,, Deutsche Freiheit", Nr. 84

ARBEIT UND WIRTSCHAFT

JJM JIDCICUATED T

..Der große Versager"

Führer und Gefolgschaft

Saarbrücken  , Donnerstag, 12. April 1934

The Dic Finanzpolitik der französischen   Bourgeoisie

Die National- Zeitung" in Essen, die bis vor kurzer Zeit bekanntlich das offizielle Organ des preußischen Ministerpräsidenten Göring   war und auch heute noch auf ihrem Kopf die Bezeichnung ,, Organ der nationalsozialisti­schen Arbeiterpartei" führt, veröffentlichte am 5. April einen sensationellen Artikel, der ein bezeichnendes Licht auf die trostlose Lage der arbeitslosen Angestelltenschaft in Deutsch­ land   wirft.

In dem Artikel, der durch seine scharfe Sprache gegen das private Unternehmertum auffällt, heißt es unter anderm: Der deutsche Unternehmer möge sich doch einmal ganz offen vor Augen halten, daß die Belebung der Wirtschaft nicht eine zufällige oder natürliche Konjunktur darstelle. Abgesehen von einigen wenigen Fällen, die, gemessen an der gesamten Arbeitslosigkeit, gar nicht in Erscheinung träten, habe der deutsche Industrie- und Wirtschaftsführer bis heute nichts getan. Das sei wohl eine harte und bittere Sprache, aber es sei die Wahrheit. Seit dem 21. März sei das Stellenangebot in allen bedeutenden Tageszeitungen auf nahezu ein Nichts zurückgegangen, und in den wenigen Angeboten würden zu­meist so haarsträubende, unmögliche und ungerechte Forde­rungen gestellt, daß eine Bewerbung völlig aussichtslos sei, zumal man sich erfahrungsgemäß doch sagen müsse, daß die betreffenden Stellen nicht nach den eingegangenen Bewer­bungen besetzt werden. Aber es sei bezeichnend, daß dieses völlige Verschwinden jeglicher Stellenangebote gerade in dem Augenblick eingetreten sei, als Tausende erwerbsloser Arbeiter und Angestellter neuen Mut faßten, als sich dem Unternehmer eine psychologisch hervorragende Chance bot, einen guten Willen gemäß dem ,, Gemeinnutz geht vor Eigen­nut" zu beweisen. Die neue nationalsozialistische Gesetzgebung habe dem Unternehmer ganz klar seine Stellung im Betrieb garantiert. Aber jetzt, da die Zeit gekommen sei, auch die Führerschaft zu erweisen und sich im Sinne der national­

sozialistischen Weltanschauung zu bewähren, gerade jetzt komme der große Versager.

Die, Anleihestocks"

Die Neue Zürcher Zeitung  " berichtet:

Bei

Der nunmehr vorliegende Wortlaut des neuen Kapital­anlagegeseges oder, wie sein offizieller Titel lautet ,,, Gesetz über die Bildung eines Anleihestocks bei Kapitalgesell­schaften" besagt in Ergänzung zu unseren frühern Mitteilun­gen, daß sich die Bestimmungen zur Bildung eines Anleihe. stocks auf diejenigen Geschäftsjahre bezieht, die in der Zeit vom 1. Oktober 1933 bis 31. Dezember 1934 enden. manchen Gesellschaften können somit zwei Geschäftsjahre unter das Gesetz fallen. Ferner heißt es, daß die Vorschriften nicht gelten, wenn bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes über die Gewinnverteilung heschlossen worden ist. Um so mehr Beachtung verdient es, daß die ersten drei Gesell­schaften, die die Bildung eines Anleihestocks" vornehmen, dies freiwillig tun, da der Beschluß auf Dividendenerhöhung über 6 Prozent hinaus von den Generalversammlungen be­reits vor der Veröffentlichung des Gesetzes gefaßt worden war. Es sind dies drei zum Sprit- Konzern Ferd. Rückforth Nachf. AG.  , Stettin  , gehörende Unternehmungen. So bildet die Boh­risch Brauerei AG., Stettin  , bei Dividendenerhöhung auf 7 Prozent( 1. V. 6 Prozent) auf 1.55 Mill. RM. AK einen An­leihestock von 15 500 RM., die Brauerei Elysium bei 8 Proz. ( 6 Prozent) Dividende auf 630 000 RM. einen Anleihestock von 12 000 RM. und die Stettiner Bergschloßbrauerei AG.   bei 8 Prozent( 6 Prozent) Dividende und 830 000 RM. AK einen Anleihestock von 16 500 RM. Auch die Portland   Cement­fabrik Hemmor( 5,06 Mill. RM. AK) muß bei einer Dividen­denerhöhung auf 7 Prozent( 4 Prozent), worüber erst jest Beschluß gefaßt worden ist, einen Anleihestock von 50.550 RM. bilden.

