Braunbuch II

Dimitroff contra Göring

Bei Editions du Carrefour erscheint, in den nächsten Tagen: Braunbuch II, Dimitroff contra Göring ", die erste Darstellung in deutscher Sprache des Reichstagsbrand­prozesses. Das Buch gibt neues und unbekanntes Material über den Reichstagsbrand und enthält einen Originalbeitrag von Georgi Dimitroff : Was wollte Hitler mit dem Reichs­tagsbrand?

Wir drucken mit Erlaubnis des Verlags folgenden Ab­schnitt daraus ab:

Georgi Dimitroff , ein Held unserer Zeit

Der Band B der geheimen Anklageschrift führt die Be­zeichnung: Die Bulgaren ". Unter diesem Sammelbegriff waren die drei bulgarischen Kommunisten Dimitroff , Popoff und Taneff der Mittäterschaft am Reichstagsbrande beschul­digt und mit diesem Sammelbegriff wurden sie bis zur Er­öffnung des Prozesses in der großen Weltpresse bezeichnet. Am 3. Verhandlungstage begann die Vernehmung Georgi Dimitroffs. Mit diesem Tage löste sich der Name Dimitroff aus dem Sammelbegriff. Dimitroff wurde zur Hauptfigur des Prozesses, zum Helden für die Millionen Antifaschisten in und außerhalb Deutschlands , zum bewunderten Kämpfer, dem auch die politischen Gegner den Respekt nicht versagen fonnten.

Der Vorfüßende eröffnete die Befragung Dimitroffs mit der Erklärung, daß der Angeklagte sich in der Vorunter­suchung undiszipliniert benommen hätte und daß er besser täte, sich vor Gericht anders zu benehmen.

Die Antwort Dimitroffs auf diese Erklärung des Präsi­denten war:

Wenn Sie unschuldig wären, wie ich, und wenn man sie fieben Monate im Gefängnis gehalten hätte, davon fünf Monate Tag und Nacht in Ketten. Sie würden, Herr Präsi­dent, verstehen, daß man nervös werden kann." nable Diese ersten Säße leiteten einen Kampf ein, der drei Monate die Verhandlungen des Gerichts ausfüllte und nur durch die Ausschlüsse Dimitroffs unterbrochen wurde. Keine Drohung des Vorsitzenden, fein Entzug des Wortes, keine Entfernung aus dem Gerichtssaal fonnten Dimitroff davon. abbringen, den Weg zu gehen, den er zu seiner Verteidigung für notwendig hielt. Der Petit Parifien" vom 24. Septem ber hat die Verteidigungsmethoden Dimitroffs mit einem Sab vollständig charakterisiert:

Dimitroff antwortet nicht auf Fragen, er greift an." Mit dieser Methode reißt Dimitroff faftisch die Führung der Verhandlung an sich. Der kleine Senatspräsident oben ist ein alter Routinier. Man saat ihm nach, daß er mit allen Schwie­rigkeiten in der Verhandlung spielend fertig werden könne. Dem Revolutionär Dimitroff ist er nicht gewachsen. Er will verhindern, daß Dimitroff eine Erklärung abaibt, bevor er sich wie die Vorschrift es verlangt zur Person äußert. Dimitroff tut ihn mit einer Handbewegung ab:

Ich bin ein proletarischer Revolutionär. Ich gehöre nicht zu der Sorte von Sozialisten, zu welcher der deutsche Kron­prinz gehört. Ich bin ein Revolutionär aus Ueberzeugung. Ich bin Mitglied des Zentralfomitees der bulgarischen Kommunistischen Bartei und des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale. Ich bin also einer der Führer der fommunistischen Bewegung und als solcher übernehme ich jederzeit die volle Verantwortung für alle Entscheidungen, alle Dokumente, alle Handlungen der bul­garischen Kommunistischen Partei und der Kommunistischen Internationale. Das aber auch ist der Grund, warum ich fein terroristischer Abenteurer bin. Ich bin ein enthu­siastischer Anhänger der proletarischen Revolution, weil ich in ihr den einzigen Ausweg aus der Krise sehe. hm Diese Worte werden im Gerichtssaal des dritten Reiches" gesprochen. Die Dialektik der Geschehnisse hat den Faschis­mus gezwungen, dem Kommunismus, dem er das Wort für immer verbieten wollte, selbst die Tribüne zu stellen, von der aus die Prinzipien des Kommunismus verfündet wer­den. Der Kommunismus ist von der Hitler - Regierung zum Freimild erklärt. Auf den Kommunismus steht in Hitler Deutschland der Tod. Und nun erhebt sich seine Stimme mit­ten im faschistischen Deutschland . Die Stimme dringt über diesen Gerichtssaal hinaus. Sie pflanzt sich fort, sie verviel­facht ich. Sie erreicht getragen von Hunderttausenden und Millionen fleiner illeaaler Fluaschriften das Haus des das Haus des deutschen Arbeiters. Sie dringt durch die Wände der faschi­stischen Gefänaniffe und Konzentrationslager. Sie gibt Hoff­nung denen, die der faschistische Terror zum Verzagen ge­bracht hat. Sie verleiht Mut den Kämpfern, die am Grliegen sind. Sie erfüllt die Herzen derer, die die Fahne des anti­faschistischen Kampfes nicht aus der Hand geleat haben, mit Freude und Stolz auf ihren Mitkämpfer und Führer. Dimi­ troff verspricht denen, die ihm foloen, feine Wunder. Er sagt unerbittlich und unermüdlich die Wahrheit. Der Faschismus leuonet den Klasenkampf. Der Kampf, der zwischen Dimi­ troff und dem Gericht tobt, ist ein Stück des Klaffenfampfes, der im Ponde draußen in den verschiedensten Formen mit unerbittlicher Schärfe weitergeht.

Es wird im Gerichtssaal davon aesprochen, daß Dimitroff in Bulgarien zum Tode verurteilt jei. Dimitroff antwortet: Ich habe aehört, daß ich in Bulgarien zum Tode verur keilt bin. Nähere Erfundigungen habe ich darüber nicht eingezogen, denn das interessiert mich nicht." Die Zuhörer fühlen, daß dieser Satz von Herzen kommt. Dimitroff gehört in die Reihen jener Revolutionäre, die im zaristischen Rußland mutig dem Henfer und der sibirischen Verbannung troßten, die im faschistischen Deutschland in ille­galen Verstecken und Kellern, von Hitlers Schergen gehezt, den zähen und opferreichen Kampf gegen das faschistische Re­gime leiten, die mutig und ungebrochen das Schaffott beftei­gen und deren Namen die internationale Arbeiterklasse mit Bewunderung und mit Stolz nennt.

Der General Göring hat vor Gericht die Kommunisten Henfersknechte und Büttel der verkommensten sadistischen Auffassung, die überhaupt in menschlichen Sirnen Plaß haben fann." genannt. Nun steht einer ihrer Führer vor Gericht und erflärt, jederzeit die volle Verantwortung für alle Ent scheidungen der Kommunistischen Internationale zu überneh­men. Sein Auftreten vor Gericht ist so eindrucksvoll, daß die Londoner Times" ungmeifelhaft dem General näher als ben Kommunisten schreibt: bea

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Dem Bulaaren scheint natürliche Würde angeboren." Die birnerliche Welt steht vor einer unerklärlichen Erschei= nuna. Sie wird in dieser Form zum ersten Male mit dem Kommunismus fonfrontiert. Der Bürger versucht sich hinter den Beoriff des Wunders zu verschanzen. So wie er für van der Lubbe die Bezeichnuna das Rätsel van der Pubbe" erfand, so gibt er Dimitroff den Beinamen, das Bunder Dimitroff", obwohl nichts Wunderbares an diesem Mann ist.

