Beamter verhaftet! to Die Polizei- Revolte an der Saar  

Ein Stimmungszeichen

Auf Veranlassung des Landeshauptmanns der Rhein­ provinz   wurde am Donnerstag im Dienstgebäude der Pro­vinzialverwaltung der Landesoberinspektor Peruche in Haft genommen, der beschuldigt wird, daß er sich im Zu­ſammenhang mit der Düffeldorfer Rede des Reichsministers Dr. Göbbels   eine Verächtlichmachung des nationalsozia liftischen Staates habe zufchulden kommen laffen. Peruche wurde heute dem Schnellrichter vorgeführt, der auf Grund der Verhandlungen die sofortige Inhaftnahme an­geordnet hat.

Ein Kommunist"

Um durch die Polizei eine Stellung zu erhalten, hat der 25 Jahre alte Karl R. aus Radolfzell   seine kommunistische Gesinnung geändert. Doch steht nicht einwandfrei fest, wie weit, und ob ehrlich. Fast sieht es so aus, als ob er nur fcheinbar für die Polizei arbeitet, sich aber doch noch heimlich für die Ziele der KPD   betätige.

Um der Polizei angeblich bei der Aufdeckung illegal weiter: geführter kommunistischer Organisationen behilflich zu sein, gibt er einmal Ort und Zeit eines Jugendtreffens bekannt, ein andermal erzählt er, daß verbotene Zeitungen über die Grenze fommen würden. Es ist aber möglich, daß er bei diesem Schmuggel fogar mitgeholfen hat

Tatsache ist, daß R. ießt seinen Schwager, den: 29jährigen Ernst G. aus Singen beschuldigt, im Mai vergangenen Jahres verbotene Zeitschriften besessen zu haben. Er sei von ihm zur Verbreitung dieser Zeitungen aufgefordert worden, habe aber abgelehnt und dafür den 22 Jahre alten Eduard A. aus Radolfzell   vorgeschlagen. Er habe K. mit G. zusam­mengeführt, fie hätten beide auf R. solange eingeredet, bis dieser sich bereit erklärte, Von G. wären an R. 8 Exemplare der Baseler Rundichan" übergeben worden, wovon dieser 5 verteilt habe. So ist die Darstellung des R., die im Wider­spruch steht zu den Aussagen der beiden anderen Angeflagten. Alle drei hatten sich gestern wegen Verbreitung verbotener Zeitschriften zu verantworten.

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Weitere Maßregeln

Disziplin in der Saarbrücker   Polizei hat sich die Regierung In Verfolg ihrer Maßnahmen zur Wiederherstellung der des Saargebiets veranlaßt gesehen, folgende Maßnahmen durchzuführen: Die Kommissare Schulemann, Schulze und Holzschuh der uniformierten Polizei werden von thren Posten entfernt und einer selbständigen Betätigung ent­hoben. Sie werden der allgemeinen Verwaltung im Rahmen der Polizeidirektion zur Verfügung gestellt werden. Der Polizeihauptwachtmeister Tatsch von der berittenen Abtei­lung der uniformierten Polizei wird strafversezt zur Fuß­polizei in Saarbrüden. Von einer Bestrafung der übrigen Teilnehmer der Rebellionsversammlung hat die Regierung mit Recht abgesehen, da die anderen Beamten allem Anschein nach angesichts des unqualifizierbaren Vorgehens ihrer Vor­gefehten nicht gegen deren offen ausgesprochene Meinung handeln konnten und demnach mehr als Verführte zu be­trachten sind.

Weiter wird, wie man hört, aller Voraussicht nach die ge­samte Beamtenschaft der Landeskriminalpolizei( politische Polizei), deren Leiter der vom Amt suspendierte Kommissar Becker war, an andere Stelle versetzt werden. Man steht an maßgebender Stelle mit Recht auf dem Standpunkt, daß eine politische Polizei, die derart ihre Unzuverlässigkeit be­wiesen, für feine Regierung tragbar ist! Wer Nachfolger des disziplinierten Kommissar Becker wird, steht noch nicht fest, doch ist es nicht ausgeschlossen, daß man einen vollkommen neuen Mann", d. h. einen Beamten zum Leiter der politi­schen Polizei ernennt, der bisher in einer anderen Verwal tung der Regierungsfommission des Saargebietes war.

Parteimitglieder waren alle drei nicht. R. war Mitglied Backes, ein Typus

des KJV, G. der Roten Sport- Union und K. Mitglied der Antifa.

Das Urteil des Gerichts lautete: für R. und G. je ein Jahr Gefängnis, für K. zehn Monate, Mildernd wurde be­rücksichtigt, daß die Tat weit zurückliegt.

