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Fretheil

Parifare

Nummer 63 2. Jahrgang

Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands

Saarbrücken, Freitag, den 16. März 1934 Chefredakteur: M. Braun

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Aus dem Inhalt al

Spaniens   Wiccen

Ebect- Heilmann­

Seite 21

Seger- Künstler

Seite 3

Saacteccor ohne Ende

Reventlow gegen Tapst

Seite 3

Seite 7

Explosion: 250 Tote Gestern und ficute

Vor einigen Tagen stand in diesem Blatte eine Meldung, über die mancher unserer Leser stutig geworden ist. Sie war ungewöhnlich, das empfanden wir selbst. Wir ahnten damals nicht, wie schnell sie öffentlich bestätigt werden

7000 Kilo Dynamit- 4000 Fässer Benzin x toto22M de.

Nenyort, 14. März. Das Newyorker Büro der Allame: rica Cable Co. erhielt eine Meldung aus Salvador  , nach der bei einer Dynamitexplosion unweit von La Libertad in Sal­vador über 100 Personen ums Leben gekommen sind.

DNB Neuyort, 15. März. In einem Bericht der Neu­yorf Times" über die Dynamitexplosion, in La Libertad werden wesentlich höhere Verlustziffern angegeben. Dem Blatt zufolge beläuft sich die Zahl der Tote nauf 250, die der Verletzten auf über 1000.

DNB. Nenyork, 15. März. Wie aus La Libertad( San Sal­ vador  ) gemeldet wird, hatte die Feuerwehr noch die ganze Nacht zum Donnerstag mit der Bekämpfung des durch die Dynamiterplosion entstandenen Brandes zu tun. Die Lage war zeitweilig außerordentlich bedrohlich, weil die Flammen auf ein Lager von 4000 Faß Benzin und Kerosin überge­griffen hatten. Es entstanden weitere furchtbare Explosionen, durch die das am Halen gelegene und zum größten Teil aus

Holzhäusern bestehende Arbeiterviertel vollständig vernichtet wurde.

Ueber die Ursache des furchtbaren Unglücs wird bekannt, daß die 250 Kisten- insgesamt 7000 Kilogramm- Dynamit gerade mit dem Dampfer Catalina", der deshalb keine Passagiere an Bord hatte, aus San Franzisko eingetroffen waren. Die Kisten waren auf einem Güterzug verladen worden, und man nimmt an, daß sich die Explosion ereignete, als sich der Zug in Bewegung setzte und die Kisten dadurch hart aneinanderstießen.

Der Gesamtschaden wurde am Donnerstagfrüh auf zwei Millionen Dollar geschätzt. Die überlebende Bevölkerung ist zum größten Teil aus der Stadt geflohen. Polizei und Nationalgarde machen, unterstützt von Sanitätstrupps und Privatkraftwagenbesitzern, größte Anstrengungen, die Ver­wundeten aus den Trümmern zu bergen. Die Zahl der Zoten und Verletzten dürfte die ersten Schäzungen erheblich übersteigen.

Englands Luftsorgen

Die Tatsachen, von denen wir aus besonderer Quelle wußten, waren derart, daß wir die Meldung überschrieben: England fordert Görings Kopf. Um es kurz zu wiederholen: der englische   Minister Eden hatte bei seinem Berliner   Besuch mit Hitler auch über die unerträgliche Belastung der deut­ schen   Außenpolitik durch so finstere Gestalten wie Göring  und Streicher gesprochen. Hitler   hatte sich, zumindest vor Edens Reise, anheischig gemacht, personelle Garantien dafür zu geben, daß diese Belastung demnächst verschwinden würde.

