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Staviskys Schatten
Aufschenerregende weitere Verhaftungen bevorstehend
In der Stavisky- Affäre stehen, wie berichtet wird, weitere aufsehenerregende Verhaftungen bevor. Paris- Soir" meldet, daß die Kammer demnächst angegangen wird, die parmehreren lamentarische Immunität in
Fällen aufzuheben. Diese Ankündigung ist voraussichtlich von größter Bedeutung!
Bisher sind bereits 20 Personen beschuldigt und 14 hinter
Kleines, heute gehn wir zu einem großen Tier essen, zu Bonnaure, dem Volksvertreter vom 3. Pariser Bezirk." Dort war sie, wie sie glaubt, mit der Herrin des Hauses der einzige weibliche Gast.
Zum Schluß beklagte sie sich bitter, daß man sie der Spionage verdächtigt habe. Sie werde sich rehabilitieren und sie sei gekommen, damit keiner an ihrer Unschuld
zurück.
Prince gefunden wurde. Der französische Justiz. minister selbst hat dazu jetzt mit scharfer Deutlichkeit erklärt: ,, Indem wir unsere Aktion in Sachen Stavisky mit größter Energie fortsetzen, müssen wir auch dahin gelangen, daß wir die Mörder des unglücklichen Rates Prince finden. Es schwebt ein Geheimnis darüber, das wir aufklären müssen. Die elementarste Gerechtigkeit fordert das. Keine Anstrengung darf gescheut werden, um das Ziel zu erreichen. Das Land. ist die Beute einer Bande von Verbrechern, die vor nichts zurückschrecken, um ihre Schandtaten durchzuführen. Diese Bande muß völlig entlarvt und der Strafe zugeführt werden!"
Und die verschwundenen Vorstrafen
Schloß und Riegel gesetzt, darunter die Abgeordneten Garat , zweifle. Nach dieser Erklärung fuhr sie wieder nach Wien Der Justizminister Bürgermeister von Bayonne , und Bonnaure, Pariser Rechtsanwalt, ferner die Publizisten Darius und Dubarry( die im Nebenamt Hitler liebten), Theaterdirektor Hayotte, Privatsekretär Romignano, Privatsekretär Depardon, Rechtsanwalt Guiboud- Ribaud, sowie Madame Stavisky. Der Publi
zist Aymard ist einer derer, die sich noch vorläufig auf freiem Fuß befinden.
Madame ame Stavisky wird am Dienstag zusammen mit den beiden Privatsekretären von der Untersuchungskommission wegen der verschwundenen und wiedergefundenen Schecks vernommen werden.
Die Suche nach dem Mörder
Die Tatsache, daß der Justizminister persönlich den Ersten Staatsanwalt von Dijon , der Stadt des Mordes, hat kommen lassen, zeigt, mit welchem Eifer die Suche nach dem Täter betrieben wird. In der Nähe des Bahndamms von La Combe- aux- Fées hat man jetzt ein blutiges Zeitungsblatt mit dem Datum des 27. Januar gefunden. Die Oeffnung des Schrankfaches des ermordeten Richters in einer Pariser Bank hat nur persönliche Dokumente zutage gefördert. Dadurch wächst die Wahrscheinlichkeit, daß der genaue Kenner der Finanzskandale die wichtigsten Papiere bei sich hatte und daß sie von Verbrechern geraubt wurden.. Rita Georg weiß von nichts
Mit Rita Georg zusammen sind von Wien auf dem Ostbahnhof auch zwei kleine Infanten von Spanien eingetroffen, aber kein Mensch hat sie beachtet. Das Interesse galt nur der blonden Vedette des" Empire", des zusammengekrachten Stavisky- Theaters, die von einem Heer von Reportern and Blitzlichtern erwartet wurde.
Rita Georg , die Sängerin des Hayotte, war sehr vorsichtig. Um sie herum wimmelte ein Verteidiger, der jeden ihrer Schritte bewachte, und zum Trost im Schmerz hatte sich die etwas übernächtige Diva auch noch eine treue Dienerin"
mitgenommen.
