Paris» Warschau- GenfParis, 1. Mai.A. Sch. Barthous Weg nach Genf lag über Warschau.Das heißt! Frankreich sieht in der Befestigung seinesBündnisslistems die notwendige Voraussetzung, um seinenKampf in Genf gegen die Aufrüstung des Hitler-Deutsch-land erfolgreich austragen zu Können. Bevor in Genf aufder Abrüstungskonferenz die Frage der deutschen Rüstungaufgerollt wird, will Frankreich Klarheit über die wirk-liehen Verhältnisse in Ost-Europa schaffen, und vor allemdie genaue Uebersicht aller internationalen Verhältnisseerhalten, an denen Polen beteiligt ist. Barthou will, daßPolen aufhört, Unsicherheitsfaktor in der europäischenPolitik zu sein: lieber soll das Bündnisverhältnis zwischenParis und Warschau umgestaltet werden, unter gewissenOpfern und Aenderungen zuungunsten Frankreichs, aberfest, klar und eindeutig, als es in der alten vielversprechenden Form, aber unbestimmt, unsicher und verwickelt auf-rechterhalten bleibt.Wenn in Prag das alte französisch-tschechische Bündnisnur noch einmal festgelegt und entsprechend den Erfordernissen der Lage ausgebaut wurde, so ist das französisch-polnische Bündnis auf neuer Grundlage aufgebaut worden.Das Militärbündnis wird sogar b e f e st i g t. dieZusammenarbeit der beiden Generalstäbe noch engergestaltet. Ebenso hat Barthou die Annäherung Polens andie Position Frankreichs in der Rüstungsfrage erreicht.Frankreich kann auf die weitgehende Unter-ftützung durch Polen in Genf rechnen. In derrussischen Frage wurde ein Kompromiß erreicht: Polen istbereit, den Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion zu ver-längern, es wird feinen Widerstand gegen den Eintritt derSowjetunion in den Völkerbund aufgeben, aber esweigert sich, den Pakt der gegenseitigen Unterstützung mitdem Rätebund abzuschließen. Barthou ist es nicht ge-lungen, das russisch-polnische Defensivbündnis gegen dasHitler-Deutschland aufzurichten, aber er hat die Gefahreneines polnisch-deutschen Bündnisses gegen die Sowjet-union zerstreut, er hat weitgehend Polen gegenüber derSowjetunion neutralisiert.Wie überhaupt: die Bedeutung des Besuches Barthousin Warschau liegt nicht allein darin, was er erreicht,sondern auch darin, was er verhindert hat. Er hatunter anderem die Vertiefung der deutsch-polnischen Ver-ständigung, die weitere Verschärfung des polnisch-tschechischen Konflikts und die positive StellungnahmePolens für den Anschluß verhindert. Frankreich will dieAußenpolitik Polens normalisieren. Ein führenderfranzösischer Journalist, Saint-Brice vom„Journal", derBarthou auf seiner Reise begleitete, schrieb in diesenTagen, daß der Hang zur Kompliziertheit und zu dengroßen Plänen der polnischen Außenpolitik geradezu an-geboren ist. und erinnerte an die Politik Polens im XV11.Jahrhundert, als es zwischen Skandinavien, Moskau, derTürkei und dem Haus Habsburg balancierte. Pilsudskiversucht, im Osten Europas das Spiel Mussolinis inSüdost- und Mitteleuropa zu wiederholen, d. h. die Politikdes labilen Gleichgewichts und der sich durchkreuzendenVerbindungen. Aber die M e t h o d e Mussolinis führt zurStellungnahme gegen die P o l i t i k Mussolinis. Pilsudskimöchte den Expansionsdrang des deutschen Faschismusnach der Richtung Oesterreich ablenken, und Mussoliniwill ihn nach der Richtung Korridor von sich abschieben:jeder will, daß der liebe deutsche Spielpartner an dieGrenze des anderen herankommt, aber diese Hin- undHerschiebung des Dynamits der deutsch-faschistischen Er-oberungspolitik kann allzu leicht zur Explosion führen.Frankreich will, daß Polen diesen Tanz zwischen denSchwertern aufgibt. Frankreich ist bereit, die Normalisie-rung der polnischen Außenpolitik gut zu bezahlen. Esüberläßt Polen die weitgehende Bewegungsfreiheit inOsteuropa, erkennt Polen als Großmacht an, und istbereit, für den ständigen Völkerbundsratssitz für