blow he abunfort

Fretheil

Denffare

Nummer 672. Jahrgang

Aus dem Inhalt

M

Bodelschwingh und niemöller

Seite 2

Machtkampf um Spanien

Seite 3

Truppen und Abstimmungs­

gerichte an der Saar ?

Seite 3

Neue revolutionäce Partei?

Seite 7

Chefredakteur: M. Braun

Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands

Hitlers

Saarbrücken, Mittwoch, 21. März 1934

Polacken" Gestern und heute

Die größte Schmach des deutschen Nazimannes

Am Samstag hat in Berlin in einer Vollfigung der Akademie für deutsches Recht in Gegenwart des Reichsjustizministers Dr. Gürtner und des Reichs: justizkommissars Dr. Frank der Warschauer Uni: versitätsprofessor Dr. Zygmunt Cybichowiki über den neuen polnischen Verfassungsentwurf ge: sprochen. Der polnische Redner wurde hochgeehrt. Professor Cybichowski schloß seinen Vortrag mit einem Heil" auf Adolf Hitler und Mar: ich all Pilsudski, Reichsjustizkommissar Dr. Frank dankte in warmen Worten, in denen er auch dem Willen zum Frieden und zur Freundschaft mit Polen Ausdruck gab.

Dazu wird uns von besonderer Seite aus Berlin ge schrieben:

Der Freundschaftsbund Deutschland- Polen läßt immer neue Blüten sprießen. Ganz gerührt meldete jüngst der Göbbelssche Rundfunk: Ein deutscher Flieger habe sich bei Nebel über die polnische Grenze verflogen, und zum erstenmal seit Kriegsende kein polnischer Protest, kein diplomatischer Schritt! Beflissene Schreiberlinge Hitlers stellen bereits fest, daß der deutsche Bolenhaß nur eine tendenziöse Tatsachenverdrehung" sei.

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Bor Tische las mans anders. Noch im Sommer 1932 hat fich im preußischen Landtag eine Szene abgespielt, die gerade jetzt der Vergangenheit entrissen zu werden ver­dient:

Die 162 Nazis dieses Landtags hatten mit Hilfe des Zentrums das Präsidium besetzt, und ihr Präsident Kerr I leistete sich die tollfte Willkür gegen die Linke. Als der Staatsparteiler Nuschke daran erinnerte, daß der Präsident auch die Rechte der Minderheit im Parla ment zu wahren habe, stürmte- blaurot vor Wut der

Leiter der Nazifraktion Rube auf die Tribüne und don­nerte folgendes: Die Linke solle nicht von Rechten der Minderheit reden. Als die Nazis nur sechs Mann im Landtag gewesen seien, habe der verstorbene Präsident Bartels sie in fürchterlicher Weise beleidigt und ernied­rigt. Alles wartete gespannt auf nähere Aufklärung, rigt. Alles wartete gespannt auf nähere Aufklärung, denn jeder wußte von dem nobeln und stets konzilianten denn jeder wußte von dem nobeln und stets konzilianten Präsidenten Bartels das genaue Gegenteil. Und so kam es heraus:

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so brüllte Kube Der Präsident Bartels habe die sechs Nationalsozialisten zwingen wollen, im Landtags: restaurant mit zwei Poladen- Aube sagte Po= Iaden", nicht Polen "- an einem Tisch zu Speisen. Dies sei für einen deutschen Mann eine ungeheuerliche, durch nichts zu überbies tende Schmach. Und der Abgeordnete Nuschke könne ficher sein: so streng die Nationalsozialisten auch gegen die Opposition vorgehen würden, diese Schmach, mit Po= laden an einem Tisch essen zu müssen, würden sie selbst dem Abgeordneten Nuschte nicht antun! So kann man es heute noch in den amtlichen Sigungsprotokollen des Landtages von 1932 nachlesen. Zur fachlichen Aufklärung bemerken wir, daß für die Fraktionslosen seit undenklichen Zeiten im Landtags­restaurant ein gemeinsamer Tisch bestand, an dem, durch den Zufall des Wahlergebnisses, im Jahre 1928 die sechs Nationalsozialisten und zwei Vertreter der polnischen Minderheit, und zwar zwei katholische Geist­liche, ihre Plätze hatten. Das war Rubes größte Schmach". Und Kube ist heute Oberpräsident der östlichen Nachbarprovinz Polens , der Provinz Brandenburg . Als treuer Hitler - Gefolgsmann ist Kube jetzt der wärmste Freund der Polen . Gar nicht auszudenken, wie warm!

Arbeitsfront " unterwirit sich

Telegramm Leys an Reichsminister Schmitt

München, 19. März. Der Führer der deutschen Arbeitsfront ", Dr. Robert Ley , hat an den Reichswirt­schaftsminister Dr. Schmitt folgendes Telegramm gesandt:

" Von einer vierzehntägigen Studienreise ins Ausland nach München zurückgekehrt, lese ich das Gesetz über die Wirtschaftsführung und Ihr Interview im " Deutschen ". Ich beglückwünsche Sie herzlichst zu der klaren Formulierung jener Gedanken, über die ich mich mit Ihnen bereits vor Wochen eingehend unterhalten durfte. Dieses Gefeß ist nationalsozialistisch und bildet die unbe­dingt notwendige Ergänzung zu dem Gesez zur Ordnung der nationalen Arbeit und zur Arbeitsfront.

