicht geändert. Suaclofen werden opitaliften mit 1000 Pfund. Handwerker mit 250 Pfund und diejenigen,
( Von unserem Genfer Vertreter) Normale Stellungen sind durch die Krise und gesetzliche Absperrungen sehr schwer zu erreichen. Aber dennoch waren am 1. Dezember 1933 insgesamt 67 Männer und Frauen in normalen, bezahlten Stellungen unter gebracht, während 324 Stellungen noch in Unterhandlung sind. 35 Flüchtlingen konnten„ au- pair" Stellungen ver schafft werden, d. h. Stellungen mit freiem Logis, Rost und etwas Taschengeld. Ein Appell an Schulen und Settlements oder sonstige soziale Einrichtungen in England ist ergangen, ohne daß sich seine Auswirkung schon jetzt übersehen ließe.
Eine besonders wirkungsvolle Maßnahme des Komitees, die natürlich nur zeitlich begrenzt bleiben kann, ist die Schaffung neuer Arbeitsmöglichkeiten. Sie wurden dadurch erreicht, daß Institute aller Art zur Neueinstellung bewogen werden konnten, wobei das Komitee die Unterhaltskosten für die Kandidaten übernahm. 36 solcher Posten konnten bis 1. Dezember geschaffen werden, für weitere 73 laufen noch Verhand. lungen. In 6 Sonderfällen hat das Komitee Stipendien vergeben, um Flüchtlingen die Vollendung wissenschaft licher oder literarischer Spezialarbeiten zu ermöglichen. Es versteht sich von selbst, daß die bisherige Zeit des Bestehens dem Komitee vordringlich die Aufgabe der Organisierung aller Arbeit, die Aufnahme von Versin
dungen mit Komitees in der ganzen Welt und der Schaffung eines Netzes von Korrespondenten und Beziehungen stellte, die erst in diesem Jahre ihre volle Aus. wirkung haben können. So kann natürlich das rein summarische Ergebnis nicht für sich allein beurteilt werden. Das gilt besonders von einem der wichtigsten schöpferischen Zweige der Komitee- Arbeit, nämlich der Gründung neuer Einrichtungen, die Flüchtlingen dauernde Arbeit geben können. Solche neuen Einrichtungen vermeiden jede Konkurrenz für Inländer des Aufnehmelandes und geben neben den Flüchtlingen auch noch Jnländern Arbeit. Hinzuzufügen bleiben noch die Fälle der Umschulung in andere Berufe und die zahlreichen Vermittlungen für Leute, die eine berufliche oder geschäftliche Verbindung mit eigenen Mitteln suchten.
Kann sich das Werk des Komitees trotz der geschilderten schwierigen Umstände bei relativ so kurzer Zeit mit berechtigter Genugtuung sehen lassen, so interessiert die Flüchtlinge selbst und die gesamte Deffentlichkeit gewiß nicht weniger die kommende Arbeit. Mit dem Bekanntwerden des Komitees als Vermittlungsstelle für hochqualifizierte Arbeitskräfte mehren sich auch die Nach fragen. Neben der eigenen Initiative ist es diesem Um fragen. Neben der eigenen Initiative ist es diesem Um stande weitgehend zu verdanken, daß für normale und au- pair" Stellungen in Kürze eine Reihe von Erfolgen zu erwarten sind. Das Komitee steht in aussichtsreichen Verhandlungen für 10 Sozialwissenschaftler in Südafrika , 45 Chemiker und Ingenieure in Argentinien , 20 Aerzte in Siam, 38 Lehrer und Erzieherinnen in Indien , 7 Mis sionsärzte in verschiedenen britischen Dominien, 25 weib
die eins der der Jewish Agency für die Zeit vom Oktober bis März bewilligten Zertifikate bekommen haben- wobei aber zu betonen ist, daß diese Zertifikatziffer einen Bruchteil der von den jüdischen Institutionen, insbesondere auch von den Gewerkschaften, als wirtschaftsberechtigt errechneten darstellt. In Palästina herrscht Arbeitermangel. Und daß der gegen wärtige wirtschaftliche Aufschwung des Landes im Gegensaß zur Scheinprosperität von 1926 nicht fonjunkturell begrenzt sein dürfte, wird auch von nichtjüdischen englischen Experten bestätigt.
