Deutsche Stimmen Beilage zur Deutschen Freiheit" Ereignisse und Geschichten

Nomen est Omen

Daß der Führer der deutschen Milchschlacht den stolzen Namen ,, Freiherr von Kanne" trägt, zeugt für ein gewisses Stilgefühl bei den Nazis. Denn wenn man an die deutsche Milchwirtschaft im Hitlerreiche denkt, stellt man sich außer einer Armee draller Kühe im Braunhemd oder in preußisch schwarz- weißer Uniform auch noch jenes Heer blankgescheuerter stattlicher Milchkannen vor und dazu einen adligen feinen Herrn, der hoch zu Roß die Front abnimmt, und zu dem der Name ,, Freiherr von und zu Kanne" treff­lich stimmt.

Weniger stilvoll ist die Sache schon, wenn die Nazis als Rektor der urdeutschen Universität Jena einen Herrn, aus­gerechnet mit dem Namen Professor Abraham Esau " wählen. Denn bekanntlich war Abraham der Stammvater jener Saurasse, der man jetzt so glorreich den Garaus gemacht hat, und Esau war der jüdische Nationalheld, der den Schwindel mit der Linsensuppe verübte, und dessen sich Juda bediente, den biederen Kern des deutschen Michel moralisch anzu­faulen und zu verseuchen.

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Halt! Michel! Ich finde in Petris Fremdwörterbuch, das auch über die Herkunft der Personennamen Auskunft gibt, daß Michel von Michael kommt, und daß o Schreck Michael ein hebräischer Name ist. Also, der Repräsentant des Deutschtums, der deutsche Michel Träger eines jüdischen Namens! Ich glaube, wir Deutschen fangen erst an, zu er­kennen, wie verjudet wir sind!

Gehen wir weiter in der Namensprüfung. Da lesen wir zu unserm Erstaunen, daß der Meister des deutschen Waldlaufs, ehedem Weltmeister, Kohn heißt, ausgerechnet Kohn, nicht etwa Kuhn! Unwillkürlich kommt einem der alte Schlager in den Sinn:, Hab'n Se nicht den kleinen Kohn gesehen? Sahn Se ihn nicht durch die Wälder gehn?"

Aber die Sache kommt noch viel schlimmer. In Nr. 252 der Frankfurter Zeitung " lesen wir unter der Ueberschrift ,, Die Forderung des Nährstandes an den Landhandel", der Land­kaufmann müsse ,, in freundschaftlichem Wettbewerb mit den Genossenschaften sein Geschäft so ausbauen, daß er den aus­zuschaltenden jüdischen Provinzhändler zu ersetzen in der Lage sei.... Aus der Erkenntnis heraus, daß der Nährstand

Der arische Figaro

Oder: Der garantiert rein deutsche Zopf

Die Friseure, seit Figaros Zeiten als Politiker ersten Ranges bekannt, betreiben eine eigenartige Politik auch in ihrem Beruf; während sie den Kunden einseifen, reden sie unaufhörlich. Diese Berufspolitik scheint nun den Berufs­politikern des, dritten Reiches" vorzuschweben: Während sie in Mengen Schaum schlagen und die Menge einseifen, reden sie, reden, reden. Ein uferloses Gerede soll dem gründ­lich eingeseiften Deutschen die letzten Reste der Besinnung rauben, und wenn diese Schaumschläger als Krönung der Frisur eine Krone aufsetzen werden, so wird das von den Betroffenen, aus Freude diesen Friseuren entronnen zu sein, in alter Gewohnheit noch als das kleinere Uebel betrachtet werden.

Nun scheint auch der Jargon der Berufspolitiker auf die Berufsfriseure abgefärbt zu haben, denn schon ist, der Zeit­schrift ,, Neues Volk" zufolge, diese Ankündigung im Schau­fenster eines deutschen Friseurgeschäftes zu lesen:

,, Hier werden garantiert rein deutsche Haare für Perücken und Zöpfe verarbeitet."

Da sieht man nun, wohin die Verquickung von Politik und Geschäft führt. Die garantiert rein deutschen Haare werden von der garantiert nationalen Politik bezogen und

Samstag, den 2. Juni 1934

als Ersatz für den jüdischen Großhandel ein Werk schaffen müsse, welches getragen sei von dem Gemeinschaftsgeist der Landkaufleute, habe Hauptabteilungsleiter Karl Moses die genannte Vereinigung gegründet.

