Saarabstimmung Mitte 1935?

Man braucht zehn Monate Vorbereitung

Sind Beschränkungen für den Abstimmungskampf geplant?

DNB . Berlin , 4. Mai. Der Bund" in Bern setzt am Frei­tag in einer Zuschrift aus Saarbrücken seine Mitteilungen über die Beschlüsse des Juristenausschusses über die Saar­Abstimmung fort. Bekanntlich hatte das Blatt schon am 9. April Einzelheiten über diese Beratungen mitteilen fön­

hergereisten Agitatoren müsse das Recht abgesprochen werden, in den Wahlkampf einzugreifen.

nen. Die Befugnisse der Abstimmungston Drei Sachverständige

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mission so wird in dem Bericht angeblich ausgeführt- müßten von denen der Regierungsfommission scharf abge­grenzt werden. Die Abstimmungsfommission dürfe nicht in Regierungsgeschäfte eingreifen. Dagegen gehöre alles, was unmittelbar mit der Abstimmung selbst zusammenhänge, in das Gebiet der Abstimmungsfommission, so z. B. die Auf­stellung der Wahllisten, die Festsetzung der Wahlmethoden, die Einsetzung von Wahlfontrolleuren, die Entgegennahme von Protesten u. a. m. Ihre Sache seien auch alle Prozesse, die durch den Wahlkampf notwendig werden könnten.

Da die jaarländischen Richter selbst Partei seien, müßten neue, nur für die Abstimmungszeit geltende Verordnungen zur Strafprozeßordnung erlassen werden. Gleichzeitig sei es nötig, besondere Abstimmungsstraffammern zu schaffen, die fich aus neutralen Strafrichtern zusammensezen würden. Ueber die Zusammensetzung dieser Kammern werden dann weitere Einzelheiten mitgeteilt.

In dem Bericht heißt es dann angeblich weiter, daß die Borbereitung der Voltsabstimmung nach dem Urteil zustän= diger Stellen mindestens 10 Monate dauern werde. Als Maximum würden zwölf Monate gerechnet. Man müsse bedenken, daß allein die Ueberprüfung der Wahlunter­lagen, besonders die Aufstellung der Wahllisten, fünf bis acht Monate in Anspruch nehmen werde. Der Wahlakt selbst fönne nicht eher vorgenommen werden, als bis der letzte

Genf , 4. Mai. Das Völkerbundssekretariat gibt befannt, daß der Saar - Ausschuß des Völkerbundsrats auf seiner Tagung in Rom vom 16. bis 20. April beschlossen hat, die Ausarbeitung von Gesezesvorschlägen für die Abstimmungs­modalitäten und für den Wahltag Sachverständigen anzuver­trauen.

Als Sachverständige sind ernannt worden: Professor Bindo Galli( Italien ), 1. Vorsitzender des Appellationsgerichts von Genna;

2. A. Nypels( Holland ), Mitglied des Obersten Gerichts: hofs der Niederlande ;

Miß Sarah Wambaugh ( Vereinigte Staaten ), beratende Sachverständige der peruanischen Regierung für die Volfs= abstimmung von Tacna und Arica .

Zelle. Da indes nur fünf Mann angetreten waren, hat der Obmann die schärfsten Maßnahmen angeordnet.

Unsere NS. - Betriebszelle hat dem Leiter des Reichs kulturamtes der deutschen Christen" eine Zusammen­stellung seiner Unterschlagungen und Gaunereien über­mittelt, belegt mit Dokumenten. Sie fragt, ob das die Sauberkeit sei, die im neuen Staate herrscht.

In unserem Betrieb, der Kriegslieferungen hat, find Neueinstellungen erfolgt, aber nicht über den Arbeits­nachweis, sondern auf Grund schriftlicher Einladungen einzelner Bewerber, die früher vorstellig geworden waren. Die Schweigepflicht wird durch Revers festgelegt. Zuwider­handlungen werden mit Strafen bis zu zehn Jahren Ge­fängnis geahndet. Wir arbeiten bis zu zehn Stunden täg­lich. Lohnsatz 1,20 RM. die Stunde.

In einer der Betriebsversammlungen hatte der Zellen­Obmann erklärt: Wir sind stolz, daß wir Pg. Engel als Treuhänder für Brandenburg haben. Es ist nicht zu leug­nen, daß er und der Treuhänder im Rheinland am erfolg reichsten arbeiten. Beide sind also NSBO.- Kameraden." Vor wenigen Tagen fingen die Nazis an zu meckern, daß Engel als Treuhänder gegangen worden ist, mit ihm noch weitere seiner Kollegen. Die neu ernannten Treu­händer sind fast durchweg aus der Bürokratie hervor­gegangen, mit Ausnahme von zweien, die dem Arbeitgeber­kreise angehören.

