Der Mord am Schlagetertag

Eine Barbarengeschichte aus dem dritten Reich"

Man schreibt uns aus dem Reiche:

Sie brachten früher( Nr. 152/1933) eine Darstellung des Mordes an dem Duisburger   Maler und Journalisten Hans G. E. Grohmann. Ihr Berichterstatter war nicht genau unterrichtet. Zum Jahrestag wäre eine Berichtigung am Blaze, nicht nur, um dem Ermordeten ein Gedenken zu widmen, sondern auch, um die Methoden der Meuchelmörder aus den sogenannten gebildeten" Kreisen zu kennzeichnen.

Grohmann, anfangs der dreißiger Jahre, befand sich eigentlich nur zu Besuch in seiner Heimatstadt. Er war das Glück seiner verwitweten 60jährigen Mutter, die er ver­götterte. Sein einziger Bruder fiel 1914 im Kriege als Leutnant, auch Hans Grohmann war Reserve- Offizier. Seine Mutter hatte eine sehr bescheidene Rente, vermietete möblierte Zimmer und war in einer Wohlfahrtsstelle zeitweise tätig. " Hagro", wie er sich als Zeichner nannte, war fünstlerisch überaus begabt, in vielen Seitungen erschienen früher seine eindrucksvollen Porträt- Skizzen usw., seine Fotos, besonders aus dem nahen Orient, wurden von staatlichen Propaganda­stellen benußt, seine Reklamezeichnungen waren immer von bestem Geschmack und künstlerischem Wert. Manche fennen ihn sogar aus dem Film, ohne es zu wissen. Im Mann, der den Mord beging" sieht man nämlich in den am Bos­ porus   spielenden Szenen nicht Conrad Veidt  , sondern

den schlanken, blonden Arier Grohmann als seinen Double". Türkische und armenische Zeitungen haben Artikel von ihm gebracht mit Skizzen und Fotos seiner Lieblingsstadt Stambul.­

Während der Inflation betrieb er in Duisburg   einen Buch- und Kunstladen; da die valutastarken Besaßungsoffi­ziere immer Anlage für ihre Gelder suchten, gehörten diese zu seinen besten Kunden. Hagro wurde- völlig zu unrecht wegen dieser Freunde verdächtigt, Separatist" zu sein; er war allenfalls politisch bei der Deutschen Volkspartei   zu Hause, aber so wenig politisch intereffiert, daß er m. W. feiner Partei angehörte. Mit dem französischen   Leutnant Pantaloni  ( seine Adresse fonnte ich leider nicht ermitteln,

vielleicht gelangt dieses Blatt an ihn!), der selbst Kunst­händler und Sammler von Beruf war, verband ihn besondere Freundschaft.

