Deutsche   Stimmen Beilage zur Deutschen Freifieit"

Lessing   und die nazi

Eine Auswahl aus den Sinngedichten

Auf den Ley

Der gute Mann, den Ley beiseite dort gezogen! Was Ley ihm sagt, das ist erlogen.

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Wie weiß ich das? Ich hör ihn freilich nicht: Allein ich seh doch, daß er spricht.

Nazi- Sozialpolitik

,.Es ist doch sonderbar bestellt,"

Sprach Hänschen Schlau zu Vetter Fritzen,

,, Daß nur die Reichen in der Welt

das meiste Geld besitzen."

Der Präsident der Akademie für deutsches Recht

Gerechtigkeit, wie kömmst du hier zu stehen?

Hat Dich Dein Hausherr schon gesehen? ,, Wie meinst Du, Fremder, diese Frage?

Er sieht und übersieht mich alle Tage."

Reichstagsbrand

Ein Hurenhaus geriet um Mitternacht in Brand. Schnell sprang, zum Löschen oder Retten,

Ein Dutzend Mönche von den Betten.

Wo waren die? Sie waren bei der Hand. Ein Hurenhaus geriet in Brand.

Dienstag, den 29. Mai 1934

Hanns Johst  

Grabschrift des Nitulus

Hier modert Nitulus, jungfräulichen Gesichts,

Der durch den Tod gewann: er wurde Staub aus Nichts. Rassen- Stolz

Hier faulet Mimulus, ein Affe.

Und leider! leider! welch ein Affe!

So zahm, als in der Welt kein Affe,

So rein als in der Welt kein Affe, So keusch als in der Welt kein Affe, So ernst als in der Welt kein Affe! Damit ichs kurz zusammenraffe: Ein ganz originaler Affe.

Auf einen gewissen Führer

Ihn singen so viel mäß'ge Dichter,

Ihn preisen so viel dunkle Richter,

Ihn ahmt so mancher Stümper nach,

Ihm nicht zum Ruhm. und sich zur Schmach.

Freund, dir die Wahrheit zu gestehen,

Ich bin zu dumm es einzusehen,

Wie sich für wahr Verdienst ein solcher Beifall schicket. Doch so viel seh ich ein,

Ereignisse und Geschichten

Walter Flex   hat Glück gehabt

Ein Kulturdokument

Durch die deutsche Presse geht folgende Mitteilung: ,, Der Sachverständige für Rasseforschung beim Reichs­ministerium des Innern hat die Abstammung des deutschen Dichters Walter Flex   nachgeprüft, da dieser mehrfach als Judenstämmling bezeichnet wurde. Der Verdacht der jüdischen Abstammung entstand durch den Geburtsnamen der Mutter des Dichters, Margarethe Pollack( geboren 8. 4. 1862 in Rawitsch  ), da der Name Pollack häufig als Judenname vorkommt, er ist aber, wie auch andere Her­kunftsnamen( wie Heß( e), Sachs( e), Schwab( e), als Name rein arischer Geschlechter nachweisbar. So hat die ein­gehende Nachprüfung und Erforschung der Abstammung der Margarethe Flex geb. Pollack ergeben, daß diese einer an­gesehenen Familie rein arischen Blutes entstammt, die bis zu einem Namensträger festgestellt werden konnte, der um 1750 geboren wurde. Auch die übrigen Ahnen des Dichters sind rein arischer Abstammung. Das Gutachten des Sach­verständigen für Rasseforschung beim Reichsministerium des Innern lautet:

,, Ich habe die Ahnen des Dichters Walter Flex  , geboren am 6. 7. 1887 in Eisenach  , gefallen auf Oesel   am 16. 10. 1917, teilweise bis zu den Ur- Urgroßeltern und darüber hinaus nachgeprüft und festgestellt, daß sie evangelischer Kon­fession und arischer Herkunft waren. Der Dichter Walter Flex   ist deutscher   Herkunft und frei von jüdischem Bluts­

Das Singen, das den Frosch im tiefen Schlamm entzücket, einschlag. Das Singen muß ein Quaken sein.

Streit um einen Toten

Franz Anton Mesmer   zum 200. Geburtstag

,, Lege Deine Hand auf ihn, um den Schmerz zu stillen, und sage, der Schmerz soll weggehen." ( Aus einem ägyptischen Papyrus)

Den einsamen Titanen, der zum ersten Male ins Dunkel der menschlichen Seele hineinleuchtet, strafen die Götter: ihn selbst stürzen sie ins Dunkel, Franz Anton Mesmer  , ge­boren vor zweihundert Jahren, am 23. Mai 1734. Wie ein Komet schießt dieses Leben empor, strahlt auf und versinkt im Nichts. Da ist Iznang   am Bodensee  , Mesmers weltabge­schiedener Geburtsort; Wien   und Paris  , Kopf und Herz des damaligen Europa  , sind die Stätten seines größten Triumphs; die Schweiz   ist der Zufluchtsort des Alternden; unbekannt und vergessen beschließt er endlich in der Vaterstadt seine in der Blüte Bahn  . Aus kleinen Verhältnissen stammend kehrt er in seiner Jahre liegt die Welt ihm zu Füßen kleine Verhältnisse wieder, da eine größere Kraft als die seine die Welt erschüttert. So rundet sich der Kreis.