Die Worte, die Dimitroff spricht, sind ihm von keiner höheren Macht" eingegeben. Sie sind das Ergebnis eines dreißigjährigen Kampfes auf Seiten der Arbeiterklasse, das Ergebnis eines dreißigiährigen theoretischen und praktischen Studiums der Arbeiterbewegung. Aus seiner revolutionären Arbeit strömt ihm das Wissen, die Kenntnis und die Er­fenntnis zu. Aus seiner revolutionären Arbeit ist er- ob­wohl durch Kerfermauern und Polizeiwand von der Außen­welt abgeschlossen zutiefst mit den Massen draußen ver­bunden, die zum gleichen Ziele drängen wie er. Diese Ver­Fundenheit verleiht ihm die Kraft für sein Auftreten vor dem Reichsgericht. Er reißt nicht nur die Führung im Ge­richtssaal an sich, er unterjocht sich nicht nur den faschistischen Senat. Er zwingt die Gegner in der ganzen Welt zu höchster Bewunderung. Und damit zugleich zur Erkenntnis, daß es gegen diese Kraft auf die Dauer feinen Widerstand gibt. Das schwedische Blatt Göteborgs Handelstidning" schrieb am Tage nach Dimitroffs Aussage:

" Der Prozeß in Leipzig fann einen großen Nagel in den Sarg des Systems schlagen."

Die revolutionäre Energie Dimitroffs sprengt den Rah­men der Verhandlung. Die Hitler - Regierung wollte einen Prozeß gegen den Kommunismus machen. Nun wird ihr von Dimitroff der Prozeß gemacht.

Die Mutter Dimitroffs

Während sich dieser unerbittliche, atemberaubende Kampf zwischen Dimitroff und dem faschistischen Gericht abspielt, fitzt in der vierten, fünften Bank der Zuhörer eine alte Frau. Jeden Morgen, eine Viertelstunde vor Beginn er­scheint sie in Begleitung zweier anderer Frauen, nimmt ihren Platz ein und verfolgt die Vorgänge im Gerichtssaal mit gespannter Aufmerksamkeit. Sie ist in ein schwarzes Tuch eingehüllt. Dieses Tuch umrahmt ein spizzes, faltiges Gesicht, in dem zwei glühende, dunkle Augen sofort den Blick auf sich ziehen. Die gleichen unerbittlichen und doch strahlenden Augen blicken aus Dimitroffs Geficht. Die alte Frau ist

Paraschkewa Dimitrowa, die Mutter Georgis.

Sie ist zweiundsiebzig Jahre alt. Sie hat Bulgarien ver­lassen, als der Prozeß begann. Sie fuhr zum ersten Male in ihrem Leben mit der Eisenbahn. Um wegreifen zu fön­nen, mußte sie eine Steuerschuld im Betrage von ungefähr einhundert Marf entrichten. Die Dimitroffs sind arm. Ein­hundert Marf sind eine unerschwingliche Summe. Die Ar­beiter Sofias, die von Hungerlöhnen leben, haben diese hun­dert Mark in einer Viertelstunde aufgebracht. Wo Dimitroffs Mutter hinfam, empfina sie ein mächtiges Gefühl der Liebe und Solidarität. Die Pariser Arbeiter holten die Mutter ihres Dimitroff vom Bahnhof ab. Zehntausende von ihnen famen, um die Mutter Dimtroffs in einem Meeting zehn Worte in einer fremden Sprache sprechen zu hören. In Leip­ zig und Berlin erhielt fie täglich Hunderte von Briefen. Die deutschen Arbeiter versicherten die Mutter Dimitroffs ihrer unverbrüchlichen Solidarität mit ihrem großen Sohne.

Sie verstand fein Wort der Sprache, die im Gerichtssaal gesprochen wurde. Aber sie beariff alles. Manchmal mitten in der Verhandlung wandte sich Georgi Dimitroff um und blickte nach der Mutter. Die beiden verständigten sich mit einem Blick.

