„Deutsche Freiheit". Nr. 12«
Das bunte Matt
Donnerstag Freitag, Ii. 5J1.6.18J4
Achwindende Allusionen
Von Wsrilena Koldati
«usonne^ist sechzehn Jahre alt. Tie ist braun, hübsch und glücklich. Sie weiß nicht, was Liebe ist und kennt daher keinen Kummer. Bor zwei, drei Tagen ist sie ans Meer gekommen und genießt die Herrlichkeit des blauen Himmels und die Unermcßlichkeit des Wassers. Sie badet die nackten Füßc^ in den Wellen und singt. Ein junger Mann kommt den Strand herunter und beobachtet eine Weile das Mädchen, das froh zu sein scheint über die dreiste Störung. Er setzt sich an den Uferrand und lächelt zu ihr hinüber. Dann, mährend Susanne mit gerafften Röckchen aus den seichten Wellen steigt, stellt er sich vor: „Antonio Longhi, Student." Das Mädchen lächelt und nennt ihren Namen. Tie unterhalten sich eine Weile. Antonio sagt, er sei sech- zehn, genau so wie sie. Sie fassen Sympathie zueinander, ein liebliches Idyll wird geboren, eine wunderbare Verheißung von Freude. Täglich treffen sie einander und bleiben von irüh bis abend zusammen, sie denken an nichts, was außer- halb ihrer jungen, keimenden Liebe liegt. Dann, eines Abends, in der Dämmerung, hinter den Hütten, gibt er ihr einen Kuß. Den ersten Kuß, den das Mädchen bekommt. Susanne ist glücklich. Sie glaubt, sie würde von diesem Mann nie mehr lassen können, sie müßte das ganze Leben mit ihm zusammen sein. Die erste Liebe eines Mädchens würde unvermeidlich zum Altar führen, wenn der sechzehn- jährige Mann es verstünde, dauerndes Glück zu ersehnen und es auch zu erzwingen. Aber der Mann, der sein Leben erst beginnt, sucht bloß jene Unterhaltung, die man unter dem kleinen Fremdwort Flirt zusammenfaßt. Eines Tages, nachdem er das Mädchen geküßt hatte, wagt Antonio einen weniger harmlosen Vorstoß,' Susanne schrickt zurück, lächelt krampfhaft, um die Verwirrung zu bemänteln, und murmelt:„Nein, nein, ich will nicht." Er streicht ihr eine Locke aus dem Gesicht und sagt:„Wenn wir uns eines Tages begegnen werben und du verheiratet sein wirst, dann wirst du mir das gewähren, worum ich dich heute bat, nicht wahr?" Susanne erbleicht. Die Schatten der Dämmerung senken sich auf ihr wehersülltes Herz. „Oh...," sagt sie,„wir werden ja sehen..." Und geht eilig davon. Sie geht den meerfeuchten Sandweg entlang und denkt an Antonio und seine Worte. So werden sie nun bald Abschied nehmen müssen. Er, um irgendein Ziel zu verfolgen, sie, um die kurze Freude, die sie erlebt hat, zu vergessen. Und sie hat doch geglaubt, die Liebe gefunden zu haben, die einzige, große Liebe des Lebens! Sie war also iür Antonio nur ein Zeitvertreib gewesen... Ihr kleines gutes Herz, daö voll war von unermeßlicher Zärtlichkeit, ist in viele Stücke zerrissen. Aber nun weiß sie es: morgen schon wird sie mit den anderen so spielen, wie Antonio mit ihr gespielt hat. Sie sieht, wie er heiter und guter Dinge fortgeht. Lange blickt sie ihm nach, dann läßt sie ihre großen erstaunten Blicke im Kreise herumgehen. Und sie ist so hübsch und so jung, baß es ihr an Verehrern nicht mangelt. Fröhlich bewegt sie sich unter ihnen, heimlich lächelt sie Versprechen zu. Oh! Wenn sie sie alle in sich verliebt machen könnte, damit dann ihre Herzen daran zerbrechen, wie ihr eigenes Herz an jenem Abend zerbrochen ist! Sieben Jahre lang lebt sie voll Grausamkeit und ohne Bedenken dieses Leben. Immer neue Herzen will siezwischen ihren kleinen Händen mit den scharfen Nägeln fühlen, um die Enttäuschung des einen Tages zu vergelten. Alle weib- liche Süße in ihrem Wesen hat sie zerstört, und sie lacht, wenn sie an den Zauber des von kleinen Kindern erwärmten Nestes denkt, denn sie weiß, daß es zu spät geworden ist und daß die glückliche Stunde, von Antonio Longhi getötet, für immer vorbei ist. Eines Tages, Susanne ist breiundzwanzig Jahre alt, sieht sie einen jungen Mann wieder, den sie seit Kindesbeinen kennt, einen Jugendgespielen. Er ist zwanzig, hübsch, schneidig und lustig wie ein kleiner Junge. Ein neues Opfer für ihre unersättliche Rachegier. Sie spielt mit dem Jungen und siegt bald. Langsam und planmäßig wickelt sich