Trotzki noch ohne Asyl

DNB. Paris, 28. April. Das Journal" will berichten kön­nen, daß Troßfi nach seiner Flucht aus Barbizon   sich zunächst nach Lagny Therigny begeben, aber auch diesen Zufluchtsort

am Freitag verlassen babe, weil er sich dort nicht mehr sicher fühlte. Troßki soll sich irgendwo im Seinedepartement auf­halten, ohne daß die Blätter nähere Angaben zu machen in der Lage find. Das Journal" behauptet überdies, daß alle bisher von Tropfi um ein Asylrecht angegangenen Regie­rungen einen ablehnenden Bescheid erteilt hätten, auch die türfische, so daß ihm nur noch die skandinavischen Länder offenstehen, die sich bisher noch nicht geäußert hätten.

Spanlenismsie ཡི་ དཅ་ རེ གརྩེ་ ནའི

Verschleppung der Entscheidung

DNB. Madrid, 28. April. Der Lösungsversuch der spa­ nischen   Regierungsfrise nimmt immer mehr den Charakter einer Aftion zur Rettung der Stellung des Staatspräst­denten an. Der mit der Regierungsbildung beauftragte Minister Samper, der Mitglied der radifalen Partei ist, hat durch seine Besprechungen eine Grundlage geschaffen, auf der ein dem zurüdgetretenen ähnliches Kabinett gebildet werden kann. Wenn die radikale Partei im lebten Augen­blic feine personellen Schwierigkeiten macht, dürfte noch heute mittag die neue Regierung gebildet werden.

Mit diesen Maßnahmen der Regierungsfommission ist die Aftion noch nicht beendet. Weitere Anordnungen zur Siche­rung der Eyefutive stehen in Aussicht.

Der Polizeiobersekretär Backes ist inzwischen den Schuß­verlegungen, die er sich selbst beigebracht hat, erlegen. Schon hatte die sogenannte deutsche Front" gehofft, mit dem toten Backes einen Nationalhelden zu gewinnen. Aber nun war es damit nichts. Amtlich teilte schon am Freitag das Polizei­präsidium von Saarbrücken   mit, daß die Generalfinanz­kontrolle schon bei der ersten Revision der von Backes ver­walteten Kassenbestände ein Fehlbetrag von 9000 Fr. festgestellt hatte. Neben den Defraudationen, die gegenwärtig untersucht werden, wird Backes noch passive Beamtenbe ste chung zur Last gelegt.

Backes war neben dem Kriminalfommissar Becker der Führer der nationalsozialistischen Polizeirebellion gegen die Regierungsfommission. Es war bekannt, daß er enge Ver­bindung zu dem Beauftragten des dritten Reiches" unter= Er stand in Beziehungen zur Gestapo   und zum Göbbelöschen Propagandadienst, dem er besonders gute Dienste leisten konnte, weil er Einblick in die Personal­abteilung hatte. Viele Details über interne Vorgänge bei der Polizeiverwaltung des Saargebietes, die durch den Rund­funt verbreitet wurden und sofort von der Presse des ,, dritten Reiches" verbreitet wurden, werden auf unmittel­bare Informationen von Backes zurückgeführt. Er war eingeschriebenes Mitglied der NSDAP., des sogenannten Rotringes, selbstverständlich der deutschen Front", und er spielte in der nationalsozialistichen Bewegung eine be­merkenswerte Rolle. Viele erblickten in ihm den künf= tigen nationalsozialistischen Beamtenführer an der Saar  .

Nun ist es zu Ende mit seinem Leben und seinen ehr­geizigen Hoffnungen. Sein Versuch, den Anschluß nicht, zu verpassen, endete im Gestrüpp der Defraudationen und Unterschlagungen. Weder im Leben noch im Tode können die Führer der deutschen Front" an der Saar   mit ihm Staat machen.

Land der Denunzianten

Keiner darf dem andern trauen Das nationalsozialistische Hakenkreuzbanner" berichtet über folgende Greuel des Badischen   Sondergerichts:

der er rückhaltlos vertraute"

Der 25 Jahre alte Wilhelm R. aus Mannheim   hat eigent­lich nur traurige Kindheitserinnerungen, es ist nach seinen Schilderungen seinen Eltern mit sechs Kindern miserabel gegangen, man zählte sich zum sogenannten Proletariat". Der heutige Angeklagte, der ein etwas ideal veranlagter Mensch ist, war schon frühzeitig von dem Gedanken durch­drungen, feinem Nächsten, dem es auch nicht veier veh, zu helfen. Rein aus diesem Grunde hatte er für alles Geishchen in näherer und weiterer Umgebuna Interesse. Er nar bet den Naturfreunden, um einen Vortrag anzuhören,

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der rein kulturellen Charakter trug, nahm auch mal eine Mit­gliedskarte der Sowjetfreunde", politisch organi fiert war er nie.