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Im Frühjahr 1933 wurde er in der Essener National: Beitung" wegen dieses vor 10 Jahren- 1923 gepflegten Verkehrs angepöbelt und in der diesem Blatt eigenen Weise als Verräter an den Pranger gestellt, die guten" Deutschen  " zur Rache an diesem Separatisten aufgefordert. Hagro begab sich sofort nach Essen zum Redakteur Graf v. Schwerin, der ihn persönlich kannte; es wurde ihm zuge­standen, daß man sich geirrt haben könnte, aber eine Be­richtigung oder ein Widerruf der Mordaufforderung wurde nicht gebracht.( Saarländer  : Selbst wenn G. des Separatis­mus verdächtig gewesen wäre es gab die bekannte Am­nestie und das vor Rheinlandräumung feierlich gegebene Versprechen der Nichtverfolgung! Ihr werdet das bei Räu­ning des Saargebietes noch fennen lernen, wie man im Hitlerreich Ehrenwort" hält!)- Nach Erscheinen dieses Hezartikels haben alle gute Freunde geraten, Hagro möchte sich zurück nach Stambul   begeben; er betonte, er habe nichts Unrechtes jemals getan und habe nichts zu befürchten. Zu­dem könne er in diefen schweren Zeiten seine Mutter nicht allein lassen. Dabei hatte er eine von einer rumänischen Verkehrs- Propagandastelle ausgestellte Freifahrkarte bis Bufarest in der Tasche, er sollte Landschafts- Fotos und Zeichnungen der rumänischen Bäder liefern. Er lebte forg los, glücklich, bei seiner Mutter fein zu fönnen, von der er jahrelang fern gewesen war. Abends ordnete er seine Reise­schäße aus dem Orient: Porzellan, Emails, Brookate, Fotos, Miniaturen und Bücher, oder saß in seiner umfangreichen Bibliothek vergraben. Er war so soralos, daß er, allen War­nungen zum Troß, in recht auffälliger Kleidung( hellen Kamelhaarmantel, Persianerpelzmüße, wie aus dem Balkan   gewohnt) herumlief. Dies mußte zur Charakteristik des Opfers vorausgeschickt werden; zu betonen: Grohmann war Arier reinster Rasse, aus fromm protestantischem Hause. Am Dienstag, dem 23. Mai 1983, erichien bei Hagro ein Herr, der angab, Retlameentwürfe für J. G. Farben mit ihm besprechen zu müssen. Erfrent über einen solchen Auf­trag, geriet G. sehr eingehend ins Gespräch, so daß die Mutter G. bat, den Herrn zum Mittagessen einzuladen und, solange fie mit der Zubereitung beschäftigt sei, spazieren zu gehen. Die Mutter hat ihren Sohn nie wieder gefehen; der Reflamefachmann war offenbar ein Spizel, er blieb seither unauffindbar. G. begab sich also mit seinem Gast in die Stadt, wurde im Theaterviertel von Nazis   überfallen, die mit Stöcken auf ihn einschluaen; einer schrie: Haut den Separatisten kaputt!" Bei dieser Schlägerei wurde G. von feinem myftischen Auftraggeber und eingeladenen Mittags­gaft getrennt. G. flüchtete in das Restaurant zum Stapel­haus". Der Wirt alarmierte die Schnellhiife, diese kam und brachte G. per Auto in Schußhaft in das Volizeigefängnis an der Düsseldorfer Straße. Der legalen Polizei fann offen­bar in dieser Sache fein Vorwurf gemacht werden, es war

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hiebes. Das ist immerhin möglich, aber Zeugen dieses Vor­falles haben sich jedenfalls nicht gemeldet. Der Platz vor dem Gefängnis ist meist sehr belebt, außerdem geben wohl hundert Mordbande fuhr jedenfalls mit ihrem Opfer in Richtung oder mehr Fenster des Präsidiums darauf hinaus. Die Düsseldorf   davon, bog auf halbem Wege ab in den Calcumer Wald, ungefähr zu der Stelle, wo anno 1923 Schlageter seine Brückensprengung ausführte und wo am gleichen Tage, dem zehnten Jahrestage der Erschießung Schlageters, ein Ge­denkstein eingeweiht wurde.( Der Mordtag war der Tag der großen Nationalen Schlageterfeier in der unweit ge­legenen Golzheimer Heide am Schlageter  - Kreuz!) Auto­straßen und Wald waren sehr belebt.

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deutscher   Seele, wir fonnten aber feine Bestätigung hier für finden. Woher das Braunbuch diese Angaben hat, ist uns unbekannt. Soweit ermittelt, hatte G. feinerlei Papiere bei sich, der Förster alarmierte telefonisch die Polizei, diese ließ den Leichnam in die Leichenhalle schaffen. Die Be­erdigung auf dem städtischen Friedhof zu Duisburg   fand am Mittwoch, 31. Mai, statt. Eine Todesanzeige durfte die dem Jrrsinn nahe Mutter erst hinterher erscheinen laffen. " Plötzlich und unerwartet...".

