Pariser Berichte
Pariser Straßenkalender
Der Pariser Stadtrat ist eiligst auf nächsten Montag und Dienstag zur Beschlußfassung über die internationale Ausstellung 1937 und die Neugestaltung der Verkehrsfragen einberufen worden. Der Generalrat der Seine wird Samstag tagen.
Ein Helfer des ,, schönen Alexandre", ein Mann namens Vignottes, der der Hehlerei angeklagt war, wurde von der Strafkammer zu 3 Jahren Gefängnis sowie 10 Jahren Aufenthaltsverbot verurteilt. In einer anderen Sache erhielt er noch 13 Monate nebst 50 Franken Geldstrafe. Die Strafen wruden zusammengezogen.
Der einzige Sohn des berühmten französischen Bildhauers Rodin , Auguste Beuret, ist betagt in Meudon gestorben, wo er mit seiner Frau in bäuerlichen Verhältnissen lebte.
Am Samstag, den 5. Mai, 17 Uhr, findet im Germanistischen Institut zu Paris die von uns bereits angekündigte Veranstaltung ,, Sprache und Musik" in deutscher Sprache statt, bei der Anselm Rust vom Standpunkt der Philosophie, David Luschnat vom dichterischen und Paul Becker vom musikalischen sprechen werden.
Wir verweisen besonders auf den kostenlosen französischen Unterricht, den die Union Scolaire deutschen Flüchlingen in ihren Räumen 5, Avenue de la République erteilt. Die Stunden sind täglich mit Ausnahme der Samstage und Sonntage für Anfänger 15-16 Uhr, für Fortgeschrittene 16.15 bis 17.15 Uhr.
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Ein neuer Film vom Alltag mit den Schlagern ,, C'était un musicien“ und„ On n'a jamais vu ca" läuft im Kino Moulin Rouge..
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Ein Denkmal Montaignes
sucht vorerst briefliche Bekanntschaft
mit deutschsprechender jungen Dame
Existenz
Mühle in Luxemburg mit Wasserkraft und Fischerei, zur Einrichtung eines Touristenund Wochenendheimes geeignet, günstig zu verkaufen. Mittellose unerwünscht. Anfrag. an die ,, Deutsche Freiheit", Saarbr .. unt. Sch. M.
Gegenüber der Sorbonne, auf dem Square der rue des Ecoles, wurde das Denkmal des sitzenden Montaigne, das der Dr. Armaingaud gestiftet hat, feierlich enthüllt. Der Philosoph der„ Essais ", des größten Werkes wohl, das die fran zösische Sprache kennt, sitzt, die edlen Knie übereinander geschlungen, in sprechender Haltung auf dem Stein. Das Monument zeigt den interessanten Kopf dieses gewaltigen Denkers, der vor etwa 400 Jahren, 1533, auf dem Schlosse seines Vaters in der südlichen Landschaft Périgord geboren wurde und der die moralische Schulung seiner humanistischen Statue wurde von den Passanten dieses Viertels der Weisheit vielfach in Augenschein genommen und stark begrüßt.
Am Samstag, dem 5. Mai, um 21 Uhr, ist im Pariser nichtgleichgeschalteten ,, Deutschen Klub"( gegründet 1925) geselliges Beisammensein mit Tanz.
Damen und Herren sind diesen Sonnabend als Gäste sehr
Die Bièvre.
Unkosten gebeten( von Stellungslosen: 3 Franken).
Die Adresse des Deutschen Klubs lautet: Université du Parthénon, 64, Rue de Rocher, Paris 8°( am Bahnhof St. Lazare .)
Die internationale Messe Paris
Die diesjährige große internationale Messe Paris beginnt am Tage vor Himmelfahrt, am Mittwoch, dem 9. Mai und dauert bis 24. Mai, dem Donnerstag nach Pfingsten.
