O. G. London , 10. März 1934. Vor etwa einem Monat fiel das Rote Wien nach ruhmvollem Kampf. Was Verleumdungen, was eine ununterbrochene Presseheze gegenüber dem sichtbaren Erfolg der sozialistischen Gemeindeverwaltung nicht vermocht hatten, das gelang schließlich der brutalen Gewalt der Geschütze. Wien , an dessen Beispiel sich die Arbeiter überall in der Welt aufgerichtet hatten, vor dessen großartiger Wohnungsund Wirtschaftspolitik selbst objektive Gegner Respekt hatten, wird heute von engherzigen. Reaktionären im Interesse des Besitzes regiert.
Ein Monat ist vergangen, seit die rote Fahne vom Wiener Rathaus heruntersant. Ein Monat und schon steigt die
rote Fahne über der größten Gemeinde der Welt, über London , empor.( Freilich nur bildlich, denn die Engländer sind nicht so dramatisch.) Zum ersten Male in der Geschichte ist London von der Labour Party erobert worden. Seit 27 Jahren regierten die Konservativen die Kommune( in der Kommunalpolitik nennen sie sich Municipal Reformer), 1907 hatten sie die liberale Herrschaft beseitigt. Sie regierten, wie es Konservativen zu tun pflegen, ideenlos, immer nur auf die Interessen der besitzenden Klasse bedacht, nur die sozialen Reformen bewilligend, die gar nicht zu umgehen waren. Seit 1925 war die Labour Party auch in der Londoner Kommunalpolitik die offizielle Opposition, ohne es freilich je auf mehr als 42 Mandate von 124 zu bringen. London blieb lange Bollwerk der Konservativen, auch bei den Wahlen zum Unterhaus. Als bereits die Industriebezirke Schottlands , die Bergwerksdistrikte von Wales und Durham , die Arbeiterwahlfreise Mittelenglands Pabour- Abgeordnete ins Parlament entsandten, blieb die große Mehrzahl der Londoner Wahlfreise troß der zahlreichen Arbeiterbevölkerung fonservativ. Nur einige reine Arbeiterbezirke des Ostens entsandten Labour- Abgeordnete. Und nun ist London doch erobert worden. Die Wahlen zum Londoner County Council zeitigten geradezu einen Erdrutsch. Im vorigen vor 3 Jahren ge= wählten County Council hatten die Konservativen eine Zweidrittelmehrheit: 83 Konservative, 35 Labour Party , 6 Liberale. Die Wahlen vom 8. März 1934 aber hatten das folgende Ergebnis: 69 Labour Party , 55 Konservative, 0 Liberale, also eine Labour- Mehrheit von 14. London ist rot. Der Sozialismus hat zunächst einmal für die nächsten drei Jahre die Möglichkeit zu zeigen, wie er die größte Gemeinde der Welt zu regieren versteht. Denn der County Council( Grafschaftsrat) bestimmt die Geschicke der Ge
Londoner Labour Party , Herbert Morrison , hat bereits am Tage nach der Wahl ein detailliertes Programm verkündet
im Mittelpunkt steht Wohnungsbau, Slumbekämpfung, Reform des Gesundheitswesens. Persönlich: Herbert Morri son , der siegreiche Führer, ist noch mehr als bisher in den Vordergrund englischer Politik getreten. Er, der als Verkehrsminister der letzten Arbeiterregierung Ordnung in das Londoner Verkehrschaos gebracht hat, war einer der wenigen Erfolge dieser Regierung. Schon seit einiger Zeit spricht
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Gazette de France"
Die Gründung einer politischen Zeitung vor 300 Jahren
Es ist jetzt fast auf den Tag genau dreihundert Jahre her, daß die erste politische Zeitung Frankreichs , die„ Gazette de France ", gegründet wurde. Haben auch sonst Zeitungsgründungen mitunter seltsame Ursachen, so ist doch die Gründungsgeschichte dieser ersten politischen Zeitung Frankreichs die sonderbarste unter allen.
