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Aus dem Inhalt

Acht Todesurteile für Unschuldige

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Seite 2

Neuformung

Seite 3

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Katholiken

an der Saar   rebellisch

Seite 3

Paris   in Verteidigung

Seite 4

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Todesstrafe für Treuebeuch

Seite 7

Chefredakteur: M. Braun

Nummer 102-2. Jahrgang

Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands

Saarbrücken, Freitag, 4. Mai 1934

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Streng geheim! Gestern und heute

Dokument über Deutschlands   Luftwaffe

( Sopade.) Wie ängstlich man im dritten Reich" bestrebt ist, die geheimen Rüstungen zu verbergen, zeigt das fol­gende Dokument:

Vorschriften über die Wahrung des Geschäftsgeheimnisses im Flugzeugbau

Jede Auskunftserteilung über Umfang und Art der Arbeiten an dritte Personen ist strengstens verboten.

Die Werksangehörigen der Firma haben sich durch unter: schrift zur Wahrung des Geschäftsgeheimnisses verpflichtet. Alle Werksangehörigen haben sowohl nach innen gegen: über nicht dienstbetroffenen Werksangehörigen, als auch nach außen über alle Geschäftsvorfälle, zu deren Kenntnis fie durch ihr Dienstverhältnis gelangen, strengstes Still­schweigen zu beobachten.

Veröffentlichungen jeder Art in Tages-, Fach- und Sonstiger Presse sowie Vorträge über Themen aus dem Arbeitsgebiet der Firma sind ohne vorherige schriftliche Genehmigung untersagt.

Das Fotografieren in Flugzeug- Betrieben ist strengstens verboten. Etwa mitgebrachte Fotoapparate sind vor Be­treten der Werft beim Pförtner abzugeben.

Die Mitnahme von Arbeitsunterlagen zur Bearbeitung oder Durchsicht in der Privatwohnung oder sonst außers halb der Werft ist untersagt. Ausnahmen hiervon bedürfen in jedem Einzelfalle der Genehmigung der Firma.

Berstöße gegen diese Anweisungen berechtigen die Firma zur fristlosen Entlassung des schuldigen Wertsangehörigen. Alle weitergehenden Rechtsbehelfe( strafrechtliche Bers folgung, Schadenersagforderungen usw.) bleiben ausdrück lich vorbehalten..

Hamburg  , im Januar 1934.5

Blohm und Voß.

Die Firma Blohm und Voß in Hamburg   ist ein Unter­nehmen, das sich bis vor einem Jahre lediglich mit dem Schiffsbau beschäftigte. Der Bau von Flugzeugen ist erst Mitte 1933 aufgenommen worden. Die obigen Vorschriften müssen von den Belegschaftsmitgliedern sorgfältig auf­gehoben und bei Entlassung zurückgegeben werden. Sie sind ein untrüglicher Beweis, wieviel die Firma zu ver­bergen hat.

Der Reichsluftschutzbund  Bedeutung und Aufbau

Innerhalb der militärischen Aufrüstung Deutschlands  wird das Hauptaugenmert auf die rasche Entwicklung der Luftwaffe gerichtet. Dabei handelt es sich sowohl um den Gebrauch dieser Waffe, wie um die Abwehr von Angriffen mit ihr. Von größter Bedeutung ist der Reichsluftschutzbund  . Er ist eine Art politisch- militä­

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luftschutzbundes, der der Propaganda der aktiven Bewaff­nung, der Ausrüstung mit Flugzeugen, Abwehrgeschützen, Bombengeschwader, dient.

Gleichzeitig wird eine umfassende Propaganda gegen die Rüstungsbeschränkungen gemacht, die Deutschland   auferlegt sind. Die Beschränkungen in der Luftfahrt spielen dabei die größte Rolle. Der Bund soll auch die Leitung des passiven Luftschußes übernehmen. Darunter versteht man Schutz der öffentlichen Gebäude, der Verkehrswege, der öffentlichen An­lagen, der Betriebe, der zivilen Luftfahrt und der Schutz der Bevölkerung in den Wohngebieten und Wohngebäuden selbst. Der militärische Charakter und der militärische Zwed dieser Organisation ist auch aus ihrem Aufbau zu ersehen. Die Organisation entspricht der Wehrkreiseinteilung der Reichswehr  .

