»Deutsche Freiheit", Nummer 101Das bunte VlattDonnerstag, 8. Mai 1931.ÖjCtitQC} fyclbm, Aktionäre Von Erich Gottgetreu(Jerusalem)ES gesiel^öem bärtigen und bebrillten Männchen, das inder letzten Sekunde in den Autobus gesprungen war und sichsofort als„Eremit" vorgestellt hatte, unter der heißen Sonnedes Heiligen Landes, und es begriff nicht, daß seine Frau,die noch irgendwo in Europa wohnt, ihm bis heute nichtgefolgt ist,' das wußten wir schon nach den ersten fünf Mi-nuten. Es gefiel dem Eremiten im Heiligen Lande und ererlebte es mit Begeisterung. Als wir an Abu Dis vorbei-kamen, dem Ränberdorf, dessen Scheich erst dann die Lust anUeberfällen auf vorbeiziehende Reisende verlor, nachdem ihndie Regierung zum Gendarmeriechef gemacht hatte— dafluchte er den Arabern, denn die seien vom Teufel und nichtvon Gott. Als wir die Gegend von Nebi Musa passierten,die die Mohammedaner geschichtswidrig zum Todesort Moseserklärt haben— da wiederholte er den Fluch in den läster»lichsten Worten. An anderer Stelle der Straße wollte er unsdazu bewegen, die dort gehandelte Nachbildung der Schleuder,mit deren Hilfe David Goliath steinigte, zu kaufen. An demOrt aber, an den die christliche Ueberlieferung die Legendevom Barmherzigen Samariter verlegt, war seine Dauerredeerfüllt von der Poesie der Bibel, die er zitierte. Nun lagschon der Blutfelsen hinter uns und das türkische Fort. InRiesenkehren gings immer tiefer, bald mußte das berühmteSchild kommen: Sea level. Bon hier aus sinds nur nochwenige Kilometer bis zum Toten Meer.Die Landschaft wurde immer kärglicher, karstiger, kahl-luppig, felsartig. Maulesel und Kamele fraßen sich an spär-lichem Gebüsch halbsatt. Der Wagen bog links ab, ins WadiEl Kelt hinein. Unter uns eine Schlucht, an der Felswandgegenüber, vom Licht nicht beschienen, von aller Welt fastabgeschnitten, ein graues Nest am grauen Stein, ein Straf-kloster, behaust von Mönchen, die sich gegen Regeln ihresOrdens vergangen haben. Das ist das Sibirien des Kreuzes.Auf einem schmalen Saumpfad, den das Klosterzuchthaus alseinzigen Gruß an die Welt entsendet, kommen— keine Post,keine Besucher, nur hin und wieder ein Sack Erbsen und einSack Linsen, Alltagsmahl und Festtagsmahl.*In Jericho steht der Ford wieder inmitten der wogendenWelt. Auf den alten, so berühmten Mauerresten klettern sichdie Fremden müde,' oder sie wandern zu jener Stelle, an derdie Juden unter Josua den Jordan überschritten habensollen, oder auch zu jener, an der Jesus die Taufe empfing?dann ruhen sie an dem trüben Elisähbrunnen, den einkümmerlicher Gasthausbetrieb umrahmt. Weniger primitivals das Gasthaus am Brunnen vor der Mauer sind ein paargrößere Hotels eingerichtet, deren arabische Wirte Jerichozur Winterfrische machen wollen.„Alteingesessene" Tel-Aviver kommen zu ihnen, wenn denen ihr Orient-Paris zulärmend wird. Nun wurden wir animiert. Der Eremitwarnte: ob uns nicht bekannt sei, daß selbst die Beduinen derBerge sich der Zaubersprüche und Amulette gegen die freienSitten der entarteten Jerichoer verwahrten. Es war unsnicht bekannt. Der arabische Wirt empfahl einen Feuerfresser,der am Abend eine Galavorstellung geben werde. Die Gesell-schakt bestieg das Auto und fuhr auf glatter Straße, zwischenhellen Halden und Tafeln, die kristallisch-salzig schimmerten.