Am Ende des Jahres 1623 erteilte Ludwig XIII , einem Herrn Theophraste Renaudot die Erlaubnis zur Herausgabe von regelmäßig erscheinenden Mitteilungen politischen Inhaltes aus allen Ländern Europas . Einige Monate vergin= gen, bis im Jahre 1624 die neue Zeitung erschien. Die damals durchaus nicht mit Zeitungen verwöhnten Pariser stürzten sich auf das neue Blatt und fanden zu ihrer Freude unter dem Titelkopf den ihnen wohlbekannten Namen Theo phraste Renaudot .
Mit Stalpell und Feder.
Wer aber war dieser Renaudot? Es war erstaunlicherweise der berühmteste Arzt von Parts! Der alte Bericht über thn und seine Gründung lautet: Theophrastius Renaudot, ein Arzt von Paris , jammelte überall Neuigkeiten, um seinen Kranken die Zeit zu vertreiben. Dadurch sah er sich bald berühmter als alle anderen Aerzte. Allein,„ da nicht leicht eine ganze Stadt frank ist oder sich einbildet, es zu sein, so dachte er, er könne sich ein ansehnliches Einkommen verschaffen, wenn er dem Publico fliegende Blätter mitteilte, welche die Neuigkeiten verschiedener Länder enthielten. Dies war der medizinische Ursprung der ersten politida die schen Zeitung Frankreichs . Renaudot konnte
man von ihm, dem 46jährioen Polizisten sohn, der Tatkraft, Organisationstalent und Charakterstärke mit einem starfen Idealismus vereint, als dem kommenden Führer der Labour Party , wenn die ältere Generation, die Henderson und Lansbury , die Führung abgeben wird. Morrison ist jetzt erst einmal Premierminister von London ". Beweist er in dieser Eigenschaft, daß er nicht nur zu siegen versteht, sondern auch den Sieg ausnutzen kann, dann ist für ihn die Bahn zur Parteiführung frei, dann wird vielleicht aus dem heutigen Premierminister von London " der tommende Premierminister Großbritanniens. So mag der 8. März, an dem Labour zum ersten Male London eroberte, historische Bedeutung erlangen.
Metternich antwortete mit einem sehr deutlichen Blick auf den Sprecher:
„ Nein ich fürchte die Hölle nicht! Ich habe nur. Angst, daß man mich im Paradies neben einen Dummfopf jetzt...!"
Adolf Sonnenthal simuliert auf der Bühne
Adolf von Sonnenthal , der berühmte Schauspieler, defien freilich 25. Todestag in dieses Jahr fällt, war mitunter überaus selten von ziemlich derber Bissigkeit. Vor allem
dann, wenn er nicht gestört sein wollte.
Einmal saß er in einem Garteniofal in einer Vorstadt von Wien und lehnte die Sessel an den Tisch, damit sich niemand zu ihm sebe.
Dennoch kam ein Fremder, grüßte nicht, und setzte sich zu Sonnenthal . Er rief stotternd zum Kellner:„ B... bi... bitte u. um ein... Glas B..ier!"
Da schrie Sonnenthal : 3 Ich a.. auch!"
Der Fremde kannte natürlich den großen Schauspieler Sonnenthal , sah ihn gekränkt und vorwurssvoll an und machte ihm stotternd begreiflich, daß es für einen Sonnenthal höchst unsein sei, sich über das Gebrechen eines Fremden lustig zu machen.
Sonnenthal aber stotterte weiter: 3..3.. Ich st..sto.. stottere a..a.. aber wi wirklich!"
Da rief der Fremde:„ W.. Was? Auf d.. dd.. der B..B.Bühne st..stottt..stottern Sie a..a.. aber ni.. nicht!"
