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keit da. Sie muß in einem Waffenistillstand zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten, auf das Saarziel be grenzt, zum Ausdruck kommen. Beide Parteien stehen vor verantwortlichen Entschlüssen. Man muß sie zu sammenführen. Alle Antifaschisten des Saargebietes müssen diejenigen in beiden Lagern zur Vernunft zwingen, die etwa nicht begreifen sollten, was die Stunde geschla gen hat.
Die Entscheidung in Genf hat in einer wichtigen Frage Klarheit geschaffen. Die Ungewißheit ist gewichen. Tag und Ziel stehen vor uns. Wir grüßen den Kampf, der das Element unseres Lebens ist Wir vertrauen den Männern und Frauen der Arbeit, die an der Saar heroisch sich erheben gegen alle Macht und alle Schrecken des furcht barsten Diktatorentums der Welt. Wir lassen nicht zu, daß die erstickende Pest vordringt an die Saar .
Troße, so bleibt dir der Sieg!" Wir leisten Widerstand bis zum äußersten. Wir greifen an. Wir werden ſiegen. Dennoch und allen Fahnen und allen Kirchenglocken zum Trotz.
In diesen 225 Tagen darf es nur einen Gedanken geben, nur einen Willen:
Nieder mit Hiller!
Vernichtung dem faschistischen Banditismus! Geschlossene Front aller Sozialisten!
Einigung aller Antifaschiffen, aller Freiheitskämpfer an der Saar !
Geeinte Aktionen gegen den einen Feind und für das eine Ziel: Niederlage der verwüstenden Barbarei und Sieg von Wohlfahrt und Kultur!
Kampf an der Saar für Europas Frieden und Deutsch lands Freiheit!
Die Bedingungen
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denen Hitler- Deutschland sich beugte
Auf Grund der Verhandlungen, die in den vergangenen Tagen in Genf unter Vorsitz des Barons Aloisi erfolgte, ist der Abstimmungstermin für das Saargebiet auf den 13. Januar festgesetzt worden. Dieser Verständigung gingen lange sehr schwierige Auseinandersetzungen über die Garan tieforderung voraus, die vor allem von Frankreich zur Sicherung einer freien, geheimen und aufrichtigen Abstimmung aufgestellt worden waren. Hitler Deutschland hat in letter Stunde alle entscheidenden For= derungen nahezu bedingungslos angenom= men. Die wichtigsten Bestimmungen des Abkommens lanten:
1. Polizei
Die Regierungskommission des Saargebiets erhält die Ermächtigung, die Polizei durch heimische oder ausländische Polizeifräfte zu verstärken.
2. Schutz der Bevölkerung gegen Repressalien
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Die Entschließung des Rates dehnt zu gleicher Zeit auf Grund des§ 39 des Saarstatuts die den Abstim mungsberechtigten gewährten Garantien auf alle Einwohner des Saargebietes aus. Deutschland und Frankreich verpflichten sich, daß beide Staa ten, ihre Agenten und Organe sich jeder Repreffalie und jeder unterschiedlichen Behandlung ents halten. Ferner verpflichten fie fich, irgendwelchen Handlungen von Privatpersonen vorzubeugen und gegen alle einzufchreiten, die gegen diese Grundsäße verstoßen.
3. Abstimmungsgerichte bei Verstößen
Wenn trotz dieser Verpflichtungen Eiwohner des Saar : gebietes Opfer von Repreffalien werden oder Grund zur Beschwerde wegen unterschiedlicher Behandlung zu haben glauben, stehen ihnen zwei Rechtsmittel zur Berfügung: 1. Sie können das Abstimmungsgericht anrufen, das für eine Uebergangsperiode von gebietes an die Macht, zuma.alleeinbf! umlhiyumlhwyumlh einem Jahr, gerechnet von der Uebergabe des Saargebietes an die Macht, zu deren Gunsten die Abstimmung ausgefallen ist, d. h. also für eine Zeit von 1 bis 2 Jahren nach der Abstimmung, bestehen bleibt. Dies ses Abstimmungsgericht, das bereits in dem vorläufigen Bericht des Dreier- Ausschusses neben der Abstimmungsfom mission vorgesehen war, wird aus neutralen Rich tern zusammengefeßt sein, die demnächst ernannt werden. Es hat über alle mit der Abstimmung zusammen hängenden politischen Delikte zu entscheiden
Die Freiheitsfront"
anzunehmen. Nur unter der Voraussetzung der vollständigen Annahme der Garantieverpflichtungen war der vorläufige Abstimmungstermin zu erlangen. Die hitlerdeutsche Politik der Wilhelmstraße entschied sich für die cestlose Annahme der Bedingungen gegen die sogenannte „ deutsche Front".