*Das Tote Meer hat einen schlechten Ruf. 391 Meter untermWasserspiegel, und dann gehts nochmal 399 Meter tief hinein!Seine Flut ist brennend bitter und widerlich ölig. Kein Fischschwimmt in dieser giftigen Lauge. Wer in ihr badet und sichnicht gut danach abtrocknet, muß befürchten, daß ihm dieHaut wegbrennt. Wer von diesem Bitterwasser geschluckt hat,muß mit inneren Schwellungen rechnen. Selbst der Nicht-schmimmer geht in dem mineralreichen Wasser kaum unter.Kaiser Bespasian war über dieses Phänomen so sehr über-loscht, daß er,«des Interesses halber," wie Flavius Josephusschreibt, ein paar Sklaven mit.zusammengebundenen Händenins Wasser werfen ließ: sie ertranken nicht.Die Reisegesellschaft ist vor einem eleganten Lokal aus-gestiegen, zur Jazzmusik drehen sich die tanzenden Paare,Kellner tragen jede gewünschte Delikatesse auf und Architektensitzen schon über den Plänen zu einem großen Luxushotel,Golf- und Tennisplatz werden sie nicht vergessen. Die Sonn«zaubert in wundervollem Abendrot und Abendviolett denAbglanz ihres Goldes auf die gegenüberliegenden, bis zutausend Meter ansteigenden Berge von Moab. Später zeigtes sich, daß die Touristen noch sehr primitiv übernachtenmüssen— die weiblichen in Baracken auf freiem, nachtdunklenFelde, die männlichen in einer feldbettbesetztcn Halle—, aberwenn erst das Hotel fertig ist, wird sicher aller Luxus locken,den der zivilisierte Mensch liebt. Schon meint einer spottend:Totes Meer, aber eine lustige LeicheDoch da kommt von einem, der lange hier unten gelebt hat,schwer die Erwiderung:„Im Süden, da wo der Dschebel Usbum sich der Erde ent-reckt, Lots zur SalzscNtle erstarrtes Weib, ein Stück biblischeGeschichte, Sodom und Gomorrha— da ist die Hölle."*Wer das Salzmeer entlangwandert und feststellt, daß diesnur auf eine kurze Strecke möglich ist, da das weglose Uferbald felsig steil in die bittere Flut hineinfällt— wer alsomit dieser Erkenntnis den Tee mit dem Schiff befährt, dasaber gut gebaut sein muß, da die Dichte des Wassers denTiefgang erschwert und somit die Kentergesahr steigert— dererlebt bald sein ödes Grauen, seine Trostlosigkeit und ebenseinen Tod. Aschenartig aussehende Erde, Lavafelsen, eineFeuerlandschast. Höllenhitze überdampst sie, kein Bogel singtin diesem Feueratem. Weit und breit kein Mensch am Ufer.Wüste aus Meer und Stein. Wüste in blau und gelb. Fels-löcher zeigen, wo sich ehemals Eremiten niederließen, Salz-berge, wo Sodom und Gomorrha standen. Das ist am Süd-ende des Todesbeckens. Nach alter Ueberlieferung wurdendie Sündenstädte von oben nach unten gestürzt, in Wahrheitaber wohl durch ein Erdbeben zerstört: auch Totes Meer undJordansenke selbst verdanken ihre Tieslage einer gewaltigenNaturkatastrophe. Fern allem Leben arbeiten am Südende,das übrigens auch Petroleumlager birgt, Salzgräber. Allezwei Wochen bringt ihnen ein Motorboot Lebensmittel. DasSchiff der Hölle nennen es die Beduinen. Und fügen hinzu:Wer will, daß der Todesengel bald zu ihm komme, der steigeein. Und dann blocken sich hier Felsen, die in der Hitze Asphaltausschwitzen. Im Altertum hat man ihn aus dem Salzmeergefischt, dabei dem Aberglauben folgend, daß nur Blut undUrin die größeren Stücke lösen könne. Alles wird hier zumMythos, zum Symbol. Da wird gemunkelt: die alte Bibel-stadt Sughar, die hier stand, hieß eigentlich„Sakar": dieHölle. Eine andere Bibelstätte: Engedi. In den Höhlen vonEngedi hqt David Saul gefangen, der ihn mit dreitausendMann verfolgte. Und tausend Jahre später hausten hier dieEssener— fromme Sektierer, Vorchristen, friedliebend,luxusfeindlich, frauenlos, Heilige in unserer Welt. Währendsie ihre Gebete zu den Sternen schickten, rammten die rö-mischen Legionen des Titus die nur ein paar Meilen entferntgelegene Felsenfeste Massada, einst von den Makkabäern ge-schützt, jetzt, nach Jerusalems Fall, von den Zeloten mitTodesmut gehalten. Als sie den Römern nach langer, kriegs-technisch raffinierter Belagerung in die Hände siel, fanden dieSieger in ihren Trümern nur noch zwei Frauen und fünfKinder. Die übrige Besatzung, eine Tausendschaft etwa, warin den Freitod gegangen.