Der Begriff des Getreideju den, der den Bauer als mel­kende Kuh betrachtete, habe bei dem anständigen Kauf­mann keinen Platz mehr. Die Gründung der Vereinigung sei vom Reichsnährstand nicht nur gebilligt, sondern in ganz be­sonderer Weise gestützt und gefördert worden." Also, es ist wirklich wahr: ein Moses( der vor langen Jahren die Juden aus Aegypten durch die Wüste ins gelobte Land trieb) hat im dritten Reich" die Aufgabe, den jüdischen Provinz­händler und den Getreidejuden aus dem Reichsnährstand auszutreiben! Wir glaubten, der deutsche Zuchtstall sei gründlich bis ins dritte und vierte Geschlecht ausgemistet, so daß kein Moses mehr darin zu finden sei. Und nun wieder einmal ein flammender Dornbusch, aus dem heraus ein gött­licher Führer einen Moses mit der Austreibung des Volkes Israel beauftragt! Die Sache ist mies!

Doch halt! Ist ,, mies" nicht ein anrüchiges Wort, einge­schleppt aus dem Osten durch jene dreckigen Kaftanträger, die mit ihrem Jargon die deutsche Sprache vermauschelten? Wehe! Es ist so! ,, Mies" und Miesmacher", die beiden jetzt von allen Führern des ,, dritten Reiches" am meisten ge­brauchten Wörter, stammen aus dem Judenjargon! Bekannt­

ララ

lich ist die neuste, von Herrn Dr. Goebbels eröffnete Schlacht, die Schlacht gegen die Miesmacher". Gegen die ,, Mies­macher" soll an allen Orten ein Trommelfeuer losgelassen werden. Weshalb wählte Dr. Goebbels gerade das Wort Miesmacher", wo doch das Wort ,, Meckerer" dasselbe aus­gedrückt hätte, aber auf deutsche Weise? Sollten ihm un­bewußte atavistische Regungen dieses jüdische Wort in den Mund gelegt haben? O, Adolf Hitler ! Deine Sache steht mies! Du rottest die Juden aus, und kannst nicht einmal ohne ihre Sprache auskommen! Und angstvoll sichts du vor dir ein anderes Mauschelwort, von unsichtbarer Hand in Flammen­schrift auf deine Fahnen geschrieben: PLEITE!

Animus.

der Beweis, daß die zu Perücken und Zöpfen verarbeiteten Haare garantiert rein deutschen Ursprungs sind, wird von den Berufsfriseuren ebenso schwer zu erbringen sein, wie die Berufspolitiker beweisen können, daß ihre neuen Heils­lehren nicht an den Haaren herbeigezogen sind, obschon kein Untertan in dieser aus unverstandenen Phrasen zu­sammengebauten Suppe ein Haar finden darf. Weit näher der Wahrheit käme die Bemerkung, daß die Berufspolitiker die garantiert rein deutschen Haare zu Perücken und Zöpfen verarbeiten wollen. Denn wahrlich, in dem mittelalterlichen Deutschland von heute, das man geruhig als das Land der unbegrenzten Unmöglichkeiten bezeichnen kann, ist die Rückkehr zu Perücke und Zopf, den Merkmalen des viel­geliebten vorbildlichen preußischen Königs, nicht ausge­schlossen. Führten also die politischen Friseure diese Sym­

Deutsche freie Tresse

Der kleine Goebbels mit der großen Fresse, Einstmals entsprungen der Kloaken- Presse, Schroff kommandiert.

Das doitsche Schrifttum stolz im Stechschritt schreitet Und wonneschauernd, gerne schriftgeleitet, Stramm exerziert.

Sie kochen stets das gleiche Heldensüppchen. Das widerstrebt, so scheints, sogar dem Jüppchen, Es provoziert

Und sagt, es wünsche Wahrheit, Buntheit, Einfall... Wer auf den Leim geht, büßt sofort den Reinfall Streng ,, konzentriert".

Von Klügern wird auf der Terrotationsmaschine, Daß man dem Aufbau und dem Umbruch diene Nazisch geschmiert.

So sieht man Führer, seitengroß, im Dutzend. Und Adolf : schreibend, redend, Nase pugend SA. marschiert...