nso

Von Boris Skomorowsky( Paris  )

Die Regierung des neuen Bloc national ist, nachdem sie die Volksvertreter für längere Zeit auf Urlaub geschickt hat, nun daran gegangen, von den außerordentlichen Vollmachten Gebrauch zu machen, die ihr das Parlament bewilligt hat. Die erste Serie der Notverordnungen, die sich mit der Wie­derherstellung des Gleichgewichts im Staatshaushalt befassen, hat am 5. April das Tageslicht erblickt. Dies gesetzgeberische Produkt, das in der Stille der bürokratischen Amtsstuben zur Reife gediehen ist, deckt die konservative soziale Wesen­heit des von Doumergue   geführten Kabinetts auf, das mit der größten Willfährigkeit die Politik des Großkapitals und der Banken in die Praxis umsetzt.

Die vergebliche Suche nach dem Budgetgleichgewicht dauert nun seit bald zwei Jahren an. Die innerlich brüchigen radikalen Kabinette brachten außer halben Maßnahmen nichts zuwege, und diese halben Maßnahmen ignorierten zudem die Hauptursache des Durcheinanders der Staats­finanzen: die Wirtschaftskrise. Zur Bekämpfung der Krise, soweit sie im Rahmen der kapitalistischen   Gesellschaftsord­nung überhaupt möglich ist, sind aber geradezu heroische Eingriffe in die Wirtschaft vonnöten. Von den politischen Routiniers, die der ehemalige Präsident der Republik um sich geschart hat, waren sie jedenfalls nicht zu erwarten.

Das amtierende Ministerium beschränkt sich auf fiskalische und Verwaltungsmaßnahmen, die die Wirtschaftskrise nicht nur nicht mildern, sondern im Gegenteil sogar verschärfen müssen. Mit der finanzpolitischen Diktatur ist der Finanz­minister Germain- Martin, Professor an der Pariser   Univer­sität und Mitglied der Akademie, betraut, der ein wandeln­des Beispiel der Borniertheit bürgerlicher Wirtschaftswissen­schaft ist, unfähig, ihre vermotteten klassischen Gesetze" beiseite zu schieben und sich auf das Niveau der gigantischen Aufgaben emporzuarbeiten, die unser revolutionäres Zeit­

alter den Staatsmännern zu lösen aufgibt.

Der Haushaltsplan für 1934 balanciert mit einem Defizit von 1,9 Milliarden Franken( veranschlagte Einnahme in Höhe von 48,3 Milliarden gegen 50,2 Milliarden Ausgaben!). Mit Hilfe diverser Handgriffe, denen im wesentlichen nur papierne Bedeutung zukommt, hat Germain- Martin dies Defi­zit in einem Budgetüberschuß von 55 Millionen Franken ver­wandelt. Demgegenüber haben die Sozialisten immer wie­der darauf hingewiesen, daß das papierne Budgetgleich gewicht völlig illusorisch sei, solange die wirtschaftliche Stagnation anhalte. Und schon die beiden ersten Monate des laufenden Jahres weisen einen Mindereingang an indirekten Steuern allein in Höhe von 600 Millionen Franken im Ver­gleich zum Etatvoranschlag auf! Die Regierung muß also wieder das zerschlissene Gewand des Staates flicken, indem sie an der einen Stelle ein Stück wegschneidet, um an der anderen den klaffenden Riß zu verdecken: Ausgabenkürzun­gen in Höhe von 4 Milliarden Franken sind erforderlich, da­mit das wirkliche Gleichgewicht des Staatshaushalts gesichert werde.ja

Bis jetzt konnten die Angriffe der verschiedenen Finanz­minister auf das Portemonnaie der Staatsbediensteten im großen und ganzen durch die energische und koordinierte Aktion der Sozialistischen Partei und der Gewerkschaften auf parlamentarischem wie auf außerparlamentarischem Ge­biet abgewehrt werden. Die Kürzung der Bezüge der schlech­testbezahlten Kategorien( 465 000 von insgesamt 857 000) konnte verhindert werden. Jetzt dekrediert die Regierung im Verordnungswege eine allgemeine Kürzung der Bezüge der Staatsbediensteten, so gering sie auch sein mögen, um 5 bis 10 Prozent. Noch härter werden die Pensionsbezieher getroffen, deren Bezüge in manchen Fällen um ein Drittel beschnitten werden. beschnitten werden. 06 to