das Spiel ab, wie ein kleines Programm ohne unvorher- gesehene Zwischenfälle. Aber Alfredos«Küsse machten sie traurig. Sie möchte wieder das Herz einer Sechzehnjährigen haben, um es wie ein kostbares Geschenk dem Manne dar- zubringen, den sie liebt. Es ist zu spät! Die Vergangenheit läßt sich nicht aus- löschen, und Susanne hat nicht daS Herz, Alfredo zu täuschen. Sie kann das Spiel nicht fortsetzen. Er ist nun fern von ihr und schreibt ihr flammende Briefe. Susanne liest die Briefe, weint und beantwortet sie nicht. Tann, eines Tages, schreibt sie: „Ich habe gescherzt, Kleiner. Zwischen uns beiden kann es nichts geben. Vergiß mich und bewahre Dich für ein Mäd- chen, das Deiner würdig ist." Und sie weint gar nicht über dem Blatt Papier , das ihr Leben vielleicht für immer zerstören wirb. Dann denkt sie, daß Alfredo, wenn er sie wirklich liebt, eines Morgens unerwartet erscheinen und sie mit sich fortführen wird, der Freude entgegen. Er wird alles, was in ihrem Leben schlecht war, auslöschen und sie anbeten, er wird ihre Seele verwandeln, daß sie niemand wiedererkennen wird, und wird sie seiner würdig machen. Aber Alfredo kommt nicht. Langsam und träge vergehen die Jahre. Dann kommt er eines Tages doch. Mit seinen Schwestern, die er in die Ferien begleitet. Susannes Herz zittert und hofft. Sie sitzt neben Alfredo im Auto und spricht zärtlich:„So viele Jahre sind schon vergangen, und vielleicht auch viele Erlebnisse... Wie geht es deiner Mutter? Gut?" „Gut," antwortete er wie im Echo und rast über die Landstraße. In der Dämmerung geht Susanne in den Garten. Blumen pflücken. Sie pflückt zwei weiße Rosen: eine ist groß, entfaltet und prächtig,' die andere ist lieblich, eine kleine geschlossene Knospe. „Wo ist denn Alfredo?" fragt sie die Schwestern. „Ich sah ihn gerade fortreiten. Jeden Abend um diese Stunde geht er zur Villa Alba, um seine blonde Braut aufzusuchen. Wußtest du denn nicht, daß er verlobt ist?" Susanne lehnt sich an einen Baum, denn sie fühlt, wie alles sich um sie dreht, die Pinien, die Rosenstöcke, die blühenden Margueritrn. „Nein, ich wußte eS nicht," sagte sie.„Ich gehe ihn begrüßen." Langsam verläßt sie den Garten. An der Brücke bleibt sie stehen, dann kauert sie sich an einem Mauervorsprung nieder. ' Da kommt Alfredo. jung und fröhlich, auf seinem Braunen vorbei. Er erblickt Susanne, hält an und neigt sich lächelnd zu ihr nieder. „Ich weiß, daß du verlobt bist. Alfredo, und daß du jeden Abend zu deinem blonden Mädchen gehst. Liebst du sie sehr?" „Ja, sehr," antwortete er strahlend. „Ist sie gut... und hat sie eine weiße Seele, dein Mädchen?" „Sie ist eine kleine Lilie." „Bring ihr diese Rose." Sie reicht ihm lächelnd die ge- schlosiene Knospe. „Warum nicht die andere?" fragt Alfredo und springt aus dem Sattel. Nachdenklich betrachtet er Susanne, die er einst leidenschaftlich geliebt hat, und die nun bleich und leidend vor ihm steht. „Die andere ist für mich, Alfredo. Sie blättert schon ab. Leb wohl!" Und während sie ihn davonreiten sieht, preßt sie die Rose so fest in ihrer Hand, daß sie zerbröckelt. Eines nach dem anderen fallen die Blätter auf das Wasser, das unten vorbeiströmt. Es sind ihre letzten Illusionen, die niederfallen und davonschwimmen. Susanne weiß, daß ihre Jugend und ihr Leben damit zu Ende ist. Und sie denkt an das ferne Erlebnis, durch das sie auf einen Irrweg ohne Ziel und ohne Freude geraten war. (Aus dem Italienischen übersetzt von Arnold Schasser.)