Vom schönen Alexandre" wußte sie nur sehr weniges.. Zwar ihre seinerzeitige Versicherung, daß sie ihn überhaupt nicht gekannt habe, hielt die gute Bekannte der StaviskyFreunde, die ihr die Arbeitskarte hesorgt haben, nicht aufrecht. Immerhin gab sie jetzt wenigstens zu, als der Untersuchungsrichter, Lapeyre sie über ihren Umgang mit Stayisky und Bonnaure, dem Abgeordneten und BudapestReisenden, befragte, daß sie Alexandre am Abend der ,, Kathinka" kennen gelernt habe. Hayotte habe sie mit ihm und, fügte sie vorsichtshalber hinzu, mit seiner Frau bekannt gemacht. Sie habe ihn im ganzen nur fünf- bis sechsmal in seiner Eigenschaft als Kommandisten des Empire gesehen. In seiner Wohnung in den Champs Elysées sei sie nie gewesen( nun, es wurde auch, wenn wir uns recht erinnern, ein anderer Ort genannt; doch soll man schöne Frauen nicht fragen). Bei Bonnaure habe sie der Komponist der
Die Akten sind wieder da
Zur Feier des Einzuges von Rita Georg in Paris sind auch die Papiere wieder aufgefunden worden, die zum Akt Rita die Papiere wieder aufgefunden worden, die zum Akt Rita Georg und Marianne Kupfer im Arbeitsministerium verschwunden waren. Der neue Neo- Minister Marquet hat eine Umfrage gemacht, und siehe, es stellte sich heraus, daß der Anwalt Guiboud- Ribaud den beiden Künstlerinnen aus dem Ausland die Empfehlungsbriefe geschrieben hatte.
dnb. Paris , 5. März. ,, Ami du Peuple" veröffentlicht die
Fotografie des amtlichen Auszugs aus dem Strafregister mit Unterschrift und Stempel des Justizministers, das am 5. April für Stavisky ausgestellt wurde. Die Rubrik, Verurteilungen" ist mit einem großen Strich gekennzeichnet, also keine Verurteilungen. Das Blatt erinnert daran, daß Stavisky damals viermal wegen Betrugs und Vertrauensmißbrauchs zu Gefängnisstrafen von 2 bis 6 Wochen verurteilt war, und zwar in den Jahren 1908 bis 1918, und daß er außerdem bis Anfang 1932 in zwei Fällen unter Anklage stand, einmal wegen Betrugs und dann wegen Diebstahls und Hehlerei. Das Blatt fragt, wie denn dieses gute Leumundszeugnis ausgestellt werden konnte, denn selbst wenn in dem einen Fall Amnestie eingetreten sei, bleibe doch noch der andere Fall bestehen.
Dieser Riboud Guibou d, der jetzt sitt, hat von Stavisky einen kleinen S ch e ck von 700 000 Franken empfangen für seine guten Dienste. Auch sonst war er ein braver Mann, die Fama erzählt von ihm, daß er gute Beziehungen zu den Radikalen, trotz seiner vermutlich kommunistischen Gesinnung, unterhielt und sehr mit Bonnaure befreundet war.( Er war wohl auch nicht der einzige aus dem Schrift stellerkreise um Henri Barbusse , der die Radikalen liebte.) Die Pariser Taxis sind wieder in froher Fahrt, der Er soll auch, wie wenigstens das allerdings rechtsstehende, ,, Journal" erzählt, mit einem Buche aus Rußland zurück- cadran", die Uhr auf der Scheibe ,, arbeitet wieder. Nur gekommen sein, wegen dessen er mit Literaten in Krach ge- zeigt sie jetzt die Mühe der Fahrer in einem um verschiedenes riet, die weniger günstig über Rußland urteilten.
Dieser vielseitige Mann also geriet mit dem schönen Alexandre", der bekanntlich eine ganz große Koalition" unterhielt, auf dem Wege über die SAPIES.( homo sapiens" ist, wie man sich erinnert, der Mensch" im Gegensatz zum Urviech) mit Stavisky, zusammen und blieb ihm seither treu. Nun hat ihn das Schicksal ereilt. Haussuchungen am laufenden Band
Nachdem der abgesetzte und wieder mit Ruhm bedeckte
Polizeiinspektor Bony die Millionen- Schecks beigebracht
hat offenbar von jemandem, der mit klingender Münze daraufhin verduftet ist mehren sich die Haus suchungen. Zwei interessante Papierchen hat man zum Beispiel bei dem Anwalt der Madame Stavisky gefunden, der Gaulier heißt, was etwas schwierig war, weil bei einem Mitglied des Parquet nur mit Zustimmung des Batonnier, des Aeltesten, was gesucht werden darf, der gerade nicht da war. Dann bei einem M. de Chattencourt, wie er sich nennt, einem Freunde des besagten Anwalts GuiboudRibaud, bei dem ebenfalls verschiedene Talons ans Licht kamen.