*Unsere Reisegesellschaft hatte ihre bescheidenen Abenteuer.Da sie auch in der Oede die Schönheit suchte, ließ sie ihrSchiffchen„Kallierhoe" in der Mitte des Ostufers, auf trans-jordanischer Seite also, an der oasenartig umgrünten Arnon-Mündung festmachen. In enger, rotumselster Schlucht, einerorientalischen Partnachklamm, ergießt sich hier Süßwasser indie Salzslut. Hinter der ersten Krümmung der Klamm sollein gigantischer Wasserfall zu Tal rauschen. Aber niemandsah ihn. Denn als plötzlich ein junger Mann in einem un-erwarteten, ungekannten Strudel verschwand und nur mitknapper Not vom Ertrinken gerettet werden konnte, erstarbdie Lust zur Fortsetzung der Expedition... Das zweitemallegte das Schiff an jener warmen Quelle an, in deren Dampfschon Herodes Heilung von seinem Rheuma gesucht hatte—vergeblich: er starb hier. Das drittemal ging die„Kallierhoe",und auch hier ihre Gäste zum Landaufenthalt entlassend, ander Zerkamündung vor Anker. Als sie sie wieber gelichtethatte und sich sozusagen schon auf hoher Salzsee befand, ent-deckte der Kapitän— seitdem die„Emanuel" unter wehenderWogen David zwischen Jassa und Haifa kreuzt, nicht mehrder einzige jüdische im Lande—, daß er einige der Ausflüglerin der fürchterlichen Oede des Ufers vergessen hatte: er kehrteum und holte sie. Als man den Vergessenen erzählte, daß imJahre 1929 eine größere Reisegesellschaft drei volle Tage aufdem Toten Meer, das doch nicht viel größer ist als der GenferSee, verschollen blieb, nachdem ihr Schiff aus irgendeinemtechnischen Zufall manövrierunfähig geworden war, erschreck-ten sie noch nachträglich. Denn an diesen Usern schaukelt keinRettungsboot, wacht kein Posten— hier schläft ein müderTod. Anders wäre es wohl gekommen, wenn das alte eng-lische Projekt gelungen wäre, ausgelöst durch die Welt-handelsbcdeutung des ehemals französischen Suezkanals,einen künstlichen Wasserweg ab Haifa durchs Emek, denTiberias-See, den Jordan, durchs Tote hin zum Roten Meerzu schaffen. Aber der Plan stieß auf erbitterten Widerstandkirchlicher Kreise, die nicht wünschten, daß die Bibellandschaftin einem stärkeren Maße kommerziell ausgebeutet werde?außerdem scheiterte er an geografisch-geologischen Boraus-seyungen? und endlich wurde er auch überflüssig, denn dieEngländer erwarben mittlerweile die Aktienmehrheit derSuezkonkurrenz. Amerikanischen Zeitungen war es vorbe-halten, zur Zeit der palästinensischen Unruhen des Jahres19J9 entrüstet zu fragen: Warum liegt noch kein Panzer-kreuzer auf dem Toten Meer?Es ist kein Schlachtmeer. Sein Geschichtsschreiber für dieGegenwart und für die Zukunft ist nicht der Kriegsbericht-erstatter, sondern— der Chemiker. Er sitzt, Angestellter der„Palestine Potash Company", gegründet 1939 mit 499 999Pfund Aktienkapital, in einem Bürohaus der Abessinien-straße in Jerusalem und analysiert die Materialproben, dieman ihm„von unten", aus 1299 Meter Tiefe, heraufschickt.Am Nordende des Sees sind Verdunstungsbecken in denLehmboden eingelassen. Dieselmotoren stampfen, eine Pump-station faucht, in den„Salzpfannen" scheiden