Seit einigen Jahren unterhielt R. ein Freundschaftsver­hältnis mit einer jungen Dame, der er rückhaltslos vertraute und, als sie im Februar dieses Jahres auf dem Feldberg war, wurden Briefe gewechselt, die R. verhängnisvoll werden soll= ten. Die Zustände in Desterreich, die sich gerade zu Anfang des Jahres suspißten, gingen R. im Kopfe herum, und als die Nachrichten von dem von der österreichischen   Regierung angerichteten Blutbad zu uns kamen, war R. davon jo aus dem Gleis gebracht, daß er viel unüberlegfes schrieb. Er warf Dollfuß  - Regierung und Faschismus durcheinander, hob Moskau   hervor, sprach von Juden und nationalen Criften­schweinen, die arbeitende Klaffe tritt einst als Rächer auf usw. Alle Briefe hatten den gleichen Sinn, und wenn R. nun behauptet, sich lediglich gegen die österreichischen Zustände ausgesprochen zu haben, jo fann ihm das nicht ohne weiteres geglaubt werden.

Das Gericht erfieht aus dem Briefinhalt eine Verächtlich­machung der deutschen   Reichsregierung und verurteilt R. zu 6 Monaten Gefängnis abzüglich 1 Monat Untersuchungshaft. In diesem Urteil ist der Persönlichkeit R.s, der auch bis jezt nicht vorbestraft ist, reichlich Rechnung getragen. Der Staats­anwalt hatte ein Jahr beantragt.

Straßburger   Wochenberichtbar sind, in einen Topf, warfen, sondern sich auch selbst Kommunistischer Gemeinderatswahlsieg

Elsaß   und Saarfrage

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eigenen ideellen Existenzgrundlage beraubt haben. Den Verzicht, den sie von der französischen   Regierung für das Straßburg  , den 27. April 1934. Saargebiet wünschen, hat Hitler   in bezug auf das Elsaß be­

Auf den regionalen Kongressen der verschiedenen elsäßischen Parteien nahm man in den letzten Wochen in Reden oder in Resolutionen Stellung zur Saarfrage. Meist ge­schah dies in einem durchaus toleranten Sinne. D. h. die Parteien der verschiedensten Prägung forderten für die saar­ländische Bevölkerung das Selbstbestimmungs­recht und gaben der Hoffnung Ausdruck, daß der Völker­bund dafür sorgen möge, daß im Saargebiet jeder Terror- von welcher Seite er auch komme im Hinblick auf eine freie und unbeeinflußte sowie geheime Abstimmung unter bleibt. Nun tagten am vergangenen Sonntag auch die Auto­nomisten des Elsaß  , die in der elsäßischen Landes­partei" und in der autonomistischen Kampfgemeinschaft" zusammen geschlossen sind. Ihr Kongreß interessiert uns nur, insoweit er sich mit der Saarfrage beschäftigte. Die dort an­genommene übrigens durch den deutschen Rundfunk mit Wohlbehagen verbreitete Resolution unterscheidet sich von der der anderen Parteien durch ihre in die Augen sprin­gende Inkonsequenz. Die Resolution fordert eine Behand­lung der Saarfrage nach den im Vertrag von Versailles   aus­drücklich anerkannten Grundsätzen des Völkerrechts". Gut so! Die Resolution begrüßt weiter grundsätzlich die Reg­lung der Frage auf Grund des Selbstbestimmungsrechts". Ausgezeichnet! Nun aber kommt die Wendung. Die Landes­partei und die Autonomistische Kampfgemeinschaft, die so­eben noch für Selbstbestimmungsrecht im Rahmen des Ver­sailler Vertrages eintraten, fordern dann in der gleichen Resolution unter Hinweis darauf, daß durch.,., eine Abstim­mungskampagne die jetzt schon vorhandene Erregung wesent­lich gesteigert und die deutsch  - französischen Gegensätze ver­schärft würden, daß die französische   Regierung auf die Ab­stimmung, deren Ergebnis ja doch nicht mehr zweifelhaft sein könne, verzichte. In dieser Zusammenstellung enthält die Resolution ein Gemisch von Forderungen, die sich gegen­seitig aufheben. Man kann nicht Selbstbestimmungsrecht für die Bewohner des Saargebiets und gleichzeitig Verzicht auf die Abstimmung fordern, die doch ein wesentlicher Bestand teil des Selbstbestimmungsrechtes ist. Im übrigen scheinen die elsäßischen Autonomisten, die man allerdings keinesfalls vergleichen darf mit jenen Strömungen, die im Saargebiet für die Autonomie eintreten, gar nicht bemerkt zu haben, wie sie mit dieser Resolution nicht nur Dinge, die völlig un­