Der Justizminister über das Geheimnis von Dijon
Die Hauptsache bleibt die Erforschung der Mordtat in Dijon , am einsamen Bahndamm, an der Gegend la Combe- aux- Fées, wo der zerfetzte Leichnam des Richters
günstigeren Sinne an: die Fahrer haben erreicht, daß 6,25 Franken Rückvergütung von der Benzinreglung abgehen, ferner 2.50( oder bei Wagen unter 10 PS. 2.- Franken) von der Verkehrstaxe und 2 Franken von der Platzsteuer, im ganzen also 10,75 bzw. 10,25 Franken Ersparung pro Tag. Die Fahrer zahlen durch die Neureglung bloß noch 3 Franken statt 14 drauf. Der dreißigtägige Streik wurde mit wahrer proletarischer Treue durchgeführt, auch von den 3000 Russen,
Zu Unrecht erschossen
Rehabilitierung von vier im Kriege standrechtlich erschossenen französischen Unteroffizieren
Paris , 5. März. Im März 1919 waren vier Unteroffiziere der 60. französischen Infanteriedivision wegen Ungehorsams vor dem Feind standrechtlich erschossen worden. Aus den Augenzeugen einer ruhigeren Zeit schien sich dann zu er= geben, daß dieses Todesurteil zu Unrecht erlassen worden ist, da die Leute damals vor Uebermüdung einfach nicht mehr weiter fonnten. Jetzt hat das Militärgericht in Paris im Nachkriegs- Wiederaufnahmeverfahren die vier in Souain standrechtlich erschossenen Unteroffiziere rehabilitiert. An Hand von Zeugenaussagen von Offizieren des betreffenden
ruppenteils wurde nachträglich ein Freispruch gefällt, in dem das vollstreckte standrechtliche Urteil als rechtswidrig anerkannt wird. Es sei offenkundig, so heißt es in der Begründung dieses späten Freispruches, daß die befohlenen Angriffe undurchführbar waren, ergebnislos bleiben mußten und jedem, der den Schüßengraben verließ, dem Tod weihte. Die Truppen hatten damals an dieser Stelle einfach nicht gehorchten nicht.
Kathinka eingeführt. Der habe eines Tages gesagt: Abonniert die ,, Deutsche Freiheit" ehr den nötigen Antrieb, ihr Leben zu opfern und deshals
56 Grad zeigte das Thermometer im Kesselraum der Elisabeth". Halbstündig wechselten Ingenieure und Heizer den Dienst. Furchtbar sahen die armen Teufel aus, wenn sie nach so einer halben Stunde Schufterei aufs vordere Freideck traten. Wenn sie, da nicht acht hatten und mit bloßem Kopf in der Sonne ftanden, war der Hibschlag beinahe unvermeidlich. Unbarmherzig sengte die Sonne schon den dritten Tag herab, seitdem wir den Suezkanal hinter uns gelassen. Keine noch so leichte Brise erleichterte uns. Und zum Unglück war die Eismaschine faput, gleich nachdem wir sie das erstemal gebraucht und sie angelassen hatten. Wenn der Teufel seinen Schwanz wohinein hängt, ist's schlecht. So waren uns gleichzeitig unsere ärarischen Zigaretten ausgegangen, und wir waren gezwungen, das von zweifelhaften Händen an Bord gebrachte Tabakszeug zu rauchen, um nicht ganz der Verzweiflung anheim zu fallen. Man stelle sich vor, daß Bier, 22 Grad warm, immerhin schon Labung bedeutete. Die dienstfreien Offiziere duschten sich unter den Sonnenzelten fooft als möglich. Die Mannschaften standen alle Stunden turnusweise unter den Strahlen der schweren Sprize. Selbst in der Nacht gabs feine Abkühlung; es war ziemlich gleich, ob man in der Kabine lag oder irgendwo auf Deck. Die Size ließ nicht nach; feucht und klebrig griff sich alles an. Lag man in der Kabine und fam zufällig mit der Wand, der Stahlwand des Panzerkreuzers, in Berührung, so hatte man das Gefühl, glühendes Eisen zu greifen. Die Vertilatoren brachten heiße Luft in die Räume, die Exhaustoren saugten heiße Luft ab es war nichts zu wollen als Zähne zusammenbeißen und Dienst machen, als wäre nichts los. Nachdenken war entschieden schädlich..
