Deutsche Stimmen Bellage zur Deutschen Freifieit" Ereignisse und Geschichten
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Dienstag, den 10. April 1934
Künstlersterben ,, im dritten Reich" Die atische Ziege
Von Curt Haas
Lange Zeit hörte man nichts davon, daß Künstler, die nicht gerade marxistisch abgestempelt und nach dem ersten Pogromsturm in Deutschland verblieben waren, unter den strengen nationalsozialistischen Rassengesetzen besonders zu leiden hatten. Nachdem die Herren des neuen Deutschland unter den prominenten Darstellern des Theaters, des Film und Kabarett, unter den Kapazitäten der bildenden Künste tüchtig aufgeräumt hatten und die freigewordenen Plätze nach dem Grundsatz Kennen geht vor Können" mit ihren treu ergebenen Anhängern besetzt hatten, beließen sie eine Reihe von nichtarischen Künstlern in ihren Stellungen. Hans Albers wurde trotz seiner erst im ,, dritten Reich" geschlossenen Ehe mit der Jüdin Hansi Burg weiterbeschäftigt, Albert Bassermann trotz seiner jüdischen Frau hingenommen. Wallburg begeisterte auch als Jude die Zuschauer, Grete Mosheim und Luzi Englisch, Freundinnen von Görings Liebe, Käthe Dorsch , konnten ungehindert in Berliner Theatern und im Film auftreten. Auch beim Kabarett duldete man zunächst einige Juden weiter, so den Chansonkomponisten Willy Rosen . Die Sängerin Irene Eisinger , die zuerst nach Prag emigriert war, ließ sich von da aus wieder nach Berlin rückengagieren und gedachte auch im dritten Reich" Triumphe zu feiern und fette Gagen einzuheimsen. Bis eines Tages die Bombe platte...!
Es handelt sich nicht darum, daß man dieses Platzen der Bombe den ,, charakterfesten" nichtarischen Künstlern nicht von Herzen gegönnt hätte. Im Gegenteil! Sie haben es redlich verdient, von den Theatern und den anderen Kulturstätten des neuen Deutschland verjagt zu werden. Aber hier gilt es, etwas anderes zu beweisen. Daß nämlich im herrlichen ,, dritten Reich" wieder einmal ein regelrechtes nationalsozialistisches Gesetz von einem SA.- Sturm einfach niedergetrampelt wurde, daß die Herren Führer in allem und jedem von
los, von denen nur ein Teil Unzum Höchst
satz von 10 Mark pro Woche erhält.
bis
Schlimmer noch steht es bei den Artisten, bei denen man 15 000 Arbeitslose zählt, die zum geringsten Teil nur Unterstützungen bis höchstens 8 Mark pro Woche beziehen. Ihre Gagen sind mit Ausnahme weniger ganz großer, meist ausländischer Nummern, noch geringer als die der Kollegen von der Sprach- oder Opernbühne. Während es verschiedene Prominente mit 20 000 Mark Monatsgage gibt, müssen sich die kleinen Nummern mit 200 bis 300 Mark zufrieden geben, wobei sie noch ihre Schminkartikel, ihre Garderoben, Kostüme( etwaige Reisespesen zur Hälfte) selbst zu decken haben.
Ueberall Arbeitslose
Und ebenso ergeht es den Angehörigen der bildenden Künste. Unter ihnen herrscht namenloses Elend. Die Zeichner und Maler, die wirklich hie und da noch Aufträge bekommen, sind an den 10 Fingern abzuzählen, die nichts zu tun haben und verzweifelt und arbeitslos herumlungern, sind Legionen. Wenn sich heute ein Künstler entschließt, die SA.- Uniform anzuziehen, so ist er zwar vor dem Hungertod gerettet, aber ein Auftrag, ein Engagement fürs Ausland kommt für ihn nicht mehr in Betracht. Seine Künstlerlaufbahn weist keine Chance mehr auf, er hat abgeschlossen.
So wächst im ,, dritten Reich" mit jedem Tag ein Künstlerproletariat heran, das seinesgleichen in keinem anderen Land der Welt hat. Dafür gibt es aber Fachschaften, eine Reichskulturkammer und einen Kulturbund, in denen es sich die bewährten Parteileute umso besser geher. lassen, je weniger sie können.
der Gunst ihrer Unterführer abhängig sind und daß man sich Becliner Theater Die Trostlosigkeit
unter der SA. gar nicht darum kümmert, was die Führer beschließen oder anordnen.