Die„Monde Venus" Die Liebesabenteuer der Baronin Dorothea von R a p p, genannt die„Blonde Venus", die viel von sich m den Hauptstädten des Balkans reden machte, haben ein tragisches Ende genommen. Die„Blonde Venus" hat sich rtt Phaleron-Bay, einem kleinen Badeort in der Nöhe von Athen , entleibt. In dem Mieder der Verzweifelten fand man einen glühenden Liebesbrief, dessen Adressat der albanische Minister in Athen war. Die Baronin von Rapp, lettischen Ursprungs, lernte in Wien , bei einem seiner zahlreichen Besuche dort, den albanischen König Zogu kennen. Und diese Bekanntschaft blieb nicht ohne Folgen. Die„Blonde Venus" verließ Gatten und Kinder und folgte dem König nach seiner Hauptstadt Tirana . Dort bewohnte sie eine prächtige Villa in der Nähe des königlichen Palastes. Sie wurde eine wirk- liche Macht am albanischen Hole und ihr Einfluß machte sich sogar an den anderen Balkan -Höfen bemerkbar. Eine Reihe von Legenden spönnen sich um ihren Namen, aber man muß zugestehen, daß es sich um offensichtliche Intrigen handelte, von denen sie nicht die leiseste Ahnung hatte. Zu ihrem Unglück verliebte sich aber die„Blonde Venus" in den Hosmarschall König Zogus, Kemal Bey. Als die Sache bekannt wurde, mußte Kemal Bey Tirana verlassen und wurde zum albanischen Minister in Athen ernannt. Die schöne Baronin konnte sich aber mit dieser Trennung nicht abfinden. Bor kurzer Zeit gelang es ihr, von König Zogu die Erlaubnis zu erhalten, sich für einen kurzen Auf- enthalt nach Korfu zu begeben. Von dort kehrte sie nicht mehr nach Tirana zurück, sondern begab sich nach Athen . Um in der Nähe ihres geliebten Freundes leben zu können, wurde die stolze Wiener Schönheit Stenotypistin und gab Unterricht in der deutschen Sprache. Dieses Idyll sollte endlich in der Heirat der beiden seinen glücklichen Abschluß finden. Man sprach schon offen davon. Aber kürzlich kam in Tirana ein königliches Dekret heraus, das allen Mitgliedern des albanischen diplomatischen Korps untersagte, Aus- länderinnen zu heiraten. Die„Blonde Venus" wollte nun nicht die Karriere ihres Geliebten gefährden. Sie zog es vor, nach Phaleron-Bay zu gehen, und sich dort angesichts der blauen Wogen eines verträumten Meeres zu töten.— In ihrem Hotelzimmer entdeckte man ein herrliches Photo - ein Geschenk des Königs von Albanien ... Zwischenfall beim Stierkampf Ungeduldig stampft der Stier in seinem engen Käfig, erwartungsvoll sitzt das Volk rund um den Kampfplatz. Da schreiten, prächtig anzuschauen, die Kämpfer in die Arena: Die Eapeabores mit ihren roten Tüchern, die Banderilleros mit ihren buntbebänderten Stäben, auf müden Gäulen kommen die Piccaderos getrabt, ihre Lanzen blinken, das Volk jubelt— endlich aber kommt er, der Held— der Torero: Begeisterungsstürme rasen. Hüte fliegen in die Luft, der Matador nimmt mit Grandezza das Willkommen entgegen, das ihm das Volk von Spanien bietet. Umgeben von seinen prächtigen Kriegern schreitet er ge- messen in die Mitte der Arena, gewillt, einem armen, tod- wunden, abgehetzten Stier das haarscharfe Schwert bis an den