Neben dem Gehaltsabbau sehen die Notverordnungen Personaleinschränkungen um insgesamt ein Zehntel des ge­genwärtigen Standes vor. Und damit diese Maßnahme nicht,

Ostpreußens   Industrialisierung wie das so üblich ist, lediglich auf dem Papier stehen

Die von dem Oberpräsidenten Erich Koch   eingeleitete Industrialisierung Ostpreußens  , die keineswegs den unge­teilten Beifall aller in Deutschland   gefunden hat, da sie ja praktisch nur eine Verlagerung der Arbeitslosigkeit be­wirken kann, ist in vollem Gange. Eine Reihe von Fabrik­anlagen und Werkstätten gehen der Verwirklichung ent­gegen, als erste eine von Braunschweiger Firmen gegründete. Konservenfabrik in Marienwerder. Mit 50 Landwirten in der Weichselniederung wurden Anbauverträge geschlossesn, um den als Grundlage für die Konservenfabrik wichtigen Ge­müseanbau zu organisieren, auf Grund deren sie das Saat­gut geliefert bekommen und sich verpflichten, eine Acker­fläche von bestimmert Größe für die Belieferung der Kon­servenfabrik anzubauen. Die Kosten für das Saatgut werden von dem Erlös der Ernte durch die Fabrik abgezogen. Die Tagesleistung der Fabrik soll 20 000 Kilogramm betragen. Das hört sich alles gut an und sieht nach Planwirtschaft aus, ist aber in dieser Form unwirksam, da ja die Kauf­kraft nicht steigt, sondern sinkt, wie sich aus den Lohn­summen ergibt, so daß also jede Erweiterung der Produktion an der einen Stelle nur zu Betriebsschließungen an einer anderen Stelle führen kann. 100 Arbeiter und 50 Land­wirte werden hier Arbeit finden, und anderswo werden

bleibe, werden die Personalausgaben in den Etats sämtlicher

Die Löhne sinken

Ministerien rundweg um 10 Prozent gekürzt. Freilich bleibt die Durchführbarkeit dieses Planes dennoch äußerst proble­matisch: so sehr die Reorganisation und Erneuerung des vor über hundert Jahren vom ersten Napoleon geschaffenen zentralisierten Verwaltungsapparates möglich und notwendig ist, so wenig läßt sich ein allgemeiner und mechanischer Ab­bau aller Sparten des Behördenpersonals ohne Rücksicht­nahme auf die wirklichen Bedürfnisse von Volks- und Staats­wirtschaft bewerkstelligen. So lebenswichtige öffentliche Be­triebe wie Eisenbahn, Post, Telegrafie und Telefon lassen sich nicht im Wege einer bürokratischen Verfügung abbauen. Ungeheuer schwerwiegende Folgen müßten für die materi­elle und geistige Gesundheit des Landes aus der Durch­führung solcher Abbaumaßnahmen auf dem Gebiete des Schulwesens, der Sozialhygiene, der Arbeiterschutzinstitutio­nen u. dgl. mehr resultieren.

-

Auf der Suche nach einer Rechtfertigung dieser Politik der budgetären Deflation" begibt sich die Regierung auf das Gebiet der Demagogie. So wird darauf verwiesen, daß der Präsident der Republik in eine 20prozentige Kürzung seiner Bezüge eingewilligt hat, als ob eine solche Herab­setzung der Millionenbeträge, der Zivilliste die vorgeschrie­bene Senkung der bescheidenen Pensionsbezüge von 8000 auf 5300 Franken in irgendeiner Weise rechtfertigen könnte! ( Das Staatsoberhaupt braucht sich im übrigen keine Sorgen um den morgigen Tag zu machen: gerade das Beispiel des Herrn Doumergue selbst, der aus dem Elysée in den Ver­waltungsrat der Suezgesellschaft übergesiedelt war, zeigt, welche Möglichkeiten den Präsidenten der Republik nach Ablauf ihrer Dienstzeit sicher sind.)

