Wie sie stehlen ledisH

Sozialismus der Tat bei den Nazibonzen

Deutsche   Arbeiter schreiben uns über die gehäuften for­ruptionsfälle im dritten Reich" u. a.:

Stettin  :

" Zur Verurteilung der SS.  - Leute in Stettin  : Wie wir zuverlässig erfahren, hatten die Verurteilten auf der still­gelegten Vulfan- Werft ein Konzentrationslager auf private Rechnung eingerichtet. Sie verhafteten mißliebige Persönlichkeiten, überführten sie in das Lager, erpreßten ihnen Geldsummen, die im Einzelfalle bis zu 20 000 Marf gingen und ließen dann ihre Opfer frei. Dieses Treiben dauerte viele Monate. Es geschah aber mit Kennt nis und Duldung der Leitung der SA  , der NSDAP  . und der Stettiner Polizei. Nichts wurde dagegen unternommen, solange sich die Mißhandlungen und Erpressungen gegen Persönlichkeiten richteten, die keine Beziehungen hatten. Erst als die Verbrecher die Ungeschicklichkeit begingen, fich an Leuten zu vergreifen, die wie der frühere Geschäftsfüh­rer der Deutschnationalen Volkspartei Weiß über Verbin­dungen zu dem Generalfeldmarschall Mackensen verfügten, da eilte Göring   im Flugzeug nach Stettin  . Um seine eige­nen fünf Dußend Konzentrationslager zu retten, mußte er das private Konzentrationslager schließen, und die Ver­brecher durch ein Sondergericht aburteilen lassen. Der mit­schuldige Polizeipräsident aber wurde nicht vor Gericht ge= stellt, sondern nur seines Amtes enthoben. Er hat sich furze Zeit darauf das Leben genommen."

Kiel  :

" Die beiden Nazigrößen und Zigarrenhändler Glasen und Lehmann, haben in ihrer Eigenschaft als Amtswalter der NSDAP  . eifrig für die Winterhilfe gesammelt und die eingegangenen Beträge für sich persönlich sozialisiert. Es wurde ihnen unter großem Tamtam die Uniform ausge­zogen. Nach diesem feierlichen Akt wurden beide in das Gerichtsgefängnis in der Harmstraße eingeliefert.

Flensburg  :

Seit langer Zeit war in eingeweihten Kreisen bekannt, daß die Abrechnungen des Naziführers Ebelings falsch waren und daß ihm Geld in der Kasse fehlte. Darüber hinaus hat

Bayern  :

Oberpfalz  :

Pg. Harbauer, 1. Bürgermeister von Weiden  , wurde feines Amtes als Leiter der Naziorganisationen enthoben, weil Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung über die gedeckt wurden. Sein Amt als Bürgermeister übt er nach wie vor aus.

den Nazibonzen Bayerische Ditwacht" mit dem Berlag in Bayreuth   auf­

In der Kasse des Fabrikarbeiterverbandes in Weiden  stellten die Revisoren einen Fehlbetrag fest. Wie groß der Fehlbetrag war, hat man nie erfahren fönnen. Einige Zeit nach der Kassenrevision bekamen nahezu 1000 Mitglieder der NEBO. die Mitteilung, daß sie nicht Mitglied der NSBO. seien. Diese hatten aber vom Juni 1933 bis Januar 1934 ihre Beiträge für die NSBO., monatlich 60 Pfennig bezahlt, dazu die Aufnahmegebühr von 1,50 Mark pro Per­son. Durch die Streichung dieser annähernd 1000 Mitglieder war das Defizit in der Verbandskasse beseitigt, da man ja nur Beiträge eingenommen hat nach dem Stande der gel­tenden Mitgliederliste. Der Angestellte des Fabrikarbei­terverbandes mußte nach dieser Begebenheit aus Weiden  verschwinden. Heute ist er im Bayreuther Bezirk Forst­beamter.