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Wir Kameraden haben, da wir kein nugloses Opfer brins gen wollten, nicht aus Feigheit- an Hagros lettem Weg nicht teilgenommen. Wie recht wir daran taten: Die beim Beerdigung wurde von der Gestapo   überwacht, Verlassen des Friedhofes wurden soweit dies sich aus der Ferne feststellen ließ zwei von auswärts gekommene, uns unbekannte Leute verhaftet. Grohmanns durchaus arischer, zum Teil schon gleichgeschal­teter Freundesfreis ruhte nicht. Die Namen der Täter wur den in wenigen Tagen festgestellt, auch Auto und Autonum­mer. Die Polizei besißt ein umfangreiches Aftenstück dar­über, auch die Staatsanwaltschaft. Beide erklärten, der An­zeige nicht nachgehen zu dürfen! Gibt es etwas Gemeineres, ats Menschen, buite als einen unschuldigen Menschen, dazu einen Idealisten und Rünstler, zu viert planmäßig zur festgefeßten Sturde aufzu lauern, ihn unter Beteuerung eines Freundschaftsoi nites, mit dem geladenen Browning in der Tasche, in den ald zu locken und dort meuchlings über den Haufen zu schießen? Einer der Mittäter war trotz der Uniform noch Menich " auviel", er war seit dem Morde innerlich frant, hat entgegen strengem Befehl davon gesprochen, und dann ( angeblich!) anfangs Auguft an ungefähr gleicher Stelle mit gleichem Revolver sein Leben beendet; er hieß Walter Stein.

G. wurde gezwungen, seinen hilfsbereiten Entführern in den Wald zu folgen. Dort wurde ihm sein Schicksal flar, wahrscheinlich sogar in brutalster Weise angekündigt! Denn ein Forstbeamter traf die fünf Männer, wurde auf­merksam durch Grohmanns Erregung, der immerfort wieder­holte: ch unterschreibe nicht ich habe nichts damit zu tun!" Auf des Försters Frage, was hier vorgehe, legi= timierte sich einer der Herren" mit irgendeinem Ausweis, vielleicht der Gestapo  , und erklärte, es handle fich um eine reine Privatsache, die ihn, den Förster, nichts anginge. Offen­bar verlangte man von G., er solle selbst seine Ermordung legalisieren durch ein Befenntnis, Schlageter verraten zu haben.( Der Verrat und seine Umstände liegen aftenmäßig fest, er erfolgte durch Prostituierte, die von den Franzosen gedungen waren, Schlageter geaen Bezahlung zu födern. G. hat mit der Sache, wie überflüssigerweise betont werden soll, nichts zu tun, er wohnte m. W. zu jener Zeit überhaupt nicht im beseßten Gebiet, sondern in Berlin  .) Der Förster ging also weiter, wenige Sekunden später hörte er vier Schüsse, er eilte zurück,

G. lag röchelnd in den letzten Zügen, die Täter waren schon in ihr Auto geeilt und davongeraft.n Dies ist der Sachverhalt, wie er von Grohmanns zahlreichen Freunden, die einen ihrer besten Kameraden betrauern und mit ihm zusammen dem Deutschen Offiziersbund angehörten, nach besten Kräften und bestem Wissen geklärt wurde. Daß es sich um ein Sühne- Opfer" für Schlag­eter handelt, ist klar; der Franzosenfreund" Grohmann war dazu ausersehen und von den Nazis wie ein Stück Schlacht­vich bis zum großen nationalen Trauertag" eingesperrt worden, nachdem man ihn einige Tage vorher eingefangen hatte. Es dürfte aber in das Reich der Fabel gehören ( fiche Braunbuch!), daß die Täter einen Bettel mit ent sprechendem Hinweis bei sich hatten und an der Leiche be­festigt haben. Zuzutrauen wäre es diesen Rittern von

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Immerhin nicht ausgeschlossen, daß die von ihm verratenen Mittäter diefen Freitod" inszenierten. Die Namen der beiden anderen sollen für bessere Tage der Geschichte bewahrt bleiben: Der Kunstmaler Sch. aus Duisburg  , ein Schmierer und Nichtskönner, der seinen Schulfameraden, und erfolg= reichen Kollegen Grohmann stets mit Neid betrachtete. Sch.'s Ueberredung ist es wohl auch gelungen, den seit Jahren mit ihm gut bekannten Kollegen Hagro zur Automobilfabrt zu bewegen. Mit der Mordabficht im Hirn und dem Brow= ning in der Tasche. Sch. bekleidet der Polizei und der Staatsanwaltschaft sofort nach der Tat als Mörder genannt - heute einen dicken Posten in der SS. Der dritte im Bunde war ein Jüngling aus der Duisburger Haute- volee, ein kaum der Schule eniwachsener Buriche, in Grohmanns Nachbarschaft wohnend, und auch mit ihm befannt, namens H., ein Produkt seiner nationalen Erziehung fromm- pie­tiitischer Eltern. Sein Name foll als der eines gemeinen Meuchelmörders in alle Kreisen dringen, auf daß er nicht vergessen werde.