Die Offensive gegen das kärgliche Existenzminimum von 1,2 Millionen französischen   Familien ist nur der Beginn eines großen Feldzuges, den die kapitalistische Reaktion gegen die werktätigen Massen des Landes führt. Seit mehr als drei Jahren kämpfen die Unternehmer um den Abbau der Löhne. Die Nichtbeschneidung der Beamtengehälter war auch ein beträchtliches Hindernis für den allgemeinen Lohnabbau. Jetzt ist das Hindernis gefallen., und in den Privatbetrieben ist ein neuer und fühlbarer Abbau der Arbeiterlöhne und Angestelltengehälter im Anzug.

Die große Presse, die auf seiten der Regierung steht, ver­sichert, daß es sich um die Bekämpfung der Krise handle, und in diesem Kampf wird die eine Parole aufs Panier er­hoben: Deflation! Aber führen die Deflationsmaß­nahmen, die das Arbeitseinkommen senken und die Kauf­kraft der Bevölkerung schrumpfen lassen, nicht im Gegenteil zur Verschärfung und Verschleppung der Krise? Während in einer Reihe von Ländern( so in England und den Ver­ einigten Staaten  ) bereits eine kulturelle Besserung sichtbar ist, gibt es in Frankreich   keinerlei Anzeichen eines Auf­schwungs. Umgekehrt offenbaren die am meisten beweis­kräftigen Wirtschaftsfaktoren( Frachtenvolumen, Eisenbahn­einnahmen, Steuereingänge, Arbeitslosigkeit, Außenhandel) ein weiteres Absinken der Konjunkturkurve.

Die französische   Bougeoisie folgt in ihrer Finanzpolitik den Spuren des deutschen   Reichskanzlers Brüning  . Brüning  hat in ähnlicher Weise erbarmungslos Deflation gemacht und somit breite Schichten der ruinierten kleinen Leute" in die Arme der nationalsozialistischen Demagogie getrieben. Auch in Frankreich   gibt es nicht wenig Helden", die bereit wären, eine,.nationale Revolution" ins Werk zu setzen. Doch in Frankreich   kann die deflationistische Politik der Ab­drosselung der Wirtschaft auch ganz andere Resultate zeitigen. Die französische sozialistische Partei steht in un­versöhnlicher Oppostion zur Finanzpolitik Germain- Martins. In Presse und Versammlungen führt sie tagaus, tagein den Kampf gegen die antisozialen Verordnungen, die die Regie­rung auf Geheiß der hinter den Kulissen agierenden Finanz­gewaltigen erlassen hat. Die Welle der Empörung, die die Politik der Deflation" auslöst, kann in Frankreich   etwas ganz anderes zur Folge haben als am anderen Rheinufer. $ 10 me

Zwei Drittel der Arbeiter unter dem Existenzminimum

( ITF  .) Im Laufe eines Jahres ist der Arbeitsverdienst des deutschen   Arbeiters außerordentlich stark gesunken. Selbst Hitler   sah sich zu dem Geständnis gezwungen, daß der deut­sche Arbeiter im ,, dritten Reich" zu ,, zum Teil geradezu un­möglichen Lohnsätzen" arbeiten muß( Rede vom 21. März).

Das statistische Reichsamt hat zwar(., Wirtschaft und Sta­Jahre nur um 1 Prozent gesunken seien. Die Tariflohn­tistik" p. 119) angegeben, daß die Tariflöhne im letzten Statistik war aber schon in der kapitalistischen Republik kein Maßstab für die wirklichen Arbeitsverdienste.

Der Inhalt der Lohntüte war in großen Teilen der In­dustrie seit Jahren nur zu einem Teil tariflich geschützt, die von den Gewerkschaften erkämpften sogenannten übertarif­lichen Zuschläge machten bei vielen Arbeitergruppen den größten Teil des ausbezahlten Lohnes aus. Diese übertarif­lichen Zuschläge sind nach der Zerschlagung der freien Ge­werkschaften von den Unternehmern zum größten Teil ge­

ebenso viele zwangsläufig aus der Produktion verdrängt strichen worden. Gleichzeitig wurden die Verdienste vor allem

werden.

Waggon- Industrie

Bei der Waggonfabrik Talbot in Aachen   hac die Beschäftigung in den letzten Monaten zugenommen. Sowohl von der Reichsbahn liegen Bestellungen auf Trieb­wagen vor als auch Aufträge von der Privatindustrie. Da­gegen halten die Kommunen mit Straßenbahnbestellungen zurück. Das Exportgeschäft allerdings habe weiter nach­gelassen, z. T. auch deshalb, weil einzelne Länder( so z. B. Südafrika) eigene Waggonfabriken errichtet haben.

