Deutschlands AufrüstungBewaffnung und Ausrüstunga) Versorgung mit Rohstoffen;.-.^ n t" eI.£ Ö em Umfange die technische Aufrüstung vor sich geht,ist am oeiten aus der starken Einsuhr von Rohstoffenzu ersehen, die der Kriegserzeugung dienen. Sie hält trotz derDemseunot Deutschlands unverändert an. Das zeigen auchdie Zahlen für die Monate Januar und Februar 1334.DeutschlandsMetalleinfuhr sin To.) KupferJanuar u. Februar 1932 13482-„„ 1933 22125„„„ 1934 38 296Zink Blei Zinn Nickel13 524 9132 1 976 49912102 5 226 2 354 62122 362 9 686 2 684 1 072Auch die innerdeutsche Wirtschastsrüstungwird mit großen Mitteln gefördert. Besonders eifrig wird dieSteigerung der deutschen Oel- und Benzinproduktion ge-trieben, obwohl die Herstellung drei- bis viermal mehr kostetals der Bezug aus dem Ausland, zumal der Reichskasse auch«och die Zolleinnahme entgeht. Die Benzinproduktion ausBraunkohle ist schon 1933 von der JG.-Farben in Leuna starkerweitert worden. Genaue Angaben werden im Geschäfts-bericht verschwiegen. Die Rohölproduktion Preußens ist inden letzten zehn Jahren von 60 000 To. auf 232 000 To. er-weitert worden.Sehr interessant ist ein Bericht im„Deutschen Reichs-anzeiger" Nr. 91 vom 19. April. Danach hat Pros. ing.L. Ubbelohde von der Technischen Hochschule Charlottenburgin einem Vortrag über«Der deutsche Äineralöl-Wirtschafts-plan" gesagt:„Die inländische Verarbeitung eingeführten ausländischenRohöles stelle nur eine halbe Maßnahme dar, denn i mFalle eines Falles würde sich ein Mangel an demvotwendigen Rohmaterial einstellen."h) Die Herstellung schwerer WaffenDie für die Wasfenerzeugung zugelassene Rhein-m e t a l l- Düsseldorf bringt die neueste Sorte Maschinen-gewehre heraus. Die Patronen brauchen nicht mehr in einemGurt befestigt zu werden, sondern werden automatisch in denLauf hineingezogen Die Fabrik hat auch eine Anzahl Ver-suchsexemplare eines neuen Tchnellfeuergeschützes für Flug-zeugabwehr hergestellt. Dieses Geschütz besitzt fünf rotierendeLäuse und soll eine Feuergeschwindigkeit von 1000 Schuß proMinute erreichen.Die Lastautosabrik Büssing- Braunschweig fabriziertTanks serienweise. Einige Versuchsmodelle kleinerer Tanks,sogenannte Tanketten, stehen schon bereit. Auch bei denDeutschen Werken in Kiel werden Tanks hergestellt.Die frühere Karlsruhe-Waffensabrik, setzt Berlin-Karlsruhe in Berlin, fertigt Maschinen zur Herstellungvon Kriegsmaterial an.Auf der S ch i ch a u w e r f t in Elbing werden Tanks her-gestellt. Die Waggonfabrik Linke-Hossmann inBreslau fertigt Tankteile an, die Waggonfabrik C h r i-stoph u. Umnack in Görlitz schwere Geschütze. Löwe-Berlin hat grobe Austräge an besonders langen Drehbänkenfür Flak-Langrohrgeschütze. DeutscheWerkeSpandaustellen neue Maschinen auf, nachdem sie mehrere Jahre prak-tisch in den Kriegsabteilungen stillgelegen waren.c) Herstellung von leichten Waffen und Munition< Außerordentlich groß ist die Zahl der Fabriken, die in denDienst der Aufrüstung gestellt sind. Die weltbekanntenFirmen Siemens, AEG. und Löwe- Berlin arbeiten indrei Schichten zu acht Stunden. Diese Firmen hatten zumTeil vom Kriege her in großer Zahl Revolverdrehbänke aufLager. Zum Teil werden neue Drehbänke aufgestellt. Siewerden in der Hauptsache von der WerkzeugmaschinenfabrikP r i t t l e r in Leipzig bezogen. Auch dieses Unternehmenarbeitet in drei Schichten. Die Drehbänke dienen der Her-stellung von Granaten, Kaliber 77, 105 und 150 Millimeter.In Verlin-Brandenburg gibt es keinen arbeitslosen Re-volverdreher. Tie Nachfrage nach solchen Facharbeitern ist sogroß, baß man sie sogar aus den Konzentrationslagern holt.Bei Siemens u. Halske ist eine Maschine für einePistole ganz neuer Konstruktion und einem Kaliber von11 Millimeter hergestellt worden. L o r e n z- Berlin stelltMaschinengewehre her. Sehr stark ist B o r s i g- Berlin be-schäftigt. Dieses vor zwei Jharen bankrotte und mit Reichs-mittel« subventionierte Unternehmen hat seine Belegschaftauf 3000 Mann erhöht. Ursprünglich wurden nur SA.