Die Freiheitsfront des Saargebietes hat dieses Ergebnis mit Ruhe und Besonnenheit aufgenommen. Es wäre.hr zweifellos lieber gewesen, wenn eine Datumfestsetzung erst nach der wirklichen Terrorbeseitigung erfolgt wäre. erfolgt wäre. Aber die bedingte Datumsfestsegung, gebunden an die vorherige Garantieerfüllung durch die Terroristen des Hafenfreuzes und die sonst erfolgende gänzliche Aussezung der Abstimmung ist jedenfolgende gänzliche Aussetzung der Abstimmung ist jeden falls ein zweischneidiges Schwert für die Katastrophenpolitik des dritten Reiches" und ihrer Jünger vom Hakenkreuz an der Saar .
Die Presse England u
Bericht heißt es: Das deutsch - französische Abkommen ist der erste Erfolg für die Methoden der Versöhnung und der freundschaftlichen Besprechung, die sich auf den gegenwärtigen Sizungen in Genf ergeben hat. Es wird daher vielleicht Sen ersten Schritt aus der hoffnungslos verfahrenen Lage zwischen Deutschland und Frankreich darstellen.
Paris , 2. Juni. Der Verlauf der Freitag- Besprechungen in Genf hat in der gesamten französischen Presse Genugtuung ausgelöst. Sowohl der Abschluß der Verhandlungen über die Saarabstimmung, als auch die Wendung in der Abrüstungsfrage scheinen die französischen Wünsche vollauf zu befriedigen. Die Blätter weisen allgemein darauf hin, daß Frank reich in der Saarabstimmungsfrage nicht mehr habe erreichen können, als es erreicht habe. Lediglich Pertinax macht einige Vorbehalte und stellt fest, daß es sich hier um eine diplo= matische Klugheit handle, die selbstverständlich nicht alle fran zösischen Wünsche befriedigen könne. Deutschland habe erreicht, daß die Volfsabstimmung so früh wie möglich stattfindet. Der französische Außenminister habe es für angebracht gehalten, in der Saarabstimmungsfrage„ Ballast" ab= jedoch trotz des Zustandekommens daran zweifeln, ob nnn= mehr alle Meinungsverschiedenheiten in dieser Angeleaen: heit als beigelegt betrachtet werden könnten.
spions bat sie nicht noch mehr zuzuſpiben." Dian, müſſe
London , 2. Juni. Die englische Presse verzeichnet mit Befriedigung, daß eine deutsch - französische Einigung über die Saar - Abstimmung erzielt worden ist. In dem„ Times"-
Klare Parole der Kommunisten
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Wir stimmen für Status quo"
Einem Aufruf der Kommunistischen Partei im Saargebiet entnehmen wir diese entscheidenden Säße:
" Die nüchterne Einschätzung der Klassenkräfte des Saar : proletariats, das Vorhandensein der drei starren, vom Verjailler Vertrag diftierten Varianten der Stimmabgabe, die Tatsache, daß die Lagerung der Klaffenkräfte uns noch nicht erlaubt, den Kampf um die proletarische Diktatur zu beginnen, veranlaßt uns Kommunisten, bei unbeirrtem Festhalten an dem Ziele der Aufrichtung eines roten Saar : gebiets in Rätedeutschland, den Werktätigen der Saar vor zuschlagen, von den drei zur Abstimmung stehenden Varianten für die Beibehaltung des jezigen Zustandes, also für den Status quo zustimmen. Wir Kommunisten erklären offen, daß wir dadurch einen günstigeren Kampfboden für unseren Endfampf gewinnen wollen zur verstärkten Rüstung für die soziale und nationale Befreiung der Saar ."
In einem längeren Aufsatz der kommunistischen„ Ar beiter 3eitung" heißt es weiter:
„ Wir wählen Status quo, nicht, weil wir damit unser revo lutionäres Ziel aufgeben. Nein gerade darum, weil wir unverfälscht daran festhalten, darum wählen wir vor= übergehend Status quo, um besser und schneller die repolutionären Kräfte zu entwickeln. Aber unser Jawort für Status quo ist hinfällig und unsere vertragliche Abstimmung gilt als zerrissen in dem Moment, wo das deutsche
Proletariat zum fiegreichen Machtkampf anseßt. Dann werden auch wir vielleicht sogar als Stoßbrigade der deut schen Revolution zuerst anseßen und uns sozial und national befreien, im festen internationalen Bündnis mit dem französischen und deutschen Proletariat.
