Deutsche Stimmen Beilage zur..Deutschen Freiheit" Ereignisse und Geschichten

Freitag, den 2. März 1934

Domoblolxoz Das Prachtexemplar

Chaschper Bünzlis Radio- 120

Wie er einen Führer" häcted

In der holzgetäfelten Bauernstube des Bauern Chaschper Bünzli in Mettelfingen in der Schweiz saß der Bauer mit Frau und Gesinde beim Abendbrot. Mitten auf dem runden, weiß gescheuerten Tisch stand, für alle gleich gut erreichbar, die braune, irdene Milchschüssel, in die jeder nach eigenem Ge­schmack und Bedarf mit seinem Löffel hineinlangte. Um die Schüssel herum lagen heiße Kartoffeln, die die Bäuerin soeben aus dem offenen Herdfeuer auf den Tisch geworfen hatte. Knusprig geröstet, lockten sie fast, mit der Schale ver zehrt zu werden. Aber die Schweine hatten auch ein Recht auf Leckenbissen in Mettelfingen und so zogen die Bauers leute am Tisch den dampfenden Kartoffeln die leicht an­gekohlten Gewänder im Interesse der Schweine ab. Dafür löffelten sie um so beherzter den dicken gelblichen Rahm aus der Milchsatte. Keiner sprach ein Wort. Was zu reden war, hatte man sich auf dem Heimwege von der Arbeit ge­sagt. Reden war ohnehin nicht Sache des Schweizer Bauern. Manche hielten ihn für dumm deshalb und fühlten sich bemüßigt, das wortkarge Gehabe mit umso größerem Rede fluß zu füllen. Löli!" dachte sich dann der Bauer und verschanzte sich hinter noch bedeutsamerem Schweigen.

Aber, wenn er auch nicht gerne Red und Antwort stand, so war der Chaschper Bünzli, als echter Typ eines Schweizer Bauern, um so listiger dahinter her, zu sehen und zu hören was der Andere tat. Früher hatte ihm das Abendblättchen genügen müssen, wenn er erfahren wollte, was so etwa in der Welt geschah. Dann war mit einem Male der Radio da.

Das war ein Staunen und ein verteufeltes Zeug gewesen, his man im Hause Bünzli den Apparat zu behandeln ver. stand. Mit der Zeit hatte mans begriffen und nun war es schon lange usus geworden, daß man zum Abendessen das melodische Glockengeläute aus der Stadt als Tafelmusik in der einsam zwischen Matten und Berghängen liegenden Bau­ernstube einfing. Darüber hinaus kam dann hin und wieder ein Politischer " zu Gehör. Aber das meiste, was so einer zu sagen hatte, war dem Chaschper Bünzli schon zu viel. Seine Politik hieß Arbeit, Fleiß, Pflichterfüllung und das blieb für ihn so, ob die Freisinnigen, die Sozi, oder wie sie immer hießen, am Ruder waren. Schenken würde ihm keiner was. Er mußte sich alles selbst erarbeiten. Außerdem forderten seine Kühe, seine Schweine, seine Felder, seine Wiesen seine ganze Urteilskraft. Für ihn war nur wichtig, daß sie Frieden hielten, die da draußen, die die Welt zu ver­bessern suchten.

Und eben des Friedens wegen begann Chaschper Bünzli aufzuhorchen, wenn in jüngster Zeit von einem gewissen Adolf Hitler in Preußen draußen die Rede war. Ihm sagte man nach, daß er zum Krieg vorbereite. Preußen war zwar weit und ging Chaschper einen Dreck an. Aber immerhin, Krieg war Krieg. Außerdem redete der Hitler ja auch in Bauernangelegenheiten hinein.

... Da muß me doch emal lose, was z'verzelle weiß." Damit hatte Chaschper beschlossen, nach den Abendglocken eine Rede von Adolf Hitler abzuhorchen.

Frau Bünzli war gerade im Begriff die Kartoffelschalen in ihrer Schürze zu sammeln, um sie den Schweinen hinaus­zutragen, als es laut und deutlich aus dem Radio klang: ,, Achtung! Achtung! Wir übertragen jetzt die Rede des deutschen Reichskanzlers Adolf Hitler , der..." Rumpumpum, kratsch...

Der Apparat streikt."

Ein Knecht, der sich auf seinen technischen Kenntnisse etwas zu gute tat, war hinausgesprungen und schraubte wie besessen an der Ausgleichungsschraube.

I love you... I love you..." klang eine schmalzige Jereminade aus dem Mikrophon.

..Du bischt ja im Wälsche", wies man den Knecht zurecht. nossen und Volksgenossinnen.

