Pariser Straßenkalender
Die Pariser Blätter veröffentlichten im Sportteil lange Berichte über den Rugby- Sieg der französischen Mannschaft in Hannover . Sie bezeichnen Hannover als die Hauptstadt des deutschen Rugby, wie Toulouse die des französischen ist. Ueber den Parademarsch der Nazis zeigen sich die Blätter leicht belustigt.
Les Gens de Lettres, die berühmte französische Schriftstellerorganisation, hielt ihren Kongreß ab. Dieser zeichnete sich aus durch das Auftreten von M. Bourdon vom Syndikat der Journalisten, der mitteilte, daß ein Autor, der nicht dem Gens de Lettres angehört, bloß 4 bis 10 Franken für Nachdruck eines Artikels vor Gericht erhalte, ein Mitglied aber 500 bis 1000 Franken. Eine Resolution Bourdons wurde angenommen. In den Vorstand wurden u. a. Duhamel und Jules Romains gewählt.
Clément Vautel schreibt im rechtsstehenden Journal" eine erbitterte Glosse darüber, daß in einem Ordnungsblatt jemand ein Inserat aufgab:„ Arzt sucht Telefon- Sekretärin, die im Haushalt helfen kann. Au pair ." Er bezeichnet dies als weißen Sklavenhandel. So reagiert eben das bürgerliche Paris auf derlei Dinge!
Der vom Hitler- Verlag Eher gegen den Verlag ,, Nouvelles Editions Latines" in Paris wegen unberechtigter Ausgabe von Mein Kampf " angestrengte Prozeß wurde auf den 4. Juni vertagt. Der Verlag Eher verlangt unter anderm die Vernichtung des Satzes und 1000 Franken Schadenersatz für jeden aus der Druckpresse hervorgegangenen Band. Unseres Erachtens sollte man sich in Frankreich zu gleich auch um das Recht der Gleichberechtigung, angesichts der Verletzung von Urheberrechten französischer Autoren in Deutschland , kümmern.
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kam. Aber das Gefängnis grollte, weil es diese Beschäfti- BRIEFKASTEN
gung als eine Vergünstigung ansah. Sie kam in die Werkstatt Nummer 1 und traf dort Violette Nozières. In der Pause lernte sie auch Germaine Huot kennen, die Heldin des neuen Mordprozesses, die den Prefekten Causeret erschossen hat.
Morgens erwartet sie mit Ungeduld den Besuch des Verteidiger de Moro Giafferri. Sie interessiert sich für den Verlauf der„, Affäre", aber über ihren Mann spricht sie nie. Der Junge, Claude, hat einen Katarrh gehabt und soll aufs Land, das Mädel, Micheline, besucht manchmal den ,, Doktor", der ihre ,, kranke Mutter" behandelt, den Ver. teidiger de Moro- Giafferri. Sie trägt ihm auf, daß er der
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Ein Gedenktag.
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den Hitler nicht erwähnt
diesen
Am 29. März 1918, in der großen Zeit", wurde die Pariser Kirche Saint- Gervais das Opfer eines Bomhardements, dem mehr als hundert Tote zum Opfer fielen. Am Karfreitag werden zur Erinnerung an schrecklichen Tag um 5 Uhr abends die Sänger des Chors unter der Leitung von Paul Le Flem u. a. den ,, Crucifixus" von Loti und Motetten singen. Allen Angehörigen der Pa riser Hitlerkolonie ist die Teilnahme an diesem Gottesdienst zu empfehlen, zur Erinnerung an das Wort: ,, Den Tag haben wir ersehnt."
Madame Stavisky im Kittchen
Die Gefangene beschäftigt sich mit ihrer Zukunft, mit der Stellung, die sie in einem Modehaus einnehmen will, wenn sie wieder herauskommt. Angeblich hat ihr Mann ihr nur 40 000 Franken gelassen, und davon ist durch den Zugriff der Gläubiger nicht viel geblieben, dann hat sie die Beerdigung in Chamonix bezahlt, und allein die Ueberführung des Körpers nach Paris hat 3000 Franken gekostet. Vielleicht müssen die Verteidiger den Antrag stellen, wie es heißt, die beiden Kinder der Wohlfahrt anzuvertrauen. Und inzwischen findet man in London die Brillanten des Vaters.