Neuer Goldzugang bei der Bank von Frankreich

Der Ausweis des französischen   Noteninstituts zeigt er­wartungsgemäß eine neue Steigerung des Goldbestandes um 248 Mill. Fr. gegen 314 Mill. in der Vorwoche, was wohl vor­wiegend auf Zugänge aus der Schweiz   zurückgeht,

10.

Lohnsteuer, die verdoppelte Ledigensteuer, die Fettsteuer, durch die zahllosen freiwilligen Sammlungen wurde der Netto- Arbeitsverdienst noch stärker als der Brutto- Arbeits­verdienst gekürzt. Vom Inhalt der Lohntüte und nicht vor belanglosen amtlichen Statistiken muß der Arbeiter leben.

Durch die starke Verteuerung fast aller Lebensmittel ir obendrein die Kaufkraft des Lohnes gesunken. Vom Janua 1933 bis zum Januar 1934 ist der amtliche Lebenshaltungs index um 6,3 Prozent gestiegen, der Reallohn also ent sprechend gesunken. Die Arbeiter hungern, und die Ar­beitslosen? Am Abschluß des ersten Jahres der Nazidiktatur erhalten 3 Millionen Arbeitslose wöchentlich im Durchschnitt 14 RM. Unterstützung, 4 Millionen sind unsichtbar" und erhalten keinen Pfennig, 9 Millionen Arbeiter und Ang stellte müssen zu Löhnen arbeiten, die kaum höher sind als die Hungerunterstützung der Erwerbssen.

dadurch verschlechtert, daß( besonders in der Textil­industrie) ohne neue Berechnung des Stücklohnes bisheriges der Arbeiter( 62,9 Prozent) verdienten noch nicht einmal Maschinenarbeit durch zeitraubende Handarbeit ersetzt wurde. In großem Ausmaße wurden für entlassene Frauen Männer( mit Genehmigung der Treuhänder!) zu Frauen löhnen eingestellt, mußten Meister zu Gesellenlöhnen ar­beiten, Facharbeiter zu Tarifen für Ungelernte. In allen diesen Fällen aber blieben die Tarife auf dem Papier die gleichen, trotzdem der Inhalt der Lohntüte erheblich ver­ringert wurde. Die Tariflohn- Statistik gibt also ein falsches Bild: die Brutto- Arbeitsverdienste sind durch die erwähnten Maßnahmen erheblich gesunken, durch Kurzarbeit schrumpften sie noch mehr zusammen.

Von diesem gesenkten Brutto- Arbeitsverdienst wird noch nicht drei Viertel ausbezahlt, die Gesamtabzüge für Sozial­versicherung, Arbeitsfront und Pflicht ,, spenden"( d. h. für die Opfer der Arbeit, Winterhilfe usw.) betragen heute zirka 25 bis 30 Prozent des Brutto- Lohnes. Durch die verschärfte

Ein gute Bild der tatsächlichen Bretto- Arbeitsverdienste der deutschen   Arbeiterschaft ergibt die Abrechnung über die in den einzelnen Lohngruppen verkauften Invalidenmarken. 24 Reichsmark wöchentlich, also weniger als das steuerfreie Existenzminimum. Mehr als ein Viertel der Arbeiterschaft ( 26,9 Prozent) hatten wöchentlich nicht einmal 12 Reichs­mark, also noch weniger als die durchschnittliche Arbeits­losenunterstügung. Mehr als 36 Reichsmark Brutto- Wochen­verdienst verdienten 1933 nur noch 17,3 Prozent der Ar­beiterschaft. Von den Angestellten verdienten 1933 38 Pro­zent noch nicht einmal das steuerfreie Existenzminimum von 100 Reichsmark monatlich, 33 Prozent erhielten Ge­hälter zwischen 100 und 200 Reichsmark im Monat( Bericht der Reichsanstalt für Angestelltenversicherung). Von insge­samt 13,5 Millionen regulär Beschäftigten erhielten am Ende des Jahres der nationalsozialistischen Diktatur 9 Millionen Hungerlöhne, die noch unter dem Minimum liegen, da3 selbst nach der Auffassung der deutschen   Behörden zur Existenz nötig ist,