reits ausgesprochen. Warum also noch autonomistische Ar­beit, wenn schon... Doch das geht uns eigentlich nichts an. Darüber schreibt die hiesige nichtautonomistische Presse bei­nahe jeden Tag. Fürs Saargebiet aber bleiben wir bei unserer Forderung, Aufrechterhaltung des Selbstbestimmungsrechtes, Durchführung der geheimen und unbeeinflußten Abstim­mung! Wenn das Ergebnis dieser Abstimmung jetzt schon nicht mehr zweifelhaft sein kann", so wird man die paar Monate ja noch abwarten können. Oder ist man sich des Er­gebnisses der Abstimmung etwa doch noch nicht so sicher, wie man in Resolutionen zu tun beliebt? Es scheint fast so!

Zwei Zwischenfälle

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Ein Naziautomobilist fuhr dieser Tage mit einem Wagen in der Münstergasse vor, der links und rechts je em metal, lenes Hakenkreuz trug. Die Bevölkerung ließ sich diese Provokation nicht gefallen, entfernte die Hakenkreuze und sette an deren Stelle die Trikolore. Dem Automobilist geschah weiter nichts. Auf der Eisenbahnbrücke wurde gegen Mitternacht ein französischer Gendarm von einem Deutschen   angefallen, der sich auf der Brücke bis auf die französische   Seite herüber geschlichen hatte. Der Gendarm konnte sich seines Angreifers erwehren, der ihn versuchte über das Brückengeländer hinunter in den Strom zu werfen. Als dem unbekannten Deutschen   sein Vorhaben

nicht gelang, flüchtete er in Richtung auf das deutsche Ufer. Die deutsche Brückenpolizei wurde von dem Vorfall sofort verständigt, ihre Untersuchung verlief bis jetzt ergebnis.

lo s.

Aussperrung in der Tabakmanufaktur

In der Tabakmanufaktur verhängte die zuständige Be­hörde über die Arbeiterschaft eine Aussperrung von einem Tag, über die Beamtenschaft eine solche von sechs Tagen, weil die gesamte Belegschaft vor einigen Tagen durch einen einstündigen Proteststreik ihren Unwillen gegen die Décrets  - Lois bekannt gegeben hatte. In einer großen Kund­Décrets- Lois bekannt gegeben hatte. In einer großen Kund­gebung in der Glocke" protestierten die von der Aussper rung betroffenen Arbeiter und Beamten gegen diese Maß

nahme.

Bei den Nachwahlen im Gemeinderat in Lingolsheim  erzielte die kommunistische Liste 13 Site, die unabhängige 2, wodurch eine gewaltige kommunistische Mehrheit herlei­geführt wurde.

Teurer Tabak

Ein Handelsvertreter aus Zürich   verstand es über die Schweizer   Grenze einen größeren Posten Tabak, Zigarren und Zigaretten nach Straßburg   zu schmuggeln. Hier wurde er am Bahnhof jedoch ertappt. Die Ware wurde beschlag­nahmt. Außerdem diktierte ihm das Gericht einen Monat Gefängnis und 9912 Fr. Fiskalstrafe zu.

Zwei Monat für einen erzwungenen Spaziergang

Der Einbrecher Keller, der dieser Tage, als er vor Ge­richt stand, durch Ueberrumpelung des ihn bewachenden Gendarmen ausreißen konnte, aber bald wieder eingefangen wurde, erhielt für seinen, erzwungenen Spaziergang zwei Monate Gefängnis.

Politische Flüchtlinge; ja, aber die anderen

In der Frühjahrsession des Generalrats des Bas- Rhin   stand auch die Flüchtlingsfrage zur Debatte. Uebereinstim­mend wurde von den Rednern aller Parteien betont, daß gegen den Aufenthalt wirklicher politischer Flüchtlinge nichts einzuwenden sei, daß man aber mit aller Rigorosität gegen jene vorgehen solle, die nicht einwandfrei nachweisen können, daß sie lediglich aus politischen Gründen Deutschland  verlassen haben. Der Herr Präfekt antwortete auf die ver­schiedenen Anfragen, daß er diese Meinung teile. Um genaue Feststellungen machen zu können, würden gegenwärtig gründliche Erhebungen durchgeführt. Die politischen Flücht­linge können mit dieser Handhabung der Angelegenheit durchaus einverstanden sein.

Straßburger   Konzertleben

Nach Bruno Walter   mit den Philharmonikern aus Wien  , die einen überfüllten Sängerhaussaal begeisterten, und dem berühmten Frit Kreisler, der heute gastierte, wird sich am 3. Mai das weltbekannte Buschquartett vorstellen, das eine Gesamtaufführung der Beethovenquartette bringt.

E. D.