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Freihei

Pemfaze

Nummer 62-2. Jahrgang

Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands

Saarbrücken, Donnerstag, den 15. März 1934 Chefredakteur: M. Braun

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Aus dem Inhalt

Dec Massenstreik in Spanien

So treibt's die Deutsche Front

Seite 2

Seite 3

Marscheichtung zum Großkapital

Seite 4

fris

Gestapo mit Faksimiles

Seite 5

London ist rot

Seite 7

Frankreich warnt England Gestern und heute

Wir Deutsche neigen dazu, unsere Vereinsmeierei sehr ernst zu nehmen. Vom Bund deutscher Keglervereine bis zum Skatkongreß in Altenburg stehen wir treu zur Sache und treu hinter dem Vorstand. In den gemütlichen Friedenszeiten, die nun schon ein Menschenalter zurückliegen, war das nur

Das deutsch - französische Scheingespräch- Das Feilen an der französischen ein bißchen komisch. Heute wird es lebensgefährlich. Nach Antwortnote für England Die Verantwortung Londons

Paris , 14. März. Der Außenpolitiker des Echo de Paris", Pertinax, beschäftigt sich am Mittwoch mit der bevorstehenden französischen Antwort auf die englischen Ab­rüstungsvorschläge und erklärt es für ausgeschloffen, daß die französische Regierung diesen Vorschlägen zustimmen werde. Eine solche Zustimmung, so schreibt Pertinag, fäme nicht nur einer Legalisierung der Vertragsverlegungen gleich, die Deutschland durch die Aufrüftung begangen habe, sondern Frankreich könne nicht einmal zugeben, daß es in feiner Freiheit zur Durchführung der notwendigen Vers teidigungsmaßnahmen irgendwie eingeschränkt werde.

Auch der Petit Parifien" ist von einer negativen Antwort überzeugt." Die einzigen Schwierigkeiten, die der Abfaffung der französischen Antwort noch entgegenständen, lägen in der Form, wie man den französischen Standpunkt darlegen wolle. Es genüge jedoch, die letzte französische Note an die Reichsregierung und den Brief Barthous an den Vor­fitzenden der Abrüstungskonferenz, Henderson, nachzu Lesen, um überzeugt zu sein, daß sich die französische Regie: rung auch diesmal mit der nötigen Klarheit und Geschmeidige feit ihrer Aufgabe enledigen werde. Man habe französischer: seits genügend auf die Gefahren aufmerksam gemacht, die die englischen und italienischen Abrüstungs­vorschläge für die französische Sicherheit bedeuteten. Es scheine aber, als ob man bisher die Frage ganz außer acht gelaffen habe, daß die englischen Vorschläge eine direkte Untergrabung des Versailler Ver= trages und des Bölkerbundspattes deuteten. Man müsse sich fragen, was aus der Achtung

vor den Berträgen werde, wenn sich eine Macht das Recht

anmaße, grundlegende Aenderungen an diesen Verträgen

anzubringen, ohne die anderen Mächte vorher zu fragen, und was aus dem ganzen Teil 5 des Versailler Vertrages werde, der die Militärklauseln enthalte, wenn er nicht nur von Deutschland mit Füßen getreten werde, son= dern auch von denjenigen Mächten, die ihn dem Reich aus persönlichen Sicherheits­gründen aufgezwungen hätten. Wer einen solchen Rompromißverschlag einbringe, stelle sich auf den Boden, den das dritte Reich" beim Verlassen des Völkerbundes gewählt habe. Eine solche Politik könne vielleicht Italien genehm fein, das niemals für den Völkerbund besondere Achtung ge habt habe, fie führe aber nur zu einem improvisierten und auf wenige Mächte beschränkten Abkommen ohne ernste Durchführungsgarantien. Man dürfe sich nicht darüber im 3weifel sein, daß fie außerdem den Tod des Völker: bundes bedeuten würde.

In einigen Zeitungen wird behauptet, im Falle eines Scheiterns der Einigung werde der franzöfifche Generalstab unverzüglich mit einer weiteren Aufrüftung beginnen.

kommen

ant

die deutschen Forderungen be­wegen läßt, wenn es nicht wirklich ausreichende und praf tisch wirkende Sicherheitsgarantien erhält. Darum betrachtet man den deutsch - französischen Notenwechsel als bedeutungs­los und richtet die Aufmerksamkeit auf die französisch- eng­lischen Besprechungen.

Die deutsche Presse hat Anweisung erhalten, über die neue deutsche Antwort außer der amtlichen Meldung einstweilen nichts verlauten zu lassen.

Manöver

Noch verwickelter?

Paris , 14. März. Der Figaro" bezeichnet die Uebergabe der deutschen Antwortnote auf die letzte französische Antwort in der Abrüstungsfrage als ein Manöver der Reichs­regierung, um die zwischen Paris und London bestehenden Meinungsverschiedenheiten noch zu verschärfen. Es sei zu wünschen, daß die öffentliche Meinung sich nicht über die wahren Absichten Deutschlands täuschen lasse.