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Der Name des vierten der Mörderbande ist ebenfalls be­fannt, soll aber aus bestimmten Gründen heute auch nicht andeutungsweise genannt werden. Hagro.

sbrad

Blutige Maifcier in Bremen  

1197

Saalschlacht zwischen Stahlhelm und SA.- Kampf zwischen SA. und Polizei- Ausländer niedergeschlagen

Man schreibt, uns aus Bremen  :

Am 1. Mai, bei einer Veranstaltung zum Fest der deut­ schen   Arbeit, die in den Zentralhallen, den größten Sälen der Stadt Bremen   stattfand, fam es zu schweren Schlägereien zwischen Stahlhelmern, ehemaligen Jungdo- und Werwolf­leuten gegen die zahlreich anwesende SA. und SS. Die Ein­richtung des Lofals ging vollständig in Trümmer; fein Stuhl und fein Glas blieben ganz. Ursache des blutigen Zu­sammenstoßes war der wieder eingetretene bessere Kontakt unter den Stahlhelmern und den mit ihnen befreundeten Werwölfen und Jungdomannen. Ueberhebliches Gebahren der Nazis fand an dem Abend eine sehr selbstbewußte Zu­rückweisung durch die Stahlhelmer und ihre Freunde. Die Nazis, in ihrem Größenwahn beleidigt, glaubten hemmungs­los ihre Wut durch einen Sturm auf die feindlichen Brüder austoben zu können, hatten aber einen mannhaften Wider­stand nicht erwartet. Es entstand eine regelrechte Saal­schlacht, bei der es auf beiden Seiten viel blutige Köpfe gab. Ein Augenzeuge berichtet uns, der Saal erinnerte an die zahlreichen Stampfstätten, auf denen in den letzten Jahren

Temonstrationen gegen die Polizei zu verhindern. Selbst die Haltestelle der Straßenbahn vor dem Hause wurde verlegt, bia die Wagen mußten schnell durchfahren, damit das Vordrina gen zum braunen Hause unmöglich wurde.

In Bremen   und darüber hinaus hat die Bevölkerung, besonders die sozialistische Arbeiterschaft den harmonischen Verlauf der braunen Maifeier" zur Kenntins genommen. Wir sind sicher, beim Fortschreiten der Entwicklung auf ollen Gebieten des täglichen Lebens im dritten Reich" wird es noch häufig zu solchen Schlachten fommen. Um die große Wut gegen die Polizei etwas zu fühlen, und sich dadurch mit den Verbrechen ihrer Söldner zu solidarisieren, hat die SA.­Leitung für Bremen   das Verbot des Grüßens der Polizei erlassen. Wenn freche Burschen Prügel bekommen, stecken sie eben die Zunge heraus. Wie lange wird es dauern und die Naziführer sagen allgemein mit dem alten Goethe auf ihrer Maifeierplafette: O Herr, die Not ist groß; die Geister, die ich rief, nun werd' ich sie nicht los.

sten den braunen Vandalen entgegentreten mußten. Bom Die Illegalen im Ruhrgebiet  vor dem Naziregime so manchmal die disziplinierten Warri   ,, Es lebe der rote 1. Mal" Ueberfallkommando der herbeigerufenen Polizei wurden 30 Perinnen insgesamt verhaftet. Der größere Teil davon waren SA.- Leute, die auf dem Polizeiwagen die Fahrt in das Polizeigefängnis machen mußten. Damit war für Bre­ men   aber erst zu einem Teil einem großen Publikum die unerschütterte Einigkeit aller deutschen   Volksgenossen" dent­lich gemacht.