Diese sind in Luftschutzbezirke und Luftschutzorte gruppiert. In den Orten entspricht die Einteilung den Polizeirevieren. Die Amtswalter des Bundes sind Vermittler zwischen Be­hörden und Publikum. Der Hausluftschutzwart ist für das Haus verantwortlich. Sie haben hilfspolizeiliche Befugnisse. Bis jetzt ist die Luftschußorganisation freiwillig. Es ist aber ein Reichsluftschutzgesetz geplant, durch das eine Zwangs­reglung eingeführt werden soll. Das Ziel ist, die gesamte Bevölkerung im Luftschutzbund zu erfassen. Die Mitteilung, daß bereits 25 Prozent der Bevölkerung im Luftschußbund organisiert seien, ist zweifellos eine Uebertreibung. Höchstens ist in einigen Orten( es handelt sich dabei vorwiegend um Grenzbezirke) unter startem Druck erreicht worden, daß 25 Prozent der Haushaltungen die Mitgliedschaft erworben haben. Da vielfach die Organisationen der Hausbesitzer zum Beitritt gezwungen worden sind, zählt der Bund immerhin bereits mehrere Millionen Mitglieder. Doch ist die Aus­bildung von Führern und Helfern noch sehr ungenügend.h Steht auch das militärische Interesse bei der Organisation im Vordergrund, so spielt doch auch der innerpolitische Gesichtspunkt eine Rolle, daß man auf diese Weise eine neue Organisation erhält, die die Bevölkerung in ihren Wohnungen überwachen fann.

Werden Beiträge erhoben, so gelangt man außerdem zu Mitteln, die entweder für Rüstungszwecke oder für die Be­soldung verwendet werden können. Berücksichtigt man, daß schon drei Tage nach der Machtergreifung Hitlers  , nämlich am 2. Februar 1933, ein Reichsluftkommissar eingesetzt worden ist, daß im April daraus das Reichsluftfahrt­ministerium entstand, daß gleichzeitig der Reichsluftschutz­bund mit einem umfassenden Programm und großen Mit­teln seine Tätigkeit aufnahm, so sieht man, daß hier Pläne verwirklicht werden, die seit Jahr und Tag sorgsam vor= bereitet waren.

*

rischer Organisation zur Mobilisierung des Intereses Hölzerne Fliegerbomben

großer Schichten für die Luftwaffe. Er ist den sowjetrussischen Aviachim nachgebildet. Die Organisation ist jedoch heute bereits viel stärker.

Der Reichsluftschutzbund   entstand aus getarnten fleinen Propagandagesellschaften, die das Reichswehrministerium schon in der demokratischen Aera gegründet hatte. Aber sie führten ein sehr bescheidenes Dasein, da nicht nur ein erheblicher Teil der Bevölferung ihren Gedankengängen

Der Reichsluftschußbund führt demnächst in Cach­sen eine große Werbeaktion durch, bei der als wirksames Werbeabzeichen eine fleine hölzerne Fliegerbombe verkauft wird. Der Auftrag zur Herstellung der kleinen Fliegerbomben ist den notleidenden Heimarbeitern aus 15 Orten des Erzgebirges zugute gefommen. sesid, sil

ablehnend gegenüberſtand, ſondern weil man es auch nicht Trommelieuer gegen

wagte, offen die Bedingungen des Versailles   Vertrages zu verlegten. Unter der Hitlerregierung wurden sie erheblich stärker gefördert. Nach der Errichtung des Luftfahrt­ministeriums mit Göring   wurde schon im April 1983 der Reichsluftschutzbund   gegründet. Mit einem Aufruf trat er am 29. April 1933 an die Oeffentlichkeit. Um seine Propa­ganda zu verstärken und die Aufmerksamkeit auf ihn zu Ienfen, wurde damals das Märchen der Flugzettelabwürfe durch feindliche ausländische Flieger über Berlin   und ande­ren deutschen   Städten erfunden.