Sollten die nicht abstimmungsberechtigter ausgeschlossen werden, so wird das die deutsche Front" bitterer treffen als die Freiheitsfront an der Saar . In der vom Reich subventionierten gleichgeschalteten Presse wirken für den Abstimmungskampf eine ganze Reihe von Journa= listen, die erst vor ganz furzer Zei zugewandert sind.

Personen tatsächlich von der Beteiligung am Wahlkampf Ernst Thälmann

Zweifel behoben ſei. Die Saarbevölkerung werde sich deshalb Der unbotmäßige Redakteur

gemeinsam mit Deutschland , Frankreich und dem Völkerbund in Geduld fügen müssen.

In der Zuschrift aus Saarbrücken wird dann eine Lanze für den Präsidenten Knox gebrochen, der in un­gerechtfertigter Weise verdächtigt werde. Knor sei mit Recht der Meinung, daß die aus dem Saargebiet rekrutierte Poli­zei für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung nicht genüge. Allerdings sei die Saarregierung hinsichtlich der Rekrutierung eines internationalen Polizei- und Gen­darmerieforps geteilter Meinung. Völlig abwegig sei die deutsche Ansicht, die Ruhe und Ordnung wäre durch ein Zu­sammenarbeiten der Saarregierung, der Abstimmungsfom­mission und der politischen Parteien sicherzustellen.

Zum Schluß wird ausgeführt, daß der Abstimmungsfom­mission und dem Abstimmungsgericht besondere Aufgaben zu­ständen. Es wäre die Frage zu prüfen, ob man nicht allen nichtstimmberechtigten Personen die Beteiligung am Wahl­kampf untersagen solle. In der Presse seien eine große An­zahl von Schriftleitern tätig, die zum erheblichen Teil erst in jüngster Zeit aus Deutschland geschickt worden seien. Allen

Der Saarbrücker Oberbürgermeister als starker

Mann

Der Oberbürgermeister der Stadt Saarbrücken Dr. Neifes, hat an den Redakteur Georg Schulte von der Volksstimme" ein Schreiben gerichtet, in dem er ihm den Zutritt zum Pressetisch bei Stadtverordnetenversammlungen und anderen städtischen Veranstaltungen verbietet. Er droht ferner in dem Schreiben damit, daß bei einer Zuwiderhand­lung Schulte aus dem Saale entfernt und zur strafgericht­lichen Anzeige gebracht würde.

Dieser Eingriff in die Pressefreiheit ist darauf zurückzu­führen, daß die" Volksstimme" als nichtgleichgeschaltete Zeitung des Saargebietes in der letzten Zeit wiederholt Kritik übte an dem parteiischen Verhalten des Oberbürger­meisters. Dr. Neifes ist Mitglied der deutschen Front" und versucht, in Uebereinstimmung mit der gleichgeschalteten Stadtratsmehrheit, eine Diftatur gegen alle Nichtgleichge­schalteten auszuüben. Dieses Schreiben ist ein Beweis dafür, wie stark die öffentliche Meinung durch solche und ähnliche Druckmittel von seiten der deutschen Front" beeinflußt

wird.

Deutsche Arbelterbricic

Berichte aus den Betrieben

Am 2. Mai 1933 ist mit dem Raub der Gewerkschaften der Zusammenbruch der Organisationen vollendet. Die moralische Wirkung war die ersten Monate nieder drückend. Es gibt keine proletarischen Organisationen mehr, aber es gibt noch Proletarier, deren Geist die Ge­walthaber nicht töten konnten. Vor allem halten die jungen Arbeiter den Zusammenhang aufrecht. Kleine und kleinste Gruppen treffen sich, sie pflegen die Verbindung mit dem Nachbarbezirk. Von der aktiven Politik sind wir ausgeschaltet, aber sozialistische Schulung wird getrieben, das hält uns wach in dieser geistigen Leere des dritten Reiches". Die politische Diskussion ist das Aktivum der denkenden und geschulten Arbeiter. Denunzianten und Gefahren umlauern die Besten unserer Arbeiterschaft, aber die Sehnsucht, mit den Kameraden und Gesinnungs­freunden zu sprechen, ist zu groß, als daß die drohende Ver­haftung abschrecken kann, und schließlich hat ja das ganze Bolk gelernt, im Flüsterton zu sprechen. Wir haben auch sonst manches gelernt. Es ist viel Energie in diesen kleinen Kreisen und wenn ein Diktator das ganze Bolk in Zellen zerschlägt, dann könnten auch einmal die Zehntausende non Grüppchen eine Macht werden.storen