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Doktor zweier Fakultäten ist Mesmer   schon, als er in Wien   Medizin studiert. Bald ziert des großen van Swieten Unterschrift das dritte, das ärztliche Diplom. Eine reiche Heirat dazu vergoldet es so ausgerüstet tritt der Mann ins Leben, vorläufig mehr Weltmann als Arzt. Sein Wiener Haus ist Mittelpunkt der Geistigkeit, und auch die schönen Künste fehlen nicht: Mozart Vater und Sohn gehen ein und aus, und im Garten Mesmers wird sogar die Erstlingsoper des Wunderkindes ,, Bastien und Bastienne  " uraufgeführt. In Cosi fan tutte   hat ihm der Meister ein unvergängliches Denkmal gesetzt, ihm und seinem Magnetstein:

Hier der Magnetstein

Soll's Euch beweisen.

Ihn brauchte Mesmer einst,

Der seinen Ursprung nahm

Aus Deutschlands   Gauen

Und so berühmt ward in Francia.

Der Magnetstein oder das Magneteisen war ein im Mittelalter hochgeschätzter Heilbehelf. Nicht nur Eisen ziehe er an, ging der Aberglaube, sondern auch Krankheiten. Durch Zufall, von einer durchreisenden Fremden, erfuhr Mesmer davon, und er griff danach, wie der Altertums­forscher nach dem ersten ausgegrabenen Stein der Stadt seiner Träume. Hier war der Beweis seiner Doktorarbeit, in der er behauptete, daß eine Allkraft den Kosmos durch­fließe, von den Sternen her auf die Erde und ihre Be­wohner wirke: De planetarum inflexu! Hier im Meteorstein schien sie materialisiert, diese Kraft des Weltalls, und fähig, die im Menschen steckende anzufachen zum gewaltigen Widerstand gegen die verderblichen Kräfte der Krankheit.

Ein Jahr voller Erfolge geht um und Mesmer, hoch ge­achtet schon und weitberühmt, bringt von einer Begegnung mit dem Vorarlberger Jesuitenpater Gaßner aus München  eine neue Erkenntnis nach Wien   zurück: daß man die Widerstandskraft des menschlichen Organismus auch ohne den toten Stein entflammen kann, einfach durch Willens­übertragung, zu der die Hand des Arztes auf die kranke Stelle gelegt, die Brücke bildet. Das ist der Beginn des be­rüchtigten Mesmerismus, mit dem aber zugleich all das an­hebt, was der modernen Psychologie und Psychotherapie Ruhm ist. Wie jede neue Lehre tritt auch diese weit über ihr Ziel schießend ins Leben. Das Allheilmittel glaubt Mesmer   entdeckt zu haben, wo er doch nur" ein einziges heilbedürftiges Organ erschloß: die arme, gequälte mensch­liche Seele. Mit Recht vergleicht ihn deshalb Zweig, der Dichter und Arzt mit keinem geringeren als Columbus, der auszog, das sagenhafte, versunkene Indien   zu suchen, und im neuen Kontinent Amerika   landete.

Mesmers erster ganz großer Triumph wurde sein erstes Verhängnis. Ihm war ein junges blindes Mädchen zugeführt worden, an der die Kunst der großen Wiener   Aerzte sich brach: Fräulein Paradies. Ihre Sehnervenstörung war offenbar eine seelische und so konnte ihr auch Mesmers Kur den ersten Schein des Augenlichts wiedergeben. Das war zuviel für die mißgünstigen Starstecher: sie entfesselten einen Skandal, in dem die Eltern des Mädchens, die Gesellschaft, und vor allem die Sittenkommission ihre willigen Helfer waren. Man jagt den Arzt aus dem Land, und das Mädchen in eine Nervenkrise, in der ihre Sehkraft endgültig zusammenbricht.