-Leuteeingestellt. Da ihre Leistungen schlecht waren, wurde die Ein-stellung nach beruflichen Gesichtspunkten ohne Rücksicht aufdie Gesinnung vorgenommen. Borsig fabriziert schwere Ma-schinen. ewebre. Er hat neue Spezialmaschinen ausgestellt. Inder alten stillgelegten Flugzeughalle wurde eine Munitions-dreherei ausgebaut.. Man baut sogar neue Hallen fürGcschützdrcherei. Borsig und Rheinmetall sind nur durcheinen Bretterzaun getrennt. Es besteht eine innige Zu-sammenarbeit zwischen den beiden Unternehmungen.Das Herz der deutschen K le i n w a ffe n fabrikation istSuhl und seine Umgebung. Dort herrscht Hochkonjunktur.Geschlossene Fabriken sind wieder geöffnet. Alle Betriebearbeiten in drei Schichten. Es werden auch Maschinen zurHerstellung von Kriegsmaterial angefertigt, während im all-gemeinen nur Revolver und Gewehre hergestellt werden.In Ruhla und Sömmerda werden Flugzeugabwchr-geräte hergestellt. In Sömmerda ist ein Flugzeugabwehr-geschütz hergestellt worden, das 1000 Schuß in der Minuteabgeben soll.Im gleichen Maße ist in privaten und staatlichen Unter-vehmungen die Fabrikation von Munition im Gange.B o r s i g-Berlin, S i e m e n s- Berlin, L o r e n z- Berlin,Hasse u. Wrede-Berlin sind besonders zu erwähnen.S ch u ck e r t- Nürnberg fabriziert neue Ausschlagzünder, diedie Bezeichnung„Thermosslaschenverschluß" haben. Währendbei den alten Granatzündern Zahlen eingraviert waren undvor Abschuß auf eine dieser Zahlen eingestellt wurden undnach der entsprechenden Zeit explodierten, sollen die neuenZünder jeweils beim Aufschlagen explodieren. Der alte Zeit-znnder ließ nämlich erkennen, aus welcher Entfernung dieGranate abgeschossen war. Das wird setzt unmöglich. ImA r s e n a l in Dresden, auf dem Truppenübungsplatz Zeit-Hain lSachsen), wo sich während des Krieges Munitions-fabriken befanden, wird wieber gearbeitet.d) Herstellung von Flugzeugen und FlugplätzenBesonders umfangreich ist die Vorbereitung der Luft-rüstung. Deutschland verfügt bereits jetztüber eine riesige Zahl von Flugzeugen. Einerheblicher Teil wurde aber nicht aus Mitteln des Reichsangeschafft. Seit dem Frühjahr 1933 wurden Gemeinden,Verbände, Firmen und Privatpersonen veranlaßt, Flug-zeuge zu stiften. Das ist in erheblichem Ausmaß geschehen.Die Maschinen stnd genormt und von gleichem Typ. Nurwenige stnd startbereit. Tie Mebrzahl liegt demontiert undverpackt in Hallen. Deutschland kann innerhalb kurzer Zeitdurch einfache Montage seinen Bestand an startbereitenFlugzeugen auf ein Mehrfaches erhöhen.Trotzdem wird eifrig an der Herstellung weitererFlugzeuge gerarbeitet. Alle Automobilfabriken undIIIMotorensabriken stellen Flugzeugmotore her. Das gilt vorallen Dingen für die DKWerke in Sachsen und für die Boye-rischen Motorenwerke lBMW.j. Bei BMW. sind drei großeArbeitshallen gebaut worden für eine Belegschaft von2000 Mann. Man begründete den Bau mit einem russischenAuftrag über 5000 Fliegermotore.Selbstverständlich sind sämtliche Flugzeugfabriken bis andie Grenze ihrer Leistungsfähigkeit beschäftigt. Junkersin Dessau beschäftigt 9000 Menschen. Es werden neue Mon-tagehallen angelegt, und zwar in Form von Arbeitersied-lungen, Häuser mit tiefen Kellern, Die Focke-Wulf-Werke in Bremen arbeiten in drei Schichten mit erhöhterBelegschaft. Dasselbe, gilt von den