Wieder war eine Nacht herumgegangen. Das Frühstück, das uns zusammen in der Offiziersmesse fand, war vorüber, der Flaggenoffizier und ich hatten unsre schriftlichen Bericht erstattungen für den Tag zu Ende gebracht, wir wollten nun auf Deck einige Baljen Oberflächenwassers aus dem Roten ** Meer fischen und auf Plankton untersuchen. In gleicher Tropenadjustierung traten wir aus dem Offizier aufgang, da fiel mein Freund wie ein Sack zu Boden. Der raich herbeigeholte Korvettenarzt fonstatierte Hißschlag. Der war nach seiner Meinung eingetreten, weil mein Freund vergessen hatte, an seiner Kappe den Nackenschutz, ein leichtes, weißes Tuch anzubringen; Sonnenstich ist das gleiche wie Higschlag, nur ist das lettere die schwerere Form und gewöhnlich, so lernte ich's damals, mit Lungenentzündung verbunden.
Natürlich traf all das prophezeite. Uebel pünktlich ein. Schweres, hohes Fieber, Lungenentzündung, Verweigerung jeder Nahrungsaufnahme, kein Eis, keine gefühlten Getränke, und immer weiter die bleierne Hize.. Zwei Tage in Aden waren auch nicht danach angetan, Wunder zu wirken. Und so fieberte unser Kranker die nächsten fünf Tage weiter durch das tiefblane, heiße Indische Meer, bis wir endlich Colombo auf Ceylon anliefen. Acht Tage sollte die„ Elisabeth" da vor Anfer gehen, und acht Tage befam mein Freund Erholungsurlaub, und ich wurde zur Begleitung mitgegeben. Vorsichtig trugen ihn vier Matrosen in die Dampfbarkasse, vorsichtig
hißten sie ihn an Land; in der Rikscha, von sehnigen Singalejen gezogen, ging's zum Bahnhof. Flüchtig nur sahen wir die schöne Stadt Colombo ; die wollten wir uns nach gründlicher Erholung dann genauer ansehen. Soviel saben wir aber selbst im Durchsausen auf dem herrlich gefederten, leichten Wägelchen, daß es eine englische Kolonialstadt par excellence war, von einer Sauberkeit, wie ste es alle sind, voll von schönen Palästen der Banken, voll von herrlichen Gartenanlagen und schönen Villen und Häusern, mit interessanten Läden und großen Warenhäusern, in denen man vom Fischzeug bis zur Elefantenbüchse, von der Stecknadel bis zur Moterjacht alles kaufen konnte, und ins Haus, die Motorfacht bis in den richtigen Wassertümpel, in dem man sie haben wollte, zugestellt bekam. Wir waren gegen elf Uhr eingelaufen. Der Zug ging erit um vier, so hatten wir jetzt noch Zeit. Die benüßten wir, um wieder einmal auf einer Hotelterrasse in Easychairs bei gutem ,, Whisky and Soda" zu sizzen und in das herrliche Grün der Gärten vor uns zu schauen. Alle Augenblicke gab's da was andres. Da kam ein Gauffer mit einem Singalesenjungen und einem großen Korb. Im Korb waren Kobras, die nach dem monotonen Pfeifen des Künstlers herauskrochen, sich aufrichteten und starren Halses, wenn man so sagen darf, ihren häßlichen Kopf. wiegten. Dann zeigte er die Geschichte mit dem Mangobaumwunder, stach zur Abwechslung durch einen Korb, in den sich der Junge vor unsern Augen gehockt hatte, mit einem Langen Degen durch, und gut is gangen, nix is g'scheh'n. Dann turnte eine siebenköpfige Truppe und zeigte die tollsten Kunststücke mit einer Präzision und Bravour, die überall Beifall hervorgerufen hätten. Gleich darauf kam ein Chinese, der einem bildhübschen Mädel, das sich an eine Holzivand lehnte, von etwa zwanzig Schritte Entfernung Messer auf Messer so zuwarf, daß diese Messer knapp handbreit um ihre Figur in dem Brett stacken und zitterten. Kurz, es war für Abwechslung gesorgt, und wenn selbst gar nichts los gewesen wäre, so hätte das Publikum schon genügend Aufmerksamkeit. auf sich ziehen können. Zusammengewürfelt aus allen Staaten und Ständen, gab's da sicher tausend interessante Dinge aufzu spüren, wenn man wollte und vor allem das Zeug dazu hatte. Wir hatten heute jedenfalls nicht das geringste Zeug dazu und waren zum Schluß froh, als unser titschakutscher uns das Zeichen zu verstehen gab, daß es Zeit wäre, zur Bahn zu fahren.