Die Jugend Dimitroffs

Georgi Dimitroff ist der älteste Sohn dieter afrechten alten Frau. Der Vater, mazedonischer Arbeiter, mußte flüch len, als die Türfen die großen mazedonischen Pogrome ver anstalteten. Als Emigrant mußte er in Radomir, später in Sofia , den Lebensunterhalt für zehn Menschen verdienen. Die Frau Paraschkewa hatte ihm sechs Söhne und zwei Töch­ter geboren.

Die Jugend des Georgi Dimitroff war hart. Die maze­donischen Emigranten waren der Spielball der Polizei. Man jagte sie von Ort zu Ort. Wenn der junge Dimitroff auf den Hof herunterfam, um mit den Kindern der Nachbarfamilien zu spielen, jo fielen sie über ihn her und schlugen ihn. Es war nicht leicht, den jungen Georgi zu schlagen. Er griff oft an, bevor die Bande über ihn herfallen konnte. Vom ersten Tage, wo er denken konnte, wurde sein Denken von der Poli­tif geformt. In der Schule saß er auf der letzten Banf, weil er Mazedonier und der Sohn eines Arbeiters war. Die Polizei fam oft ins Haus. Der Vater mußte oft zur Polizei. Wenn der Vater seine Arbeit ablieferte, so fand der Brot­herr immer einen Grund, ihm etwas abzuziehen. Der letzte Grund war, daß er Mazedonier war. Der junge Georgi Dimitroff lernte das Unrecht frühzeitig fennen. Seine Mut­ter wollte ihn studieren laffen. Sie, die nicht lesen und schrei­ben fonnte, aber die im Leben las und sich zurecht fand wie nur wenige, sie wollte nicht, daß ihr Sohn Arbeiter werde wie der Vater. Sie dachte, daß Schule und Bilduna ihm ein besseres Leben eröffnen müßten. Sie mußte ihre Pläne auf­geben. Rehn Menschen wollten essen. Der junge Georgi Dimitroff ging mit dreizehn Jahren zur Arbeit. Er wurde Druckerlehrling.

Georgi Dimitroff stand täglich zwölf Stunden am Seß­fasten. Des Nachts arbeitete er beim trüben Licht einer Petroleumlampe an seiner Fortbildung. Die Druckerei arbeiter Bulgariens gehörten zur Elite der Arbeiterschaft. Hier geriet Georgi mit einer neuen, unermeßlichen Gedan­fenwelt in Berührung. Hier formten sich seine ersten Er­fenntnisse vom sozialen Leben. Er war wenige Monate im Betrieb, als ein Streif in der Druckerei ausbrach. Dieser erste Kampf der Arbeiterschaft, an dem er praktisch teilnahm, gab seinem Leben die Richtung.

Im Jahre 1899 wurde in Sofia die Buchdrudergewerf schaft gegründet und der junge Dimitroff war unter den Mitbegründern. Mit sechzehn Jahren schrieb er seine erfie Broschüre über Die Gewerkschaftsorganisation als Kampf­waffe der Arbeiterklasse".

In den Jahren 1900 bis 1903 wuchs innerhalb der Buch­druckergewerkschaft unter Dimitroffs Führung der revolu­

und dessen Einfluß in den Industrieverbänden nahezu völlig verdrängt. Unter der Führung Dimitroffs entwickelten sich im Lande zahlreiche Kämpfe, deren wichtigste die Berg­arbeiterstreifs in Pernik - dem bulgarischen Ruhrgebiet - und in den Kupfergruben von Jelliseina waren. In seiner Eigenschaft als Gewerkschaftssekretär schrieb Dimitroff eine große Anzahl von Broschüren, die den Problemen des Klas­senfampfes gewidmet waren. Die Statuten der bulgarischen Gewerkschaftsbewegung sind sein Werk.

Dimitroff wurde von den bulgarischen Arbeitern in den Stadtrat von Sofia und 1918 in das bulgarische Parlament gewählt.

Eine Familie von Revolutionären

Acht Kindern hatte Paraschkewa Dimitrowa das Lebent geschenkt. Sie haben sich alle in den proletarischen Kampf eingereiht.