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..Heb still, da häscht en!" schrie der Bauer. Brrrrr, rrrm, rumm, pumm, pumm. Es gewittert", sagte die Bäuerin.

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löste sich aus dem Wirrwarr eine etwas schwere Zunge, von der man zunächst nicht recht wußte, ob sie deutsch oder ein östliches Idiom sprach, ab.

..... Nur wer das Volk, das hin ter- sich hat...

gesamte

-Vo- olk

Jetzt häm'ern", frohlockte der Bauer und legte die Hand hinter's Ohr.

... weiß was es heißt einen Streit vom Zaune ..." Neue Geräusche unterbrachen den Sat.

..... diese Volksgemeinschaft ist gleichzeitig die beste Ga­rantie für den Friedenswi..."

Se

Pschiiiih, Uiiiii, Ui!

,, Caibe Züg, es gid eifach kei Z'ämmehang."

... Muß das Volk blind lings mit Leib und ele."

Pschiiih, Uiiii, Ui! schmollte abermals der Apparat.

Interesse des Staates zu-0- opfern be reit sein!" Immer lauter schrie der Redner, als wollte er die störenden Geräusche übertönen.

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,, Wje brüollet", bemerkte Frau Bünzli. Mir brummt de Grind. Ich cha das gar nüd g'höre."

Damit stand sie auf, ihre Kartoffelschalen endgültig in den Schweinetrog zu tragen.

,,... Nicht alle, die wir hier versammelt sind, sind wahre Nationalsozialisten. Aber wir müssen darnach trachten, daß aus dem Lippenbekenntnis..." Rumpummpumm.

., Heil Hitler!", schrie man, aber der Apparat übertönte brummend und knurrend das Getöse.

Jetzt han ich öpis verschtande", sagte der erste Knecht. ,, Si händ heil g'rüöffet."

-

... und wie wir diese Fahne einst hinausgetragen haben aus dem Saal hier, in dem ich heute zu Ihnen spreche, hinaus -in- das deutsche Reich!! so werden wir sie hinaus­tragen in die Welt. Heil! Heil! Heil!" ,, G- hörscht, schon wieder heil", freute sich der andere Knecht, daß er auch etwas begriffen hatte. ..Ja, wil' er Pfahne use träge will i d'Wält", belehrte der

erste.

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-

, Wän ich nu wüßt, was dje Fahne dem Fride nütze sött", überlegte der Bauer.

Aber, war es nun der Apparat oder der Wortschwall des Redners, kein einziger Gedanke wurde klar.

Der Apparat knarrte, quitschte, donnerte und pfiff wie ein Verrückter und wenn er ein Wort deutlich werden ließ, war es ,, Völkisch ", Nation", Rasse"," Deutschland ". Auch ein politisch Versierter konnte aus diesem Vokabularium keinen Sinn zusammenreimen.

Als der Bauer es schon aufgeben wollte wurde die Wort­wiedergabe plöglich. wieder klar. Deutlich sagte der große Redner:

,, Man macht uns oft den Vorwurf, daß unserer Bewegung die Köpfe fehlten. Aber( die Stimme hob sich bis zum Ueber­schreien) ist es nicht besser an Stelle von Köpfen das Volk das gesamte einige Volk Köpfe

-

-

- hinter sich zu haben...?"

-

ohne

Fi, fiih, fiiihhi, rummpummpumm, fih, quittierte der Apparat pfeifend und heulend diese Weisheit, die er bos­hafter Weise deutlich wiedergegeben hatte.

,, Jetzt han ich g'nueg", sagte der Bauer. ,, Sepp dreh' ab." Ein Knacks und der fauchende und pfeifende Apparat stand wie ein auf den Kopf geschlagener heulender Hund zu töd. lichem Schweigen verurteilt da.

" Volk ohne Köpfe!" sinnierte der Bauer. Ich ha immer g'meint en Mänsch sig tot, wänmer em de Chopf ab­

schlaet."-

Als der Bauer schon zu Bett gegangen war, versuchten die jungen Knechte noch einmal die Rede einzufangen. Indessen, der Apparat, als ob er eigene Urteilskraft habe, weigerte sich konstant den Redefluß des Redners zusammenhängend

,, Ae Schpur, das sind die Großstadtgeräusche", packte wiederzugeben. Es blieben Worte, leere, sinnlose Worte, der andere Knecht seine Weisheit aus.

als ich Ihnen seinerzeit mein Programm...."

Jetst geht's los."

Rummpumpum, schon war neues Getöse im Apparat.