Man schreibt uns aus dem Industriegebiet:

Der 1. Mai ist in den Städten des Industriegebiets an der Ruhr nicht ohne tapfere Manifestationen der Illegalen ge­gen das faschistische System vorübergegangen. In Essen  und Vororten waren zahlreiche Häuser und auch Bürger­steige mit der Parole Es lebe der rote Mai" beschriftet.

eine Haft zum Schuße des Bedrohten. Auch G.s Bitte, feine Ein Engländer niedergeschlagen An den Stempelstellen und in den Betrieben ist tagelang vor

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Mutter telefonisch von seinem Verbleib zu benachrichtigen, wurde erfüllt. Am nächsten Tage, Mittwoch Besuchstag der Polizeiaefangenen, erichten Frau G., um ihren Sohn zu sehen. Es wurde ihr, den Bestimmungen gemäß, geant­wortet, daß innerhalb der ersten drei Hafttage Besuch nicht gestattet werden dürfe, sie möchte am Samstag wieder­fommen; ihrem Sohn ginge es gut. Am Samstag, dem 27. Mai, erhielt Frau Grohmann im Präsidium ordnungs­mäßig die Besuchserlaubnis.

Am Gefängnis wurde ihr gefagt ihr Sohn sei doch ihr Sohn sei doch bereits gestern, Freitag, entlassen, da nichts gegen ihn vorliege!

Erschrocken irrte die alte Frau von Büro zu Büro, die gestrige Entlassung fonnte ihr nur bestätigt werden, über Hans Verbleib fonnte sie feine Auskunft erlangen, fie möchte mal bei der SA. nachfragen. Und dort wurde der zitternden Mutter, der man das letzte, den einzig vom Krieg verschonten Sohn genommen hatte, dann gefagt, ihr Sohn hätte im Walde Selbstmord verübt und sei wohl im Leichen­schauhaus zu finden.

Was war geschehen? Hagro war in der Tat am Freitag, 26. Mai, nachmittags ordnungsmäßig aus der Haft entlassen worden. Vor dem Polizeigefängnis wurde er von 4 ihm per= sönlich bekannten Duisburger   Bürgerssöhnen erwartet, die ihm erklärten, in Duisburg   sei er vor Wiederholuna der Ueberfälle nicht sicher, er müsse sofort weg, am besten zunächst nach dem nur 20 Kilometer entfernten Düsseldorf  , und ohne vorher zu seiner Mutter nach Hause zu geben.

Woher wußten diese vier von der Enthaftung? Standen fie mit der amtlichen Polizei unter einer Decke? Wir nehmen dies nicht an; viel wahrscheinlicher ist die Ent haftung auf Veranlassung der SS  . bzw. der Gestapo   er: folgt, und diese hat dann die Leute hingeschickt, um Sagro abzufassen.

Die Freunde" erklärten sich bereit. G. fofort hinzufahren, pffenbar ist er sogar freiwillig mit ihnen in das Auto ge= stiegen. Nach anderer Version habe G. Verrat gewittert und fich geweigert, die später an der Leiche festgestellte Schlag beule am Hinterkopf sei die Folge eines Betäubungs­

Alle Festredner haben am Tage der Arbeit mit drohenden Reden die aroße Agitationsfampagne der NSDAP. gegen die vielen Miesmacher und Nörgler eingeleitet. Eine um­fassende Agitation ist nach einem Jahre schlimmster Miß­erfolge des Systems der Sklavenhalter wahrlich nötig. Der brutale Terror gehört aber zur Naziagitation auch noch im ,, dritten Reich", wie der zweite blutige 3uiam menstoß am Montag in Bremen   beweist. Auf der Straße Buntentorsteinweg ergriffen SA.- Leute einen Pas­santen, der sich um ihre provozierenden Heil- Hitler- Rufe nicht befümmerte. Wegen seiner Nichtachtung gegen den Blutfanzler wurde der Mann, ein Engländer, niedergeschla