Griff ins Genick zu stoßen und durch diese Heldentat seinen Namen unsterblich zu machen in der Geschichte Spaniens . Noch einmal verbengt er sich geziemend vor der Ehrenloge, dann tritt er zurück, um seinen Piccaderos, Eapeabores und Banderilleros die Vorarbeit zu überlassen im Kampf mit dem unbewaffneten Gegner. Plötzlich aber schaut er erschreckt auf den Himmel und mit ihm das Volk rundum. Ein Tropfen näßte sein kostbares Gewand, und noch ein Tropfen und noch einer. Statt des Stieres zieht eine graue Regenwolke über die Walstatt, das Volk flieht von den Tribünen, die roten Tücher klatschen regenschwer an die Hüften der Eapeabores," vor Minuten noch gefeierter Held, birgt der Torero, an die Tribünen- wand gepreßt, seinen leuchten Körper unter ein rotes Tuch, kein Zoll mehr ein Held. Ein Regenguß verwehrte es dem triefenden Matador, ein Kämpfer zu sein. Der Stier aber freute sich, dem es ver- gönnt war, noch einen Tag länger, bis zum nächsten Kampfe, in den zur Zeit reichlich trüben Himmel Spaniens zu schauen.
3il)(tQl3lll)( Von tuigl Ferrari „Um Himmels willen, nicht zu dritt!" sagt Dorrit und bläst schnell das Hölzchen aus, mit dem sich Otto eben als Dritter die Zigarette hatte anzünden wollen. Otto lacht:„Wer wird denn so abergläubisch sein, Kind — so ein Unsinn!" Seltsam— ich erinnere mich, daß Otto noch vor ganz kurzer Zeit abergläubisch war wie ein altes Weib. Otto lächelt, als ich ihn daran erinnere:„Ja, ich mutz ge- stehen, ich war ein wenig abergläubisch. Aber ich bin jetzt gründlich geheilt. Ich werde dir auch zeigen, wodurch. Bitte, Dorrit, bring einmal das Ding her." Frau Dorrit trägt mit schmalen, zärtlichen Händen ein kleines Figürchen zu uns und stellt es behutsam aus den Rauchtisch. Ein kleines Götzenbild aus Ebenholz. Ehinesische Arbeit oder Pforzheim — wer weiß das bei diesen Tingern? „Unser Hausgott!" sagt sie mit warmer, fast ehrfurchts- voller Stimme. Otto zündet sich endlich eine Zigarette an, die er noch immer in der Hand hält:„Ich war, wie du weißt, im Bor- monat auf einer Geschäftsreise in Italien und wollte auf der Rückreise in Venedig mit einem Geschäftsfreund zu- sammenkommen. Am Abend, nach metner Ankunft, erhalte ich ein Telegramm, daß er erkrankt sei und nicht kommen könne. Was sollte ich nun einen ganzen Tag lang in Venedig anfangen? Plötzlich fällt mir ein, daß ich ja. statt am nächsten Tag abends, bereits vormittags nach Mailand fahren könnte. Ich mußte zwar auf den Schlafwagen verzichten, war aber dafür schon in derselben Nacht in Mailand und konnte Dorrit einige Stunden früher wiedersehen. Wunderbarer Gedanke! Am nächsten Morgen schicke ich mein Gepäck zur