Sie, verehrter Herr Reichsminister, sprechen es im Deutschen " richtig und klar aus, daß durch dieses Gesez die Führung für die rein sachlichen Aufgaben der Wirtschaft geschaffen wurde, während die Arbeitsfront die Menschen der Wirtschaft führen und erziehen soll und daß beides überschattet und durchpulst wird von dem Gedanken der Ehre, wie er im Gegensatz zur Ordnung der nationalen Arbeit festgelegt wurde. Sie sagen: Hier find keine Gegenfäße, sondern hier gibt es nur eine große gemeinsame Aufgabe bei klarer Gliederung der zugewie­fenen Sonderaufgaben. Ich bin sicher, daß es einer der ersten Schritte des Führers der deutschen Wirtschaft sein wird und weiß mich dabei eins sowohl mit dem Führer Pg. Keßler als dessen Stellvertreter Pg. Graf von der Golz", die Verbindung zwischen Arbeits­front und Wirtschaftsführung in diesem Sinne herzustellen."

Jawohl, hier find keine Gegenfäße, sondern Arbeitsfront und das Gesetz zur Vorbereitung des organischen Aufbaues der deutschen Wirtschaft und zur Ordnung der nationalen Arbeit bilden ein Ganzes, wobei eines ohne das andere

finnlos wäre. Gemeinschaft, Führung und Ehre; das ist der ständische Aufbau, nicht vom grünen Tisch aus fonstruiert, sondern in einem Jahre zäher Arbeit von unten heraus organisch gewachsen. Hiermit ist das libera­listische Zeitalter und der marristische Klassenkampf end­gültig überwunden. Deutschland hat als erstes und einziges Land der Welt die völkerzerießenden Ideen der franzöfifchen Revolution von 1789 ausgerottet. Ich schätze mich glücklich, daß ich im Verein mit Ihnen, sehr geehrter Herr Reichs­

minister Seldte an diesem großen gewaltigen Werk habe mitarbeiten können.

In echter nationalsozialistischer Kameradschaft grüße ich Sie mit Heil Hitler". Ihr Dr. Robert Ley , Führer der Deutschen Arbeitsfront ."

Das Telegramm ist klar: Nieder mit den Menschen rechten! Nieder mit den Arbeiterrechten! Nieder mit den völkerzersetzenden Jdeen, die im Arbeitsvolk den Glauben weckten, daß es zur vollen Gleichberechtigung berufen sei.

" Deutschland hat als erstes und einziges Land die Jdeen der französischen Revolution ausgerottet." In der Tat: der französischen Revolution ausgerottet." In der Tat: Der italienische Faschismus gewährte in seinen Korpora­tionen den politisch entrechteten Arbeitermassen noch ein tionen den politisch entrechteten Arbeitermassen noch ein geringes Maß von wirtschaftlichem und sozialem Einfluß. Der deutsche Nationalsozialismus unterstellt die Arbeiter und Angestellten, im Grunde auch den kleinen Mittelstand und Angestellten, im Grunde auch den kleinen Mittelstand und die Bauern, dem Diktat des Großkapitalisten, als deren Exponenten Schmitt, Keßler und von der Goltz erscheinen.

Das Telegramm Lens zeigt die Arbeitsteilung auf: Die kapitalistischen Führer beherrschen die Wirt schaft und Len darf die Menschen anpredigen, um ihnen zu erzählen, die kapitalistische Diktatur sei deutscher Sozialismus.

Den einen die Macht und den anderen Phrasen von Ehre-.

Die deutschen Arbeiter hatten längst von Ley und Schmitt ihre Ehre. Die haben sie nicht eingebüßt, auch wenn sie die Freiheit verloren. Aus dem Ehr- und Frei heitsgefühl der Massen wird immer wieder der Wille zur Macht über Staat und Wirtschaft emporwachsen.

Unruhe in den Betrieben Um die ,, Vertrauensrätte❝

Berlin, 20. März. Nach dem Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit hat der Treuhänder der Arbeit die Bil­dung der Vertrauensräte zu überwachen und in Streitfällen zu entscheiden. Da zu erwarten steht, daß die Treuhänder der Arbeit bei der erstmaligen Bildung der wirtschaftsminister Dr. Schmitt, und mit Reichsarbeits. Vertrauensräte in besonderem Maße in An

Sind die verschiedenen Sorten von Faschismen unter­einander Freunde oder Feinde?

Freunde natürlich, sagen viele. Sie wollen doch alle das­selbe. Aber das ist eine oberflächliche Psychologie. Zwei Hunde, die denselben Knochen wollen, sind bestimmt keine Freunde; wenigstens solange der Knochen noch da ist. Ist er erst gepackt, auseinandergebrochen, zermalmt und ge­fressen dann freilich ist wieder freundschaftliches Schnüffeln. Und die alte falsche Gutherzigkeit: wir sind doch alle gute Hunde und wollen dasselbe.