Da half auch der andere Knecht den Apparat regulieren, wobei sie über England, Frankreich , nach Italien und Oester­reich, nur nicht nach Deutschland kamen. Auf einmal aber

Die Pappkulisse

Hände weg von Langemarck "

Karl Rausch, der Herausgeber der Literari schen Welt", Berlin , gehört zu jenen Leuten im dritten Reich", denen ab und zu die Galle überläuft. Wir haben kürz­lich ein Donnerwetter zitiert, das er in der Zeitschrift Die Tat" gegen die ,, vermotteten Nichtskönner" los ließ, die sich heute in der deutschen Literatur breit machen. Daß im Schrifttum des ,, dritten Reiches" krumme, schiefe, verbogene, verlogene Gewächse üppig emporschießen müssen, weil sie von höchster Hand liebevoll gepflegt werden, hat Karl Rausch zwar vermutlich nicht erkannt, sonst könnte er wohl keine gleichgeschaltete Literaturzeitschrift herausgeben( oder könnte er doch? Worüber regt er sich dann auf?), aber wenigstens packt ihn ab und zu die Wut und bis der Zensor ihn beim Kragen nehmen wird, läßt er seine Wut drucken. So in der Literarischen Welt", Jahrgang 1934, Nr. 3. Er schreibt da in einem Aufsat Hände weg von­Langemarck!":

-

Das Preußische Theater der Jugend in Berlin spielt in diesen Wochen ein aus zwei Stücken verschiedener Autoren zusammengeschmiedetes Drama Langemarck ". Der dich. terische Wert des Ganzen ist ohne Belang. Bühnen­leitung und Inszenierung bemühen sich mit vorzüglichem Können, obwohl es nirgends gelingt, die undramatische Breite, Pathetik und Rhetorik des Textes durch die Dar

die endlich mit dem Rufe ,, Sieg Heil! Sieg Heil! Sieg Heil!" in den scheinbar einzigen Zweck, den donnernden Applaus eines unter Suggestion stehenden kopflosen Volkes auszu­

arten.

Aber dieses hemmungslos johlende Sieg Heil schlich sich wie ein giftiger Bazillus in die Träume der urteilslosen, jungen Knechte hinein. Saba.

odation yo

stellung zu überwinden. Frisch, verwegen und temperament­voll sind lediglich die beiden englischen Bilder, die vier deut­schen Szenen sind angefüllt mit Ansprachen und Reden, deren Unwirklichkeit und Unglaubhaftigkeit nur hie und da für einen lichten Moment durchbrochen sind. Diese Red­seligkeit widerspricht durchaus dem heilignüchternen Geist des Aufbruchs von 1914 und erscheint sehr viel mehr aus der Redebesessenheit von 1933 geboren.

Diese Jungen vom August 14 haben bestimmt sehr viel weniger geredet...

I Und das Theater dient in keiner Weise der Weitergabe des Langemarckgeistes, sondern versündigt sich an dessen unsterblichem Vermächtnis, wenn es stürmende Kna­ben in Feldgrau über Pappkulissen hinweg das Deutschland­lied singen läßt, während die zuschauenden Kinder zehn­bis siebzehnjährige den Lärm der angedeuteten Schrap­nells, und Maschinengewehre als ein Wildwestgaudi empfin­den und ins Sterben auf offener Bühne hineinlachen, als sei das Ganze ein toller Karl- May- Film. Hände weg von Langemarck !...."

Sie werden die Hände nicht wegnehmen, sie denken gar nicht daran! Die Redebesessenheit von 1933", der blutige Kitsch und Schwulst werden erst mit dem dritten Reich" zugrunde gehen. zugrunde gehen.

Den Krieg durchfocht er als Franzosentöter in der Etappe. Gott erhielt ihn heil. Nach Achtzehn wurde er erst rot, dann röter und nahm an jedem Antikriegstag teil. Doch dann besann er sich auf seine Taten und schrie im Frontbund feste mit hurra, dann ließ er sich vom Prokuristen raten und ging als Fahnenträger zur SA. Auch im Betriebe trat er in Erscheinung,

er war ein treuer Knecht, der niemals schlief, verfochten die Kollegen eine Meinung, verhalf er ihnen prompt zum blauen Brief. Im Jahre Dreiunddreißig avancierte

dder Heldenjüngling plötzlich über Nacht, er spitzelte, er log und denunzierte und hat es seither herrlich weit gebracht. Dem Prokuristen, der ihn einst gedungen, hat er gezeigt, was eine Harke ist,

er hat den Judenstämmling kühn bezwungen und heute ist er selber Prokurist.

Auch Sturmbannführer ist er längst geworden, ein Kerl, der blonden Mädchen wohlgefällt, beim Menschenschinden, Schießen, Prügeln, Morden erwies er sich als guter Christ und Held. Wenn er einst stirbt, setzt Göbbels seiner Tugend ein Denkmal, drauf ein jeder lesen kann: ,, In seinem Geist erziehen wir die Jugend, heil ihm! Er war ein rechter brauner Mann." Munin.