Der Mann, der in der Gemeinde Brünst bei Floß beim großen Umbruch Bürgermeister wurde, war den Be­hörden und der Bevölkerung immer schon als der geriebenste Schmuggler bekannt. Vor der Machtergreifung Hitlers  schwebte gegen ihn ein Strafverfahren wegen großer Schmuggelei. Dieses Strafverfahren wurde nach der Macht­ergreifung Hitlers   einfach niedergeschlagen und der Mann murde, weil das älteste und tüchtigste Nazimitglied am Orte, Bürgermeister. Als Bürgermeister des dritten Reiches" muße er natürlich ein schöner eingerichtetes Amtszimmer haben als seine Vorgänger. Die Mittel für eine neue Büro­einrichtung wurden vom neuen Gemeinderat selbstverständ: lich gern bewilligt. Der Bürgermeister bestellte diese Möbel nicht etwa beim heimischen Gewerbe, sondern in der nahen Tschechoslowakei   und ließ sie herüberschmuggeln. Das wurde befannt. Der Bürgermeister ist angezeigt, aber versieht wei­ter sein Amt als Bürgermeister, das er ja vom Führer übertragen bekam.

In einer großen Bauernversammlung in Luhe- Wil­ denau  ,( Referent Lehrer Bacherl) erging nach der Ver­sammlung die Aufforderung, für die Landhilfe zu opfern. Die Sammlung erbrachte rund 80,- Mart. Darauf hat Bacher die Bauern gehörig zusammengeschimpft, weil fie feinen Opfergeist haben: fie sollen sich nur nicht einbilden, daß der Kampf schon beendet sei, es könne auch wieder anders kommen und dann werde man es sich merken, daß die Bauern für ihre Retter so wenig übrig hatten usw." Anschließend Sigung des Referenten mit den örtlichen Funktionären. Da war nun die erste Erklärung des Refe­renten, daß er von den 80,- Mark gesammelten Geld für fich 60, Mark als Entschädigung verlangte. Er erhielt sie. Diefer Lehrer Bacherl bezieht nicht nur Lehrergehalt, son­dern ist auch noch bezahlter Amtswalter.

Westdeutschland:

Frankfurt am Main  :

Der Geschäftsführer der nationalsozialistischen Tageszei­tung von Frankfurt   a. M. hat Beträge in einer Gesamthöhe von 60 000 Mark unterschlagen.-

Dem städtischen Dezernent für das Siedlungswesen wird ebenfalls Unterschlagung zur Last gelegt.

Aachen  :

Der ehemalige Eisenbahnaisistent Günther wurde nach der Machtergreifung Hitlers   an die Eisenbahndirektion in Aachen   versetzt. Jetzt ist er plötzlich verschwunden. Der Geldschrank in der Direktion mußte, da G. die Schlüssel mit= genommen hatte, aufgeschweißt werden. Es stellte sich her= aus, daß ein Scheckbuch mit 38 Schecks laufender Nummer fehlt. G. hat die Schecks in bares Geld verwandelt und ist mit etwa 100 000 Mark flüchtig.

Kinder kauft Kämme...

99

Ebeling ganze Eisenbahnwaggonladungen von Lebensmit Lausige Zeiten

Lausige Zeiten in der Pfalz  

teln, die für die Winterhilfe gesammelt, also für Be­dürftige und Arbeitslose bestimmt waren, gestohlen.

Ebeling wurde auf Veranlassung der SA- Standarte ver­haftet, jedoch furze Zeit später wieder auf freien Fuß ge­fest und abgeschoben. Neuerdings ist er wieder in Flens burg aufgetaucht, wo er frei herumläuft. Sein Nachfolger, Hans Schellgaard, war früher Kassenmeister beim Militär, murde aber wegen Unterschleife verabschiedet. Später in einer Bootswerft in Flensburg   tätig, wurde er auch ent= fernt, weil man ihn für das Fehlen von 10 000 Reichsmark

verantwortlich machte.