Unsere Stellung zum Völkerbund und zur Völkerbundsregierung im Saargebiet ändert sich dabei nicht im geringsten. Der Völkerbund ist nicht unser Völkerbund. Zwar fann der Völferbund sich infolge der Intereffengegensätze der imperialistischen Mächte zeitweilig und vorübergehend als ein Hindernis gegen den Ausbruch des imperialistischen Weltbrandes erweisen. Aber das ändert nichts an dem apitalistischen Charakter des Völkerbundes.
Wir fordern nur um so entschiedener vom Völferbund fir die Zeit des Status quo an der Saar Demonstrations- and Versammlungsfreiheit für die Arbeiter."
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Diese Erklärung ist von großer Wichtigkeit. Hinter den Kommunisten stehen große Massen des Industrieproletariats an der Saar , die jetzt zum ersten Mal eine flare Parole erhalten. Wir lassen den Glauben, von der Saar aus die Stoßtrupps zur Erlangung Sowjet- Deutsch lands ausschicken zu fönnen, auf sich beruhen. Denn wichtiger ist die klare Entscheidung in der aktuellen politischen Situation, die die Kommunisten in begrüßenswerter Deutlichkeit geben.
Geni- wieder vertagt!
под
Der türkische Außenminister wirit in letzter Stunde erneut die Sicherheitsfrage auf- Befriedigung in Frankreich
Nach stundenlangen Verhandlungen im Hauptausschuß der Abrüstungskonferens brachte in den Abendstunden der schwedische Außenminister im Namen Schwedens , Norwegens , Dänemarks , Hollands , Spaniens und der Schweiz eine. Entschließung ein, in derem ersten Punkt der Haupiausichuß aufgefordert wird, einen Sonderausschuß zu ernennen. der ohne Aufschub die Frage der Ausfüh=
Zur beabsichtigten Reise Barthous nach London meldet Pertinax dem„ Daily Telegraph ": Es sei klar, daß Barthou unter den gegenwärtigen Umständen hauptsächlich darum besorgt sei, den Eindruck zu verwischen, daß die Reden Simons und Barthous in Genf eine Entfremdung zwischen der englischen und der französischen Regierung herbeigeführt haben.
rungs- und Sicherheitsgarantien prüfen und Frankreich befriedigt
dem Büro der Konferenz einen Bericht vorlegen soll. Ferrer brachte der türkische Außenminister Ruschdi Bey eine Entschließung ein, in der er ebenfalls die sofortige Prüfung des Sicherheitsproblems verlangte, um vor allem in Europa zu allgemeinen oder regionalen Abkommen zu gelangen, die dem Locarnopakt oder dem Balkanpakt ähnlich sind. Ferner fordert er darin die Ausarbeitung von Protofollen zur Verhinderung des chemischen Krieges, aur Veröffentlichung des Kriegsetats und zur sofortigen Bildung einer ständigen Abrüstungskommission, die zu gleicher Zeit, eine Kontrolle der Abrüstung und der Sicherheit aus
tritt in den Kampfben foll.
,, Deutsche Front" wurde ins Hotel geschickt Die„ Volksstimme" berichtet aus Genf : Ueber die Einzelheiten der Garantien, die HitlerdeutschTand gegeben hat, ist nur soviel bekannt geworden, daß es sich nicht nur um zusagen, sondern um reale Garantien bezüglich Polizeivermehrung, Terrorbeseitigung, Festsegung einer Ueber gangszeit nach der Abstimmung und unbeschräut ten völkerrechtlichen Schuß für alle Saar = bewohner auf unbegrenzte Beit nach der Abstimmung handelt. Ueber die übrigen Garantien ist bis zur Stunde näheres noch nicht zu erfahren. Das Abfommen ist noch nicht fertig, da über Einzelheiten und auch über technische Dinge noch Verhandlungen erforderlich sind. Voraussichtlich wird der Völferbundsrat in seiner Montag= fizung zum Schluß fommen.
Die hier anwesende Delegation der sogenannten„ beutschen Front", bestehend aus den Herren Hermann Röch Ifng, Pirro, Levacher, Stiefer usw. steht in au gesprochener Opposition zu den von Hitlera deutschland eingegangenen Verpflichtungen. Sie ist aber aufs schärfste von den Vertretern des Sitlersystems und seines Außenministeriums, Herrn von Lersner , desavoniert, und ins Hotel geschickt worden.