Des deutschen Schrifttums gründlicher Verweser Sorgt, daß von Etsch bis Belt die Zeitungsleser Zwangsabonniert.-

Ob braver Landmann oder stummer Städter, Das deutsche Volk benutzt die Zeitungsblätter Nur perforiert! Charlie Kaschno

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Ecfceulich"

Verfall der Hochschulen

Obwohl die neuen scharfen Vorschriften für die Zu­lassung zum Hochschulstudium sich im Wintersemester 1933/34 noch nicht ausgewirkt haben, war die Zahl der Studierenden an allen Technischen Hochschulen Deutschlands bereits im letzten Semester stark zurückgegangen. An der berühmtesten Technischen Hochschule Deutschlands in Berlin- Charlottenburg ist die Zahl der Studierenden von 4262 im Wintersemester 1932/33 auf 3370 im Wintersemester, 1933/34 gefallen. Der Verfall zeigt sich an den übrigen Tech­nischen Hochschulen wie folgt: Technische Hochschule in:

Aachen

Braunschweig ,

Breslau .

Darmstadt

Dresden Hannover Karlsruhe

München

Stuttgart

Wintersemester

1932/33

Wintersemester 1933/34

929

897

1110

982

794

661

2721

2375

3634

2814

1635

1457

1256

1082

3612

2160

B

1753,

1455

Zu diesem Rückgang, der z. B. an der Technischen Hoch­ schule in München rund 40 Prozent beträgt, schreibt die ., Berliner Börsen- Zeitung":" Diese erfreuliche Entwicklung wird zweifellos durch die Einführung des Hochschulzu­lassungszeugnisses in der Folgezeit einen noch wesentlich stärkeren Umfang annehmen."

bole wieder ein, so müßte es zwangsläufig zu einer Arbeits- Der Fragebogen

teilung kommen: die politischen Friseure seifen die Deut­ schen gründlich ein und um sie zum Schweigen zu bringen respektive sie in diesem Zustand zu erhalten, geben sie das Messer von der Kehle ihrer Opfer nicht mehr weg. Aus den Haaren, die der garantiert rein nationale Deutsche bei dieser Behandlung garantiert läßt, arbeitet dann der Be­rufsfriseur seine Perücken und Zöpfe solange, bis der richtige Figaro auch diesem geplagten Deutschland erwächst. Stefan Pollatschek.

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Schweizer Presse gegen deutschen Bücherzwang

Gleichschaltungsdiktat der Reichsschrifttumskammer Der Schweizerische Schriftstellerverein faßte in seiner Generalversammlung in Luzern unter anderm folgende Ent­

schließung:

,, Die in Luzern vereinigte Generalversammlung des Schweizerischen Schriftstellervereins nimmt mit Bedauern Kenntnis von den alarmierenden Nachrichten, wonach von ausländischen Behörden Maßnahmen getroffen werden sollen, die den freien Verkehr der literarischen Werke von Land zu Land aufs schwerste gefährden würden. Sie spricht die bestimmte Erwartung aus, daß dem geistigen Austausch keine Hindernisse in den Weg gelegt werden."

Worauf bezieht sich diese Entschließung? Sie richtet sich gegen deutsche Versuche, die ins Ausland gehenden Bücher einer bestimmten Zensur zu unterwerfen und ebenso die Auslandsliteratur zu kontrollieren. Die Reichsschrifttums­kammer hat besonders weitgehende Vorbereitungen nach dieser Richtung hin getroffen.

Demnach dürfte also der schweizerische Verleger, der Bücher an deutsche Besteller( Buchhändler oder Private) senden will, dies nur über eine Kontrollstelle machen, Bücher, die von Deutschland ins Ausland gehen sollen, würden von einer Behörde mit vorerst 120 Lektoren über­prüft. Diese soll bestimmen, in welches Land das einzelne Buch zu gehen hat und welche Länder von der Belieferung bestimmter Werke auszuschließen seien. Der Vertrieb be­sonders gesinnungstüchtiger Werke soll mit Nachdruck ge­

fördert werden.

die Regierungen der ausländischen Staaten können nicht gleichgültig zusehen, wenn sie mit Propagandaliteratur über­schwemmt werden, die für sie nicht geeignet ist.

Umso erfreulicher, daß der Schweizerische Schriftsteller­verein bereits die Initiationen zu einer kräftigen Abwehr­bewegung unternommen haben.

Raoul H. Francé

Aus dem Bielefelder ,, General- Anzeiger ":

,, In diesen Tagen kursieren wieder einmal gewichtige Fragebogen in den Haushaltungen. Der Hausherr knurrt ja, aber Herrschaften, warum denn nur? Sie hätten erst neulich einen Fragebogen ausgefüllt. Also nur frisch heran, und die neuen Fragebogen der NS.- Hago ausfüllen und prompt wieder abgegeben.

Der Fragebogen will aber wissen, ob Sie beim mittelstän dischen Gewerbetreibenden oder im Warenhaus kaufen."