Ob Eden von den Berliner   Unterhaltungen über diesen Punkt nicht befriedigt war; ob vielleicht Zusagen, die man ihm gab, auf dem bei dem Herrn Volkskanzler nicht mehr ungewöhnlichen Wege einfach nicht gehalten wurden, oder ob er noch eine dritte, ungemein pikante Ursache hatte jedenfalls hat Herr Eden das, was er bisher nur diplomatisch andeutete, jetzt brutal und öffentlich gefordert. Denn das er das getan hat, wird hoffentlich keinem nachdenklichen Leser seiner Unterhausrede zweifelhaft sein, Eden sagte:

,, Die Franzosen   könnten nur schwer glauben, daß eine große westeuropäische Macht sehr lange mit guten Absichten von Genf   wegbleiben könne". Von Zeit zu Zeit kämen Er­eignisse vor und würden Reden gehalten, die diese Befürch­tungen erhöhten. Eine solche Rede so fuhr Eden fort­wurde in den letzten Tagen gehalten, nämlich von General Göring  . Er, Eden, sei offen bereit, den Unterschied an­zuerkennen, der zwischen einer militärischen und einer mili­

Französische Außenpolitik gegen Deutschlands   Aufrüstung taristischen Nation herrsche. Man dürfe diesen Unterschied

,, Sehr schnell handeln!"

London  , 15. März. Die Rede des Lordfiegelbewahrers Eden mit ihrer Beschwerde über Görings Rommißstiefel­Rede wurde vom ganzen Unterhaus mit gespannter Auf­

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land und Japan  , sondern auch an die Sowjetunion  . Amerika  bleibt dabei natürlich außer Spiel aber mit Amerika   hält die englische   Regierung, wie Eden betonte, ohnedies so engé Tuchfühlung, daß es des Völferbundes wohl kaum bedarf.

merksamkeit angehört. Seine gegen den militaristischen Geist Edens Illusionen

in Deutschland   gerichteten Bemerkungen wurden von leb­haftem Beifall des Hauses unterstreichen, um so mehr, als die Rede Edens überaus vorsichtig nud abwägend war und jede Herausforderung irgendeiner Macht vermied. Sie wurde nachher unterstrichen durch eine Rede des Außenministers Simon, der die europäische Situation feineswegs rofiger ansah als Eden. Wenn man überhaupt zum Handeln ent­schlossen set, um in der Abrüstungsfrage voranzufommen, und Europa   vor unübersehbaren Gefahren zu beschützen, dann müsse man sehr schnell handeln. Wenn es nicht ge= länge, die allgemeine Abrüstungsfonvention zu schaffen, dann sei England bereit, mit den großen europäischen   Mächten wenigstens einen Luftabrüstungspaft abzuschließen, der dem gegenwärtigen Wettrüsten ein Ende bereite. Die Ausfüh­rungen Simons fanden refignierte Zustimmung. England fühlt sich durch die gesteigerten Luftrüstungen in ganz Europa  

DNB. Paris, 15. März. Die Pariser   Morgenpresse gibt die Ausführungen des Lordsiegelbewahrers Eden und des Außenminister Sir John Simon im englischen Unterhaus sehr ausführlich wieder. Von ganz wenigen Ausnahmen ab­gesehen, nehmen die Blätter aber feine redaktionelle Stellung zu den Erklärungen der beiden Staatsmänner. Wenn Eden behaupte, so schreibt der Quoditien", England hoffe noch immer, zwei Hauptziele seiner Politif zu erreichen, nämlich ein Abrüstungsabkommen abzuschließen, daß der Wirklichkeit Rechnung trage und sich auf der englischen Denkschrift auf baue, und zweitens das Ansehen des Völkerbundes zu stärken, dann müsse man die Frage vorlegen, wie er diese beiden 3iele mit der Verlegung der Verträge durch das Reich und seiner stritten Weigerung, nach Gen zurückzukehren, in Einklang bringen wolle.

ganz besonders bedroht. Sehr maßgebende Kreise sind be Die Sanktionsfrage

reits der Meinung, daß die gewaltige englische   Seerüstung in den Hintergrund trete und für den Ernstfall nicht von gleicher ausschlaggebender Bedeutung sein werde, wie die Luftflotte mit ihren jüngsten technischen und chemischen Ver­vollkommnungen.