Bahn und gehe durch die Merceria zum Rialto, um von dort zur Station zu fahren. Weiß der Teufel, was mir ein- siel, in einem der vielen Ramschgcschäfte eine Kleinigkeit für Dorrit besorgen zu wollen. Ich gehe also in einen Laden und werde von dem Wortschwall des Verkäufers überschüttet, der mir venezianische Mosaikarbciten, Handarbeiten. Glastiere, kurz diese scheußlichen„Saluti die Venezia" anhängen:.ill. Ich lasse ihn reden, schaue mich selbst ein wenig um und ent- decke auf einer verstaubten Stellage dieses Figürchen. Als ich danach greifen will, fällt mir der Verkäufer erregt in den Arm:„No, no— nicht zu verkaufen!" Es ist nichts Bc- sonderes an die'em Figürchen, obwohl es ausnahmsweise echte Arbeit zn sein scheint. Warum will es mir der Kerl nicht verkaufen? Nach langem Verhandeln entschließt er sich wenigstens, mir die Geschichte des kleinen Götzen zu er- zählen. Sein Bater bekam ihn von einem Matrosen, der ihn in China aus einem Tempel gestohlen haben will. Es ist ein Amulett, das vor jeder Gefahr schützt, und hat seine Wirkung schon mehrfach bewiesen. Ich lache gezwungen, obwohl ich seltsam erregt bin und spüre, daß ich dieses Ding haben muß. Ich versuche, dem Ver- käufer einzureden, wie lächerlich sein Aberglaube sei. biete ihm 10, dann 20 Lire, und es gelingt mir schließlich, die Figur nach einer Stunde um 100 Lire zu erstehen. Ich stürze aus dem Geschäft, damit er sichs nicht noch einmal überlegt, eile zur Bahn, um dort zu erfahren, daß mein Zug seit zehn Minuten davon ist. Erst will ich mich furchtbar ärgern, dann fällt mir ein, daß mich ja der Götze von der Abreise ab- gehalten hat. Das kann doch kein Zufall seinDer Gedanke, daß ich einer großen Gefahr entronnen bin, wird immer stärker— ich sehe es ganz beutlich vor mir: Der Zug, mit dem ich fahren wollte, wird entgleisen— ein furchtbares Unglück... Ob du mir es glaubst oder nicht, ich sah alles so
beutlich vor mir, daß ich am liebsten die venezianische Bahn- Verwaltung alarmiert hätte, sie anflehen wollte, den Zug aufzuhalten. Ich konnte nichts anderes tun, als auf der Station bleiben und die Nachricht von der Katastrophe abwarten. Endlich, bei Morgengrauen, als der Unglückszug schon lange in Mailand angelangt sein mußte, hielt ich^es nicht mehr länger aus und stürmte in das Büro des Stations- Vorstehers:„Der Zug— der Mailänder Zug, der gestern vormittag hier abgegangen ist—, ist—, ist der in Mailand angekommen!?" Der Beamte blickte mich verständnislos an, kann sich meine Erregung nicht erklären:„Natürlich," sagte er„alles in Ordnung!" „Und denke dir, es war wirklich so! Der Zug ist voll- kommen fahrplanmäßig, ohne den geringsten Zwischenfall, ja ohne Verspätung in Mailand angekommen." Aber diese Nacht hat mich von meinem Aberglauben gründlich geheilt und das ist— doch etwas wert! Darauf wollen wir etwas trinken!" sagt er fröhlich und verläßt das Zimmer. Dorrit hält das Figürchen in den Händen und streichelt es zärtlich und behutsam. „Seltsam, Dorrit, du warst doch niemals abergläubisch— aber an dem Ding da, obwohl es sich so blamiert hat, scheinst du doch zu hängen, als würdest du an seine Wunderkraft glauben...! Und abergläubisch bist du auch geworden!" Dorrit lächelt ihr undefinierbares Lächeln. „Mein kleiner Hausgott!" sagt sie zärtlich und streichelt den häßlichen Götzen.„Was verstehst denn du, was für ein Bunder es war, daß Otto in jener Nacht aufgeregt auf dem Bahnsteig in Venedig sitzen mutzte und mich nicht überraschen konnte..