sich Wasser undMineral, und fünfhundert Arbeiter und Ingenieure, Judenund Araber, werten hier im Schweiße ihres Körpers. IhrDirektor ist Novomeyski, der schon im Jahre 1911, als alleWelt, die arabische zuerst, ihn verlachte, unten am Salzseemonatelang im Zelt hauste, der Glut ausgesetzt, in Malaria-not, aber experimentierend, unermüdlich erperimentierend.Und die Forschung hört nicht aus. 1931 wurde festgestellt, daßdas Wasser 175 Fuß unter der Oberfläche am mineralhaltig-sten sei: nun wurde eine zweieinhalb Meilen lange Unter-Wasserleitung in jene Schicht geführt. Die Taucher mußtenmit besonderen Gewichten beschwert werden.Zur Ausbeutungskonzession, die von der englischen Regie-rung gleichzeitig mit Novomeyski dem vom Krieg her inter-essierten schottischen Major Tulloch übergeben worden war,gehört u. a.„das Recht, aus dem Jordan frisches Wasser zuziehen". Aber nun behaupten aus einmal Araber, daß diesesRecht und jedes Recht am Toten Meer unwürdigen Besitzernausgehändigt worden sei. Sie berufen sich dabei auf einetürkische Vorkriegskonzession, die im Jahre 1923 von einemEngländer erworben wurde. Schon schwellen die Aktenbündelan in Jerusalem, in London, in Stambul, in den berühm-testen Anwaltbüros der Welt.*Inzwischen fließen täglich 13'/- Millionen Tonnen Wasserden Jordan hinab und ins Tote Meer hinein. Die gleicheMenge verdunstet täglich überm Tee. Was kann des TeufelsKüche liefern, daß so viele hier ihre Töpfe ausstellen möchten?Das Tote Meer hat etwa 25 bis 39 Prozent Salzgehalt. ZweiMilliarden Tonnen Kali, allerbester Kunstdünger, lassen sichaus ihm gewinnen, bei einer Jahresproduktion von einerMillion Tonnen ausreichend für 2999 Jahre, und zwar zumTonnenpreis von 4.19 Pfund Sterling, wobei zu bedenkenist, daß im Kriege Kali in England, das im gesamten Empiresonst überhaupt keins gewinnt, bis zu 89 Pfund Sterling, inenthält das Tote Meer über 22 Millionen Tonnen Mag-Amerika bis zu 199 Pfund Sterling die Tonne stieg. Fernernesium Chlorid: das aus ihm hergestellte Magnesium-Metallist wegen seines Leichtgewichtes für Aeroplane und Luftschiffesehr gefragt, außerdem braucht mans in der Textil- undZementindustrie. 81 Millionen Tonnen Gips, 6 MilliardenTonnen Chlorkalium, 11,9 Millionen Tonnen Kochsalz und— bei der Kaliausbeute als Nebenprodukt zu gewinnen—853 999 999 Millionen Tonnen Brom. Eine astronomischeZiffer. Brom wird in der pharmazeutischen, Photo- undFarbenindustrie verwendet, die Amerikaner mischen es als„Anti—knock" dem Automobilöl bei.Totes Meer— aber eine Schatzkammer.Der König der Margarine gestorbenIn Hampstead in London starb im Alter von 89 JahrenJakob van Bergh, der Beherrscher der größten Margarine-fabrrken der Welt. Im Alter von achtzehn Jahren kam einjunger Holländer nach England und machte hier einen kleinenLaden auf, in dem die erste Margarine verkaust wurde, dieje in England gegessen worden ist. Die Engländer gewöhntensich schnell an den billigeren Butterersatz und bald konnteJakob seinen Bruder Henry nachkommen lassen, weil erallein den Betrieb nicht mehr schaffte. Der Bedarf an Mar-garine wuchs und wuchs, eine andere holländische Firma, dieJürgens, versuchte den Markt zu erobern, und aus der er-bitterten Konkurrenz der beiden Firmen profitierten dieKunden, denn die Qualität der Margarine steigerte sich durchden scharfen Kampf. Vor sechs Jahren einigten sich schließ-lich die beiden Konkurrenten und Jakob van Bergh konntesein Leben als Führer des marktbeherrschenden Margarine-trusts