Was wollen nun eigentlich die arabischen Quertreiber? Es freuzen sich hier mehrere Interessen. Ein paar tausend Studenten mögen von einem Groß- Arabien träumen und von dem Wunsche, erst die Juden und dann die Engländer aus dem Lande zu werfen. Die großagrarischen Hintermänner der arabisch- faschistischen Bewegung, die Effendis, Hassen die jüdische Arbeiterschaft als Importeur des sozialen Fortschritts. Aber so direkt sagt man das nicht. Man erzählt vielmehr den Massen, daß im Jahre 1933 hunderttausend Juden ins Land gekommen seien. In Wahrheit sind es noch keine zehntausend. Und man erzählt ihnen, daß die„ Gefahr" einer füdischen Mehrheit drohe. Tatsächlich stehen heute etwa 230 000 Juden etwa 800 000 Mohammedanern und 100 000 Christen, unter denen auch noch viele Araber sind, gegenüber. Zugegeben nun, daß die faktische Macht einer Bevölkerungsgruppe nicht in ihrer Kopfzahl zum Ausdruck zu fommen braucht, haben nicht die Juden ihren Willen, mit den Arabern zusammenzuarbeiten, tausendfach zu erkennen gegeben und ist es nicht so, daß diese Zusammenarbeit auch schon zu beobachten ist und sich zum Vorteil der Araber bewährt? Und die Darlegung wäre unvollständig, wenn nicht hinzugefügt würde, daß die Erkenntnis diefer Tatsache allen hinzugefügt würde, daß die Erkenntnis dieser Tatsache allen nichtfaschistischen Arabern bewußt ist und oft genug von ihnen zum Ausbruck gebracht wird.
Die hebräischen Zeitungen von rechts bis links waren bis zum 16. Januar begreiflicherweise voll Erörterungen in dieser einen Richtung. Bolksversammlungen flagten in bürgerlicher Sentimentalität, daß es im Leben der Völker feine Dankbarkeit gäbe.„ Was haben wir den Arabern Gutes getan, daß sie so mißtrauisch find!" erklärte einer in wibiger Ueberspizung. Ein gewisses Machtgefühl stärkte den arabischen Nationalismus, in den letzten Wochen fühlte er sich wirklich oben. In subjektiv fluger Politif gaben ihm die Engländer das Ruderbrot der befchwichtigenden Sympathie. Die feinerzeit festgenommenen ihrer der illegalen Demonstrationen wurben mit geringfügigen Geldbuken oder überhaupt nicht bestraft. Die Einwanderung blieb gedrosselt abgesehen davon, daß infolge der Oftoberunruhen und der übertreibenden Unruhegerüchte die fapitalistische Immigra tion sowieso nachgelassen hatte. Sam die Rionistische Erefutive mit dem Hinweis auf den in vielen Ländern graffierenden Antisemitismus, insbesondere mit der ein sicheres Refugium rechtfertigenden prefären Lage der Juden t Deutschland , führten die Engländer die Erregung der Araber ins Treffen und warteten im Uebrigen ab: statt bindender Erklärungen gab es allgemeinverbindliche Worte. Am 6. Januar begegnete der Sigh- Commissioner dem engItschen Kolonialminister Cunliff- gifter in Kairo . Offenbar Itschen stolonialminister Cunliff- gifter in Kairo . Offenbar wurde beschlossen, die Demonstration zuzulassen, nachdem
In ihrer unbarmherzigen materiellen und seelischen Not mag vielen Flüchtlingen die Bilanz dieser Arbeit gering erscheinen. Durchgängig erleben ja die heroischen Kämpfe rinnen und Kämpfer der gesamten privaten Flüchtlingsfürsorge bei allen Gruppen von Flüchtlingen die Auffassung, daß sie ein Recht auf diefe Hilfe hätten. Neben viel Mißbrauch, den die allmählich eingespielte Kontrolle aller Komitees fast ganz ausgeschaltet hat, findet sich weiter in vielen Fällen ein passives Abwarten auf den Augenblick, in dem ein Ruf des Komitees in fertige Verhältnisse einweisen soll. Gegen diese Auffassungen kann nicht energisch genug im Interesse der Flüchtlinge selbst Front gemacht werden. Alle Geldmittel dieser Riesenarbeit und sie selbst sind freiwillige Opfer von Privatpersonen. Freiwillig und ohne jedes Anspruchsrecht sind auch die Zuwendungen und Einweisungen. Freiwillig aber müßte und stolz in der Ueberwindung des Ungeistes, der sie vertrieb, die Mithilfe und das Vertrauen der Flüchtlinge selbst sein!
Die Toten reden
Ein illegales Flugblatt
Paris , 28. Febr.( Jnpreß): Die Pariser Zeitschrift ,, Acticite" veröffentlicht eine Reportage„ Das unterirdische Deutsch land ". Aus dem Abschnitt„ Die Toten stehen auf" entnehmen
wir:
„ Ich saß in der Straßenbahn, ein Arbeiter neben mir. Er stieg früher aus. Auf dem freien Platz fand ich ein kleines, zusammengefaltetes Blatt Papier . Es war mit der Maschine geschrieben. Erst zu Hause las ich es. Von den zahlreichen illegalen Flugblättern, die heute in Deutschland auf geheimnisvollen Wegen zirkulieren, ist dieses Flugblatt sicherlich
das eindrucksvollste.