Zeit- Notizen

Rund um das Theater

Ralph Ben at ky hat zwei musikalische Lustspiele vollendet, in denen die Massary und Pallenberg die Haupt­rollen spielen sollen. Schönthans bekanntes Lustspiel ,, Der Raub der Sabinerinnen" ist zu einer Operette verarbei­tet worden, zu der, ähnlich wie beim Weißen RöẞI", ver­schiedene Komponisten musikalische Beiträge geliefert haben; in großer Aufmachung findet die Uraufführung im September in Wien statt. Im Alter von 61 Jahren starb in Berlin der Schriftsteller Franz Dülberg , der 1906 mit seinem Drama ,, Korallenkettlein" einen großen Erfolg erzielte; seine späteren Werke ,, Cardenio" und ,, Karinta von Orrelanden", die in München aus der Taufe gehoben wur­den, vermochten sich nicht durchzusetzen

Thing mit Kaffee Hag

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Das 60. Lebensjahr vollendete am 21. Mai Dr. h. c. Raoul H. Francé , der die Welt der Biologie in vielen, stark ver­breiteten Büchern weiten Kreisen nahegebracht hat. Neben diesen Schriften, unter denen namentlich das Sinnesleben de. Pflanzen" ,,, Die Pflanze als Erfinder" ,,, Das Leben im Ackerboden" zu nennen sind, hat er in anderen Büchern, die ebenfalls viel Anklang gefunden haben, eine objektive Philosophie und Lebenslehre aufzubauen versucht, auch seine kulturphilosophischen Veröffentlichungen und das Buch ,, München . Die Lebensgesetze einer Stadt" ist stark be­achtet worden. Seine Gedanken und Anregungen hat Francé ferner in mehreren von ihm begründeten Zeitschriften ver­breitet. Francé , der in Wien geboren ist, leitete zuerst die burg , 1907-19 ein von ihm ins Leben gerufenes Biologisches pflanzenphysiologische Versuchsanstalt in Ungarisch- Alten­Institut in München . Er zog dann nach Dinkelsbühl und lebt jetzt in Salzburg . Er hat auch einen Roman Die silbernen Die Autoren tagen in Warschau Berge" und unter dem Titel, Der Weg zu mir", seine Selbst­biographie, veröffentlicht.

Generalkonsul Dr. Roselius, der Besitzer der Hamburger Hag- Kaffee- Werke, veranstaltet in Bremen das Zweite Nor­dische Thing", das unter dem Namen ,, Das Heldische in nor­dischen Menschen" stattfinden soll. Folgende Ausländer schämen sich angeblich nicht, an dieser Veranstaltung teil­zunehmen: Ortega y Gasset , M. Thordarsson- Rejkjavijk, van Griffen- Groningen , Mr. Kendrick- London , Romdahl- Göte­ borg , Mjöen, Oslo . Außerdem wird der italienische Faschist Barone Evola, der Erfinder der lustigen Kombination Buddhismus - Fascismus die Güte des Hag- Kaffees ausprobie.

ren.

Die internationale Confederation der Autoren und Kom­ponisten wird ihren diesjährigen Kongreß vom 11. bis 16. Juni in Warschau abhalten. Die Tagesordnung umfaßt eine

Diese Pläne kranken an einem großen psychologischen Jüdische Anerkennung für deutsche Wissenschaft Reihe höchst interessanter Themen, darunter die Vorhe­

Irrtum. Ueber den Kauf entscheidet nicht ein Lektor, son­dern der Käufer im Ausland selbst, der ein ganz bestimmtes Buch, das er braucht oder das seinem Geschmack entspricht, haben will. Sowohl er als der Buchhändler, der den Kauf vermittelt. werden sich ebenso höflich als dringend jede Be. vormundung in der Auswahl ihrer Lektüre verbitten. Auch

Dem deutschen Professor Bergius- Heidelberg wurde die Melchett- Medaille verliehen. Die Nazipresse stellt das mit Genugtuung fest; knüpft aber diesmal an den Namen Melchett nicht die üblichen Beschimpfungen, die sie sonst immer zu finden weiß.

reitungen zur Revision der Berner Konvention, die im Jahre 1935 in Brüssel vorgenommen werden soll, dann die Frage des Autorenrechts in Sowjetrußland, ferner eine Dis­kussion über die Beziehungen der Autorengesellschaften zu Film und Radio. Dem Kongreß in Warschau wird der Franzose Charles Méré präsidieren.