Bei den Resten der kommunistischen Bewegung fft es auch lebendig. Aber die Moskauer Methoden haben sich nicht gebessert und nicht geändert. Mancher tapfere kommunistische Jungarbeiter wird geopfert, ohne daß er der antifaschistischen Tätigkeit hat dienen können. Es mußte Schriftenmaterial verbreitet werden, das im alten Stil gegen die SPD. gerichtet ist und so den Nazis wirklich nicht mehe tat. Auch der Garniturenwechsel reißt bei den KP.- Organisationen nicht ab. Wer nicht bereit ist, den Moskauer Jllusionen zu folgen und wer nicht nachspricht, daß die deutschen Arbeiter bereits inmitten einer neuen fiegreichen proletarischen Revolution stehen, der wird ab­gesägt. Aber allmählich dämmerts auch bei den kommu­ nistischen Arbeitern.

Wie sieht es mit der Sozialversicherung aus, nachdem das demokratische System ausgemerzt ist, Kor­ruption, Günstlingswirtschaft, Unfähigkeit und Mißstände gehören heute der margistischen Vergangenheit an, und boch wird der Vermögensschwund der Sozialversicherung täglich schlimmer? Was geschieht, um die Invaliden- und Knappschaftsversicherung zu sanieren: natürlich Leistungs­abbau und Beitragsabbau. In diesem Zusammenhang wird es vielleicht interessieren, wie hoch heute allgemein die Abzüge für Versicherungsbeiträge überhaupt sind. Ich lege ein Normaleinkommen eines Berliner Arbeiters vor: 63 Pfennig bei 48stündiger Arbeitszeit, d. h. also 30,24 Mark pro Woche, zugrunde. Die Abzüge sehen folgender.

maßen aus: Jnvalidenversicherung 0,90 RM., Arbeitslosen­versicherung 1,02, Arbeitslosenhilfe 0,75, Krankenversiche rung 1,24, Steuer 0,60, Bürgersteuer 1,50, Ehestands beihilfe 0,60, Arbeitsbeschaffungsprogramm 0,16, Ver­bandsbeitrag 1,10. Das wären also 7,87 RM. Gesamt bandsbeitrag 1,10. Das mären also 7,87 RM. Gesamt­abzüge( 28,8 Prozent) vom Bruttolohn, so daß der glück liche Arbeiter im dritten Reich" mit 22,37 RM. Wochen­lohn nach Hause gehen kann...

Viele ausländische Verteidiger be

Die von der Hitlerregierung angewan n der Rechtsprechung, die Beseitigung der Rechte der freien Vertet­digung und die Ersezuna objektiver Untersuchungsmethoden durch Zwang und Inquisition machen den deutschen Anti­faschisten zu einem schuß- und rechtlosen Objekt deutscher Justizwillkür.

" Das internationale Befreiungskomitee für Thälmann und alle eingeferferten Antifaschisten" ist an die ausländische Juristenschaft mit der Aufforderung herangetreten, an Stelle der gleich und ausgeschalteten deutschen Anwälte, die Ver­teidigung deutscher angeflagter Antifaschisten zu übernehmen. Insbesondere ist im Hinblick auf den kommenden Brozeß gegen Ernst Thälmann , den Vorsitzenden der KPD. , die Anwaltschaft aller Länder aufgefordert worden, sich zur Ver­teidigung des aller Menschen- und Bürgerrechte Beraubten bereit zu erflären. Der Aufruf hat in den Anwaltsfreifen ungeheuren Widerhall gefunden. Bisher liegen dem Inter­nationalen Befreiungskomitee" zirka 110 Verteidigungs­erklärungen für Thälmann vor.

Aus Frankreich 27, aus England 13, aus Tschechei 8, aus Belgien 4, aus Holland 6, aus Spanien 3, aus der Schweiz 9, aus Bulgarien 32.

Fast täglich gehen dem Befreiungsfomitee" zwei bis drei Bereitschaftserklärungen von Anwälten zur Uebernahme der Verteidigung Thälmanns zu.

Dieser Widerhall zeigt, wie tief die Empörung der Juristen gegen die Vergewaltigung des Rechtes und die Knebelung der Rechtsfreiheit in Hitlerdeutschland ist. Wie das Welt­gewissen in den Prozeß gegen Dimitroff eingriff und Un­schuldigen das Leben rettete, so müssen die Verantwortungs­bewußten der Welt sich noch einmal erheben, um ein neues, von der Hitlerregierung geplantes Justizverbrechen zu ver­hindern.

