..Frei sei die deutsche   Saar  !

Ein Aufruf der Freiheitsfront des Saargebiets

Der Völkerbundsrat hat das Datum der Volks­befragung auf den 13. Januar 1935 festgesetzt. Er hat die Innehaltung dieses Datums an die Bedingung der absoluten Freiheit, Geheimhaltung und Unbeeinflußbarkeit der Wahl geknüpft. Es ist selbstverständlich, daß alle Gegner Hitlers   an der Saar  , wie in der Vergangenheit, so auch in der Zukunft, allen Terror und Gewissenszwang, allen direkten und indirekten Druck und jegliche Nötigung ebenso ablehnen und bekämpfen, wie sie alle Versuche der Diffamierung, Aechtung, Verleumdung und Verfemung Andersdenkender entschieden zurückweisen.

Mit der Festsetzung des Datums iff der Abstimmungskampf er­öffnet. Die Freiheitsfront des Saargebietes ruft in dieser Stunde alle Gegner Hitlers   an der Saar   zum geschlossenen und einheitlichen Kampf mit dem Ziele der Eroberung des freien, deutschen   Saargebietes auf. Bis zum 30. Januar 1933 gab es keinen Streit darüber, daß dieses Ziel nur durch die Rückgliederung nach Deutschland   erreicht werden müsse. Seit der Vergewaltigung Deutschlands   durch die braune Despotie, seit der Unter­drückung Deutschlands   durch Konzentrationslager, Gefängnis, Zuchthaus und Handbeil, seit dem Raub aller politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen Rechte des deutschen   Volkes durch Nazibanden, seit dem Tage der innen­politischen Versklavung und der außenpolitischen Katastrophenpolitik, die zu Kriegsabenteuern mit nachfolgendem Untergang Deutschlands   führen müssen, gibt es für jeden echten Deutschen   an der Saar   nur noch eine einzige Losung: Wir wollen nicht zu Frankreich  , denn wir sind freie Deutsche   und wollen es bleiben.

Wir wollen auch nicht zu Hitler  - Deutschland  ; denn der Sturz der schmachvollen Hitlerdiktatur, die unser Vaterland erniedrigt, ist die erste

nationale Aufgabe jedes patriotischen Deutschen  , zu der wir an unserem Teil auch durch die Ab­stimmung beitragen wollen.

Wir wollen eine freie, deutsche   Saar  , die der letzte Zufluchtsort deutscher   Freiheit und freien deutschen   Geistes auf deutschem Boden sein soll bis zu dem Tage, an dem ein wieder frei gewordenes Deutschland   in ehrlicher dauernder Verständigungsbereit­schaft mit einem ebensolchen Frankreich   eine endgültige politische und wirtschaftliche Einordnung der Saar zwischen beiden Völkern er­möglicht.

Wir Sozialisten an der Saar   wollen freien deutschen   Boden für den sozialistischen   Kampf. In treuer Verbundenheit mit unsern Brüdern im Reiche werden wir auf diesem Boden den Kampf gegen den größten Feind des Sozialismus führen. Ueber die sozialistischen   Reihen hinaus aber rufen wir heute alle Saardeutschen auf sich unserm Freiheitskampf anzu­schließen. Es gibt unter der Versklavung und Knechtschaft des« driffen Reiches" keine andere wahrhaft deutsche Lösung des Saarproblems als die eines freien deutschen   Saargebietes. Deutsch   sein, heißt frei sein. Der siegreiche Kampf aller Hiflergegner an der Saar   wird der Auftakt zur ersten großen Schlacht der gesamten antinationalsozialistischen Opposition im « driffen Reich" gegen ihre Unterdrücker sein. Die Stunde der Frei­heit muß der Anfang vom Ende des Naziregimes in Deutschland   werden.

Darum auf, Freiheitskämpfer der Saar  , auf in den Kampf um Eure ersten und heiligsten Güter! Auf in den Kampf, die Reihen fest geschlossen und mit hochgeschwungener Faust, mit Verachtung aller Gefahr im Herzen, und auf den Lippen die Losung: Frei sei die deutsche   Saar  ! Nieder mit Hitler!