Hitlers Wunsch ging dahin, unter allen Umständen eine Datumsfestsetzung, wenn auch nur eine provisorische, zu er= langen. Die wachsenden. Schwierigkeiten seines Systems im Innern und die fortschreitende Desillufionierung der breitesten Bevölkerungsschichten in Deutschland und an der Saar gegenüber dem Hitlersystem fiegte schließlich über, die ablehnende Haltung der sogenannten„ deutschen Front". Diese weigerte sich hartnäckig, auf ihre Hauptwaffe, den skrupel losen Terror, zu verzichten und die weitgehenden Garantien
Der rumänische Außenminister Titulestu erklärte sich im Namen der Kleinen Entente und der griechische Außenminister Maximos im Namen des Balkanblocks mit den Vorschlägen der Türkei einverstanden. Henderson schlug dann am Schluß der Sigung vor, den Hauptausschuß bis zum nächsten Mittwoch zu vertagen, damit das Büro bis dahin die heute eingebrachten Entschließungen prüfen und eine davon dem Hauptausschuß zur Annahme unterbreiten könne.
Auf Grund des Verlaufs der Sitzung des Hauptaus. schusses hat Frankreichs Sicherheitsthese wieder neue An= hänger gewonnen!
Auch die englische Regierung scheint in diesem Sinne einzulenken. Barthou hatte heute nachmittag eine lange Unterredung mit Sir John Simon, die einen sehr herzlichen Verlauf nahm. An der Freundschaft Englands und Franfreichs ist also nichts geändert, so daß Deutschland seine bisherigen Bemühungen, England gegen Frankreich auszuspielen, wird aufgeben müssen.
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Die französische Preise begrüßt den Verlauf der gestrigen Sigung mit großer Befriedigung und stellte sich zu einem großen Teil einhellig hinter die Forderungen des türkischen Außenministers und seine Entschließung. to
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Simons Abreise Simons Abreise- Eden bleibt da.
London 2 Juni. Der plöblichen Abreise Simons von Genf wird in der Morgenpreise im allgemeinen feine besondere Bedeutung beigemessen. Es wird erklärt, daß die Konferenz ohnehin vor dem Abschluß stehe und daß der Vordsiegelbewahrer als rechtmäßiger Vertreter der eng lischen Regierung in Genf bleibe.
Keine englisch - französische Störung
In der Abrüstungsfrage zeigt man sich in franzö sischen Kreisen nicht weniger befriedigt. Der Vorschlag des türkischen Außenministers wird besonders unterstrichen, weil er den französischen Wünschen in allen Punkten gerecht werde. Die Blätter weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, daß Barthou eine längere Unterredung mit dem türfischen Außenminister Tewfit Ruschdi Bey hatte, und sagen, man gehe wohl kaum in der Annahme fehl, daß der türkische Plan in seinen wesentlichsten Punkten von Frankreich angeregt worden sei.
Die Abreise des englischen Außenministers könnte den Eindruck entstehen lassen, als ob zwischen England und Frankreich eine starke Mißstimmung vorhanden sei, die nach dem Rededuell der beiden Außenminister nicht erstaunlich wäre. Die französische Presse weist deshalb darauf hin, daß. die gestrige Zusammenkunft Barthous mit Sir John Simon äußerst herzlich gewesen sei und daß Simon im Gegenteil auf die Dringlichkeit einer französisch- englischen Zu sammenarbeit hingewiesen habe.
Stahlhelmführer in Schutzhaft Brav sein sonst Dachau
Der bisherige Ortsgruppenführer des NSDFB.( Stahl helm) in Bederkesa , Dr. Goehring, ist von der Geheimen Staatspolizei in Wesermünde in Schubhaft genommen worden, weil er die Ueberführung der Stahlhelmmitglieder in die SA. und die SA.- Reserve hintertrieben habc. Die dadurch in den SA.- Formationen und der Bevölkerung entstandene Erregung habe die öffentliche Sicherheit an Ordnung erheblich gefährdet.
Die Polizeidirektion Augsburg wendet sich erneut gegen die Verbreiter unwahrer Gerüchte und Verdächtigun= gen, gegen bewußte Denunzianten und Mies= macher, gegen die mit aller Schärfe vorgegangen werde und deren Ausmerzen im Staatsinteresse zu erfolgen habe. In nachgewiesenen Fällen hätten die Beteiligten mit der Ueberführung ins Konzentrationslager Dachau zu rechnen.