Die Rede Edens wird in Deutschland   namentlich wegen ihres scharfen Angriffs auf Göring   interessieren( vergl. unfere heutige Glosse von Argus). Ihre große politische Bedeutung geht aber weit über diesen einzelnen Punkt hinaus. Eden hat zwar in einem Nebensazz dem deutschen  Anspruch auf Gleichberechtigung eine Verbeugung gemacht. Auf der anderen Seite aber hat er deutlich ausgesprochen, daß Deutschlands   allgemeine Politik diesen Gleichberechti­gungsanspruch aufs schwerste gefährdet. Er hat betont, welche große Bedeutung England dem Völkerbund beimesse, und hat an Dutschland die ganz unmißverständliche Forderung ge­richtet, daß es in den Völkerbund zurückkehren müsse, menn man nicht an seinen ehrlichen und friedlichen Absichten zweifeln solle. Von den deutschen   Auffassungen hat er als n der deutschen Brille" gesprochen.

Sehr bemerkenswert in der gegenwärtigen Situation war für einen englischen Staatsmann das Bekenntnis zu Europa  , Eden liek erkennen, daß wesentliche englische   Interessen nach wie vor in Europa   liegen. Er hat ferner erklärt, daß die englische Regierung nach wie vor an ihrer bekannten Dent­schrift von Ende Januar festhält und daß sie sich eine Rüstungskonvention nur auf der Grundlage dieser Dent­schrift vorstellen könne. Mit anderen Worten: Wenn die Grundlage, diefer Denkschrift nicht angenommen wird diese Bemerkung war ein deutlicher Wink nach Frankreich   und sollte offenbar die bevorstehende französische   Note beeinflussen - dann sieht England überhaupt nicht mehr die Möglich­feit zu einer Vereinbarung. Und dann wird es, das ist Edens Drohung, rücksichtslos aufrüsten.

Eine in ihrer politischen Bedeutung kaum zu überschäzende Tatsache ist das wiederholte starke Bekenntnis zum Völker­bund. Möglichst alle Mächte müssen dem Völkerbund ange­hören, sagte Eden. Er dachte dabei wohl nicht nur an Deutsch­

Ein Aufsatz der ,, Times"

London  , 15. März. Times" schließt sich den abfälligen Be­merkungen ausdrücklich an, die in der Unterhaussizung über die letzte Rede des Reichsministers Göring gefallen sind, und behauptet ebenfalls, es handele sich um eine Herausforde= rung, die das gegenseitige Vertrauen zerstören müsse. Wenn dauerndes Vertrauen zwischen den einzelnen Nationen her­gestellt werden könnte, dann würde die Rüstungsverminde­rung beinahe automatisch folgen. Das Blatt wendet sich aber auch gegen Churchill  , dem es vorwirft, er habe es versäumt, seine Ausführungen über Abrüstungsbereitschaft und Sicher= heit bis zu ihrem logischen Ende fortzusehen, während es in England mehr und mehr Leute gebe, die es täten.

Der logische Schluß laute, daß alle Länder eine gemein­schaftliche Verantwortung übernehmen müßten, daß sie alle bereit sein müßten, gemeinsam gegen jede Verlegung einer Konvention einzutreten, die die Fähigkeit des einzelnen zu Vergltungsmaßnahmen geschwächt habe. Die britische Re­gierung sei nicht gerade bereit, jedem Lande, das in Schwie­

rigkeiten gerate, zu Silfe zu eilen, wahl aber mit anderen

über die Schritte zu beraten, die gegen ein Land zu unter: nehmen seien, das die Konvention verlegte und dadurch das ganze System der Rüstungsbegrenzung gefährde.