Freiheitsfront Saargebiet:

Mar Braun, Julius Schwarz, Fritz Dobisch  , Karl Mößinger, Richard Pfaff, Karl Etienne, Eduard Lehmann, Richard Kirn  , Hugo Brück, Heinrich Liefer, Ernst Braun, Frih Rih, Erwin Saffier, Bernhard Erwin Saffler, Bernhard Schneider, Hermann Petri. Johann Bernarding, Michael Schmidt, Meta Wodarczak,

Saarlouis  

Schutz den Saar  - Gewerkschaften

Genf  , 5. Juni 1934.( Eigener Bericht.) Die Arbeitergruppe der Internationalen Arbeitskonferenz, darunter sowohl die Vertreter der freien wie der christ=

enfzogen- Die Dem Bürgermeister die Polizeigewalt enfzogen Vandalen werden vom Schnellrichter wieder freigelassen lichen Gewerkschafts- Internationale, haben die Bertreter

Saarlouis  , 5. Juni.

Der Präsident der Regierungskommission hat unter Be rufung auf die Ausnahmeverordnung vom 20. Mai 1933 ver: fügt, daß die Polizeigewalt der Stadt Saarlouis   dem Bürgermeister Dr. Lazz entzogen und dem Landrat des Kreises Saarlouis   bzw. seinem Stellvertreter übertragen wird.

Ueber den Sturm auf die SWV.- Geschäftsstelle berichtet die Volksstimme" noch folgendes:

Die Geschäftsstelle der Saarländischen Wirtschaftsvereini­gung bietet in den Morgenstunden des Dienstag ein Bild der Zerstörung. Die Fensterläden sind herabgelassen, da die Scheiben völlig zertrümmert sind im Inneren des Büro­raumes stolpert man über die Glasscherben, die noch so am Boden liegen, wie sie bei dem Ueberfall hingeschleudert wur­den. Nichts in dem Raum, der ehemals ein Büro war, ist der Zerstörung entgangen. Nichts befindet sich in ihm, was nicht deutlich sichtbare Spuren des brutalen Terrors auf­wiese, der sich hier einmal ungehemmt ausgetobt hat! Da steht ein Stuhl, dem ein Bein fehlt, ein schwerer Tisch, der deutliche Zeichen dessen trägt, daß auch er durch das Fenster Hinausgeschmissen wurde, Wandkästen, die herabgerissen und zerstört wurden-! Auf dem Tisch liegt ein Feßen Kar­ton, eingerissen an zahlreichen Ecken. Wir betrachten das Werk der Zerstörung: es ist ein Bild, das ehemals unter Glas und Rahmen an der Wand hing- eine Darstellung der Päpste von Petrus   an. Man hat es von der Wand geris­sen, zerfetzt und zertrümmert. Glasscherben fliegen zu Bo­den, als wir die Reste dieses religiösen Bildes betrachten, der Rahmen droht ganz abzubrechen! Ein Bild, das sich seit siebzig Jahren in der Familie der Hausbesitzerin befand, deren Haus gestern das Opfer dieses brutalen Ueberfalls wurde! nachdem sie genug Un­Die beiden Täter sind endlich doch von der Land­heil angerichtet hatten jägerei verhaftet worden. Dienstag schon wurden sie nachmit tags dem Schnellrichter in Saarbrücken   im Rahmen eines Verfahrens vorgeführt, das ein besonderes Kapitel in diesem Illustrationsfall zu den Genfer   Beschlüssen darstellt!

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Die Anklage- man staune- lautete auf Sachbeschädi­gung, groben Unfug und Nötigung" des verhaftenden Land­jägers! Kein Wort in der Anklage davon, daß es sich um eine agitatorische Zusammenrottung handelte nichts erin

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nerte daran, was sonst in ähnlichen Fällen gegen antifaschi­stische Angeklagte vorgetragen wird! Die Helden der deut­schen Front" selbst heißen Heinrich Fries   und Georg Kiehn, beide Arbeiter aus Saarlouis  .

Die Angeklagten ließen sich dahin ein, daß sie vor dem 3wischenfall 10-11 Glas Bier getrunken hätten. Sie hätten sich irgendwie beleidigt gefühlt. Daß sie die Fenster einge­schlagen haben, geben die Herrschaften zu von den durch das zerschlagene Fenster auf die Straße geworfenen Möbeln wollen sie nichts wissen!

