.Deutsche Freiheit« Nummer 99
Das bunte Matt
Sonntag-Montag, 29. 80. April 19S4
Die Mordmafchinen des Jahres 1933
Während die Welt von Abrüstung spricht Während der großen englischen Herbstmanöver stellte der Chef der englischen Armee fest, daß im Jahre 19SS kaum e' n verging, an dem nicht irgend eine grundlegende Erfindung der Kriegsindustrie gemacht worden sei. Wir lassen nur einige dieser Erfindungen des letzten Jahres Revue passieren. Explosionen ohne Ranch und Fluoreutwicklung H" Zwei-Tonnen-Romben Roch langen Versuchen ist eS französischen Gelehrten ge- lungen. ein Pulver herzustellen, das unabhängig von der Feuchtigkeit seine Explosivkraft beibehält..Das Pulver könnte im nassen Zustand, also sogar aus dem Grund eines Sees oder eines Flusses zur Explosion gebracht werden. Aber das ist noch recht harmlos. Es kommt besser. Man hat nämlich ein Pulver hergestellt, bei dem weder Ber- brennung noch Explosion sichtbar werden. Von jetzt ab wird man also nicht mehr, nach der Flugbahn die Stellung der Batterien ermitteln können. Die Fabrikation der Bomben hat, wie man in der ganzen Welt weiß. beträchtliche Fortschritte gemacht, sowohl, was die Sprengkraft wie die Menge des Sprengstoffes an» belangt. Es gibt heute bereits Bomben von 2 Tonnen Gewicht(40 Zentners, die hauptsächlich bei Bombengeschwadern Verwendung finden dürsten— das heißt, im Luftkrieg die ausschlaggebende Rolle spielen werden. Eine Erfindung, die bewirkt, daß Granaten explodieren, sobald sie auf die Meeresoberfläche gelangen, ohne in Berührung mit einem harten Gegenstand zu kommen, ist von großer Bedeutung für den Seekrieg mit der U-Bootwasfe. Geräuschlose Flogzeuge Es ist noch nicht lange her, daß Englands Luftverteidigung zum Teil darauf basierte, daß Apparate die geringsten Ge- räusche anfliegender Flugzeuge und Zeppeline registrierten. Diese Sicherung der englischen Inseln ist dahin. Die wunderbaren Horchapparate, die mit einer seltenen Prä- zision während des Krieges arbeiteten, können zum alten Eisen geworfen werden, denn die Indienststellung von ge- räuschlosen Flugzeugen, das Prinzip ist bereits gefunden, ist eine Frage von kurzer Zeit. Was die Abwehr von Luftangriffen angeht, so ist die große Neuheit des Jahres die Vervollkommnung des auto- matischen Systems. Jede Kanone stellt sich automatisch auf
die Richtung der Flugzeuge ein. Ter Abschuß erfolgt gleichermaßen automatisch mittels elektrischen Stromes. Ganze Batterien können praktisch von einem einzigen Mechaniker bedient werden. Solange die Flugzeuge im Blickfeld der automatisch bedienten Ferngläser sind, bleiben sie auch in der Reichweite der Batterie, die in der Minute bis zu 70 Schrapnells abfeuern kann. In der Nacht oder bei starkem Nebel tritt ein neuer Typ von Scheinwerfern in Funktion, die Strahlen aussenden, die die Engländer.unsichtbares Licht« nennen. Sobald diese Strahlen den Körper des Flugzeuges erreichen, schaltet sich die Batterie automatisch ein. Es ist sehr wahrscheinlich, daß der feindliche Flieger in wenigen Minuten ab- geschossen ist. Fahrende Festungen und Bomben mit Raketenantrieb Die Tanks des Jahres 1933 sind wahrhaft fahrende Festungen, die mit ber Geschwindigkeit eines Zuges vor- dringen, und deren strategischer Wert 80mal den ber Tanks, die im Weltkrieg verwendet wurden, übersteigt. Der Tank von heute ist nicht mehr eine einfache Artillerie- Kriegsmaschine. Der Tank kann schwimmen. Die Mann- schaft kann Giftgas abblasen, Flammen werfen und künst- lich« Nebel als Schutz der fahrenden Festung erzeugen. Das Prinzip ber Rakete wurde zum ersten Male von dem amerikanischen General Goddard bei der Artillerie an-. gewandt. Die Raketengranaten werden in riesige Höhen abgeschossen. Sie finden dort einen sehr verringerten Widerstand dank der verdünnten Luft und können so große Entfernungen bewältigen. Die Anwendung dieses Prinzips erlaubte es den Deutschen , während des Weltkrieges schon Paris aus einer Entfernung von 120 Kilometer zu be- schießen. Indessen war damals das Bombardement alles andere als leicht. Heute sind alle technischen Schwierigkeiten der Bombardements durch Raketen beseitigt. Man kann aus Städte und Festungen aus einer Entfernung von 300 bis 400 Kilometer schießen. Ein Wort noch über die Rolle der Flugzeuge und Flug- schiffe beim Transport der Armeen. Der.Dornier X " (deutscht kann 120 Personen tragen. Augenblicklich baut man in USA . einen Zeppelin, der 300 Meter lang wird und mit 14 Motoren fahren kann. Das Flugschiff wird 800 Personen tragen können. Es wird vor allem die Aufgabe haben. Kriegsschiffe zu verproviantieren und ihnen MannschaftS- e.rsatz zuzuführen.