Provinz Brandenburg  :

Guben   und Umgebung:

Am Christihimmelfahrtstag wurde in der ganzen Pfalz   zu gleicher Zeit auf allen bekannten Ausflugspläßen ein Flug­blatt gestreut mit der Ueberschrift: in der kauft Kämme, es ist eine laufige Zeit." Bis die braunen Bonzen etwas davon erfuhren und ihre Truppen" zum Einsammeln und zum Einfangen der Uebeltäter ausschid­ten, war es schon zu spät. Die Ausflügler beteiligten sich fleißig an der Weiterverbreitung des Flugblattes. Es wurde on Plätzen gefunden, die von den offiziellen Verteilern gar nicht berührt waren. Die Wirkung war sehr stark. Kinder fauft Rämme", ist jetzt das geflügelte Wort aller Unzufriede= nen und Wizbolde geworden. Die Behörden sind fieberhaft bemüht, die Urheber dieser Aktion und die Zettelverteiler zu finden. Einige harmlose Leute wurden verhaftet, meil aber wieder freigelassen. Die SA. bekam Anweisung, wenn sie einen solchen Zettelverteiler erwischt, ihn unbarmherzig totzuschlagen.

66

gaben und früheren Leistungen einer Gewerkschaft feine Ahnung haben. Eine Unterstüßung im Betrieb war von diesen Schwäßern, die früher als Betriebsangestellte gegen die Arbeiter als Unternehmervertreter aufgetreten waren, von vornherein nicht zu erwarten. Einige Naivlinge, die wirklich glaubten, diese Lügner und Verleumder gegen die früheren Gewerkschaftsangestellten würden etwas für sie lei= sten, sind längst enttäuscht.

Es ist merkwürdig, daß in der Pfalz   aus feinem Betrieb ein genaues Abstimmungsergebnis über die Be= triebsvertrauenswahlen zu erfahren ist. In vie­len Betrieben wurde einfach durch den Unternehmer fest­

Als Nachfolgeblatt der Märkischen Volksstimme" erscheint sie beim defen eines Flugblattes erwiſcht wuren, man hat sie gestellt, daß sich gegen seinen Vorschlag kein Einspruch gel­

der Ostdeutsche Arbeiter". Herausgeber ist Brügge­mann, ein Vorfämpfer für Einheit und Sauberkeit. Er ist jest nach Hinterlassung von 30 000 Mark Schulden flüchtig. Es soll versucht werden, die Zeitung in Betriebsgemeinschaft weiterzuführen.

In Grossen a. d. Oder mußte der neue Geschäftsführer der Allgemeinen Ortskrankenkasse nach nicht viermonatiger Tätigkeit entlassen werden, da sich während dieser kurzen Zeit bereits ein gewaltiges Defizit herausgestellt hatte.

In Stawedd'el, Kreis Guben haben sowohl der Kas­sierer des Landarbeiterverbandes wie ein, A.- Führer Unterschlagungen begangen.

Da ist Herr Gallus- Guben. Von irgendwo ange­

Unter den Machthabern ist überall eine große und nicht mehr zu verbergende Aufregung und Verwirrung zu be­obachten. Gauleiter Bürckel sah sich wegen der über ihn im Umlauf befindlichen Gerüchte veranlaßt, öffentlich zu erklären, er verfehe seinen Dienst genau wie die anderen Amtswalter der Partei völlig ehrenamtlich. Da aber seine ständigen übermäßigen Zechereien allgemein bekannt sind, wird über diese Erklärung gelacht. Der Bäcker Fichter, der ihn öffentlich als Separatisten bezeichnet hat und dafür 6 Monate bekam, ist schon wieder frei. Befam Herr Bürcel Gewissensbisse? Man vermutet es und erwartet auch die

aleichen Behauptung als Verteidiger vor Gericht ein Jahr Gefängnis befam.

schwemmt, wird er auf einmal Gruppenleiter ber nedan. Freilassung des Dr. Schulz in Ludwigshafen  , der wegen der dann nach glorreicher Revolution Gewerkschaftskommissar mit 890 Marf Monatsgehalt. Bald hatte seine Kasse ein Defizit. Er verschwindet als Arbeitsdienstlagerleiter nach Weissig, Kreis Crossen  , dort wieder Defizit. Jeßiger Aufent­halt unbekannt.