Demgegenüber sagte die 70jährige Hausbesitzerin aus, daß sie vier Zeugen dafür benennen werde, daß es gerade diese beiden Täter gewesen seien, die sich an der systematischen Zerstörung ihres Eigentums beteiligt hätten.

Eine weitere Zeugin bekundete, daß vor der Türe der SWV. ein 60jähriger Mann von den Rowdys in die Gosse geworfen und mit Füßen getreten worden sei! Man habe in der dichten Menschenmenge rund um den Akt der Terror­handlung, ostentativ hitlerische Lieder gesungen!

Das Gericht fam auf Grund dieses Ergebnisses der Ver­handlung zu dem Entschluß, die Sache zur weiteren Auf­flärung bzw. Zeugenladung ins ordentliche Verfahren zu überweisen. Mag man gegen diesen Beschluß auch nicht viel einzuwenden haben, mag man ihn auch begrüßen, da in der Tat diese Verhandlung einer sehr eingehenden Vorunter­suchung bedarf, so kann man nicht anders, als seinem Be­fremden Ausdruck geben, daß das Gericht anschließend ver­fündete, daß beide Angeklagte mangels Fluchtverdachtes auf freien Fuß gesetzt werden.

Jedes Wort des Kommentars zu dieser erstaunlichen Tat­sache ist überflüssig. Vielleicht ist es aber nicht unnük, darauf hinzuweisen, daß der Oberstaatsanwalt in Saarlouis   die Berechtigung haben wird, auch bereits schwebende Verfahren den kommenden neutralen Abstimmungsgerichten, zu über­weisen!

Man stelle sich vor, antihitlerische Kräfte hätten die Büros der Leitung der deutschen Front" gestürmt und die Einrichtung zertrümmert. Wie würde ein saarländischer Richter über die Täter geurteilt haben hinsichtlich der Frage der Aufrechterhaltung des Haftbefehls. Wer glaubt, daß Sozialdemokraten oder Kommunisten in diesem Falle auf freien Fuß gesetzt worden wären?!

Wie die Reichsregierung lügt

Warum dürfen Ausländer nicht zu Thälmann  ?

Aus England wird uns geschrieben:

Auf Veranlassung des Welthilfskomitees für die Opfer des Hitlerfaschismus hatte sich am 11. Mai eine englische Delegation, bestehend aus Earl of Listowel, Mitglied des Oberhauses, seiner Frau, Gräfin von Pala­viccini, der Schriftstellerin Williams Ellis und demes hatte sich zur Aufgabe geſtellt, eine Anzahl poli Rechtsanwalt Benna bue nach Berlin   begeben. Diese tischer Gefangener, darunter Thälmann  , Ossießfi, Neubauer, Frau Seger usw., über deren Schicksal die englische Oeffentlichkeit besonders beunruhigt war, auf­zusuchen. Nach langwierigen Verhandlungen, Bertröstungen usw. wurde die Delegation schließlich am 13. Mai von einem verantwortlichen Beauftragten des Außenpolitischen Amtes der NSDAP  . aufgesucht, der u. a. erklärte, daß die Re­gierung beschlossen habe, der Delegation einen Besuch bei

der Saararbeiterschaft, und zwar von den freien Gewerks schaften die Kollegen Petry, Vaders und von den christlichen Gewerkschaften den Kollegen Pick empfangen, die ihnen die Wünsche der Saararbeiterschaft auf gewerkschaftlichem Ge: biete vorgetragen haben. Die jaarländischen Arbeitervertreter wurden mit großem Jubel empfangen und es wurde ein­stimmig eine Entschließung der freien und der christlichen Gewerkschaftsinternationale angenommen, die der internatio: nalen Arbeitskonferenz unterbreitet wird und deren An­nahme absolut sicher ist.