3000 jüdische Künstler
auf der Straße
Bekanntlich gibt es in Deutschland eine Reichskulturkammer. Ihr oberster Herr ist der Propagandaminister Dr. Göbbels , sein Adlatus in dieser Funktion der bekannte Schauspieler Werner Kraus. Dieser Reichskulturkammer unterstehen sämtliche Künstlerschaften. So heißen nämlich heutzutage die verschiedenen Künstlerverbände. Da gibt es die Schauspielerfachschaft, die Filmfachschaft, die. Variete- und Artistenfachschaft usf. Und die ehemaligen Künstlergenossenschaften, der Bühnenbund, die Artistenorganisation, der Verband der Operndarsteller, die ,, Dache", Organisation der Filmschaffenden usw. wurden in die Fachschaften aufgeteilt. Zwar wollte man ursprünglich bei diesen Fachschaften den Arierparagrafen einführen, mußte aber notgedrungen davon abstehen, weil viele dieser Organisationen wie z. B. die Artistenorganisation internationalen Verbänden angeschlossen waren und man deshalb mit Recht fürchten mußte, daß bei der Einführung des Arierparagrafen tausende im Ausland beschäftigte deutsche Künstler ihre Engagements verlieren und in die Heimat zurückkehren würden. Wohl oder übel nahm man deshalb von der Einführung des Arierparagrafen in die Künstlerfachschaften Abstand.
Die Verhältnisse liegen nun heute so, daß zwar in den Fachschaften 3000 Juden als Mitglieder sind, die ohne Weiteres engagiert werden können und dürfen, daß sie aber jetzt nach den neuerlichen Zwischenfällen mit Willy Rosen, Irene.
In einem Rückblick., Theatralische Übergangszeit" schreibt die Basler ,, National- Zeitung" unter anderem:
,, Das gegenwärtige Berliner Theater wie das deutsche Theater überhaupt, steht mitten im Zwielicht des Uebergangs. Die Leistungen können rein nur relativ gewertet werden. Das Alte ist verschwunden und das Neue noch nicht da. Volksnähe ,,, Volksverbundenheit" lautet die tausendfach wiederholte Parole. Aber Volksverbundenheit kann nicht erzwungen und aus dem Boden gestampft werden, Volksverbundenheit wächst, wächst aus sich heraus und ist langsam, sie braucht ein Wachstum von Jahren. Einstweilen wird die Volksnähe vielfach mit hanebüchenem Dilettantismus und Banausentum verwechselt. Viel politische Protektion macht sich breit, mindestens ebensoviel wie unter dem Marxistenregime. Schlimm sind die Zustände besonders in der Provinz, wo die kleinen Gernegroße viel ungenierter schalten und walten können als in Berlin . Viel mehr noch als in Berlin entscheiden im Theaterbetrieb der Provinz strammes Nazibekenntnis und Parteibuch, und das provinzielle Theaterpublikum kann lange murren, denn ein großer Teil der Zuschauer: Beamte, Angestellte, leicht zu kontrollierende Private, ist zum Theaterbesuch gezwungen: der Betrag für das Theaterabonnement wird in manchen Städten den Beamten vom Gehalt abgezogen."
Kube mit Kitsch
Von Georg Wilman
Ich bin eine arische Ziege! Jawohl! Wer hat da gelacht? Man sang mir schon an der Wiege Die Zukunft mit all ihrer Pracht!
Ich stehe voll Treu zu der Fahne, Dem Führer und seinem Programm. Ich gebe echt arische Sahne
da
Und stehe beim Melken noch stramm!
Ich lieb zwar nicht Schwatzen und Schmuse:, Doch trug ich vor Jahren bereits An meinem vorzieglichen Busen Ein silbernes Hakenkreuz.
Ich habe die Treue geschworen
Dem Führer! Ich weiß, was ich will! Ich bin zu Höh'rem geboren! Ich halte bei allem still!
Ich gehöre zur ältesten Garde. Stolz trag ich den braunen Rock! Und auf noch höherer Warte Steht mein Mann, ein SA.- Ziegenbock!
Jetzt hat man mich auserkoren, Das neue Geschlecht aufzubaun. Von mir werden Ziegen geboren, Auf die wird der Erdball schaun!
Ich bin eine Ziege! Das weiß ich! Doch bin ich noch lange nicht doof. Ich arbeite täglich und fleißig Im rassischen Hegehof.
Die Rasse echt teutsch zu erhalten,
Das ist mir die heiligste Pflicht! Der Führer soll schalten und walten, Bis mir einst der Euter bricht!
Dann trete ich an im Himmel
Und melde mit Heil" mich zur Stell. Bei Ziegenglockengebimmel
Tret an ich zum letzten Appell.