Pfarrer Gräser aus Granow, Kreis Guben  , Leiter der Hitlerjugend  , fittliche Verfehlungen an Schulkindern, Griff in die Kirchenkasse, wird auf seiner Flucht furz vor dem Aufstieg mit dem Flugzeug auf dem Tempelhofer Feld

Man könnte heute mehrere Seiten füllen mit dem, was in der Oeffentlichkeit über Korruption, über Unter­schlagungen und Saufgelage der Führer über­all erzählt wird. In Zweibrücken   sollen sich fürzlich einige Prominente ganz wüste Ausschreitungen erlaubt haben. Am nächsten Tag schickten sie einen Kurier zu einer besonders schamlos behandelten Kellnerin mit einem erheblichen ner Mission zwei Drittel der Summe verpraßt haben, so daß nun die Kellnerin nicht zufrieden ist.

verbaltel. Das Gericht ſpricht ihn unter Ausschluß der Def Schweigegeld. Der Kurier soll aber vor der Erfüllung sei­fentlichkeit frei. Grund: Die angeblichen sittlichen Verkeh­lungen seien nur Angeberei eines rachesüchtigen SA.- Man­nes, und die Unterschlagungen fallen unter die Amnestie, Federhardt in Guben   ist fanatischer SA.- und NSBO.- Mann, Portier in größter Hutfabrik. Er macht

Der langjährige Nazilehrer 3ingraf von Pirmasens  , foll 200 Mark aus der Kasse des Reitersturms versoffen haben. Erregte Vorstellungen beim Ortsgewaltigen Dr.

Unterschlagungen bei der NSBO. Als Arbeiter im Betriebe Ramm sollen dieſen zu der Aeußerung veranlaßt haben:

darüber diskutierten, erscheint Anschlag: Diskussion ist ver­boten und wird mit Konzentrationslager bestraft.

Der Kassierer der NS.- Haqo in Guben   erhält ein Jahr Gefängnis wegen Unterschlagung von 800 Mark.

Der Nazimann Diener, Guben  , von der Wohlfahrts­lotterie erhält ein Jahr Zuchthaus wegen Unterschlagung. Der Nazimann Leitsch( Guben  ) von der Wohlfahrts= lotterie erhält anderthalb Jahr Gefängnis wegen Unter­schlagung.

Der Leiter des Arbeitsdienstlagers bei Für ftenberg erhält wegen Unterschlagung mehrere Monate Gefängnis.

Schlesien  :

Görlig:

Der Nazistadtrat Mäschke hat die Anschlagsäulen der Stadt Görlitz   an einen Verwandten zum Pachtpreis von 5000 Mt. im Jahre vermietet, obwohl von anderer Seite 12 000 Mark geboten worden waren.

Sachsen  :

Leipzig  :

Der bekannte Germanist und Universitäts  - Professor Dr. arg ist zurückgetreten. Er hat als stellvertretender Leiter der fulturpolitischen Abteilung der NSDAP  . 50 000 Mark

verurtreut.

Ein Textilbetrieb:

Nach dem Umsturz wurde die gesamte Belegschaft( rund 250 Arbeiter und Angestellte) der NSBO. zugeführt. Im September wurden die weiblichen Beschäftigten in den Ter­til- bzw. Angestelltenverband überführt. Bei der Ueberfüh­rung mußte sonderbarer Weise von der Belegschaft erneut ein Eintrittsgeld bezahl werden. Jeg stellt sich heraus, daß für sämliche Arbeiter die Beiträge auf 6 Monate nicht ab­geführt worden sind. Insgesamt also die Summe von 8800 Reichsmart. Die Eintrittsgelder für den Tertilarbeiter­verband find ebenfalls nur für 26 Personen abgeführt, des­gleichen auch nur die Beiträge. Von den Angestellten feh­Ten für 4 Monate die Beiträge.