deutschen Dornier-Werken bei Friedrichshasen. Sie stellen schwere Kampsflug-zeuge her. Das ist auch der Fall bei den Flugwerken inWarnemünde. Der Flugzeugbau Johannisthal er-zeugt Ausbildungsslugzeuge. Die Werft Blohm u. Boßin Hamburg baut neuerdings Flugzeuge.Die A T G. lAllgemeine Transportgesellschaft) Leipzig hatfeit einigen Monaten ihre Produktion umgestellt. Sie erzeugtFlugzeugtragflächen. Die Firma stellt Leute ein, die vorherbei Junkers in der Flugzeugmontage ausgebildet waren.Solche Leute gibt es bei Junkers einige Tausend, die nachihrer Ausbildung in ihre Heimat zurückgehen.Flugzeughallen werden gebaut von der FirmaH. Gossen- Berlin-Reinickendorf und K o m n i f inElbing.Flügplätze werden in allen Teilen Deutschlands neuangelegt: Im Munsterlager bei Bremen, in Demmin(Pommern), in der Pfalz, in Ottobrunn bei München, in Harburgo. E. usw. Ein Seeflugzeughasen ist in Seerappen beiKönigsberg entstanden. Diese neuen Flugplätze kommenschon wegen ihrer Lage für die private Luftfahrt nicht inBetracht.Der Flugplatz in Kottbus ist ausgebaut worden undjetzt dreimal so groß wie vorher. Besondere Mannschasts-hallen sind im Walde errichtet worden. Neue Flughallen zurUnterbringung von 70 Flugzeugen, deren Dächer mit Moosabgedeckt sind, wurden'erbaut.Der neuerbaute Flugplatz O t t o b r u n n bei München istin Betrieb genommen. Dort sind Fliegerstürme der SA.und Mannschaften der Verkehrsfliegerschule untergebracht.Der Flugplatz wird zur Ausbildung der SA.-Fliegerstürmeverwendet. Es fliegen Doppeldecker und Jagdflieger. Auchdie schweren Maschinen aus Oberwiesenfeld(ohne Fensterim Rumpf und mit ausfallend starkem Motorengeräusch) sindzu beobachten, trotz der Tarnung durch Leinwandüberzug.In München- Oberwiesen seid befinden sich zwanzigschwere Kampfflugzeuge, die im Passagierslug nicht ver-wendet werden. Die Flugzeuge sind dreimotorig und durchdas dumpfe Gebrumm leicht von den Verkehrsflugzeugen zuunterscheiden. Auch fehlen ihnen die Kabinen.Der Flugplatz S ch l e i ß h e i m bei München wird durchden Arbeitsdienst ausgebaut. Es werden zwei dreischisfigeHallen, 40 Meter lang und 30 Meter breit, gebaut, auch einegroße Anzahl von Wohnhallen.Die Flugzeugpilotenausbildung war bis zumVorjahr sehr teuer. Sie kostete 1400 Mark. Jetzt ist die Teil-nähme an diesen Kursen umsonst. Die Flugschüler sind Stu-denten, Gymnasiasten und junge Techniker.Am 18. April hat der Reichslustfahrtminister Göring einesehr wichtige Verordnung erlassen. Es werden 16 Luft-ämter errichtet, denen alle Ausgaben aus dem Gebiet derLustfahrt übertragen werden. Man begründet diese Maß-nähme mit verwaltungsmäßiger Vereinfachung. Davon kannaber im Ernst gar keine Rede sein. Die für die Luftfahrtwichtigen Maßnahmen, Flugsicherung, Wetterbeobachtung,Fahrplan usw. wurden bisher bereits einheitlich vom Reichunter Ausschaltung der Landesbehörden geregelt. Bei derneuen Organisation handelt es sich um eine Zusammen-fassung unter rein militärischen Gesichtspunkten.Der frühere Führer des Flugbootes„Do. X.", Chri-stiansen, ist jetzt Ministerialrat im Luftfahrtministerium.e) Herstellung von chemischen KampfmittelnIn Aken an der Elbe wird eine chemische Fabrik erbaut,es soll ein Teil der Produktion von Ludwigshasen nach Akenverlegt werden. Die Anlagen sind zum Teil unterirdisch.Die Arbeitsvermittlung geht von der NSDAP, und derReichswehr aus. Das Leunawerk in Merseburg stelltArbeiter für Kriegsproduktion ein. Die Firma Drager'»Lübeck erzeugt Gasmasken. Auch in Hamburg ist eineFabrik, die 200 Arbeiter beschäftigt, neu errichtet worden. Sieerzeugt ebenfalls Gasmasken.f) Herstellung von AusrüstungsgegenständenAuch die