Der zweite Sohn, Nicolai, wanderte 1907 nach Rußland aus, um dort das Buchbinderhandwerk zu erlernen. Er suchte und fand schnell Anschluß an die revolutionäre Arbeiter­bewegung. 1909 von einem Polizeispißel verraten, wurde er nach Sibirien verbannt. Er erlebte die Oftober- Revolution nicht mehr. Anfang 1917 starb er in der sibirischen Ver­bannung.

Die Tochter Magdalena, wie Georgi auch jung dazu ver­urteilt, in Fron zu gehen, erwarb ihren Lebensunterhalt als Näherin. Sie war eines der ersten weiblichen Mitglieder der bulgarischen Schneidergewerkschaften. Sie spielt auch heute noch in der bulgarischen Gewerkschaftsbewegung eine hervorragende Rolle.

Der dritte Sohn, Konstantin, war das zweite Opfer, das die Paraschkewa Dimitrowa dem Imperialismus zu zollen hatte. Ihr Sohn Konstantin fiel im Balfanfrieg.

Der nächste Sohn, Boris, Eisenbahnarbeiter, verbrachte und verbringt sein Leben zwischen Eisenbahnwerkstatt und Gefängnis. Vor einem Jahr erst wurde er aus den Ge­fängnishöllen des bulgarischen Faschismus entlassen.

Der jüngste Sohn, Theodor, starb von den Händen der bulgarischen Polizei. 1923 nach dem Attentat auf die Sofioter Kathedrale wurde er auf der Straße verhaftet. Der Ver­haftung ging ein Kampf voraus, in dem ein Polizist ver­wundet wurde. Die Polizei sette alles daran, einen bet Theodor Dimitroff gefundenen Zettel zu dechiffrieren. Sie schlug Theodor drei Tage und drei Nächte, um ihn zu einer Aussage zu bringen. Aber sein Mund blieb verschlossen. Die Polizei hat ihn im bulgarischen Gefängnis erschlagen.

Die füngste Tochter der Paraichtewa Dimitrowa, Elena, war Mitglied der Kommunistischen Jugend und später der Kommunistischen Partei Bulgariens . Sie fennt Bulgariens Gefängnißfe, wie ihre Brüder fie fennen. Sie hat furze Zeit nach der Verhaftung ihres Bruders Georgi eine Reise durch die europäischen Länder gemacht, um die Arbeiterklasse für die Befreiung der unschuldig Angeflaaten aufzurufen.

Der achtzehnjährige Neffe Dimitroffs wurde 1933 zu zwei Jahren Gefänonis verurteilt, weil er am Vorabend von Karl Marx ' Gedenktaa revolutionäre Losungen an die Mauern der Sofioter Häuser malte.