Die Frau mit dem leuchtenden Her;
Anna Morano, die.Donna luminosa« aus Pirano an der Adria, weilt, so teilt die Basler»National-Zeitung« mit, in Rom in der neuropsychiatrischen Klinik zur Unter- suchung und ist. ganz gegen ihren Willen, über Nacht der interessanteste Fall der medizinischen Wissenschaft und der lebhaften italienischen Bolksfantasie geworden. Die 45- jährige Frau, Mutter von 16 Kindern, und schon Groß- muttcr, lag wegen Asthma im Spital von Pirano. als die wachhabende geistliche Krankenschwester im finsteren Raum einen Lichtschimmer bemerkte. Bei näherem Zusehen zeigte sich, daß aus der Herzgegend der Patientin ein starkes bläu- lich-grünes Licht ausstrahlte, so stark, daß der Reflex durch das Hemd das Gesicht der Schlafenden erhellte. Die erstaunte Krankenschwester rief, da sie ihren Augen nicht traute, eine Kollegin herbei und verständigte den Arzt. Dieser fragte die inzwischen erwachte Anna Morano, ob sie sich der Erscheinung bewußt sei, und erfuhr nun. daß ihr Mann schon einige hundert Male dies bemerkt habe, jedoch nicht wünsche, daß die Oeffentlichkeit sich damit be- fasse. Als ein zweiter Arzt, den man ebenfalls verständigt hatte, eintraf, hatte das Leuchten aufgehört. Die Spital- ärzte beschlossen, vorläufig die Sache geheim zu halten, schon weil sie mit der Möglichkeit einer Täuschung rechnete». Es war ja nicht ausgeschlossen, daß die Haut der Frau mit einer phosphoreszierenden Substanz bestrichen war. Wäh- rend mehreren Tagen blieb die Erscheinung aus.. Endlich, in der vierten Nacht konnten drei Aerzte zwanzig
Minuten lang das Leuchten stärker als beim ersten Male konstatieren und sich überzeugen, daß kein Schwindel in Frage kam. Sie verständigten ärztliche Autoritäten aus Venedig , Mailand und Rom , denen nichts anderes übrig blieb, als das Leuchten zu bestätigen, ohne es erklären zu können. Wohl sind vereinzelte Fälle von Bioluminiszenz (Leuchten durch Lebensvorgängcs bei Tuberkulösen und Krebskranken bekannt geworden. Aber Frau Morano leidet nur an Asthma und ist nicht mehr und nicht weniger exal- tiert als eine temperament- aber doch würdevolle Jtalie- nerin in solchem Alter zu sein pflegt. Man muß dies schon erwähnen, weil die Okkultisten sich des Falles bemächtigen und geltend machen werden, daß bei spiritistischen Medien, wie z. B. Frau Silbert in Graz, im Traucezustand schon Leuchterscheinungen bemerkt worden sind. Aber dies kann nicht gut verglichen werden mit dem intensiven Licht, das Frau Morano nun schon seit vier Jahren in unregel- mäßigen Zeitabständen, manchmal stundenlang, ausstrahlt. Man kennt wohl die Leuchtkäfer und Leuchtzirpen, die phosphoreszierenden Tiefseetiere, den leuchtenden Tausend- iüßler, dem man, wenn man Glück hat. im Sommer, wenn man nachts den Garten spritzt, begegnet und die leuchten- den MeeriSbakterien, aus denen man schon Lampen her- gestellt hal. Aber eine Frau mit einem leuchtenden Herzen. Dieser Fall ist neu und unerhört und eine gerissene, sen- sationsgierigere Person, als die schlichte Frau Anna Morano hätte mit solcher Ausrüstung eine religiöse Massen- bewegung entfesseln können.