Die Uraufführung des Oedipus- Stückes ,, La machine infernale" von Jean Cocteau , das mit großer Spannung erwartet wird, ist auf den 10. April verlegt worden. Die Premiere ist in der Comédie des Champs Elysées .
In den Ambassadeurs wird am 29. März die ,, Bete noire" im Abendspielplan aufgeführt, die viel von sich reden machte, weil sie nach der öffentlichen Generalprobe unter der Regie Franz von Mendelssohns abgesetzt wurde.
Der seit langem erwartete Film ,, Ces Messieurs de la Santé läuft jetzt im Marivaux . Die Handlung ist bekanntlich eine Bankschieber- Komödie, die durch die ,, Affäre" ihre besondere aktuelle Note und durch die überragende Darstellung des Schauspielers Raimu ihren künstlerischen Wert erhält.
Richard Strauß hält sich an der Cote d'Azur auf und komponiert eine Oper ,, La Femme silencieuse " nach dem Drama des alten Engländers Ben Johnson , dessen Volpone" vor einigen Jahren in Berlin ein großer Erfolg war.
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In der Oper fand die erste Aufführung der„ Princesse lointaine" von Witkowski statt.
Pro Musica"
In Paris haben sich eine Reihe schaffender und ausübender Musiker zusammengeschlossen, die allen denen, die von keiner der nationalen Sektionen der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik Vertretung und Förderung erwarten können, ein neues Forum schaffen wollen. Die neue Gruppe soll alle in der Fremde lebenden Musiker umfassen. Die konstituierende Versammlung am vorigen Sonntag hat zunächst einen Arbeitsausschuß mit der Sammlung aller Weinschlägigen Adressen und der Vorbereitung eines Konzertes möglichst noch in dieser Saison beauftragt. Die vorläufige Adresse der neuen Musikergruppe ist: Pro Musica, 73, Bd. St. Michel, Paris Ve.
Die Beschäftigung von Madame Arlette im Gefängnis Petite Roquette ist die große Sensation der Pariser Presse. Osterkonzerte Die schöne Frau hat zwar auch schon 1926,, gesessen", aber damals wurde sie gerade Mutter. Damals ,, saß sie in der Gefängnis- Klinik.
Madame Arlette wurde, wie der Mitwelt verraten wird, durchsucht, und ihr Hut wurde von einer Mitgefangenen ehrfurchtsvoll in Papier eingewickelt. Dann erhielt sie eine Zelle mit drei Betten. Die wurde, um jeden Selbstmordversuch auszuschließen, der Vorschrift der zum Tode Verurteilten unterworfen, das heißt, das elektrische Licht über ihrem Bette brannte immer, damit sie von der Schwester durch das Guckloch stets beobachtet werden konnte.
Arlette, so heißt es, schlief die erste Nacht nicht eine Minute, aß auch nicht. Die Mitgefangenen, die schon ihren Einzug mit fieberhafter Spannung erwartet hatten, waren wütend, weil die„ Neue" zum Waschen in ihrer eleganten Kleidung erschien. Die Witwe des ,, escroe" mußte sich dann in dem Waschraum waschen, wobei sie ihre noch von Henna geröteten Nägel eintauchte. Eine Mitgefangene warf sich auf sie und wollte ihr in die Haare fahren, was natürlich große Aufregung hervorrief.
Madame Stavisky wurde dann der Wäscherei- Abteilung überwiesen und schnitt Tuche zurecht, wobei ihr ihre frühere Beschäftigung als erste Hand" in der Konfektion zugute
Am Gründonnerstag und Karfreitag finden nachmittags 17.30 in der Chapelle des Invalides" zwei geistliche Konzerte statt, in denen u. a. Werke von Bach Händel, Haydn und Schubert zur Aufführung kommen. Am Karfreitag gibt es außerdem folgende Konzerte: 17 Uhr: Eglise St. Gervais. Geistliches Konzert( Werke von Palestrina , Victoria, Chambonniers, Weelkes, Gibbons, Byrd, Guilain, Raison).