3wei in R. zum Tobe verurteilte Antifaschisten haben die sen Brief kurz vor ihrer Hinrichtung geschrieben und einem guten Freund beim Abschied mit folgendem letzten Wunsch übergeben: Schreib diesen Stettenbrief, wenn Du ein Freund des Volkes bist, viermal ab. Verstelle Deine Schrift oder schreibe mit der Maschine. Sende ihn an vier Personen in der Stadt, auf dem Lande mit der Post, doch benutze nicht Deine Postanstalt. Bedente, aus 4 wird 16, 128, 512 usw. bis 2 194 304, bis 16 Millionen, wenn alle ihre Pflicht tun.
Verkünde und verbreite unser letztes Vermächtnis: Ete fonnten uns morden, doch der Kommunismus lebt. Schließt Euch zusammen! Unterwühlt das Dritte Reich! Dulder nicht länger, daß die Armen aus tausend Wunden bluten und alle Opfer tragen. Rächt unsern Tod! Wir sterben im Vertrauen auf Euch, unsere Brüder. Lebt wohl. Mit dicsem Brief fämpfen wir in Euren Reihen weiter."
man mit dem Verbot im Oftober so schlechte Erfahrungen gemacht hatte.
Am 16. Januar war das arabische Fasten zu Ende, nun sollte also das langerwartete, von den arabischen Faschisten gewünschte große Judenfressen beginnen wenn auch " diszipliniert" und nur in Demonstrationen". Aber angesagte Revolutionen finden nur in feltenen Fällen statt. plößlich entdeckten nämlich die Araber, daß es zweckmäßig sei, das große Ereigins noch um einen Tag zu verlegen, auf Jd ul Fitr", den 17. Januar. Und dann brach ganz unerwartet, und gewiß nicht in die politische Rechnung gestellt, der Winter aus die Deutschen haben ihn mitgebracht, hieß es: richtiger Winter mit Nebel, Schnee und scharfer Kälte; die Delbäume zitterten und die Palmen schüttelten sich. Wie das nun so ist, wenn es in Jerusalem schneit: das feltene Ereignis bringt das Geschäftsleben zum Stocken, der kaufmann vergißt das Brot zu schicken, Cafehäuser und Kinos bleiben leer, und alles verkriecht sich hinter die armseligen Petroleumöfen, die schlecht riechen und qualmen, aber nur in Ausnahmefällen wärmen. Und die Araber? Sie froren genau so wie die Juden, vielleicht sogar noch mehr. Die Hize ihrer Kriegslust schlug um aur Eisluft der Gleichgültigfeit. und die Schneelast, die am 16. Januar über Jerusalem lag, bedeckte ihre Pläne wie ein Mantel der mohammedanischen Nächstenliebe-
Am 17. Januar war das Wetter wieder schön, aber das verführerische Lächeln der Sonne tam zu spät, um jezt noch Schaden anrichten zu können. Wegen des Wetters der Vortage war der Massenzuzug an Beduinen, den die Städte vom Lande her erwartet hatten, ausgeblieben, und so fiel die ganze Revolution in den( inzwischen weggeschmolzenen) Schnee. Die Demonstrationen fanden zwar überall statt, aber daß dem im Orient nie ganz harmlosen Propagandatier schon vorher die Giftzähne ausgebrochen waren, geht darauk hervor, daß selbst die vorsichtigsten Juden ihre Geschäfte ge öffnet ließen. In Jerufalem marschierten etwa 1501 Menschen, in Jaffa weniger als tausend, in Hatfa ungefähi 2500. Auch in Saged, Nablus , Gaza , Bethlehem , Tulferem, Hebron , Ramleh und Jericho verlief alles ruhig. Nur wenige Demonstranten trugen Stöcke; die arabischen Pfadfinder folgten ihrer Fahne; zum Schluß der Märiche wurde eine Proflamation verlefen. Die Polizei befam so gut wie nichts zu tun- abgesehen davon, daß sie eine Reihe jüdischer und arabischer Kommunisten verhaftete unb in arabisch abgefaßte Vamphlete befchlagnahmte, in denen alle Arbeiter, Fellachen, Beduinen, Nationalisten, Studenten und Revolutionäre " aufgefordert werden, keinen Zehnten und feine Steuern mehr zu zahlen, daß in den Händen der Zionisten und Effendis befindliche Land unter die Fellachen aufzuteilen, die be= waffneten Streitkräfte niederzuschlagen, die englische Regierung zu stürzen, fie durch eine Arbeiter- und Bauernregierung zu ersetzen und schließlich die Balfour- Deklaration zu zerreißen...
Bis sich diese sich nicht aerade durch Bescheidenheit auszeichnenden Wünsche erfüllen werden, dürfte noch viel Wasser den Jordan hinabilieken. Aftueller ist die Sorac, ob die Regierung nun endlich die paar tausend legalen", die im Lande find, amnestieren und leaalifieren wird. Oder serrinnt auch diese so menschliche, so natürliche Hoffnung wie Gottgetreu Jerusalem. der Schnee am Rhamadan?