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Zweiter Akt, Mesmer   in Paris  . Dort hat er seinen Platz und seine Aufgabe. Er soll die schon im Vorfieber der Revolution zitternden Nerven ins Gleiche bringen. Von beiden Seiten strömen sie ihm zu: Der Adel mit ahnungs­vollem Unbehagen in der Seele, das Volk voll leidenschaft­licher Erwartung des Kommenden. In Mesmers Klinik ent­laden sie den Hexenkessel ihrer Gefühle. Fünf Jahre geht der tolle Spuk, jede einzelne Stunde steigert Mesmers Ruhm und seine Einkünfte. Unfaßbar, was er damals alles im Zwielicht seiner mystisch hergerichteten Ordinationsräume aus dem Zwielicht der Seele herauszuholen vermag: Som­nambulismus, Suggestion, Hypnose, alle krassen Wider­sprüche kurz zum damals herrschenden mechanistischen Ma­terialismus. Der Zusammenstoß war unausbleiblich. Eine vom König eingesetzte Kommission sollte nach der geheim­nisvollen Substanz suchen, die der Arzt auf die Kranken ausstrahlt. Sein Einfluß ließ sich nicht leugnen, aber auch nicht messen, nicht tasten, nicht schmecken. Also wurde er als ,, Einbildung" abgetan, und Mesmer selbst als Salbader, Quacksalber, Scharlatan. Der Abstieg begann.

Immer wilder kreist das Leben in Paris   und immer ein­

samer wird es um den viel Gefeierten. Der Arzt Guillotin  , der das vernichtende Gutachten gefertigt hat, nimmt ihm nicht nur seinen Ruf; er schenkt auch der Revolution die Guillotine, die Mesmer seinen Anhang nimmt. Unblutige Nervenkuren kommen aus der Mode; größere brachte und brauchte jetzt die Zeit. Schließlich jagt Mesmer   die Revolu tion, die ihm schon Ruhm und Vermögen zerstört hat, ganz aus dem Land; in Wien  , wohin er sich zunächst wendet, hält man ihn für einen Jakobiner, der zu verhaften und abzu­schieben ist. Seltsame Ironie, weiter gespielt vom Alternden: er zieht sich in die Schweiz   zurück, aus dem Brennpunkt der Welt in ein weltentlegenes Dörfchen, wird aus dem all­mächtigen Hofarzt zum bescheidenen unbekannten Land­doktor, ist tot, lange, ehe er 1815 stirbt. Die Fackel indes, die er in die Welt geschleudert hat, brennt weiter, und der wilde Kampf, der ihn zweimal umbrandet, ist längst über seine Person hinweggeschritten, wie über die ersten tasten­

Eine ausführliche Ahnentafel des Dichters wird dem­nächst durch den Sachverständigen für Rasseforschung ver­öffentlicht werden.

Somit steht die rein arische Abstammung von Walter Flex   fest und sein schon aus seinem Leben und Sterben und seinen Schriften ersichtliches deutsches Wesen ist nun auch durch den urkundlichen Nachweis seiner Abstammung zweifelsfrei festgestellt. Alle gegenteiligen Behauptungen und Verdächtigungen sind geeignet, einen deutschen Helden des großen Krieges in seinem Ansehen herabzusetzen.( Die Tatsache, daß sich ein Rassenamt findet, derartige Gut­achten abzugeben, steigert es wohl? Die Red.).

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Der jedermann zugängliche Urkundennachweis läßt solche unrichtigen Ausstreuungen in Zukunft als bewußten Angriff gegen das wunderbare Vermächtnis erscheinen, das uns Flex, der Wanderer zwischen zwei Welten", geschenkt hat. Die deutsche Jugend sollte es als ihre Pflicht betrachten, ihre Liebe zu seinen Werken noch heißer brennen zu lassen und versuchen, das fortzuwaschen, was man mit falschen Strichen in das Bild dieses mit Blut und Geist deutschen Menschen zu zeichnen versucht hat."

Der tote Walter Flex   hat Glück gehabt. Wäre das Ur­teil des Sachverständigen für Rasseforschung anders aus­gefallen, so hätten ihm weder seine Vaterlandsliebe, noch seine Kunst, ja, nicht einmal sein Heldentod etwas genügt.

Interessant

P

für wen?

In der Zeitschrift ,, Deutsches Volkstum", Ham­ burg  ( Herausgeber Wilhelm Stapel  ), lesen wir:

Wenn ein Historiker in 50 oder 100 Jahren die Zei­tungen von heute aufschlägt, wird er den ,, Völkischen Beobachter" als Zeugnis historischer Vorgänge weit in­teressanter finden als die Basler.und Züricher   Blätter mit ihrer Art von Kritik, für die man in Norddeutschland den etwas groben, aber treffenden, Ausdruck Klug­scheißereien" hat.

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Warum diese falsche Bescheidenheit? Daß sich Historiker wie erst die interessieren werden, ist noch gar nichts Irrenärzte! Denen wird unerschöpfliches Material aus der Nazipresse erblühen, und die Wissenschaft der Zukunft wird dem ,, Völkischen Beobachter" ewige Dankbarkeit bewahren.

den Erkenntnisse seines Systems. Noch kommt nach Wien   Zeit- Notizen

und Paris   Berlin  : Der Streit um den Echtheitsgehalt des Mesmerismus beschäftigt Jahre später, zu Mesmers Leb­zeiten, die Berliner   Königliche Akademie; ja sogar vor dem Grab des Vergessenen, das Freunde mit einem Stein ge­schmückt haben, macht er nicht Halt: Unbekannte verwüsten es. War das das Ende?