Und Sonnenthal, sehr ernst:
„ I.., auf d..d.. der B.. Büh.. Bühne m..mmm.. muß ich s..si..si.. sim simulieren!"
meinde, nicht etwa der Lord- Major, der Oberbürgermeister," Gazette de France " einträglicher wurde als die einträgliche Luxus- Zeppelin
der von den Wirtschaftsorganisationen der Innenstadt, der City, gewählt wird und im wesentlichen rein repräsentative Funktionen hat, die ihm Hunderttausende kosten, die er aus der eigenen Tasche zu bestreiten hat( daher kann nur ein reicher Mann zu diesem Posten gewählt werden).
Der Londoner County Council hat Einfluß auf wichtigen Gebieten, er bestimmt das Tempo der Wohnungspolitik, er bestimmt das Tempo der Zerstörung der berüchtigten Slums ( Elendhäuser), er hat Einfluß auf die Gesundheitspolitik, auf die Verwaltung der Wohlfahrtsmittel und auf die Schulpolitik um nur die wichtigsten Arbeitsgebiete zu nennen. Hier fanft der Sozialismus zeigen, was er zu leisten vermag, wenn er im Besitz der ungestörten Mehrheit ist.
Bei der Beurteilung des Wahlergebnisses darf man freilich nicht außer acht lassen: die Wahlbeteiligung ist bei englifchen Kommunalwahlen stets sehr schwach. Auch diesmal betrug sie nur etwa 33 Prozent, freilich immer noch beträcht lich mehr als bei den meisten vorhergehenden Wahlen zum Londoner County Council, wo die Wahlbeteiligung oft nur 25-28 Prozent betrug. Auch muß die wichtige Tatsache berücksichtigt werden, daß Labour Party nicht nur die Mehrheit der Mandate, sondern auch die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhalten hat, was bei dem englischen Wahlsystem keineswegs immer zusammenfällt. Mit 341 390 Stimmen hat die Labour Party die höchste Stimmenzahl erhalten, die je eine Partei bei Londoner County- Council Wahlen erhielt. In den meisten Wahlbezirken standen fich nur Labour und Konservative gegenüber, die einst London beherrschenden Piberalen hatten in den meisten Bezirken von vorneherein verzichtet, wo sie sich noch zum Kampfe stellten, wurden sie von Labour geschlagen. Die Kommunisten hatten in verschiedenen Arbeiterbezirken Kandidaten aufgestellt, aber feiner erhielt mehr als ein paar hundert Stimmen. Alle fommunistischen Kandidaten zusammen brachten es bei -672 000 abgegebenen Stimmen nur auf etwas über 4000 Stimmen. Die Faschisten haben überhaupt nicht kandidiert, fie wollen erst bei der nächsten Parlamentswahl aufmarschieren.
Uebrigens fanden in der gleichen Woche auch die Wahlen zu den übrigen provinziellen Conuty Councils statt, die allerdings in der Oeffentlichkeit gar feine, Beachtung fanden, da die Bedeutung der Provinz- County- Conucils im Gegensatz zum Londoner sehr gering ist, sie haben nur die wenig bedeutenden Fragen der provinziellen Selbstverwaltung zu entscheiden, vielfach werden die Wahlen sogar auf völlig unpolitischen Basis durchgeführt und die Wahlbeteiligung ist meist minimal. Als Kuriosität sei erwähnt, daß in einem südenglischen Wahllofal ganze 5 Wähler abgestimmt haben. Soweit auch diese Kämpfe politischen Charakter hatten, brachten sie ebenfalls durchweg Labourerfolge, selbst im agrarischen Süden Englands. Die vorhandenen LabourMehrheiten in Durham ( Nordosten) und Wales wurden verstärkt. Im ganzen hat die Labour Party auch in der Provinz über 100 Mandate gewonnen. Genaue Berichte fehlen aber in sämtlichen Zeitungen nur die Lokalblätter da diese Wahlen berichten jeweils über ihren Bezirk nur wenig interessieren. In den Glendsbezirken des Waliser
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auf alle anderen Kuren bald verzichten. Metternich hat Angst vor dem Paradies
Es war am 13. März 1848. Wien . Ungeheure Erregung. Das Volk auf den Barrikaden. Die Studenten ziehen singend durch die Straßen. Der Kanzler, Fürst Metternich, der bestgehaßte Mann von Wien , fist mit seinen Freunden beratend beisammen.