beschließen.Oumerierte KinderSeit der großen Kinderverwechslungsaffäre in einem derletzten Jahre bekommen die Neugeborenen in den großenamerikanischen Krankenhäusern Nummern auf die Fuß-sohlen ausgemalt. Zu einer peinlichen Verwechslung ist esaber wieder trotz dieser Borsichtsmaßnahme gekommen, weildurch eine Unvorsichtigkeit ein Baby zwei Nummern auf denRücken und unerklärlicherweise weshalb, noch eine auf dieFußsohlen gepinselt bekam. Nur durch den glücklichen Zu-fall, daß das mit derselben Nummer behaftete zweite Babyein Mädchen war und die Mütter sich genau erinnernkonnten, ob sie einen Jungen oder ein Mädchen geborenhatten, ist es zu verdanken, daß jedes Kind nach einiger Aus-regung doch noch zu seiner richtigen Mutti kam. Jetzt iststreng angeordnet worden, daß Nummern nur auf demRücken gültig sind.Apollo in HosenAuf der Treppe der Akademie kür Politik und Wissen-schasten steht eine schöne Apollostatue. Apollo wird von denBildhauern im allgemeinen im Adamskostüm mit einemkleinen Feigenblatt bekleidet dargestellt. Seit Jahren stehtdieser Apollo friedlich auf der Treppe, von keinem Mitgliedder Akademie sonderlich beachtet. Bis eines Morgens dieserApollo plötzlich kurze Hosen trug. Die alten Professorenlachten, glaubten an einen Studentenulk und ließen durch denPförtner die Hose entfernen. Am nächsten Tage hatte Apolloeine neue Hose an, diesmal sogar etwas länger geschnitten.Jetzt wurde eine Untersuchung eingeleitet und man ertappteschließlich eine ältere gebildete Dame, die in der Umgebungwohnte, als die Täterin. Sie behauptete bei der Vernehmung,daß dieser nackte Gott ihr Schamgefühl gröblich verletze unddaß sie aus diesem Grunde eigens eine Hose und nach derEntfernung eine zweite für ihn genäht habe. Sie sei empört,daß man sie jetzt dafür bestrasen wolle, wo sie doch zu Fugund Recht eine Belobigung verdient habe.Schadenersatz für LynchjustizDie Witwe des am 26. November in San Jose gelynchtenMörders John Holmes, Frau Evelyns Holmes, hat einenSchadenersatzprozeß angestrengt und verlangt für sich undihre beiden Kinder eine Million Schadensersatz. Es ist fest-gestellt worden, daß der Gouverneur von Kalifornien sichgeweigert hatte, das Gefängnis, das von der Menge spätergestürmt wurde, durch ausreichende Polizeikräfte schützen zulassen. Außerdem hatte er den Teilnehmern der LynchjustizStraffreiheit zugesichert. Roosevelt hatte sich sehr energischgegen das seltsame Verhalten des Gouverneurs gewandt:„Wir entschuldigen keinen, welches Amt er auch immer be-kleiden möge, der das Lynchgesetz unterstützt." Der Prozeßder Witwe wird in ganz Amerika mit größter Spannungverfolgt.Amerikas Abgeordnete ohne GssenAmerika muß sparen, Roosevelt, der Spardiktator, greiftzu drakonischen Maßnahmen, um den Regierungsapparatzu verbilligen. Nun ist ein Posten von kaum 49 999 Dollarvom Etat gestrichen, der mehr eine symbolhaste Handlungdarstellt: Die Abgeordneten des amerikanischen Volkes be-kommen nichts mehr zu essen! Es war eine alte Sitte imCapitol zu Washington, daß an den Sitzungstagen desParlaments den Erwählten des Volkes ein kostenloserLunch gereicht wurde. 49 999 Dollar hat der Kongreß aufKosten der Steuerzahler im vergangenen Jahr aufgegessen,wirklich keine große Summe, die Herren des Kongressesscheinen bescheidene Kost gewöhnt zu sein. Der Durch-schnitts-Amerikaner aber freut sich, daß sein Abgeordnetersein Mittagessen nun auch allein bezahlen muß und Roose-velt hat wieder einmal etwas für seine Popularität getan.