Ausgesperrte Kolleginnen

Die Deutsche Presse", das offizielle Organ des Reichs verbandes der Deutschen Presse E. V. bringt in ihrer Nr. 8 vom 24. Februar 1934 unter der Rubrik ,, Deutscher Presse­klub" folgende Notiz:

,, Die Frauengruppe Berlin im Reichsverband der deutschen Presse trifft sich an Klubabenden, Dienstags ab 20.30 Uhr. im Haus der Presse an den von der Frauengruppe belegten Tischen. An den Klubabenden, die den männlichen Kolle­gen vorbehalten sind: Treffpunkt nicht im Hause der Presse, sondern in einer Weinstube. Am 27. Februar ab 20.30 Uhr ..... straße. Männliche Kollegen willkommen."

Das bedeutet also, daß die Journalistinnen, die durch ihre Mitgliedschaft im Reichsverband ebenso wie ihre männlichen Kollegen das Recht auf die Mitgliedschaft im Presseklub automatisch erworben haben, an gewissen Abenden das Klub­haus nicht betreten dürfen. Es handelt sich dabei um die ,, Kameradschaftsabende ohne Damen" bei denen ,, Uniform Eine sonderbare oder dunkler Anzug" vorgeschrieben ist. Kameradschaft, die weibliche Arbeitskameraden einfach vor die Tür setzt! Und diese Kolleginnen beschämen die allzu exklusiven Männer durch ihre Großzügigkeit, denn sie er klären ausdrücklich, daß männliche Kollegen in der Wein­stube willkommen sind. Ob es aber einen männlichen Kolle­gen gibt, der es wagt, dem Kameradschaftsabend fernzublei­ben, um im Kreise der ausgesperrten Klubkameradinnen L. A. wirkliche Kameradschaft zu beweisen?

Wundmahle Christi

Zeitgemäße Schmisse für Theologen

Im Zusammenhang mit dem erwarteten Anschluß verschie dener alter schwäbischer Korporationen an die großen schla­genden Verbände, sind, so teilt die Frankf. Zeitung" mit, Bestrebungen im Gange, die württembergische Landeskirche zur Aufgabe ihres( sonst von keiner anderen Landeskirche vertretenen) Prinzips zu veranlassen, daß Theologen mit Mensurnarben nicht zu den Geistlichen bestellt werden dürfen.

Diese Meldung hängt zusammen mit der Auffasssung des nationalsozialistischen Juristenbundes über Schlägermensur und den Geist der Kirche": ,, Die nationalsozialistische Re gierung hat zur Freude aller deutschen Studenten die Straf­bestimmungen über das Verbot der Schlägenmensuren auf­gehoben. Nur die Württembergische Landeskirche vertritt den Standpunkt, daß der Student, der Mensurnarben hatte, Das kann nicht mehr aufrecht­als Pfarrer unmöglich sei. erhalten werden, weil die Schlägermensur zum erlaubten Sport geworden ist und mit der Glaubensbewegung ,, Deutsche Christen " ein neuer, käpferischer Geist in die deutsche evan­ gelische Kirche seinen Eintritt gehalten hat."

Zeit- Notizen

,, Woher stammt der Name Hitler !"

Die Deutsche Frauenzeitung" schreibt auf Grund wissen­schaftlicher Forschungen unter anderm: Die hervorragenden Namensforscher Heintze und Cascorbi leiten den Namen von Hütte ab. Also Hitler gleich Hüttner oder Hüttler, wie man heute noch die Besitzer eigner Häuser in der bayrischen Ostmark nennt. Die zweite und neue Forschung leitet den Namen vom altdeutschen Wort, hiltja" bzw. seiner Koseform Hildo( erhalten in Kriemhild , Brünhild , Thusnelda , Mecht­hild usw.) ab. Danach bedeutet Hitler soviel wie Hela, also Kämpfer! Auch bei den zahlreichen jüdischen Familien Hitler?

Standartenführer Zöberlein siegte

In der Sigung des Münchener Stadtrates überreichte Ober­bürgermeister Fiehler dem Träger des Literaturpreises 1933 der Stadt München , Standartenführer Zöberlein, die künst­lerisch ausgeführte Verleihungsurkunde. Hymnen und Märsche

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Im deutschen Musikhandel" erschienen: ,, Hymnus der er wachten Nation" von B. Nitsche; Wir sind nun mal Sol­daten", Marschlied von A. Pardun; Kameraden, Fackel­träger deutschen Glaubens sollt ihr sein" von F. Hanemann; Husarenmarsch" und Soldatenlieder- Potpourri" von M.

Ewers.