Die Frauen im Sowjetstaat Ueber den Anteil der Frauen am öffentlichen Leben Tow- jetrußlands sind unlängst bei Gelegenheit der Abhaltung eines kommunistischen Weltfrauentags interessante Zahlen mitgeteilt worden. Danach gibt es eine halbe Million Frauen, die der ruffischen Kommuni st ischen Par- tei angehören: eine Million Mädchen ist innerhalb der kom- munistischen Jugendbewegung(Komsomolzy) organisiert. Unter den Mitgliedern der Zentralexekutivkomitees ber ver- schiedenen Sowjetrepubliken finden sich 185 Frauen, 2500 Frauen sind Borsitzende von Torfsowjets, an ordentlichen Mitgliedern solcher DorssowjetS werden 400 000 Frauen ge- zählt. 6000 Frauen sind Leiterinnen von Kolchosen. In der Industrie beträgt der Anteil der Frauen 35 Prozent aller Arbeiter, im Bildungswesen 55,5 und im Gesundheitswesen sogar 70,7 Prozent. Bon 1467 Leitern wissenschaftlicher Jnsti- tute sind 92 Frauen. 4,4 Prozent der Hochschullehrer sind weiblichen Geschlechts und innerhalb der Studentenschaft entfallen nicht weniger als 41,7 Prozent auf weibliche Hörerinnen. 2). April 1915- der erste Gasangriff Bor 19 Jahren fand bei Steenstraete an der Eiser der erste Gasangriff der deutschen Truppen auf die belgisch - französische Front statt. Um 5 Uhr nachmittags begann ein scharfes Bombardement der Stellungen durch die Deutschen in einer Breite von 5 Kilometer und kurz nach dieser Kanonade bliesen die Deutschen Gas ab. Der Wind war ihnen günstig und die Wirkung dieses bis dahin in der Kriegführung noch nicht verwendeten Mittels war fürchter- lich. Ohne Gasmasken, ohne Schutz lagen die Regimenter in ihren Gräben den tödlichen Gasen ausgeliefert. Die Deut- schen brauchten nicht mehr zu kämpfen, auf 5 Kilometer Breite konnten ihre Truppen an den durch Gas Gemordeten vorbeiziehen. Zum Andenken an die bei diesem ersten Gas- angriff Getöteten wurde am Gedenktage der Schlacht ein Denkmal in Steenstraete errichtet. Verbündet wie im Kriege hielten belgische und französische Truppen die Ehrenwache an dem Monument ihrer toten Kameraden. Spanien gegen das Analphabetentum Madrid , 22. April. Aus Anlaß der Feiern des dreijährigen Bestehens der spanischen Republik stellte die Regierung ihre Erfolge in dem Kampf gegen das Analphabetentum fest. EinS der schwersten Probleme, die das republikanische Spanien an- zugreifen hatte, war die Frage der Boltserziehung. Als der letzte König das Land verließ, übernahm der neue Staat etwa fünfzig Prozent seiner Bürger als Analphabeten. Große Geldmittel waren erforderlich, um den Kindern des 22-Millionen-Volkes das Lesen und Schreiben beizubringen. Schon im ersten Jahre ihres Bestehens hatte die Republik 7000 neue Schulen eingerichtet: neue Lehrerseminare wurden gegründet, um die richtigen Erzieher für das lernbegierige Volk auszubilden. Die Zahl ber neuen Schulen hat sich in den folgenden Jahren trotz aller wirtschaftlicher Schwierig- keiten noch sprunghaft vermehrt: außerdem sind überall Volksbibliotheken errichtet worden. Besonders die kleinen Lesehallen in den öffentlichen Parks erfreuen sich größter Be- liebtheit. Jedenfalls wird es unter der jungen Generation des Landes keine Analphabeten mehr geben. Her;schlsg im Lautsprecher Wie man den inneren Organismus de? Menschen durch Röntgenstrahlen sichtbar machen kann, wird es neuer- dings auch möglich sein, den Herzschlag auszunehmen und ihn in Archiren aufzubewahren. Ein Herzschlag dauert zwischen einer fünfzigste! und einer achthundertstel Sekunde, 4 ,er Arzt, der bisher das Herz abhörte, kann jetzt durch eut neues System diesen Herzschlag aui eine Sprechplatte übertragen. Tie Töne werden als Striche oder Punkte aus eine durch- sichtige Folie ausgezeichnet, die sich mit Pulsgeschwind,gke,t dreht. Diese Platte,„das künstliche Herz« wird dann genau nach dem System deS Tonfilms lichtelektrisch abgetastet und im Lautsprecher verstärkt, so daß es. was besonders bei Lebr- vortragen wichtig ist. stundenlang den Hörern schlagen kann. Im Lenz Ehefrau probiert vor dem Spiegel den neuen Frühlings- Hut:»Im Frühling verjüngt sich alles!« Ehemann:»Nun man selbst nicht!"(»Journal«)