Auch der Excelfior" fieht in der Ueberreichung der deutschen Note eine weitere Verwicklung der schon bestehen­den Schwierigkeiten. Barthou habe geglaubt, durch seine Ant­wort vom 14. Februar die sterilen französisch- deutschen Be­sprechungen beenden zu können, es sei aber anzunehmen, daß sprechungen beenden zu können, es sei aber anzunehmen, daß das deutsche Manöver die Kontinuität der französischen Polis tif nicht stören werde.

Litwinow am Horizont?

dem Weltkrieg kroch der Soldat wieder in den alten Zivil­anzug. Der Verein blieb innerlich gerüstet und folgte dem gußeisernen Trompeter von Säckingen auf dem Aschbecher weiter zu Kampf und Sieg. Jetzt stehen wir da und können nicht mehr anders. Aus dem Zusammentreffen von Welt­krieg und Vereinsmeierei entstand das Führerprinzip, und die Vereine heißen jetzt Fronten.

-

Nun kommt alles zwangsläufig. Mit ernster Miene hat ein leibhafter Minister eine besonders grandiose Vereinsmeierei als organischen... wörtlich: organischen Aufbau der Wirtschaft angezeigt. Welche Fülle von Problemen vermag doch ein geistreicher Minister in drei Worten ungelöst zu lassen! Was schwerster ist hier organisch, was ist Aufbau? Und Zweifel was versteht der Herr wohl unter Wirtschaft? Die Aguren zwinkern. Organisch heiß natürlich, daß alles beim alten bleibt. Wenn ein Minister entschlossen ist, nichts zu reformieren, dann sagt er, er wolle nichts zerstören. Herr Schmitt hat es gesagt. Wo aber Altes, unbrauchbar Gewordenes nicht mutig zerstört und wegräumt, kann man nichts Neues aufbauen. Das ist das Kennzeichen dieser nationalsozialistischen Revolution, das sie dem Spießbürger so teuer macht. Sie hatte den Mut zum Morden und zum Stehlen. Aber sie hätte sofort über Bolschewismus gezetert, wenn mal so eine Glasscheibe kaputt gegangen wäre. Denn das hätte die Versicherung zahlen müssen, der bekanntlich Herr Schmitt nicht fernsteht.

Das neue Gebilde soll, wie der Herr Minister sagt, eine Organisation der Wirtschaftsführung sein. Wirtschaftsführung ist, wenn der Arbeiter nicht dabei ist. Ganz offenbar ist der wahre Zweck der neuen Organisation, allen sozialistischen Träumereien im dritten Reich" gründlich ein Ende zu machen. Der Herr Minister bittet die Herren ,, Wirtschafts­führer", ihm Kleinarbeit abzunehmen und einseitige Dar­stellungen fernzuhalten". Mit anderen Worten: General­direktor Schmitt ersucht seine Kollegen als Zensoren und

Angeblich nach dem Scheitern der Verhandlungen geistige Vormünder seines eigenen Ministeriums zu wirken.

dnb. London , 14. März. Der diplomatische Korrespondent des Daily Telegraph " schreibt, die Sowjetregierung wolle wiederum eine aktive diplomatische Rolle in Europa spielen. In der Erwartung, daß die Abrüstungsverhandlungen fehl= schlagen, bereite Litwinow einen neuen Sicherheitsplan vor. Dieser würde aus einem Paft gegenseitigen Beistandes und einem Nichtangriffsabkommen bestehen. Alle Mächte sollen zur Teilnahme eingeladen werden. In dem Plan werde die neue Definition des Angreifers enthalten sein, die in den im Sommer vergangenen Jahres abgeschlossenen Verträgen gegeben wurde.

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Der Berichterstatter fügt hinzu, diese Definition des An­greifers würde zu einem Syftem tollektiver und automatischer Sanktionen" führen und beim britischen Reich sicher keine günstige Aufnahme finden, da sie zu Garantien fremder Grenzen führen müsse, die über die Locarno - Garantien hinausgehen.

Berliner Saarsorgen

Deutsch - französisches Notenspiel Die Gefährdung des Saargebietes

Keine Annäherung

Berlin , 14. März. Das deutsch - französische Notenspiel in der Rüstungsfrage, das weder von den unmittelbar Be­teiligten noch von den Zuschauern ernst genommen wird, hat wieder einmal eine Fortsetzung erfahren. Diesmal war Deutschland mit einer Antwort an der Reihe. Reichsminister des Auswärtigen Freiherr von Neurath hat dem fran­ zösischen Botschafter Poncet eine Antwort auf das fran­ zösische Memorandum vom 14. Februar übergeben. Dieses

franzöſiſche Schriftstück hatte noch einmal die tiefen Gegen fätze in der Kontrollfrage, in der Ausrüstung des deutschen

Heeres und in der Auflösung aller militärähnlichen For mationen herausgearbeitet. Insbesondere hat Frankreich seinen bekannten Standpunkt unterstrichen, daß die ver= mehrte Bewaffnung des deutschen Heeres erst nach seiner Umwandlung in eine Miliz und nach der Auflösung der EA. und SS. erfolgen dürfe.