Miesmacher

Eine ,, Aktion", die sehr notwendig zu sein scheint DNB. Berlin  , 3. Mai. Die NSK. meldet: Die Reichs­propagandaleitung der NSDAP  . hat im Anschluß an die gewaltigen Demonstrationen des 1. Mai, an dem sich noch flarer als im Vorjahre die Gemeinschaft aller ehrlich Schaffenden dokumentiert hat, eine umfassende Versamm­lungs- Propagandaaktion angeordnet, die sich insbesondere gegen die Miesmacher und Kritikaster, gegen die Gerüchte­richten wird, die immer noch glauben, die klare Aufbauarbeit

Der Reichsluftschutzbund   hat eine Propagandaorganisation, macher und Nichtskönner, gegen Saboteure und Beer

die auf öffentlichen Pläßen, Bahnhöfen, Straßen, Gebäuden usw. Propagandamaterial plakatiert und aufstellt, das die Bedrohung Deutschlands   durch die Luftrüstung anderer Staaten beweisen soll. In zahlreichen Städten( in Berlin  8. B. auf dem Kurfürstendamm  ) stehen aus teuren Mate­rialien hergestellte riesige Fliegerbombenattrappen mit Alarmtafeln, Aufklärungsterten und mit Ankündigungen für die in den umliegenden Straßen von dem Reichsluft­schuzbund organisierten Kurse, Vorträge, Filmveranstal­

tungen.

Weit wichtiger aber ist der Teil der Tätigkeit des Reichs

des Nationalsozialismus stören zu können. Beginnend mit den ersten Maitagen bis zum 30. Juni sollen Versamm­lungen, Demonstrationen und Kundgebungen gleich einem Trommelfeuer das Volk aufrütteln gegen diese Landplage, die ein für allemal verschwinden muß. Nach den in Kampf zeiten geübten Methoden werden die Versammlungen alle erfassen bis ins lezte Dorf hinein, mit jeder Woche in ihrem Tempo stärker, in der Unerbittlichkeit der Forderungen härter, an Durchschlagskraft und Erfolgen alle bisher durch­geführten Aftionen in den Schatten stellend.

Episode vom Saarbrücker   Hauptbahnhof. Eilige Menschen drängen in der Morgenfrühe dem Ausgang zu. Schülerinnen, wenig mehr als dreizehn Jahre alt, schlüpfen durch eine Lücke, und der Zufall bringt sie in die Nähe einiger Männer, die sich in ihrer französischen Muttersprache unterhalten. Das eine der Mädchen, unter den Freundinnen durch eine der beliebten braunen Kletterwesten hervorleuchtend, sagt ganz laut: ,, Hörst Du, schon wieder die Ausländer! Ach, so einem könnte ich keine Hand geben!"

Jenes reizende Alter, bei Mädchen durch den Begriff des Backfischs charakterisiert, sollte uns hindern, einen solchen Zweisekundensat sehr wichtig zu nehmen. Es sind die Jahre der großen Liebe und des großen Hasses, der Seligkeit und des Weltschmerzes an jener Wende des Erwachens, die sich in bekennerischen Tagebüchern manifestiert und stürmisch Partei ergreift. Also nicht die Worte selber waren bestürzend. Das war vielmehr ihr unbeschreiblich verächtlicher Beiklang. Dieses junge Ding schüttelte sich förmlich in dem Gedanken an einen Ausländer, an einen Mann von fremder und unter­wertiger Rasse, und es wußte genau, daß die Freundinnen von den gleichen Gefühlen bewegt waren. Das erst gibt einen Anlaß, diese Episode doch ein wenig ernster zu nehmen.