" Macht doch nicht soviel Lärm wegen den lumpigen 200 mf." Einige pfälzische Sturmführer waren in Karlsruhe   und fühlten sich von einigen das gleiche Lokal besuchenden Reichs­wehrangehörigen nicht respektvoll genug behandelt. Sie er­laubten sich deshalb heftige Ausfälle gegen ihre Konkurrenz von der Reichswehr   und wurden von den letzteren gehörig durchgewalft. Die maßgebenden Stellen sind jetzt sehr dar­über empört, daß die geforderte Genugtuung nicht gewährt wurde.

Eine Nazigröße von Erlenbrunn, der dortige Gemeinde­sekretär, wurde zu 10 Monaten Gefängnis verurteilt, weil er sich an einem Landsmann, der bei ihm saß während einer Bahnfahrt und einschlief, unfittliche Handlunaen erlaubte.

In Pirmasens   wurden einige alte gewerkschaftliche Bei­tragstaffierer entlassen, weil sie verdächtigt wurden, unred­lich gehandelt zu haben. Test ist man dahinter gekommen, daß es sich um Schwindelmanöver des Kassierers Seffrin bandelte, der fich in raffinierter Weise das Geld für seine Ausschweifungen beschaffte.

Die Kritik an dem, was hente als Gewerkschafts­ersak ailt, ist kolossal. Niemand will etwas von den Halun­fen wissen, die jest massenhaft in den Gewerkschaftsbüros siben und nichts tun. als die Rassen plündern. Zahlreiche alte Mitglieder müssen geradezu kämpfen um die früher anstondslos ausgezahlte Unterstüßung Am Samstag wurde ein Mann beerdiat. deffen Frau ein halbes Jahr erfolglos versuchte, das zustehende Krankengeld zu erhalten; es ist auch jetzt nach dem Tod nicht ausbezahlt worden. Wenn die Beute in ihrer Empörung auf die frühere musteraültige Ord nuna hinweisen, werden fie angebrüt. diese marristischen Krämpfe zu unterlassen. Ein aroker Verband. der eine? p= falsterbefasse hat, bezahlte früher Sterbegeld für Mann und Frau. Das gibt es ießt nicht mehr und zwar mit der Be­gründuna. mit solchem marristischen Unünn müsse aufge­räumt werden. Das Geld wird den Mitaliedern noch abge­nommen, aber die Gemähruna der früher aewohnten Unter­tükunnen ist ganz millfürlich und Rechtsberatunn oder fon­ftige Siffe in offen Rehenalanen, wie man fie früher feitens feiner Gemerfichoft& funftinnäre aemohnt war. kommen nicht in race, weil ja die Burschen, die sich nach dem großen Diebstahl in den Büros breit gemacht haben, von den Auf­

tend gemacht hat und daß er deshalb als einstimmig gewählt betrachtet werden müsse. In einigen Betrieben wurde die Vorschlagsliste sämtlichen Arbeitern zur Unterschrift vor= vorgelegt, und weil alle aus Angst vor der Entlassung unter­schrieben haben, wurde die Wahl für überflüssig gehalten. Es sind auch Betriebe bekannt geworden, in denen die ge= druckten Stimmzettel ausgehändigt wurden. Ob jemand diese Zettel gestrichen hat, ist nicht bekannt geworden. Soweit eine freie Wahl stattgefunden hat, sind nur Gerüchte im Umlauf. So wird zum Beispiel vom Betrieb Rheinberger   erzählt, 460 hätten für und 860 gegen den Vertrauensrat gestimmt. Man spricht vom roten Betrieb, der es früher war und heute geblieben ist. Eine zuverlässige Angabe fehlt überall; die wirklich interessierten Arbeiter befommen feinen Einblick. Am 1. Mai wurde versucht die Arbeiter dadurch für das neue System zu gewinnen, daß man die Unternehmer er­munterte, den Arbeitern Freibier zu gewähren. Das ist auch fast überall geschehen. Es gab einige Sklavenseelen, die dies cls eine anerkennenswerte Leistung betrachteten, aber die Masse der Arbeiter hatte für diese Taftif nur Hohn und Spott. Sie find feine Lumpenproletarier, die sich kaufen las= sen für ein Maß Bier. Massenhaft haben sich die Arbeiter nach den Umzügen der Tortur entzogen, die Rede Hitlers  anhören zu müssen. Mit Zwangsmaßnahmen hat man die flüchtenden Arbeiter zu halten versucht, in einem Fall wurde sogar der SS.  - Reitersturm gegen sie angefeßt.