Nein, das war erst der Beginn. Es folgen die großen Entdeckungen im Neuland der Seele, es folgt damit aber auch der ganze abergläubische Krimskrams, die Taschen­spielerkunst und Gaukelei, die schon Mesmers Auftreten unheilvoll begleitet haben. Nicht nur die moderne Psychiatrie, auch übelste Geisterscherei und mittelalter­lichster Zauberglaube; fortgeschrittenste Psychotherapie, Technik des Massenwahns sowohl wie der suggestiven Heil­beeinflussung: Goebbels   und Freud, das ist Mesmers Erbe, der zugleich krauser Wirrkopf und kühler Forscher war. Gelegentliche Gedenktage wie der heutige können die Er­innerung an den Mann erwecken; im Kampf derer, die sein Erbe gehoben, hat er nichts mitzureden. Er und sein System sind tot. Nur der Streit lebt weiter.

Uwe Volker Spaniol

ERCK.

Spaniol so heißt der frühere Führer der ,, deutschen Front" an der Saar  . Führer ist er nicht mehr, dafür ist er von anderer Seite entschädigt worden. In der, Saar­ brücker Zeitung  " vom 22. Mai finden wir folgende Anzeige:

Durch die Fülle der uns anläßlich der Geburt unseres Söhnchens Uwe Volker übermittelten Aufmerksamkeiten und Glückwünsche sind wir gezwungen, all denen, die an dem glücklichen Ereignis freudig teilnahmen, auf diesem Wege

herzlichst zu danken.

A. Spaniol, Preuß. Staatsrat und Frau.

Das Deutsch   ist etwas peinlich. Dafür ist Uwe Volker Spaniol" von niederschmetternder deutscher Kraft. Der katholische Priester, der diesen Namen ins Kirchenbuch ein­tragen mußte, hat einem nordischen Wotans- Christen in die völkische Windel geschaut

Ein Wilhelm- Busch- Archiv

In Hannover   wurde das neu geschaffene Wilhelm- Busch­Archiv der Oeffentlichkeit übergeben. In ihm soll alles zu­sammengetragen werden, was zum Werke des Zeichners und Dichters gehört. Bereits jetzt enthält das Archiv eine große Fülle seltener Erstdrucke und zahlreiche Briefe Wilhelm Buschs, u. a. die an den Geheimrat Warnecke, an seinen kürzlich verstorbenen Neffen Hermann Nöldecke und an seine Münchener   Freundin Ferdinanda Keßler. Ein Unikum sind die von dem Buschbiographen Vanselow gesammelten Ausschnitte aus den ,, Fliegenden Blättern  ". Als Rarität gel­ten auch einige Briefe an Busch, da er seine Korrespondenz zu vernichten pflegte. Die Büchersammlung enthält außer den Werken Buschs und der Literatur über ihn auch die Werke seiner Vorgänger und Nachahmer und eine Sammlung von ,, Max und Mority" in fremden Sprachen. Scherenschnitte Buschs, Fotografien aus seinem Leben, eine Karthotek mit zahllosen Zeitungsausschnitten vervollständigen das Archiv, das das Werk des Meisters vor Zersplitterung bewahren und zum Mittelpunkt der Forschung werden wird.

Lehars   Pariser   Walzer

Franz Lehar   ist augenblicklich Gast der Stadt Paris  . Alle seine Bewunderer vernehmen es mit großer Freude, daß er soeben einen Walzer beendet hat, der der Stadt Paris   ge­widmet ist. Dieser Walzer, betitelt ,, Salut Paris", ist kom­poniert für einen Film, der kürzlich von Franzosen   in Wien  gedreht wurde. In dieser verfilmten Reportage wird man Franz Lehar   persönlich zum ersten Male auf der Leinwand sehen. Es handelt sich um den Film ,, Wien   1934".

Preis für ein Krebsheilmittel

Mitglieder der Kuomintang haben dem Zentralexekutiv­komitee in Nanking 50 000 Dollar zur Aussetzung eines Preises für ein nachweislich wirksames Heilmittel gegen den Leberkrebs zur Verfügung gestellt. Die Stiftung dient dem Andenken an Dr. Sun Yatsen, den Vorkämpfer der chine­sischen Einheit und Freiheit, der dieser Krankheit erlag. Der Preis ist zeitlich nicht befristet und kann ohne Unterschied der Staatsangehörigkeit verliehen werden,