20.45 Uhr: Théatre du Chatelet . Concerts Colonne ( WagnerAbend unter Leitung von Paul Paray , mit G. Hoerner und M. Forti als Solisten).
21 Uhr: Salle Pleyel, 252 Fbg. St. Honoré. Don Kosaken Chor ( S. Jaroff ).
21 Uhr: Salle Gaveau, 45, rue La Boetie. Letztes Lamoureux- Konzert in dieser Saison:
,, Les Béatitudes " Geistliches Oratorium von C. Franck ( Leitung: E. Lévy). Am Karsamstag findet nachmittags um 17 Uhr im Théatre du Chatelet das letzte Zykluskonzert des Orchestre Colonne unter Leitung Paul Parays statt. Zur Aufführung gelangen Werke von Franck . Montrichard, Duparc, Pierne, Chabrier . Karfreitag, Karsamstag und Ostersonntag werden außerdem in fast allen Pariser Kirchen ( Asus) geistliche Konzerte gegeben. ( A
Egon, Kopenhagen . Herzlichen Dank für Ihre Anekdote. Sie ist gut, zumal sie den Vorzug hat, wirklich wahr zu sein. Also: In einer norddeutschen Großstadt erfreut sich der Komiker des Stadttheaters der größten Beliebtheit. Jeder kennt und liebt ihn. Schon durch die Art des überhafteten Sprechens reizt er zum Lachen. Es versteht sich von selbst, daß er sofort nach dem Siege der nationalen Revolu tion" eines der dicksten Hakenkreuze am Rockaufschlag trug. Von früher war er jedoch noch mit einigen Beziehungen zu bekannten Sozialdemokraten belastet. Eines Tages trifft er die Frau eines dieser Untermenschen" auf der Straße. Er geht auf sie zu, drückt ihr die Hand, macht traurige Kulleraugen und sagt, auf sein Hakenfreuz weisend: Ja, meine Liebe! Schlimme Zeiten, schlimme Zeiten!" H. L. in Marseille . Sie schreiben uns: Jch möchte übrigens nicht versäumen, Ihnen zu sagen, daß es mir jedesmal die größte Freude macht, die„ Deutsche Freiheit" zu lesen. Meine deutschen Freunde hier stimmen mit mir überein." Wir danken Ihnen und anderen für die Anerkennung und werden uns bemühen, ihr mehr und mehr gerecht zu werden.
,, Unzufriedener Leser Paris ". Also diese sehr unpolitischen und harmlosen Anekdoten haben auch in einer gleichgeschalteten Zeitung gestanden? Durchaus möglich. Deshalb werden sie nicht schlechter, und wir bereuen nicht, fie auch gebracht zu haben. Für Ihre Aufmerksamkeit danken wir Ihnen. Wenn Sie nie mehr Grund zur Unzufriedenheit mit uns finden, sind wir sehr zufrieden.
Arzt aus Berlin . Sie schicken uns die Nummer 11 des Deutschen Aerzteblattes" vom 17. März und streichen folgende Notiz an:„ Die Saarregierung hat an Stelle der deutschen Beamten zahlreiche aus Deutschland geflohene Verbrecher( Emigranten!), und zwar hauptsächlich in die saarländische Polizei, eingestellt, die nunmehr ihrem Haß gegen die reichstreue Saarbevölkerung freien Lauf lasfen können. Der Genfer Saarausschuß wird, wenn er sich die Mühe machen sollte, feststellen können, daß die Regierungskommission absichtlich rachedürftige Gegner des neuen Deutschlands und gebrandmarkte Landesverräter mit„ Spezialaufgaben" betraut hat." sehen, wie trefflich die deutschen Aerzte politisch informiert werden. Emigranten und gemeine Verbrecher- da gibt es teine Qualitätsunterschiede mehr.
Sie
" Deutsche Freiheit" drüben! Einem Privatbrief entnehmen wir: ,, Bestätige dankend den Empfang und habe mich sehr darüber gefreut. Den Inhalt der Zeitung habe ich mir zu Gemüte geführt und werde noch lange davon zehren und zehren lanen. So etwas empfindet man wie einen lang entbehrten Lichtstrahl nach endloser Dunkelheit."