Herstellung von Ausrüstungsgegenständen ist imvollen Gange. Munitionskästen, Geschoßkörbe, Stahlhelme,Seitengewehrscheiden, Patronentaschen, Tornister,^rtachel-draht, Motorräder usw. werden von zahlreichen Betriebenin ganz Deutschland erzeugt.Bei Zeiß-Jena wird in einer Sonderabteilung eineGruppe von 18 Arbeitern mit der Herstellung eines beson-deren Richtinstrumentes zu dem Flugabwehrgeschütz be-schäftigt. Seine Verwendung soll alle Schwierigkeiten beheben, die sonst ein bewegliches Ziel bietet. Ein Flugzeug,das von diesem Instrument gesichtet wird, soll praktisch nichtmehr aus der Feuerlinie geraten. Die optische Industrie inWetzlar arbeitet in drei Schichten.Befestigungenund sonstige Vorbereifungena) Befestigungen im OstenIm Heilsberger Dreieck(Ostpreußen), wo militärische Anlagen erlaubt sind, befinden sich 25 Arbeitslager mitje 150 Mann. Sie werden ausschließlich militärisch aus-gebildet.'Auch in den übrigen Teilen des Ostens sind Befestigungenvorgenommen worden, so z. B. bei C r o s s e n a. Oder. Dortist auch ein neues Kraftwerk vorwiegend zu militärischenZwecken gebaut worden. An der ganzen polnischen Grenzelagern fast in jedem Bauerndorf große Mengen Stacheldraht.Die Leitungen des Kraftwerkes sollen sowohl gleichzeitigoberirdisch und unterirdisch sein.Aus der Strecke Frankfurt a. O.—Breslau liegt das Krall-werk Finkenherd. Auf dieser Straße sind bereitswiederholt nachts Versuche mit Strahlen an fahrenden Auto-mobilen gemacht worden. Durch die Strahlen sind fahrendeAutos plötzlich zum Stehen gebracht worden. Die Versuchesollen demnächst auch an Flugzeugen ausprobiert werden.Auch von der sch lesischen Grenze gegen Polen undgegen die Tschechoslowakei liegen Nachrichten über starkeBefestigungen vor.h) Kasernen und UnterkünfteVon überall liegen Nachrichten vor, daß Kasernen undmilt.dn■■■*'<••'' Tie in den l-tzten zehn Jahren zu Wöh-nungs- oder Bürozwecken zur Verfügung gestellt wordensind, in kurzer Zeit geräumt werden müssen. Teilweise sinddie Kasernen bereits geräumt.c) Ausbau der MarineIn Kiel werden bei den Deutschen Werken U-Boote inleicht zusammensetzbaren Teilen gebaut. Damit steht auchim Zusammenhang die Einrichtung von U-Boot-Schulen.Ferner werden in Kiel und in Wilhelmshaven je einPanzerkreuzer von 6000 To. der Leipzig-Klasse gebaut.Fröhlich nahVerschiedene Errungenschaften?Es war am 1. April sehr amüsant, die enttäuschten Ge-sichter der Briefträger zu beobachten, die zum großen Teileinmal begeistert waren für die kommenden Verbesserungen,die das„dritte Reich" bringen sollte. Nun müssen sie zuihren erheblichen Abzügen am geringen Gehalt auch nochSonntags die Post austragen, was sie unter dem verfluchten„System" nicht brauchten. Wenn die Schadenfreude vorsichtiggenug zur Schau getragen wird, gibt es noch keine Schutz-Haft. Darauf waren unsere Leute bedacht.Eine ähnliche Enttäuschung gab es auch bei denBäckern, für die ohne vorherige Befragung wieder dasNachtbackverbot aufgehoben wurde. Sie sagen, weil irgendein Stenz in der Bonzenuniform die warmen Brötchen etwasfrüher wünschte.Eine Veröffentlichung, wonach die Reparaturdarlehen fürHausbesitzer bereits vergriffen sind, hat auf die naivenBewunderer des„dritten Reiches" auch etwas ernüchterndgewirkt. Sie glaubten tatsächlich an Wunder und müssennun sehen, daß es keine Wunder gibt, wenn das Geld zuEnde geht.Die Zeitungen klagen stark über die erschreckend zunehmen-den Diebstähle aller Art, worunter die Autodiebstähle einenbesonderen Rang einnehmen. Auch das Wildern und dieRoheitsdelikte der Jugend nehmen zu. Kein vernünftigerMensch hat etwas anderes erwartet.V ertrauensratswahlenGegen die