Bis jetzt fonnten durch 3 wangsmaßnahmen auch in Beirieben mit schlechtem Geschäftsgang die Arbeiter gehalten werden. Diese Maßnahmen werden aber immer mehr für beide Teile, für Unternehmer und Arbeiter un= tragbar. Es herrscht deshalb eine sehr beklommene Stim­mung. Man fürchtet, daß der Sommer diesmal viel schlim­mer wird, als der Winter. Die Instandsetzungsarbeiten flauen schon ab. Die Handwerker klagen über den schlechten Geldeingang. Ueberall werden begonnene Notstandsarbeiten schon eingestellt, weil die erforderlichen Mittel nicht mehr fließen. In den Betrieben mit Rohstoffeinfuhr machen sich bereits die Sperrmaßnahmen bemerkbar. Den Schuhfabri­fanten ist es zum Beispiel schon direkt verboten, Gummi zu verarbeiten. Auch die Fabrikanten sind von der im Bonzen­lager herrschenden Verwirrung schon start angestedt, sie fön­nen sich noch nicht vorstellen, wie das enden soll.

Die Empörung unter den Bauern steigt von Woche zu Woche und verdient größte Aufmerksamkeit. Die Marktreglung für Eier, Milch und Butter wird mit einer verblüffenden Rücksichtslosigkeit durchgeführt. Es tommt heute vor, daß Bauern Milch für den eigenen Be­darf um 8 Pfennig teurer kaufen müssen, als sie selbst bei der Ablieferung an die Zentrale erhalten. Auf den Märkten sind die gewohnten Bauernförbe mit Butter, Rahm, Eiern, Handkäsen usw. verschwunden. Der sogenannte Schwarz­handel" wird rücksichtslos bekämpft. Es darf nur noch in den hierzu errichteten Geschäften verkauft werden. Alle Bauern und Händler vom Land, die seit vielen Jahren in der Stadt ihre Milch absezen, mußten dies jezt aufgeben. Manche hatten fich erst vor kurzem auf Grund des Milchgeießes einen neuen vorschriftsmäßigen Wagen zugelegt. Das Geld ist ver­leren. Einige Tage vor Pfingsten wurde ein Bauer, der Milch bei der Zentrale ablieferte, verraten, daß er eine Kanne Schwarzmilch" mitführte, die er hintenherum ver­faufen wollte. Die Kanne wurde beschlagnahmt, aber der Bauer war so empört, daß er die Kanne vor den Augen der Polizei ausleerte. Als bisheriger verdienstvoller Nazi wurde er zwar nicht sofort verhaftet, aber die Bestrafung wurde ihm angedroht. Eine Abordnung, bestehend aus zweifels= freien Naziwählern, wurde kürzlich beim Sonderkommissar des Bezirks vorstellig, um genen die den Bauern empörenden Maßnahmen zu protestieren. Sie sollen die Antwort erhal­fen haben: Ihr habt es ja so gewollt." Jedenfalls wird das unter den Bauern überall erzählt. Niemand fann fich vorstellen, daß solche Zustände langen Bestand haben können.