Das Aktionskomitee für die Errichtung einer Bibliothek verbrannter deutscher Bücher will am 10. Mai, dem Jahrestag der deutschen Bücherverbrennung, die neue Bibliothek in Paris einweihen. Einige Tage später soll eine große öffentliche Kundgebung mit Teilnahme der bekanntesten ,, verbrannten Autoren" und großer französischer Publizisten stattfinden. Anfragen und Stiftungen für die Bibliothek sind zu richten an die Adresse: 65, boulevard Arago, Atélier 17, Paris 13 e.
Ermordung eines Italieners
Vor einiger Zeit wurde ein sehr tätiger antifaschistischer Italiener in Paris ermordet. Der Täter, ein Spitzel, beging nachher in einer kommunistischen Versammlung in der salle Bullier Selbstmord.
Jetzt liegt abermals die Meldung von der Ermordung eines Italieners vor. Es handelt sich um den am 2. Januar 1894 in Palermo auf Sizilien geborenen Arrigo Filetti, der in dem Vorort Cachan abends unter geheimnisvollen Umständen getötet wurde. Zur Stunde, wo diese Zeilen geschrieben werden, läßt sich die Tragweite des Verbrechens noch nicht übersehen, aber man spricht auf verschiedenen Seiten von politischen Begleitumständen.
Der Tote trug eine Karte des Fascio von Paris bei sich. Wie polizeilich gemeldet wird, ist er am 24. September 1933 wegen Rauschgifthandels verhaftet, aber am 3. November wieder freigelassen worden. Er soll in Kreisen der„ Koks"- Händler verkehrt haben. Eine Aufklärung der eigenartigen Tat ist bisher noch nicht erfolgt.
Wenn man das nötige Geld besitzt, kann man jetzt im Mai wohlfeile und unvergeßbare Schiffreisen die Seine hinunter machen. Die Nordbahn und die Rouener Schiffahrtsgesellschaft machen an den Pfingsttagen Dampferfahrten zu besonders billigen Preisen, mit 30 bis 50 Prozent Ermäßigung für Gesellschaften, Ausflüge zu Wasser nach dem sehenswerten Rouen , der alten Hauptstadt der Normandie und der Stadt der vielgenannten Madame Bovary aus Flauberts Roman .
Die Schiffe gehen an vier Tagen, vom Pfingstsamstag bis zum darauffolgenden Dienstag nach Rouen ab. Man kann auch bis Havre an die Kanalküste fahren. Die Fahrt führt vorbei an dem jetzt durch den Wahlkampf Bergerys gegen Sarret so bekannt gewordenen Mantes , auch Mantes- laJolie genannt, eine der schönsten Städte der Seineküste. Näheres ist durch die Nordbahn, 18, rue de Dunkerque zu erfahren.
Ferner erfährt der Reisende, daß die französischen Eisenbahnen die Fahrpreisermäßigung für den Besuch von Kurorten und Bädern jetzt in der Vorsaison bereits bei einer Mindeststrecke von 300 km gewähren. Auf vielen Strecken des Netzes der Staatsbahn, in der Bretagne , in der Normandie und dem Lande der Schlösser zwischen Loire und Gironde ist der Verkehr durch Einführung von Schienenautos revolutioniert worden. Auf einigen Strecken werden die Lokomotivzüge überhaupt der Vergangenheit angehören. Neue Wagen, die auf der Fahrt von Paris nach der Baskenküste zuerst zur Anwendung kommen, werden vollkommen aus Metall bestehen
Sicherlich wenige Ausländer, aber auch wenige Pariser wissen, daß es neben der Seine noch einen zweiten Pariser Fluß gibt( ähnlich wie die verschollene und versickernde Panke in Berlin in die Spree fließt). Diese kleine Schwester der Seine , die die südlichen Vororte erfreut und im Innern der Weltstadt fast unsichtbar ist, heißt die Biévre. Dieses Gewässer, das kein Dichter besungen hat, das auch nicht im entferntesten die heroischen Brücken und die literarischen Bettler- Geländer der Seine aufweist, geht durch das 13. und 5. Arrondissement von Paris , also die lateinische Gegend, und ist heute völlig vom Pflaster bedeckt. Das arme Bächlein! Es versinkt in Schlamm, in die Weltstadt- Kloaken, und stirbt in den Rieseefeldern, die allegorisch die Weltstadt von der übrigen Welt absperren...