Torgler und die Kommunisten Die Partei schweigt, aber seine Mutter redet

Prag , 5. Mai. ( Inpreß.) Der Prager Anwalt Jwan Seta­nina, der schon wiederholt im Interesse von Gefangenen in Deutschland intervenierte, erhielt von Henriette Torgler, der Mutter Ernst Toralers, folgenden Brief: Geehrter Herr! Ich hörte, daß im Ausland die Zeitungen viel über meinen sinn in die Welt setzen. Es ist alles umgekehrt richtig. Er Sohn schreiben und daß die neutralen Journalisten viel Un­ist weder Nationalsozialist, noch hat er seine Ueberzeugung geändert. Er ist und bleibt das, was er immer gewesen ist. Wenn Sie mit Leuten zusammentreffen, bitte sagen Sie dies ihnen. Mit Gruß gez Henriette Torgler."

Bei uns( kleine Fabrikstadt) ist der Tegtilbetrieb Der hellige Sebastian beschäftigt. Wir sind 1500 Mann Belegschaft, davon nach wie vor eine in sich geschlossene Gemeinschaft von 1300 Marxisten, mit deren gewerkschaftlicher Einstellung die Betriebsleitung rechnen muß. Der Inhaber der Firma hat es als Führer für richtig befunden, den alten sozial­demokratischen Betriebsraf zu sich zu rufen und ihn zum

Vertrauensrat" aufzustellen. Er meinte, die Nazis ver­stehen von diesen Aufgaben doch zu wenig. Mit dem alten

Betriebsrat hätte er sich oft genug gestritten, aber wenn dann eine kollektive Vereinbarung getroffen war, dann war sich dieser gewerkschaftlich geschulte Belegschafts­vertreter auch seiner Verantwortung bewußt.

Der Obmann unserer Nazi- Betriebszelle wurde entlassen, weil, wie es verlautet, er in einer Aus­einandersetzung mit der Betriebsleitung die Erhöhung der Weihnachtsgratifikation auf 8 bam. 15 RM. durchgesetzt hatte. Die NS. Zelle, die 300 Mann umfaßt, hatte an einem Sonntag den gemeinsamen Ausmarsch angeordnet. Das Erscheinen war obligatorisch für alle Mitglieder der

Und seine Feinde in der SA. Die Aachener Post" berichtet:

Merkwürdige Denkmalsich änder Eilendorf, 13. April. Wir haben am vergangenen Dienstag berichtet, daß die Figur des hl. Sebastianus am Krieger­denkmal der Gemeinde erheblich beschädigt wurde. Heute müssen wir leider feststellen, daß die aus Stein gehauene Figur in der gestrigen Nacht völlig zerstört worden ist. Es wäre wünschenswert, wenn es der Polizei gelingen würde, den oder die Täter zu ermitteln.

Dieselbe Zeitung vom 19. April:

Eilendorf , 19. April. Wir haben im Laufe von einer Woche zweimal berichtet, daß man die Figur des hl. Sebastian am hiesigen Kriegerdenkmal mehr oder weniger demoliert hatte. Erfreulicherweise ist es der Polizei sehr schnell gelungen, die Täter zu ermitteln. Nachdem die Figur im Laufe der vorigen Woche wieder hergestellt worden ist, hat man in der gestrigen Nacht das Denkmal mit einer Flüssigkeit schwarz an= gestrichen. Hoffentlich gelingt es auch in diesem Falle der Polizei, die Täter zu ermitteln.

Der Sachverhalt ist der, daß zwei SA.- Leute die Figur demoliert haben. Der eine davon ist 19 Jahre alt und heißt Simon Sturm. Er ist der Sohn eines Mezgers und Restau­rateurs aus Eilendorf . Die Pressemeldung ist sehr vorsichtig abgefaßt, denn geschehen ist diesen Burschen nichts. Bemerkens­ist noch, daß vor einiger Zeit derselben Figur schon einmal die Hände abgehauen wurden.

Wo ble'b die Korruption"? Gewerkschaftsangestellte freigesprochen

Die in Nürnberg wohnenden Mitglieder des früheren Zentralvorstandes des Schuhmacherverbandes wurden an­geklagt, fie hätten sich irgendwelche Unredlichkeiten zu­schulden kommen lassen. Ein Hilfsarbeiter des Zentralbüros namens Feulner war der Denunziant. Kein Rechtsanwalt batte den Mut zur Verteidigung. Trotzdem ist der Freispruch erfolgt, unter fchiffter Surechtmeijune des Denunzianzen durch den er. Das ist nur der ersten den nach so

zahlre then igungen der Gewerfschafts­angestellten eine gerichtliche Entscheidung getroffen wurde, und diese muß auf Freisprechung lauter