Ich melde mich dann bei Horst Wessel , Der die Himmels- SA. führt an. Ich bekomm eine goldenen Sessel, Ich hab' meine Pflicht stets getan!
Einstein amerikanischer Bürger?
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Das Kongreßmitglied Kenney aus New Jersey brachte in der Sitzung des Kongresses der Vereinigten Staaten eine Resolution ein, wonach Prof. Albert Einstein ,, bedingungslos der Charakter und die Privilegien eines Bürgers der Ver einigten Staaten verliehen" werden sollen. Kenney sagte, Prof. Einstein sei ein warmer Freund der Vereinigten Staa ten und ein Bewunderer der amerikanischen Verfassung. Das in Trenton zusammengetretene Parlament des Staates New Jersey nahm einstimmig eine Resolution an, in der Prof. Albert Einstein eingeladen wird, nach Trenton zu kommen, wo er vom Parlament offiziell begrüßt werden wird. Eine vom Parlament gewählte Kommission begab sich zu Einstein nach Princeton , um Einstein die Einladung zu überbringen.d
Eisinger, Grete Mosheim und schließlich dem Bergner- Film Oder: ,, Die Schwiegermutter im Schilderhaus
für ein Engagement in Deutschland nicht mehr in Frage kommen. Den kleinen Artisten ist das trotz ihrer Mitgliedschaft zur Fachschaft schon lange nicht möglich gewesen. Bekam wirklich einer einmal ein Engagement in der Provinz, so erschien an irgendeinem Abend ein SA.- Mann zur Kontrolle" und verhaftete den Künstler, der es gewagt hatte, sich engagieren zu lassen.
Daß diese Tausend kleinen Schauspieler und Artisten dem Hungertod preisgegeben sind, ist klar, denn eine Unterstützung zahlt nicht die Fachschaft, sondern der Kulturbund. Und bei ihm muß der Ariernachweis, der in der Fachschaft kein Hindernis bildet, erbracht werden.
Und die anderen?
Wenn man aber glaubt, daß es den arischen Künstlern erheblich besser geht, so irrt man. Jahrelang wetterte die Nazipresse gegen das Prominententum, gegen die RiesenStargagen, gegen die Rechte der Divas von Theater und Film. Und die Künstlerschaft hatte geglaubt, daß im ,, dritten Reich" endlich die Glocke geschlagen hat, in der ein Ausgleich zwischen den hochbezahlten Stars und den Hungerlöhnen der Chargen und Statisten stattfinden wird. Heute wissen sie, daß alles verlogene Propaganda gewesen ist. Nichts hat sich grändert. Doch, es ist noch schlimmer! Der Unterschied zwischen Stargagen und der Entlohnung der mittleren und weniger guten Künstler ist noch krasser geworden. Ein Werner Kraus bekommt nebst seiner Gage von 500 Mark pro Abend( für einen Film sind ihm 60 000 Mark geboten) noch den Gehalt des Vorsitzenden der Reichskulturkammer im Betrage von monatlich 1200 Mark plus 4000 Mark Repräsentationsspesen, eine Käthe Dorsch bezieht 20 000 Mark pro Monat plus 3000 Mark Toilettenzuschuß, ein Gustav Gründ gens als Staatstheaterintendant und Schauspieler 18 000 Mark ( pro Film 25 000 Mark), eine Renate Müller nebst freier Wohnung in der dem ehemaligen Polizeivizepräsidenten Dr. Weiß gestohlenen Villa in Dahlem 250 000 Mark Jahresgage, ein Viktor de Kowa 25 000 Mark pro Film, Liane Haid 25 000 Mark pro Film, eine Ida Wüst , deren Bruder Standartenführer ist, für Chargenrollen pro Film 800 Mark. Dagegen erhält der Durchschnittsschauspieler noch immer 300 Mark pro Monat, der Statist 160 Mark und der Filmkomparse 5 bis 8 Mark pro Tag. Dabei sind bei dem katastrophalen Geschäftsgang der Theater 4000 Schauspieler arbeits
Oberpräsident Kube, einer der primitivsten Nazibonzen, hat ein Drama verübt. Was Göbbels nicht kann, kann ich auch, hat er sich gesagt, und wenn er auch dümmer ist wie Isidor schlimmer kann sein Kitsch kaum sein. Die arme Berliner Volksbühne aber ist dazu verdammt, den Mist aufzuführen. Die Theater im Reich zittern schon
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wenn
sie hören, daß wiedermal ein brauner Häuptling den Pegasus geschändet hat. Unter den Bühnenleuten geht das Wort um: ,, Man soll den Führer nicht vor dem ersten Stück loben..." Um finanziell wieder auf die Beine zu kommen und da sie echtes wahrhaftes Leben, wirkliche Gegenwartsfragen ja doch nicht ernsthaft auf den Brettern behandeln dürfen, holen die Direktoren alte Ladenhüter von Schönthan, Kraatz und anderen verstaubten Schwankdichtern hervor, so daß auf dem Spielplan der blöd- heroische Kitsch mit dem blöd- harmlosen wechselt.