Doch halt, was wissen wir heute... Es ist glatt gelogen, daß die Biévre nicht auch ihre Dichter habe. Kein Geringerer als Altmeister Rabelais , der gewaltige Feind der Könige und Priester des ,, Gargantua" hat sie besungen. Sonst besang er nur das Große, das Kolossale, seien es Werke des Essens oder der Liebe, aber die Biévre hat er gerade wegen ihrer Lieblichkeit besungen. Und Balzac , der Dichter der tolldreisten Geschichten... Man weiß ja, daß Balzacs Leben schwer war, mußte er doch immer eine seiner Geschichten nach der andern aus Geiz ersinnen und seiner Gläubiger wahrlich Balzac wußte, was Paris war, wegen nachfüllen und Balzac kannte auch die Biévre. Bloß, das ist schon lange her! Heute ist es kaum mehr börsenfähig, das arme Bächlein. Einstmals betrieb die Biévre, wie Pierre Sonnet wieder entdeckt hat, Mühlen und Gerbereien sowie Färbereien in
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großer Zahl. Der große Färber Jean Gobelin, der bekannteste der Männer, die unter dem Sonnenkönig die Prachtmanufaktur der Gobelins einführten, benutzten die Wasser der Biévre. Es ist überliefert, daß das Flüẞlein in seinen schönsten Lebenszeiten insbesondere gute Scharlachfarben lieferte und wunderbar das Leder gerbte. Schließlich aber verdarben die Gerber natürlich mit ihren scharfen Abwässern den ganzen Fluß. Das war die Frühzeit des heraufdämmernden Industrialismus.
Im Süden von Paris , in der ruelle des Gobelins, findet man heute noch Türen in alten Häusern und Klabachen, die einst auf die verschwundenen Ufer des toten Flüßleins hinausgingen, in der Nähe, wo das Gobelins- Museum ist. So ist dereinst aus dem Dorfwässerlein die berühmte Manufaktur entstanden, und dann hat die industrialisierte Großstadt, wie so manchen vom Lande zugezogenen Arbeiter und manches Mägdlein, schließlich auch das ganze Flußbett verschlungen. Nichts als ein Dörflein Biévres am Ufer des Bächleins, das Victor Hugo mit seiner Kirche besungen hat, erinnert heute an die Tatsache, daß die Seine , der Fluß von Paris , einst eine Schwester hatte, die verschüttet ist.
BRIEFKASTEN
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Coburger. Seit Jahrhunderten habt Ihr einen Mohrenkopf im Wappen. Nicht einen aus dem Konditorladen, sondern ein richtiges Negerhaupt mit wulstigen Lippen und frausem Haar. Sogar Euer nationalsozialistischer Bürgermeister hat diese Rajsenschmach der alten fränkischen Stadt eine ganze Reihe von Jahren ertragen. Jetzt muß der Mohr, der mehrere Jahrhunderte seine Schuldigkeit getan hat, verschwinden. Ein Hakenkreuz auf schwarzgelbem Grunde also doch sehr verdächtige Farben soll ihn ersehen. Wie man behauptet, soll auch von den drei Weisen aus dem Morgenlande, von denen uns die Geburtsgeschichte Jesu Christi erzählt, einer richtig schwarz gewesen sein. Es wird, höchste Zeit, daß diese rassisch verdächtige Erzählung im Neuen Testament gesäubert wird. Daß der von der jüdischen Magd Maria geborene Heiland reinrassiger Arier war, steht schon beinahe fest. Es ist aber notwendig, auch die drei Weisen aus dem ohnehin anstößigen Morgens lande" in drei Vorfämpfer des Hakenkreuzes aus München oder Nürnberg zu verwandeln.