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Wer in diesem Gleichnis die Hunde sind, ist klar. Aber wer ist der Knochen?

Jedenfalls ist es falsch, sich die Faschisten als gemütliche Kompagnons vorzustellen, die auf ihres Daches Zinnen nach dem Frühstück sich eins erzählen, wie jener Glückliche von Samos und Aegyptens König. Sie sind keine Kompagnons, sondern weit eher Konkurrenten, die ihren Laden an gegen­überliegenden Straßenecken haben. Und jeder sagt natürlich: mein Laden ist der beste.

Ja, sie sagen, nicht nur mein Laden, sondern auch meine Ecke ist die beste. Obwohl keiner für seine Ecke etwas kann, preist Mussolini die Vortrefflichkeit der lateinischen Rasse mit verbissener Wut, seitdem Hitler so gelassen die Ueber­legenheit der nordischen verkündet.

Erst in seiner letzten Rede hat der italienische Diktator wieder gesagt, Italien werde dereinst die Vorherrschaft in der Welt haben. Wir wissen selbstverständlich, daß das ganz unmöglich ist, denn die Vorherrschaft in der Welt kommt nur der germanisch- angelsächsischen Rasse zu. Wir haben Mein Kampf " gelesen. Aber Mussolini hat vielleicht Mein Kampf " gleichfalls gelesen, und seitdem mag sein Respekt vor der nordischen Rasse geringer sein.

Er scheint bei dem Autor dieses Standardwerks jedenfalls an einen im ganzen gutartigen Verlauf zu glauben. Denn er hat in der gleichen Rede gesagt, Hitler müsse Waffen haben. Obwohl Hitler morgen am Brenner stehen kann. Aber es

scheint, daß der Befreier aller unterdrückten Deutschen soeben die Brüder in Oesterreich genau so geopfert hat, wie die im Polnischen Korridor und in Oberschlesien . Der

Knochen ist auf einmal weg; zum mindesten kann man in

den Spalten der deutschen Presse nichts mehr von ihm ent­

decken. Dort wird über das Thema Oesterreich mit allem Aufwand an journalistischer Begabung geschwiegen. De­peschen aus Rom werden gebracht das ist alles.

Es besteht in der Tat zwischen den Faschismen immer wieder eine Neigung, sich zu verständigen, sobald es gegen dritte, nicht faschistische Länder geht. Aber setzen wir einmal den Fall, auch Frankreich und England würden faschistisch was dann? Gegen wen soll sich dann die Freundschaft aller Faschismen richten. Das heißt: wem soll sie schaden? Denn daß sie das soll, ist doch klar.

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von

Es würde zunächst wieder zu einem Bündnis aller Herrscher gegen ihre geliebten Völker kommen. Wir kennen das von früher. Im 19. Jahrhundert wurde Europa jahr­zehntelang beherrscht der berüchtigten ,, heiligen Allianz", einem Bündnis aller reaktionären Regierungen gegen die Demokratie. Das System zerbrach, als auch in Frankreich eine Regierung enstand, die mit dem modernen Faschismus gewisse Aehnlichkeiten hat, nämlich das Kaiser­reich Napoleons III. Da gab es auf einmal zuviel Kaiser in Europa ; sie bekamen Krieg auf Krieg untereinander, und der Cäsar Napoleon wurde zum Helfer bei der Geburt der italienischen Demokratie.

Daß die faschistischen Länder einfach aus Weltanschauung zueinander gehören, ist eine Illusion. Wer am längsten an Argus. sie glaubt, verliert das Spiel.

spruch genommen werden, hat der Reichsarbeits­minister im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern und den obersten Landesebhörden leitende kommunalbeamte der unteren Instanz, in der Regel andräte und Bürgermeister, als Beauftragte im Sinne des§ 21 des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit für die Zeit bis zum 31. Mai 1934 bestellt. Die Be­auftragten haben also die Aufgabe, in Vertretung des Treu­händers der Arbeit in allen Streitigkeiten zu entscheiden, die die Bildung der Vertrauensräte betreffen. Das Nähere wird von den einzelnen Treuhändern der Arbeit für ihre Bezirke bekanntgegeben werden.

Das Erbgesundheitsgericht an der Arbeit

Das Erbgesundheitsgericht Hildesheim frat zu seiner ersten Sizung zusammen. Insgesamt standen zehn Fälle zur Verhandlung. In fünf Fällen sollte gegen männliche und in fünf Fällen gegen weibliche Personen auf Unfruchtbarmachung erkannt werden. In sieben Fällen lag angeborener Schwachsinn, in zwei Fällen Schizophrenie und in einem Falle Epilepsie vor. Das Gericht erkannte in sieben Fällen antragsgemäß auf Unfruchtbarmachung, die drei anderen Fälle wurden zur weiteren Aufklärung vertagt