Wieviel Sterne gibt es! Kürzlich, vor wenigen Jahrhunderten, lernte ber Mensch die Fixsterne als andere Sonnen begreifen.— Bor 200 Iah- ren schätzte Huygens den Abstand von Fixstern zu Fixstern auf 700 000 Jahre Geschoßweg: es war zu wenig, aber der Größenordnung nach war es nicht allzu stark fehlgegriffen. Bor hundert Jahren glückte erstmals die sichere Bestimmung von Entfernungen über den Bereich des Planetensystems der Tonne hinaus. Vor 15 Jahren hatte ber MeflungSraum des Astronomen seine Grenze in einigen hundert Lichtjahren Weite. Heute erstreckt sich über alles, was die Riesensern- röhre sichtbar zu machen gestatten, auf mehr als hundert Millionen Lichtjahre, auf eine Weite, die von einer Huy- gens'schen„Kanonenkugel« auch in 150 Billionen Jahren noch nicht durchmessen würde. Edwin Huble schätzt, daß die Zahl der für uns heute ab- bildbaren Welteninseln von der Größenordnung einer Mil- lion sei: Millionen mal eine Millarde Sonnenmassen, das sind tausend Billionen Sonnen. Hat die Welt überhaupt ein Ende? Ist sie unendlich? Ist die Zahl der Welteninseln und der Welteninsel-Systeme un- begrenzt? Man hat vor allem zwei Gründe geltend gemacht, die gegen das Vorhandensein unendlich vieler leuchtender Welt- körper sprechen. 1. Wenn die Gesamtmasse der Welt unendlich groß ist, so wirkt unbegrenzte Massenanziehung auf jedes Teilchen.
und irgend ein Maffenzusammenhalt würde in der Welt unmöglich sei»......... 2. Stünden in allen Richtungen unendlich viele leuchtende Gestirne, so müßte unser Himmel ununterbrochen in einem Glanz erstrahlen, vor dem selbst die Sonne erbleichen würde. Charlier hat neuerdings das Problem untersucht. Er fin- det, daß beide Einwände nicht stichhaltig seien. Die Relativitätstheorie Einsteins dagegen nimmt es als wahrscheinlicher an, daß die Welt„zwar unbegrenzt, aber doch nicht unendlich groß« sei. Unter bestimmten, freilich etwas willkürlichen Grundannahmen nun kommt Edwin Hubble zu dem Ergebnis, ber»Krümmungsradius« der Welt sei etwa tausendfach so groß wie die Reichweite ber moder- nen Himmelsfotografie. Die Zahl der im Universum über- Haupt vorhandenen Welteninseln wäre dann rund eine Mil- liarde mal so groß wie die Zahl derer, die wir heute ficht- bar machen können. Mit andern Worten: das»relativistische« Universum hätte ein Fassungsvermögen von 1000 000 000 Spiralnebeln.— Billionen und Billionen Sonnen.
Kach 25 Fahren wieder vereinigt Das furchtbare Erdbeben von Messina vor mehr al» fünf- undzwanzig Jahren zerriß die Familie Jnferrera.»ngelo Jnferrera. seine Frau und seine vier Kinder wurden unter den Erbmassen begraben. Der Mann wurde von der Be- satzung eines russischen Schiffes, das gerade im Hafen lag.
gerettet. Als man ihm hier sagte, daß seine Frau und seine Kinder tot seien, bat er. nach Rußland mitgenommen zu werden. In Wirklichkeit war aber nur seine Frau getötet, während drei der Kinder gerettet wurden. Die Kinder glaubten, beide Eltern wären dem Unglück zum Opier ge- fallen. Zufällig traf jetzt der Sohn Andrea, der italienischer Seemann geworden ist, im Hasen von Odessa einen Lands- mann, der sich freute, endlich einmal ein paar Worte ita- lienisch sprechen zu können. Groß war das beiderseitige Er- staunen, als sich im Laufe des Gesprächs herausstellte, daß hier Bater und Sohn gegenübersaßen. Der Dampfer wird Bater und Sohn in die Heimat zurückbringen, wo endlich, nach fünfundzwanzig Jahren, die Familie wieder vereinigt sein wird... plötzlich sehend geworden Neunzehn Jahre lang konnte Gertrud Musier nicht sehen. Durch eine Kinderlähmung war sie mit zwei Jahren blind geworden. Die berühmtesten Augenärzte Amerikas er- klärte» die Krankheit für unheilbar. Plötzlich durch ein starkes Erlebnis, beinahe wie ein Nervenchock, formte» sich die Gegenstände vor den Augen der Blinden , ein Wunder geschah— Fräulein Musier kann wieder sehen. Die Reporter stürzten sich auf die Sehendgewordene und wollten wissen, welches Bild den größten Eindruck auf sie gemacht habe— die Antwort fiel echt amerikanisch auS:»Die Base-Ball- Partie mit dem berühmten Babe Ruth .«