Die Entschließung, die die freie Gewerkschaftsinternatio­nale durch ihren 2. Vorsitzenden Jouhaug vorlegen ließ, lautet:

Da der Völkerbundsrat eine Kommission eingesetzt hat zur Vorbereitung iener Volksabstimmung, die über das Schicksal des Saargebietes entscheiden soll, da das Saar: gebiet ein Industrieland mit einer beträchtlichen Arbeiter: bevölkerung ist, die sich einer gegenüber Hitlerdeutschland fortgeschrittenen Sozialgefeßbung und der Vereinigungs­freiheit erfreut, fordert die Internationale Arbeitsfonse: renz den Verwaltungsrat des Internationalen Arbeits: amtes auf, die 3wedmäßigkeit der Errichtung eines dreis gliederigen Ausschusses aus seiner Mitte zu prüfen, der die Lage zu untersuchen hätte, um der Völkerbundskommis= fion Vorschläge zu unterbreiten, die unter anderem geeig net wären, die Belange der Arbeitnehmer des Saargebietes zu wahren."

des Regierungsvertreters, Fran Seger sei nicht verhaftet, die Delegation von sich aus durch eine Reise nach Dessau   feft­gestellt habe, daß Frau Seger mit ihrem Kind seit Monaten im Konzentrationslager ift. Dem Führer der englischen Delegation wurde weiter mitgeteilt, daß aus diesem Grunde zwei Mitglieder der englischen Delegation, der Rechtsanwalt Bennabue und die Schriftstellerin Williams Ellis, feine Erlaubnis mehr erhalten würden, nach Deutschland   einzureisen.

Unterdessen ist Frau Seger mit Kind dank der Interven­tion englischer Kreise und des steigenden Massendrucks in getroffen. Sie hat dort die Richtigkeit der Darstellung der allen Ländern freigelassen worden und in England ein­Borgänge durch die englische Delegation bestätigt.

Es unterliegt also feinem Zweifel, daß der offizielle Ver= treter der Hitlerregierung mit der Erklärung, Frau Seger und Kind seien in Freiheit, absichtlich gelogen hat und daß die Hitlerregierung, nachdem die Wahrheit der Deffentlichkeit bekannt geworden war, als Rache dafür zwei Mitgliedern der englischen Delegation die Einreise nach Deutschland   verweigert. Hitler   möchte nur Leute in Deutsch­ land   haben, die sich kaufen lassen, um Lügen zu verbreiten. Der Kampf ist nicht beendet. Die englische Delegation wird alles daran sezen, um zu erreichen, daß eine Delegation englischer Frauen und Männer Thälmann   besucht.

Ernst Thälmann   zu ermöglichen, jedoch erst nach Ablauf von 10 Tagen. Gleichzeitig wurde der Delegation mitgeteilt, daß der Die Zerstörung der Kultur Besuch bei Frau Seger unmöglich sei, da Frau Seger und ihr Kind sich niemals in Saft befunden hätten. Die Delegation fehrte nach England zurück und bereitete sich nach Ablauf von 10 Tagen darauf vor, eine meite Meise nach Berlin   anzutreten. Sie aviſierten der deutschen   Regierung ihre Anfunft, um gemäß der Erklärung des Vertreters der Regierung die Besuche bei Thälmann  und anderen politischen Gefangenen durchzuführen. Ueber= raschenderweise wurde dem Führer der Delegation Earl of raschenderweise wurde dem Führer der Delegation Earl of Listowel aber geantwortet, daß es jetzt sehr schwer sei, den Besuch bei Thälmann   durchzuführen. Als Grund wurde an gegeben, daß die Delegation der Presse Nachrichten zur Veröffentlichung übermittelt habe, daß troß der Erklärung

Wie der OND. aus Wien   berichtet wird, hat die Regierung Dollfuß die Büchergilde Gutenberg aufgelöst. Die Büchergilde war eine Vereinigung, die der Verbreitung von Büchern diente. Nachdem die nationalsozialiſtiſche Re­

gierung in Deutschland   die Büchergilde aufgelöst hatte, machte sich die Büchergilde in Desterreich, der Schweiz   und der Tschechoslowakei   selbständig und pflegte die aus Deutsch­ land   verbannte Literatur. Nun hat die österreichische Regie­rung aus faschistischer Kulturfeindschaft die Büchergilde, die 8000 bis 9000 Mitglieder zählte, aufgelöst und damit der Hitler  - Regierung einen Liebesdienst erwiesen und das österreichische Verlagswesen geschädigt.