Die deutsche Antwort bringt die beiden Regierungen in feinem Punkte einander näher, obwohl sie auf acht Schreib­maschinenseiten in den verbindlichen Formen das nun seit Monaten währende deutsch - französische Gespräch fortsetzt. Offenbar verfolgt die Reichsregierung nur die Absicht, ihrer­seits den Faden nicht abreißen zu lassen, obwohl die deutsche Antwort eine starke Belastungsprobe für die Geduld Frank­ reichs darstellen soll. Auch die mündlichen Erläuterungen an den französischen Botschafter waren nichtssagend. In ernsten politischen Kreisen hält man es für ausgeschlossen, daß Frank­ reich sich zu einer Abrüstung und zu irgendeinem Entgegen­

Berlin, 18. März. Die deutsche Presse hat Befehl erhalten, sich mit aller Kraft gegen das angeblich durch Frankreich beabsichtigte sin einziehen des Saargebietes in die Abrüftungsfrage zu wen­den. Man nimmt hier die Ankündigung des Deure " sehr ernst, die französische Regierung sei der Auffassung, daß sie durch den Abschluß eines allgemeinen Abkommens, in dem die Zustimmung zur Aufrüstung Deutschlands enthalten sei,

gleichzeitig das einzige Bland verliere, bas fie augenblicklich im Saargebiet noch in Händen habe. In Berliner politischen

daß

Kreisen befürchtet man, Frankreich werde nach dem Scheitern der Abrüstungsverhandlungen darauf verweisen, Deutschland durch seine Aufrüstung den Versailler Vertrag gebrochen und mithin auch der Teil des Vertrages hinfällig sei, der sich mit dem Saargebiet beschäftige. Die deutsche Presse hat die Anweisung erhalten, den früheren Feindbund­mächten" Bertragsverlegung vorzuwerfen, weil sie den Ars tikel des Versailler Vertrages, der das Versprechen einer internationalen Abrüftung enthält, nicht erfüllt hätten. Das Saargebiet sei nicht ein Pfand, mit dem man Geschäfte machen tönne, Diese scharfen Töne ändern nichts an der Tatsache, daß Hitlerdeutschland die Saarfrage, deren deutsche Lösung im Januar 1985 vor der Kanzlerschaft Hitlers zweifellos war, unheilvoll verwickelt hat,

Sie sollen dafür sorgen, daß in der Viktoriastraße zu Berlin nur die Ansicht der Unternehmer herrscht.

Ein Hauptwunsch ist ihnen von vornherein bewilligt: sie dürfen weiter in ihren Kartellen dem wehrlosen Verbraucher die Preise diktieren. Und das Führerprinzip, so meinte der Minister, soll ihnen das Geschäft noch erleichtern, ohne daß man dabei immer das häßliche Wort Kartell in den Mund

zu nehmen braucht. Also: Führerprinzip= teure Preise so haben wir uns das schon immer vorgestellt.

Dann war noch die Rede von Ehre und Ehrgericht. Davon hat man auch in dem Gesetz für die Arbeit etwas gelesen. Wer zweifelt hier noch an Gleichberechtigung? Dem Arbeiter wie dem Unternehmer wird Ehre zugebilligt, was außer ordentlich vorteilhaft ist. Dem einen bringt sie nichts, dem anderen kostet sie nichts.

Die Ehre und das Moralische sollen nicht unterschätzt wer­den. Aber ist es moralisch, wenn ein Staat, der für die Wirtschaft verantwortlich sein will, sein Volk nur mit schönen Reden füttert? Die Vornehmtuerei der Wohlgenährten gegen die Frage von Essen und Trinken wird nachgerade ekelhaft. Der selbstbewußte Arbeiter, der in jahrzehntelangem Kampf es gelernt hatte, nicht den Kopf zu ducken, der hatte, weiß Gott , schon vor Hitler seine Ehre. Jetzt rächt es sich, daß der nationalsozialistische Staat alles Wirtschaftliche über die Achsel ansieht. Auf leisen Strümpfen schleichen die Herren erren der Wirtschaft heran, ihm den Hals umzudrehen. Herr Schmitt weiß, was er tut. Hitler ahnt kaum, was er Argus. unterläßt.

wieder zwei Hinrichtungen In Neuruppin

dnb. Neuruppin , 14. März. Im Hof des Strafgefängnisses Neuruppin wurden am Mittwoch früh gegen 6 Uhr der Bandarbeiter Otto Kuhrt und die Landwirtsehefrau Frieda Schenk aus Grüneberg( Mark) durch den Scharfrichter Gröbler aus Magdeburg hingerichtet. Kuhrt war wegen Mordes an dem Landwirt Schenk vom Schwurgericht Neu­ ruppin zum Tode verurteilt worden. Frau Schenk hatte ein Verhältnis mit ihm unterhalten und ihn zu der Mordtat angestiftet. Am Abend des 21. Dezember 1932 hatte führt feinen Dienstherrn aus seiner Wohnung gelockt und ihm mit einem Jagdgewehr aus dem Hinterhalt erschossen, als er in die Hoftür trat.