Wie im großen, so im kleinen, nämlich auf dem Lande, Wanderbühne und Vereinstheater herrschen. Dort macht mans den Städten nach: verlogener platter Heldenkohl neben plattestem Kalauer. Da kann sich selbst die Literarische Welt" nicht mehr beherrschen; in einem Aufsatz über Laien spiele fordert sie kritische Pflege des neuen Laienspiels" und zitiert einen Bericht über einen ,, Deutschen Abend" auf dem Lande. In diesem Bericht heißt es:
Das Programm umfaßte musikalische Darbietungen, Gedichtvorträge, zwei Theaterstücke: Schlageters Helden tod" und ,, Die Schwiegermutter im Schilderhaus", Volks tänze und Männerchöre. Eine zu Herzen gehende Ansprache hielt Oberwachtmeister Y.
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In vorsichtigen Betrachtungen man weiß nicht, welchen Oberbonzen man als Mittäter beleidigt nennt dann das Literaturblatt eine Serie Stücke, die sich auf Dilettantenbühnen tummeln: ,, Ein alter Soldat der braunen Armee" ,, Ein braver Hitlerjunge" ,, Das Irrlicht von Moskau" ,, Ger „ Ein forsches Hitlermädel" Heil dem Führer" manias Auferstehung".... Und so weiter im selben Stile. Schon die Titel offenbaren den immergleichen inferioren und byzantinischen Käse. Auch der naziotische Schluß ist immer gleich: stets fällt der Vorhang über einem vom Marxismus
Geheilten oder über bekehrten Familien und Dörfern. Die meisten dieser Schmarren haben, wie die L. W. bemerkt, Pg's zu Verfassern, die dies besonders auf dem Titelblatt ver
merken..." Und immer sei das Zeug nach einem einzigen Rezept verfertigt:
,, Man nehme das Horst- Wessel- Lied, das Deutschlandlied, den Gruß Heil Hitler , dazu dann die braune Uniform und einige Tendenzen von Aufbau und Neubau, gebe dem ganzen eine flache blasse Sprache und dann hat man ein Vaterländisches Spiel"."
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Von diesem Rezept lebt im ,, dritten Reich" die Geistigkeit": die großen wie die kleinen Dramenschmieranten, die nationalen Rundfunkreden, die Festbarden, das ganze Gesabbere des Erneuerertrosses. Die Schwiegermutter im Schilderhaus, ist dieser tierischen Humorlosigkeit und lebensunwahren Krampfigkeit immer noch durch so naive Kalauerei überlegen.
etwas wie B. Br.
Untermenschliche Atonalisierer
Das Nachspiel folgt
Aus einer Musik- Kritik des ,, Völkischen Beobachters ,, Die Welle der nationalsozialistischen Revolution hat den Juden Arnold Schönberg beseitigt, jenen Fanatiker der Atonalität, der einem unantastbaren Wort zufolge ärztliche Verwahrung oder wegen Betruges in eine dato geeignete Anstalt gehört... Nun aber ist die Zeit reif, un auch einmal diejenigen an den Pranger zu stellen, denen Schönberg überhaupt die Möglichkeit verdankt, seinen zersetzenden Einfluß geltend zu machen. Zu ihnen gehört auch die Pianistin Else C. Kraus ... Es liegt nicht in in meiner Absicht, dem musikalischen Irrsinn dieses Abends auch nur ein kritisches Wort zu widmen, es wäre eine Herabsetzung der deutschen Musikerschaft. Es hätte nicht viel gefehlt, daß sich der Saal in einen Kampfplat verwandelte. Es ist selbstverständlich, daß die deutsche Musikwelt diese Verhöhnung heiligster Empfindungen nicht unerwidert läßt, die Angelegenheit wird noch ein Nachspiel haben. Zu prüfen wäre, wie weit sich die fanatische Atonalistenpropaganda der Else C. Kraus mit ihrer HochschulenLehrtätigkeit vereinigen läßt."
Wir empfehlen ein einfaches Rezept: gegen derart untermenschliches Atonalisieren hilft nur der Aufmarsch der Nation" und das Erschießen auf der Flucht" mit dem HorstWessel- Lied zum Abschluß.