Ljubow Dimitrowa

Die Lebensgeschichte Dimitroffs wäre unvollständig ohne den Bericht über seine Ehe. Dimitroff war seit 1905 mit einer serbischen Arbeitertochter, Ljubow Jwoschewitsch verheiratet. Ljubow fannte gleich ihm die Schattenseiten des Lebens. Gleich ihm hat sich in harter Arbeit ihre politische Entwick­lung vollzogen. Mit vier Jahren schon war Ljubow Jwosche­witsch Waise. Sie wuchs bei einer Tante auf, die sich als Näherin mühselig ihr Leben verdiente. Viubow mußte als sechsjähriges Kind schon Näharbeit verrichten. Die Tante war dem Alkohol verfallen. Sie vertrant nahezu alles, was durch Näharbeit mühselig verdient wurde. Sie machte es sich zur Gewohnheit, die junge Ljubom täglich zu schlagen. Das junge Mädchen flüchtete mit zehn Jahren aus dieser Marter­hölle und führte vier Jahr das furchtbare Leben des heimat­Icfen Proletarierfindes, das auf Stiegen, unter Brüden, in Kellern schlief und durch Zufallsarbeit gerade das Brot per­diente. Mit vierzehn Jahren gelang es thr, eine fefte Stellung in einem Schneideratelier zu finden. Hier trat fie in Berührung mit dem politischen und gewerkschaftlichen Le= ben der serbischen Arbeiterklasse, das damals nicht so hoch entwickelt war wie das der bulgarischen. Es zog sie nach Bul­ garien . Sie wanderte mit siebzehn Jahren aus, arbeitete in. Rustschuf in einer Wäschefabrik. Vor ihrer Auswanderung schon war fie Mitglied der serbischen Arbeiterpartei gewesen. Sie fand in Bulgarien schnell den Anschluß an die bul­garische Sozialdemokratie. In der Bewegung lernte fie Dimitroff kennen. Ljubow Jwoschewitsch arbeitete unermüd­lich in der Gewerkschaft der Schneider und Wäschenäher. Sie wurde Redakteur in der Gewerfichaftszeitung, ebenso wie Dimitroff Redakteur des Rabotnischesti Wiestnit"( Arbei­terzeitung) wurde. Im Licht der Petroleumlampe jaßen sie oft an einem Tisch und schrieben die Artikel für ihre Reitun gen. Ljubow Jwoschewitsch entwickelte sich im Laufe der terin Dimitrofis, fie wuchs darüber hinaus zur Dichterin Jahre nicht nur zur hervorragenden politischen Mitarbei­der serbischen Arbeiterflaffe. Dieses Proletarierfind hat den Kampf der serbischen Arbeiter in Liedern geschildert, die heute noch von ihnen gesungen werden. Vier Gedichtbände, in serbischer, bulgarischer und russischer Sprache erschienen, sind vom Wert dieser Arbeiterdichterin erhalten geblieben. Die Nachricht von der Verhaftung Dimitroffs traf sie mit furchtbarer Gewalt Sie, deren Gesundheit und Körperkraft in den langiährigen, aufreibenden Rämpfen in Bulgarien und in der Emigration untergraben waren, fonnte diesen Schlag nicht ertragen. Sie starb wenige Monate nach der Verhaftung Dimitroffs. Sie starb an der Brovokation, die gegen ihren Mann geplant mar. Sie hat sich in ihrer Arbeit und in ihrem dichterischen Schaffen ein Denkmal errichtet

fionäre Flügel, der 1908 eine revolutionäre Gewerkschafts Dies Kind- kein Engel ist so rein!

vereinigung der Buchdrucker bildete. Im gleichen Jahre trat Dimitroff in die inzialdemokratische Partei Bulgariens ein, wo er vom ersten Tage zum linken Flügel, zu den sogenann­ten Tesnjacken( den Enaherzigen) gehörte. Die Tesnjaken bildeten den Kern der späteren Kommunistischen Partei Bul­ gariens .

1904 wurde unter der aftiven Teilnahme Dimitroffs die revolutionäre Föderation der bulgarischen Gewerkschaften gegründet. Dimitroff wurde in den Rentralrat dieser Föde ration gewählt. 1907 machte ihn das Vertrauen der Gewerk­schaftsmitglieder zum Sekretär. In dieser Eigenschaft hat Dimitroff einen scharfen prinzipiellen Kampf gegen den reformistischen Flügel der Gewerkschaftsbewegung geführt

Das Enfant terrible" der Sitlerregierung, Alfred Ros senberg, läßt in einer Presseerklärung verkünden, daß er niemals einen Plan eines Gewaltstreiches auf Memel aus gearbeitet habe. Diese Meldungen dienten nur dazu, von den angeblichen litauischen Gewaltmaßnahmen abzulenten, Wie fonnte man auch nur den lilienreinen Alfred Rosen­ berg beschuldigen! Hat er doch während des Krieges auf der Gegenseite für Rußland und aeaen Deutschland im Baltikum peftanden und jetzt sollte er umgefehrt Ge­waltpläne schmieden zur Eroberung des Baltikums für Hit­ler?!: Das fönnen nur wiederum die bösen Franzosen, Marristen, Inden oder Radfahrer erfunden haben!

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