Solche deutschen   Mädchen kann man heute in der Vielfalt multiplizieren. Sie halten sich für Bannerträgerinnen der neuen Weltanschauung, Erzeugnisse des stolzen Appells an die Blutreinheit, der die jungdeutsche Pädagogik durchflutet. Das ist der Grund, warum junge Mädchen heute solch selbst­bewußte und inhumane Dinge sagen. Sie sprechen sie ihren Lehrern nicht nur nach, sondern sie glauben auch an sie. Ja, die Zeiten sind vorbei, wo der Mann aus der Fremde Objekt verschwärmter weiblicher Anbetung war, besonders wenn er dunkles Haar oder olivenfarbige Haut besaß. Es schadet weiter nichts, daß diese Zeiten vorbei sind. Aber nun ist jeder Fremde ein Schwarzalbe, der die heranwachsende Fricka und Thusnelda   mit, staatsfeindlichen Vermischungen bedroht. Das wehrhafte deutsche Mädchen- es hat sich endlich, nach 14 Jahren der Schmach, auf sich selbst besonnen und hält dem nahenden Bedränger seiner völkischen Belange die junge Brust feindlich entgegen.

Am Sonntag haben im Berliner   Lustgarten Hitler   und Göbbels   zu Hitlerjungens und Hitlermädels gesprochen. Ihre Reden waren matt, beinahe ängstlich, als wären sie der Ju­gend keineswegs so sicher, wie sie es immer glauben machen. Wir vernahmen durch den Lautsprecher das Kollektiv ju­gendlich- heller Stimmen, ein zwitscherndes Gebrause, wobei nicht unterschieden werden konnte, was Begeisterung für die Sache oder was Begeisterung am Lärm war. Aber man täusche sich nicht: dieses Hitlerjahr hat den Enthusiasmus der Ju­gend mit mächtigem Erfolge mißbraucht. Es hat ihr den Rhythmus gegeben, ausgedrückt in Trommel und Marschschritt, in der bunten Schau der Fahnen und der Uniformen. Es kommt freilich etwas Entscheidendes dazu. Diese Jugend glaubt sich im Besitz einer absoluten, unabänderlichen Wahr­heit. Ein Führerbefehl hat sie der schwierigen und oft er­gebnislosen Entscheidung des eigenen Denkens enthoben und ihr das Komplizierte auf einmal so herrlich leicht gemacht. Diese Jugend wurde aus dem Reich der Probleme entlassen, im Besitz des goldenen Schlüssels der Weisheit, neben dem Fahrtenmesser liegt der Mythos, auch für die Tornister auf europäischen   Schlachtfeldern passend.

Seltsam, wie aktuell wieder der verschwollene Pathos von Kleists   ,, Hermannschlacht  " geworden ist. Nachdem der Che­rusker mit seinem süßen Thuschen geschäkert hat, übergibt er dem getreuen Knecht Luitgar seine Kinder: ,, Komm, so gebrauch ich Dich. Hier ist die Rolle und Dolch und Kinder händ'g ich gleich Dir ein." Heute sind Millionen von Kindern und Dolchen an hun­derttausend Luitgars ausgeliefert worden. Diese Jugend aus der Gewalt des Hasses zu lösen: es wird die schwerste Auf­gabe sein im Namen der höheren Werte, um die wir kämpfen. Eines Tages wird diese preisgegebene Jugend älter sein und an die ewigen Wahrheiten ihrer Führer nicht glauben. Das ist die Stunde, in der sie die Freiheit wieder höher schätzen wird als die Stammrolle, und vielleicht wird dann auch Thuschen einem Franzmann die Hand nicht mehr verweigern. Wäre es anders, so wird Germanien   untergehn.

Massenverhaftungen

Neue kommunistische Ortsgruppen

Argus.

Schwerin  , 2. Mai.  ( DNB.) Die mecklenburgische politische Polizei hatte durch wochenlange Beobachtungen und umfang­reiche Ermittlungen festgestellt, daß in zahlreichen Orten des Landes die Kommunistische Partei   ihre illegale Arbeit durch Neugründungen von Ortsgruppen fortgesetzt hatte. Nach sorgfältiger Vorbereitung konnten sämtliche Ortsgruppenleiter und Funktionäre der KPD.  , insgesamt 55, in allen Städten des Landes festgenommen werden.