Ministerialdirektor Haenzschel. Sie sind bei der Machtergreifung Hitlers abgesetzt worden, weil Sie sowohl im Reichsinnenministerium wie im preußischen Innenministerium sich entschieden republitanisch und scharf kämpferisch gegen die Nationalsozialisten betätigt haben. Besondere Neigungen für einen Faschismus klerikaler Art waren damals bei Ihnen nicht zu beobachten. Nun liest man, daß Sie sich in den Dienst der Herren Dollfuß , Starhemberg, Fey u. Co. gefellt haben. Sie werden Verlagsdirektor des„ Neuen Wiener Journal" und sollen auch dessen politische Haltung im Sinne des Austrofaschismus bestimmen. Einst war Ihnen kein Sozialdemokrat linksdemokratisch und republikanisch genug. Vergessen Sie das nicht genz, wenn Ihr Blatt, wie ein so ernstes Organ wie die„ Basler Nationalzeitung" meldet, von einer italienischen Finanzgruppe, also doch wohl einer faschistischen unterstützt wird.
An mehrere. Wenn wir so zahlreiche Kundgebungen der kirchlichen Opposition in Deutschland abdrucken, so geschieht es nicht, weil wir mit jedem Wort einverstanden wären, sondern weil es sich um Do fumente des Kampfes gegen die Totalitätsansprüche des Staates über alle geistigen Gebiete handelt. Es sind wichtige Erscheinungen der Rebellion gegen die Diktatur.
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„ Im Schlesierland marschieren wir..." Die nationalsozialistische Presse meldet:„ Unser SA.- Brigadeführer Koch in Liegnig ist mit sofortiger Wirkung zum Führer der SA.- Gruppe Westmark ernannt worden, zu der die Bezirke Trier und Koblenz und später auch das Saargebiet gehören." Dazu schreiben Sie uns:„ Koch ist Landtagsabgeordneter. Kein Arbeiter, sondern ehemaliger Offizier und Baltikumkämpfer. Er organisierte zusammen mit Heines die schlesische SA., war 1931 Reiter einer großen SA.- ,, Sportschule" und soll dort zwei von Bauern zur Verpflegung der SA.- Leute gestiftete Schweine auf eigene Rechnung verkauft haben. Koch wurde von seinen eigenen SA.- Leuten angezeigt. Jm November 1932 sollte der Prozeß in Liegnig stattfinden, wurde aber, weil der Angeklagte nicht erschienen war vertagt. Nach Ausbruch der nationalen„ Revolution" haben die deutschen Gerichte diesen Prozeß scheinbar vergessen. Nach unserer Ansicht wurde Koch deshalb nach dem Westen des Reiches verseßt, weil er im Osten unhaltbar geworden ist. Sein Name spielte nämlich auch in dem 175er Prozeß gegen eines eine beträchtliche Rolle. Nürnberger Trichter. Der von Ihnen übersandte Ausschnitt aus Streichers Fränkischer Tageszeitung" berichtet:„ Veranlaßt durch unsere Randbemerkungen über die Nichtbeflaggung des Hauses Sulzbacher Straße 9, anläßlich des Geburtstages des Führers, geht uns eine ganze Reihe von Zuschriften zu, in denen uns z. T. Erwerbslose mitteilen, daß sie diese Beobachtung noch bei vielen Häusern machen konnten und daß es sich dabei vor allen Dingen immer wieder um die Wohnstätten sogenannter Besiz- Bürger handele. Wir verzichten darauf, die Herrschaften öffentlich anzuprangern, weil sie selbst das nicht einmal wert sind." Ihr journalistischen Streicherjungen sagt doch die Wahrheit: Ihr könnt die Enttäuschten, die auf den Flaggenbefehl pfeifen, nicht mehr anprangern, weil es zuviele sind. Ganze Seiten aus dem Adreßbuch wollt Ihr denn doch nicht in Euerem Revolverblatt ab= drucken.