Weiße, niedere Waggons standen aus dem sauberen Perron. Wie überall im Reiche Englands trat man vom Gehsteia in gleicher Höhe in den Zug. Die Waggons für die Weißen, für die Herren, hatten Jalousien vor den Fenstern und weit vorspringende Dächer, die einen breiten Luftspalt zwischen den Wänden frei ließen. Die Waggons für die Eingeborenen waren offen und durch ein Dach vor Sonne und Regen geschützt. Präzis ratterte der Zug davon, durch anheimelnd grüne, fruchtbare Landschaft. Hohe Palmenwälder, untermischt mit Wildbananensträuchern, Fikus und allen möglichen Blattpflanzen, die wir hier nur aus Glashäusern kennen, begleiteten uns streckenweise. Flüsse zwischen üppig
sten Randwäldern, von niederen leichten Booten befahren, übersetzten wir auf schön gebauten Eisenbrücken. Allenthalben fuhren wir an sauberen Dörfern vorbei, in denen die Einheimischen, die schönen bronzebraunen Singhalejen, mit ihren herrlichen Augen mitten aus der Arbeit fröhlich herüberblickien. Dann gab's wieder weite Strecken Reisfelder und Ananasplantagen, die nicht zu übersehen waren. Als Abschluß solcher Flächen zeichnete sich stets ein Palmenwald in den allmählich abendlich färbenden Himmel, und hauchzart, ganz weit, ragte der Umriß hoher Berge darüber. Es gab viele Aufenthalte in kleinen Stationen. Einheimische benüßten die Bahn ausgiebig. Erfrischungen wurden gereicht; Ananas, Bananen, Betelnüsse, in schönen Blättern mit Bambusstiften festgehalten, alle möglichen. meist unbekannten Früchten und Leckereien; doch all dies sauber und appetitlich auf Platten gelegt und mit leuchtend grünen, glänzenden Blättern vor Fliegen bewahrt.
Höher und höher schraubte sich unser Zügle hinauf. Wir sahen schon in tiefe, herrliche Täler hinab. Für uns, die wir die Tropenluft noch in den Lungen hatten, war's wohl eine ganz eigene Sensation. Wie leicht es sich da atmen ließ und wie frei die Lunge arbeitete. Mein Freund sah selig zum Fenster hinaus, und obzwar arg matt, sah ich, wie er sich bei jedem Atemzug wohl fühlte. Da wird die Erholung rasch vonstatten gehen.
Es war schon sinster geworden. Nach den Gesprächen zweier mitreifender Engländer führen wir gerade durch große Teeplantagendistrikte. Es war ein merkwürdig feiner, erfrischender Geruch, der da zu den weitgeöffneten Fenstern hereinströmte, und nur sehr ungern verschloß ich sie, weil uns beide grimmig fror. Wir waren doch schon an 800 Meter über Colombo und waren iezt alles eher als abgehärtet. In zwanzig Minuten sollten wir Kandy , unsern Bestimmungsort, erreichen. Die Maschine vorn am Zug arbeitete hart, um die starke Steigerung zu überwinden. Zwischen dichten Wäldern rauichten wir dabin. Im matten Schein des Maschinenfeuers saben wir die schlanken, geraden, glänzenden Stämme des Bambusses vorbeihuschen.
Nun war die Steigung überwunden, leicht arbeitete die Lokomotive. Ganz dicht an den Bahnkörper drängten sich schwere vollbelaubte Hecken, die betäubenden, süßen Honiggeruch ausströmten. Leuchtenden Blüten gleich saßen da Tausende, Millionen von grün phosphoreizierenden Insekten und Millionen tummelten sich fliegend über ihnen hinweg. Zwischen diese gleißende, wirbelnde, huichende, grün und gelb funkelnde Pracht stoben dann ab und zu die roten Glutjunten aus dem Lokomotivichlot. Es war ein ganz zauberisches, märchenhaftes Erleben unire Einfahrt in den Bahnhof von Kandy . Daß unier Hotelwirt ein guter Oester= reicher war, unser Zimmer ein Gedicht, vor uns der herrliche Südwassersee mit Sunderten von heiligen Schildkröten, man aber troßdem Schildkrötenjuppe befam, soviel man wollte; und einen Tee, von dem man sich keine Vorstellung machen konnte, und Ananas, jeder eine ganze zum Frühstück, und daß mein Freund sich famos und raich erholte, das war ja alles sehr nett und schön und angenehm aber es konnte nicht verdrängen den unvergeßlichen Eindruck des Empfanges, den uns die glibernden, funkelnden, leuchtenden, blendende Kurven fliegenden Zikaden und die roten wirbelnden FeuerStephan Mautner, funken bereitet hatten.