niederschmetternde Wirkung der sogenanntenVertrauensratswahlen, die offenbar überall dieselbe Ab-lehnung der großen Mehrheit ergeben, scheint man jetztdas auch sonst sehr wirksame Mittel des Verschweigens an-zuwenden. Es sind nun schon mehrere Fälle bekannt ge-worden, wo das Ergebnis gar nicht mitgeteilt wird. Dieeinzige Veröffentlichung, die man bis jetzt lesen konnte, be-handelte das Ergebnis bei den städtischen Arbeitern in Pix-masens, aber auch da wird nur mitgeteilt, daß die Saudi-baten über 50 Prozent der Stimmen erhalten hätten. Alsoselbst bei dieser gut sortierten Belegschaft, die von allen be-kannten Marxisten grünblich gereinigt wurde, ist also dasErgebnis sehr mager ausgefallen.Verhaftung und Verurteilung eines VerteidigersEinen interessanten Blick in die gegenwärtigen deutschenRechtsverHä issc gewährte die letzte Tagung des Sonder-qerichtS in Frankenthal. Dort wurde der RechtsanwaltTheobald Schultz aus Ludwigshasen zu einem JahrGefängnis verurteilt, weil er angeblich während der Ver-teidigung eines tüchtigen Nazianhängers von Pirmasens denGauleiter Bürckel beleidigt haben soll. Der Bäcker Fichtnervon Pirmasens hatte, wie so viele seiner TA.-FreundeHerrn Bürckel als einen Separatisten bezeichnet. Gegendiesen Vorwurf, der in Reden und Zeitungen von Nazi-anhängern vor der Machtergreifung immer wieder gegenBürckel erhoben wurde, hat sich dieser Mann bis heute nichtreingewaschen. Nach der Machtergreifung ließ er seine Feindeeinfach verhaften, verprügeln und aus ihrer Heimat ver-weisen, womit für ihn die Sache erledigt schien. Aber bei allenmöglichen Anlässen wird auch heute der Vorwrui erneut er-hoben, und zwar immer wieder von semen eigenen An-hängcrn, die natürlich genau Bescheid wissen, was los war.Bürckel ist aber jetzt eine so hohe Persönlichkeit geworben,daß es ihm gelingt, gegen jeden Angreifer hohe Gefängnis-strafen zu erwirken, wobei aber die gut eingeweihten Per-sönlichkeiten zwecks Aufklärung der Angelegenheit nie ge-hö-t werden. Fichtner erhielt 6 Monate Gefängnis. Sc nAnwalt wurde sofort verhaftet nnd erhielt nun ein JahrGefängnis, weil er Fichtner verteidigt hat und dabei eben»falls nicht umhin konnte, gewisse verdächtige Umstände imLeben Bitrckels anzudeuten. Nun kann er ein Jahr lang überdie herrliche Rechtsordnung des„dritten Reiches" nach-denken.Etwas mehr Glück hatte der FabrikarbeiterJakob Dahl aus Niederauerbach, der einem Fremden-legionär geschrieben hatte, die Arbeiter seien seht in Deutsch-land die reinsten Wirtschastssklaven, es werde aber die Zeitkommen, wo mit dem Faschismus abgerechnet werde. Werheute die Wahrheit sage, werde verhaltet nnd nach Dachauverbracht. Für diese reine Wahrheit erhielt er zwei MonateGefängnis.Ein tapferer„Knedif"Der FackelzugAus Wallhalben in der Pfalz wird berichtet:„Wegengroben Unfugs wurde der 26jährige Dicnstknecht Feldheiservon Wallhalben vom Amtsgericht Waldfischbach zu vierWochen Haft verurteilt, wogegen er, wie auch der Amts-enwalt Berufung einlegte. Bei einem anläßlich des Wahl-crgebuifles am 12. November abends in Wallhalben abgehal-tenen Fackelzug mit Feier vor dem Rathaus hatte der An-geklagte beim Absingen des Deutschlandliedes die Mütze.aufdem Kops, die Zigarette im Mund und die Hände in denTaschen behalten. Bo« den Gendarmen zur Rede gestellt,warum er nicht die Mütze abgenommen und den Arm nichterhoben habe, gab er zur Antwort, er habe nicht gewollt.Die Kleine Strafkammer Zweibrücken verwarf die Berufungdes Angeklagten, gab der des Amtsanwalts stattund verurteilte ihn unter Aufhebung deser st richterlichen Urteils wegen groben U n-fugs zu 6 Wochen Haft und zu den Kosten der beidenBerufungen."