Daily Telegraph  " sagt u. a., ein Zusammenbruch der Ab­daß dann sofort eine Revision der britischen Wehrmaßnahmen rüstungskonferenz werde die britische Sicherheit so gefährden, nötig werde. Ob die Abrüstungspolitik völlig scheitern werde, tönne erst gesagt werden, wenn alle Antworten auf die bri­tische Denkschrift eingegangen seien, es sei aber bezeichnend, daß Baldwin schon bereit sei, an eine begrenzte Konvention bezüglich der Luftstreitkräfte zu denken. Was die Sicherheits­frage angehe, so sei Frankreich   weder vom Locarno   noch vom Kellogg  - Baft befriedigt, weil diefer eine so begrenzt in der Reichweite und der andere zu unbestimmt gehalten sei. In diefm Punkt aber gebe es feine Hoffnung auf eine Aende­runo der britischen Politik.

16 Fortsetzung fiehe 2. Seite.

nicht vergessen, und er sei überzeugt, daß der Ton der erwähnten Rede im Urteil des englischen Volkes viel mehr der zweiten Gattung als der ersten angehöre.( Beifall.)"

Es ist etwas ungeheuer Demütigendes für eine Nation, wenn eine fremde Großmacht sich derart in ihre inneren Verhältnisse einmischt. Seien wir überzeugt: Herr Eden hätte ähnliches gesprochen, auch wenn Göring   geschwiegen, hätte. Trotzdem was waren das für Worte, mit denen Göring   dem Engländer das Spiel so leicht gemacht hat? Er sprach sie am letzten Sonntag in Potsdam  :

Wenn die Welt so häufig höhnisch über den Geist von Potsdam   sich ausgelassen hat, und wenn die Außenwelt, so häufig den Kommißstiefel von Potsdam   erwähnte, wenn die Welt so häufig sich lächerlich machte über den Schritt Pots­ damer   Grenadiere, dann möge sie nicht vergessen, daß es gerade dieses feste soldatische Element war, das einer ganzen Welt trogen konnte. Seien wir stolz darauf, wenn wir von außen verlacht werden als eine Nation von Kommißstiefeln."

Den Engländer interessiert an diesen Sären das Außen­politische. Er hörte heraus: wir rüsten auf, und die Welt kann uns... Die öffentliche Meinung Englands ist noch immer geneigt, in Göring   den bösen Geist zu sehen, der Hitlers   besonnene Außenpolitik durchkreuzt. Wer die Würdelosigkeit kennt, zu der die Intriganten des Braunen Hauses sich bei ihren persönlichen Zwisten zu erniedrigen vermögen, der könnte sich vorstellen, daß Eden dem ,, Führer" sogar eine Hilfe in seinem Kampf gegen Göring  leisten wollte.

Doch mag dies auf sich beruhen. Jedenfalls sind in vier­zehn Jahren ,, marxistischer Mißwirtschaft" dem deutschen  Volk Demütigungen wie die Rede Edens erspart geblieben. Das war erst fällig, nachdem Hitler   mit kraftvoller Hand das Steuer des Reiches ergriffen und Deutschlands   altes An­sehen in der Welt hergestellt hatte.

Die englische Ohrfeige trifft Göring  , doch dem deutschen  Volk schmerzt die Wange. Der preußische Ministerpräsident hat und das ist das für die Welt Unbegreifliche den Stolz auf den Kommißstiefel gepriesen. Nun ist es noch ver­hältnismäßig leicht, auf einen Stiefel stolz zu sein, den man anhat. Leider ist ein Teil unseres Volkes sogar auf den Stiefel stolz, der es tritt. Argus.

Görings Blutrausch

Die tägliche Hinrichtung

DNB. Berlin  , 15. März. Der Amtliche Preustische Preise­dienst teilt mit: Heute morgen ist in Stade   der Mörder der 64jährigen Witwe Völke in Harburg- Wilhelmsburg, Walter Schulze, der durch das Schwurgericht in Stade   am 15. August 1933 zum Tode verurteilt worden war, hingerichtet worden. Der preußische Ministerpräsident hat von dem Begnadigungs­recht keinen Gebrauch gemacht, weil der Verurteilte, den seine zwölf zum Teil erheblichen Vorstrafen als Gewohn­heitsverbrecher fennzeichnen, bedenkenlos ein Menschenleben vernichtete, um Geld zu erlangen.