Pilleneinzutreten Frankreich ist bereit, diesen Preis zu zahlen,weil es erst nach der Sicherstellung der Verhältnisse inOsteuropa in Genf den Kampf gegen die deutsche Auf-rüstung durchführen kann.Indessen wird auch die französische Taktik in Genf beider Entscheidungsschlacht auf der Abrüstungskonferenzdurchsichtiger. Suvichs Reise nach London ist erfolglos ge-blieben, es wird für Genf kein italienisch-englischesKompromiß ausgefertigt. Dadurch erhält Frankreichgrößere Bewegungsfreiheit. Auch die Schwierigkeiten desHitler-Regimes sind in Paris gut bekannt, vor allem derherannahende Finanzbankrotl. Ueber diesen Finanz-bankrott und seine Folgen schreibt Philipp Barres im„Matin":„Deutschland ist dem Druck der Ereignisse ebensoausgesetzt, wie die anderen Länder und in weit größe-rem Ausmaß, als manche anderen Länder— nämlichFrankreich. Das muß uns die Freiheit geben, die not-wendig ist, um fruchtbare Entscheidungen zu treffen." Daswill besagen, daß die Zeit für Frankreich arbeitet unddaß Frankreich die Politik des längerenAtems treiben kann.Längerer llfttördiensf in rronfrreitö?E.. n m J^ jm__ Iknnailofma"Eine Behauptung des„PopulaireDNB Paris, 4. Mai. Der sozialistische„Populaire" hälttrotz dem Dementi des Kriegsministeriums an der von ihmveröffentlichten Behauptung fest, wonach die Regierung beab-sichtige, die Militärdienstzeit auf 18 Monate bzw. zwei Jahrezu verlängern. Im Schätze der Regierung, so betont dasBlatt, hätten sich allerdings zwei Strömungen heraus-gebildet. Vor allem Marschall Petain und derMinisterpräsident stünden einer Verlängerung derMilitärdienstpslicht ablehnend gegenüber. T a r d i e u undF l a n d i n kämpften jedoch, unterstützt von einigen einslutz-reichen Militärs, für diesen Gedanken und würden versuchen,den Ministerpräsidenten von der Nützlichkeit ihrer Absicht zuüberzeugen. Tardieu führe vor allem an, dah eine Ver-längerung der Dienstpflicht es erlaube, eine grotze ZahlArbeitsloser von der Stratze wegzunehmen. Außerdemstellten sich die Kosten für einen Soldaten bllliger als dieUnterstützung eines Arbeitslosen. General Weygand teilediese Ansicht Tarbieus vollkommen. Das Blatt weist serneraus den Wortlaut des Dementis hin und hebt daraus hervor,datz nur von„augenblicklich" die Rede sei. was bereits be-weise, datz man sich in Zukunft doch mit dieser Frage beschäf-tigen werde.Um die Sicherung des europäischen Gleichgewichts!Marschall Petain,Frankreichs Kriegsministcr und ehemaliger Oberkomman-dierender der französische» Armee, soll nach Pariser Mel-düngen sich in nächster Zeit nach Warschan begeben, um dieModantaten über die Er» uerung der französisch-polnischenM' ärverträge von 1921!.»legen.Danzia und PolenKampfrede des Nasi- GauSeifersDNB. Danzig, S. Mai. Der Danziger Gauleiter Staats-rat F o r st e r hat in einer Rede aus der Danziger Maifeiergrundsätzliche Feststellungen getroffen, die im Hinblick ausdie neuerliche Verschärfung der wirtschaftlichen Be-ziehungen zwischen Danzig und Polennur„allzu berechtigt erscheinen müssen". Es erscheint dahernotwendig, diesen Teil der Ausführungen des für die Hat-tung der Bewegung in Danzig verantwortlichen„Fuhrersbesonders hervorzuheben.Gauleiter Forster stellte zunächst fest, datz man vor fünf-zehn Jahren die deutsche Stadt Tanzig gegen ,hren Willenaus dem deutschen Wirtschaftskörper, dem sie blutmatzig an-gehört, herausgenommen habe und sie dem polnischen Wirt-schaftskörper eingegliedert habe, dem sie blutmätzig nicht an-gehöre. Danzig habe sich gleichwohl aus den Boden der Ber-träge gestellt»nd die Bertrage loyal erfüllt.