gen und dabei furchtbar zugerichtet. Die Nazis hatten sich in

ihrem Schlägereifer natürlich nicht um die Nationalität ihres Opfers bekümmert. Das Opfer aber verlangte von einer Straßenpatrouille der Polizei die Festnahme der Lands­frechte. Darauf flüchteten die braunen Gangster in das in der Straße Buntentorsteinweg gelegene Partethans der NSDAP  . Da es sich um einen schweren Terrorfall gegen einen Ausländer handelte, versuchten die Beamten die Täter aus dem braunen Hause heraus zu verhaften. Hier aber san­den sie den bewaffneten und rücksichtslosen Widerstand der starken SA.- Wache, die den Beamten unter anderem erklärte. fich zum Teufel zu scheren. Für SA.- Leute und im braunen Hause sei keine Polizei, allein die SA. selbst zuständig. Die Beamten erwiderten: Das werden wir euch gleich beweisen". Das alarmierte Ueberfall kommando erschien sehr schnell mit drei Wagen und drang unter Gewaltanwendung in das versperrte Parteibaus der Nazis ein. Der entgegengesetzte Widerstand der SA- Wache und einiger anwesender Nazi­führer wurde durch die Polizei rücksichtslos niedergeschlagen. Jeder einzelne SA.- Mann bekam eine ganz gehörige Ab­reibung, so daß mehrere Festgenossen des braunen Maitages reibung, so daß mehrere Festgenossen des braunen Maitages in das Krankenhaus, alle anderen Anwesenden im braunen Hause aber durch die Polizei in Gewahriam gebracht wur­den. Von der Polizei wurde das Parteihaus dann besetzt, Wache vor das Haus gestellt und vorläufig jeder Zutritt ver­boten. Die Wache war noch am Morgen des 3. Mai zu sehen In der Straße wurde abgesperrt, um Ansammlungen und

dem 1. Mai über die politischen und wirtschaftlichen Ergeb nisse des ersten Hitlerjahres diskutiert worden. Auch A.­2cute erklärten vielfach ihren starken Unmut gegen die sat­ten Nazibonzen, die sich troß größter Volksnot mit den vie­len Abzügen vom fargen Lohn wie Kriegsgewinnter und Inflationsschieber gebärden. Zahlreiche ffeine Gruppen wan­derten am 1. Mai in die Wälder, wo sie mit Gelöbnissen für die sozialistische Revolution den Weltfeiertag beginnen. Von der Polizei wurden 40 Verhaftungen vorgenommen, aber bis auf einige Personen, nur furze Zeit aufrecht erhalten.

Eifersucht und Politik

O, Deutschland  

w

h. b. In Mannheim   hat sich ein tragischer Fall abgespielt, der einem aufrechten jungen Menschen vermutlich die ganze Laufbahn zerstört hat. Der 22jährige Willi G., ein junger Student und ehemaliger Reichsbannermann, hielt gute Freundschaft mit einem Nachbarmädchen, die gleichzeitig in freundschaftlichem Verkehr mit einem Nationalsozialisten stand. Diefes junge Mädchen erhielt eines Tages einen Brief aus Oesterreich  , in welchem ihr dort wohnender Onfel allerlei Fragen über die Verhältnisse in Deutschland   stellte. Da das junge Mädchen angeblich nicht in der Lage war, diese Fragen zu beantworten, bat fie ihren Freund Willi G., ihr eine Antwort zu entwerfen, was diefer auch tat.

Den Entwurf dieser Antwort zeigte nun aber das junge Mädchen ihrem nationalsozialistischen Freunde, der sofort Anzeige erstattete. G. wurde verhaftet und hatte sich jetzt vor dem Mannheimer   Sondergericht zu verantworten, das ihn, troßdem der Brief nicht abgeschickt worden ist, zu schn Monaten Gefängnis verurteilte.

Der Fall ist um so tragischer, weil es sich bei G. um einen allgemein beliebten, ftrebfamen jungen Mann handelt, der nach einem Semester sein Studium an der Ingenieurschule hätte beenden können. Er wurde das Opfer einer glatten Denunziation, wenn nicht eines geplanten Verrats.