Da meldet man ihm die Entscheidung des Kaisers. Sie ist für Metternich, dessen Absetzung vom Volk verlangt wurde, nicht glücklich ausgefallen. Der Kaiser hat dem Verlangen der Bevölkerung stattgegeben.
Unter Metternichs ohnehin nicht allzuvielen Bekannten, die um ihn versammelt sind, erklären darauf einige,„ ohnehin seit langem gewarnt" und die Politik des Kanglers verurteilt zu haben...
Einer besonders darauf bedacht, sofort Abstand zwischen der gestürzten Größe und sich zu setzen fagt:„ Sätten Sie mir doch gefolgt, Exzellenz, so wäre die tatferliche Ungnade zu verhüten gewesen... Haben Sie nicht Angst vor der Verantwortung und vor der Hölle, da Sie jetzt allerhöchst gemaßregelt wurden?"
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Bergbaus, wo die Mehrzahl der Bevölkerung seit Jahren CAUMARTIN
erwerbslos ist, haben die Kommunisten zum ersten Male einige Mandate erringen fönnen.
Das Londoner Wahlergebnis, das übrigens nach einem sehr ruhigen wer nichts von der bevorstehenden Wahl wußte, merkte auf den Straßen gar nichts davon, Plakate und Flugblätter fehlten fast ganz und im allgemeinen auch einigermaßen sachlichen Wahlkampf( nur in einem Bezirk fam es zu stürmischen Versammlungsszenen) zustande fam, ist ein Stimmungszeichen für die künftige allgemeinpolitische Entwicklung. Aber es hat auch eine sofortige fachliche und persönliche Auswirkung, Sachlich: die Labour Party fann ihr Kommunalprogramm durchführen, der Führer der
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Der neue Luftschiffbau
Friedrichshafen , 13. März. Deutschlands jüngstes und größtes Luftschiff, 2. 3. 129", geht in Friedrichshafen seiner Bollendung entgegen. 248 Meter lang und 41 Meter im Durchmesser, so sind die Ausmaße des Duraluminiumgerippes, das die neuen großen Bauhallen der ZeppelinWerft beherbergen. Das Gerippe hat, obwohl verschiedene Neuerungen angebracht wurden, die die Sicherheit erhöhen, mehr Raum und Bequemlichkeit geschaffen. Hand in Hand mit der Raumvergrößerung geht eine Erweiterung der Tragfraft des in 16 einzeln verschließbare Schotten eingeteilten Schiffeslerbeifert wurde besonders der Platz für Fahr= • gäste. Das Schiff hat ein A- und ein B- Deck, die übereinander liegen und ganz in den Rumpf eingebaut sind. Jm A- Deck befinden sich der Speisesaal, der Rauchsalon, eine Aufenthaltshalle, Schreib- und Lesezimmer und rechts und links von den Tagesräumen ein Wandelgang mit Fenstern, Schlaffabinen mit faltem und warmem Wasser. Das unter dem A- Deck liegende B- Deck enthält ebenfalls noch Schlafund Bodenräume, ferner die Maninchaftsräume. Der Schiffs=
beherbergt den Führerraum mit Funk-, Steuer- und Meteorologenstand. Die vier Maybach- Rohölmotoren vermögen dem Schiff eine Geschwindigkeit von 130 bis 150 Stundenfilometer zu geben.
Folgende Nummern der Lose, die im Büro A. GODOVANNIKOFF gekauft worden sind
30, QUAI DE PASSY, PARIS( 16), Telefon: Jasmin 01-50 ( Seiteneingang: 2, av. René- Boylesve). Métro Passy
X 77 438.. X 50 611.
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8. Ziehung, 13. März 1934 um 9 Unr
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Série E 17.438:
100 000 Fr.
Z 81019.... 10 000 Fr.
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