(.).Danzigwerde trotzdem von Polen in wirtschastticher Hinsicht dasScftcn fdjtuct gemacht. Die itatioimlioiiöliftiichc DanzigerRegierung sei in den jetzt zehn Monaten ihrer Tätigkeit be-strebt gewesen, eine Verständigung und Zusammenarbeit mitPolen zu erreichen. Danzig wollte den Frieden, aber es muheauch verlangen, daß der ihm nun einmal aufgezwungeneDanzig-polnische Wirtschaftskörper nach einer einheitlichenRechtsauffassung behandelt werde. Eine Zollun'on. die nvrauf dem kopier stehe nnd in der Praxis entgegengefetzt demBerita-n ausgelegt werde, könne nicht dem sinn der-jenigen.ntspreche«, die sie geschassen habe.„Man soll," so fuhr Ganleiter Forster fort,„nicht glauben,datz die deutsche Wesensart dieser Stadt, nachdem sie poli«tisch und kulturell nicht zerstört werden konnte, nunmehrwirtschaftlich zerstört werden kann.Wer das glaubt, befindet sich in einem Irrtum. Diese Stadtwar deutsch, ist deutsch und wird deutsch bleiben. Mögen alle,die an dieser Feier offiziell oder inoffiziell teilnehmen, in dieAugen der hier versammelten 199 009 Tanziger sehen, diedurch ihre Anwesenheit ihr Deutschtum bekunden. Die Ver-träge sind für uns die alleinige Waffe, die wir besitzen. Wirhaben keine anderen.(?) Wir sind ganz macht- und wehr-los, aber gerade deshalb müssen wir auf die Einhaltungdieser Verträge auch von der anderen Seite dringen. Mansoll sich nicht wundern,wenn andernfalls Danzig zu einer Verselbständigung sei-ner Wirtschaft greift."Die Erklärungen des Gauleiters haben in Danzig einenautzerordentlich starken Eindruck hinterlassen. Bereits vordrei Wochen anläßlich der Eröffnung der Danziger BraunenMesse am vergangenen Samstag hatte der PräsidentDr. Rausching darauf hingewiesen, datz man neueWege beschreiten müsse, falls Polen sich nicht bereitfinde, denDanziger Warenverkehr nach Polen von den gegenwärtigenFesseln zu befreien.Soweit die Meldung des h tleramtlichen Teutschen Nachrichtenbüros. Da scheint also die aui zedJahre abgeschlossene Hitler-Polen-Freundschast schon staireduziert zu sein.Saar-ProbeabstlmmungWas sich eine Völkerbundsregierung bieten läßtDie„Deutsche Front" ist soeben von der Regierungs-kommiflion des Saargebietes aus 14 Tage verbotenworden. Diese Maßnahme wirb damit begründet, daß dasBlatt Polizeibeamte zum Ungehorsam gegen ihre Vor-gesetzten aufgefordert habe.Ein anderer Artikel des Blattes ist viel bemerkenswerter.In einem aus Gens datierten Aussatz über die Eindrückeausländischer Berichterstatter anläßlich einer Saar-Reiseheißt es wörtlich:Je mehr die ausländischen Beamten der Regierung?-kommission und der Grubenverwaltung, sowie die sranzö-fischen Drahtzieher des Separatismus das Saarvolkreizen, desto eiserner wird sich sein Wille äußern, nunerst recht Disziplin zu halten, und nur die eine Waffe anzu-wenden, die ihm niemand streitig machen darf: DenStimmzettel im Jahre 1933. Ein gefaßtes und disziplinier-tes Volk erwartet ohne Unruhe und Erregung den Ab-stimmungstag an der Saar, da es seiner selbst sicher ist!In welchem Matze, das wird der ö. Mai in Zweibrückenlehren, wenn der Lanbesleiter der DeutschenFront die M i t g l i e d e r z a h l öffentlich ver-künden wird.♦Hier wird also ganz offiziell bestätigt, was die Eintragungin die Mitgliederliste der sogenannten„deutschen Front"von vorneherein bedeuten sollte. Nichts anders als eineProbeabstimmung, mit deren unkontrollierbare»Ziffern jetzt politische Stimmungsmache vor der Welt ge-trieben wird. Und das in Zweibrücken, und in Gegenwarteines Reichsministers!In einem solchen Lande soll eine freie und unbeeinflußteVolksabstimmung möglich sein!Osiland-RillDie Ablehnung des sowjetrussichen GarantiepaktvorschlagsKowno, 8. Mai.Die litauische Zeitung„L e t« v o s Z-i n i o s" schreibt z«der ablehnenden Antwort Deutschlands aus den sowjet-russischen Garanticpaktvorschlag, daß sie Pläne eincS gewalt-samen Vorgehens im Osten entlarve.