" Trene Tante". In Ihrem Briefe lesen wir:„ Ich kann mir vorstellen wie Ihr Saarländer nach Erlösung lechzt. Das geliebte Vaterland erwartet Euch und wird alle an seine väterliche Brust drücken. Denn es wird allen wieder gut gehen; wie es uns geht. Der Arbeiterschaft geht es bei uns jetzt schon sehr gut. Jeder opfert so gerne und gibt mit vollen Händen. Ich möchte desgleichen tun, aber meine Unterstützung reicht leider nur zum nadten Leben. RM. 14,70 für drei Personen die Woche, bei 25 RM. Monatsmiete. Wenn ich mal an der Reihe bin, kostenlos in die Alpen fahren zu können, wird mein Körper auch besser sich der Umhüllung anschließen. In der Alpenluft werden die bleichen Wangen auch wieder rot werden. Ja man tut vieles für uns arme Menschen. Ich las vor Wochen in der Stadt Essen ein Transparent:" Der ärmste Volksgenosse soll Ehrengast der Nation sein." Aber nur Geduld, bald wird auch für Euch die Stunde der Erlösung schlagen. Bis dahin sind wir schon im Himmel."
Anonymer„ Schweizer " Forscher. Sie schreiben uns eine Karte folgendes Inhalts:„ Als Schweizer erlaube ich mir Ihnen gegenüber die Meinung zu sagen, daß Sie der größte Lügner sind, den ich je gesehen habe. Nicht ein einziges Wort beruht auf Wahrheit in Ihrer Schwindelzeitung. Um mich zu überzeugen, ob Sie die Wahrheit servieren, bin ich persönlich in Deutschland gewesen und muß konstatieren, daß die Bevölkerung besser lebt als vorher, allerdings sind die Volksschwindler verschwunden sowie die Juden, die ja nur auf die Dummheiten der anderen Mitmenschen gelebt haben. Ich hoffe es wird in der Schweiz auch dazu kommen, daß diefer Abschaum der Menschheit verduftet. Im weitern möchte ich Sie gerne treffen in der Schweiz , persönlich würde ich Sie beohrfeigen, Sie gemeiner Schuft. Ein neutraler Schweizer der die Sache ehrlich haben möchte." Ihre Forschungen" im dritten Reiche" übertreffen an Optimismus noch weit die Reden der Hitler und Göbbels . Leider sind Ihre Angaben doch etwas zu allgemein. Wir laden Sie ein, vor unserem weitverbreiteten Beserkreise die Unterlagen für Ihre grandiosen ökonomischen Entdeckungen zu erbringen. Bitte, nehmen Sie das Wort!
Bartlett, London : Sie schreiben uns:„ Als regelmäßiger Bezieher der Deutschen Freiheit" drängt es mich, Ihnen ein Erlebnis zu berichten. Vor kurzem war ich in einem großen Kino in der Londoner City. Der Zuschauerraum war überfüllt. Es kam die Wochenschau, mit einem großen SA.- Aufmarsch und unendlich vielen Fahnen. Alles fab sich das Publikum ohne die geringste Demonstration an. Da erschien plöglich Hitler am Rednerpult. Auch jetzt noch kein Laut im Raum. Da begann Hitler zu sprechen, mit seiner drohenden, bellenden, sich überschlagenden Stimme. Plößlich: Gelächter aus einer Ece! Es war das Signal zu einem sich reihenweise sich fortsetzenden, nicht endenden Lachen, vor dem die Stimme des Redners nahezu unterging. Man lachte immer noch, als schon das nächste Bild gezeigt wurde. Es war eine solch wirksame Ablehnung, ein solcher Hohn in diesem Gelächter, daß darin unendlich viel mehr lag, als in einem lauten Protest. Ich habe in diesen Augenblicken mehr als je zuvor vom Wesen des Engländers begriffen. Er kann die tönenden und schreienden Worte aufgeplusterter Heldenhaftigkeit nicht ertragen und reagiert durch Jronie."
Für den Gesamtinbalt verantwortlich: Johann Biz in Dude weiler; für Inferate: Otto Kuhn in Saarbrüden Rotationsdrud und Verlag: Verlag der Volksstimme GmbH., Saarbrüden&, Schüßenstraße: 5.- Schließfach 776 Saarbrüden.