„Deutschland verschobden Kamps gegen die Polen um 19 Jahre und ist jetzt be-strebt, durch die baltischen Länder in die Sowjetunion einzu-dringen. Dies ruft die Besorgnis um den Frieden hervor."Das Blatt stellt fest, daß die baltische Frage in den Mittel-punkt der Aufmerksamkeit ganz Europas derückt sei.In lettischen politischen Kreisen wird der Notenwechselzwischen be: deutschen und der Sowjetregieruna lebhaft kom-mentiert. Die Zeitung„P e d e a B r i d i" erklärt, daßDeutschland jetzt seinwahresGesicht enthülle. Es habebewiesen, daß es seine Hand zur Unterzeichnung des Proto-kolls über die Unabhängigkeit der baltischen Staaten nurdeshalb nicht erhob, weil seine andere Hand hinter demRücken den Dolch zu einem im voraus berechneten Schlagebereithält.In einem Leitartikel der„Sozialdemokrat?" wirdbetont, daß sich der Vorschlag der Sowjetunion als ein gutesMittel erwiesen habe, die aggressiven Absichten Deutschlandsrestlos zu enthüllen. Während Deutschland Friedensphrasenvortrage, spreche alles dafür, daß es an den Grenzen Memelsgewisse Abenteuer vorbereite, und datz hier der erste SchrittDeutschlands im Osten zu verzeichnen sein werde.„Nur unverbesserliche Dummköpfe werden den deutschenFriedensbeteuerungen an die Adresse der baltischen Staa-ten Glauben schenken. Nur wer selbst die aggressiven Ab,sichten der deutschen Faschisten anspart, kann sagen, daßHitler-Deutkchlaud die baltischen Staaten nicht bedroht."„D i e n a s Lopa" schreibt, daß die negative AntwortTeutschlands„eine unzweideutige Bedrohung der baltischenStaaten ist". Deutschland wolle seine Handlungsfreiheit inöstlicher Richtung, vor allem in der Richtung der baltischenStaaten, wahren. Dies sei die außenpolitische Gefahr seitensDeutschland.Moskau, 3. Mai Zu dem Notenwechsel zwischen der deut-schen und Sowjetregieruna über einen baltischenGarantiepakt schreibt die„P r a w d a". die deutscheNote behaupte, datz den baltischen Staaten keinerlei Gefahrdrohe und der Vorschlag daher angeblich„keine reale poli-tische Basis habe" Die Autoren solch unerwarteter Be-Häuptlingen. schreibt das Blatt, hätten vor allem die bal-tischen Staaten selbst befragen müssen, wie diese die snste-matische, provokatorische Wühlarbeit der faschistischen Agen-ten in E st l a n d. Lettland, im M e m e l g e b i e t usw.auffassen,„eine Arbeit", deren Hauptzweck die Vorbereitungdes BodenS für den Angriff nach außen zur Liauidierunader Unabhängigkeit der baltischen Staaten ist...„Man mutzwirklich einen einzigartigen Humor besitzen, um in einersolchen Situation noch dazu im Namen des faschistischenDeutschland mit derartigen leichtfertigen„pazifistischen"Behauptungen über das Nichtvorhandensein der Kriegs-gefahr hervorzutreten!Nazlbazlllas In BrasilienUbaldo Borborema, ein brasilianischer„Jntegralist" waSdie portugiesische Bezeichnung für das brasilianische Nazi-tum ist, veröffentlicht eine Lobpreisung des„dritten Reiches"und behauptet, daß seit Hitler auch in Brasilien der Massen-Wahnsinn des Faschismus ansteige:„Seit dem TriumphHitlers hat die Bewegung augenscheinlich zugenommen.Man begründet g..nz besonders und mit großem Enthusias-mus die Gleichschaltung der Länder in Deutschland, weil inBrasilien die Machtstellung einiger Staaten das Land bei-nahe zum Separatismus geführt hat. stm Heere und in derMarine gewinnt die Bewegung jeden Tage neue Anhänger.... Man kann auch ruhio annehmen daß es dem brasi-lianischen Führer, Plinio Salgado. gelingen wird, die Um-wälzung auf normale Weise zu vollziehen." Wie aber stehendie Brasilianer, die bekanntlich durch und durch mit Neger-blut verseucht sind, zur Rassenfrage? Und was sagen dieNazi zu ihren rassisch so gefährlichen Nachahmern undBewunderern?Die Ortschaft Pawlow'ce in Kongreßpolen«stk W(6 eine Fenersbrunst fast völlig zerstört worden, wole''eben Personen in den Flammen nm'amen und 94 Gebäudevernichtet wurden.— In der Ortschaft Grabow» bei Thornsind einem Brand acht GeHöste zum Opfer gefallen. Ebensosand e»u siebenjähriger Knabe de» Tod in den Flammen.