Deutsche   Stimmen Beilage sur Deutscien Freifieit"

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Goebbels schafft einen neuen Baustil

Wenn nicht alles täuscht, so wird für die deutsche   Archi­tektur bald eine Zeit, ähnlich jener wilhelminischen Epoche, anbrechen, in der die Hofarchitekten Raschdorf, Ihne, Schwechten und Konsorten die Hauptstadt mit ihren Zucker­bäckerfantasien verschandelt. Noch heute schüttelt man sich vor den Erzeugnissen dieses saftlosen Epigonentums, das von der Romantik bis zum Barock alle Stilarten der Ver­gangenheit durchprobierte, ohne der Zeit ein eigenes Gesicht geben zu können.

In bewußter Reaktion hiergegen schufen die Messel   und Hoffmann, später die Taut, Pölzig   usw. jenen neuen Baustil, der auf Schnörkel, Verzierungen, Fassadenstuck usw. ver­zichtet, dafür Linien und Konstruktionen des Gebäudes sel­ber in monumentaler Einfachheit sprechen läßt. Zum ersten Male seit Jahrhunderten fand ein Zeitalter wieder einen eigenen, seinem Wesen gemäßen Baustil.

Den Nazis aber ist dieser Stil ein Greuel. Daß die parvenü­hafte Proterei wilhelminischer Bauten ihrer kleinbürger­lichen Großmannssucht weit besser entspricht als die schlichte Stärke eines modernen Baues, liegt auf der Hand. Dazu ge­sellt sich jene verschrobene Romantik, die den Spitzgiebel des niedersächsischen Bauernhauses als den Ausdruck der nordi­schen Seele anbetet und am liebsten Fabriken und Miets­kasernen mit steilen Strohdächern und gekreuzten Pferde­köpfen verzieren möchte, jedenfalls die orientalische Sitten­verderbnis des flachen Daches bereits zum Dogma erhoben hat. ,, Die ganze Richtung paßt ihnen nicht", und nunmehr ordnet Goebbels   an, daß der moderne Baustil zu verschwinden habe. Der kleine Mann, der bereits das deutsche Theater so erfolgreich erschlagetert hat, wird zweifellos auch das bißchen Architektur spielend erledigen.

Zu diesem Zwecke hat der Kunstdiktator von Hitlers   Gna­den Richtlinien an die Bauverwaltungen des Reiches und der übrigen öffentlichen Körperschaften herausgehen lassen, wor­in er die Heranziehung von bildenden Künstlern( gemeint sind Bildhauer) und Kunsthandwerkern zu öffentlichen Bauten anordnet. In seinem Schreiben heißt es:

,, Baukunst ist Sinnbild des Staatslebens. Die Richtigkeit dieses Satzes beweist in bedauerlichem Maße die Baukunst der Nachkriegszeit, deren materialistische Einstellung nur zu häufig zu jener überspitzten, öden, sogenannten ,, neu en Sachlichkeit" führte. Diese Sachlichkeit verzichtete auf die Mitwirkung der bildenden Kunst und des künstlerisch schaffenden Handwerks und nahm damit den deutschen Kulturschaffenden die Möglichkeit, an den großen Aufgaben der Baukunst den künstlerischen Ausdruck des Volksganzen mitzuformen. Die nationalsozialistische Regierung, insonder­heit mein auf diesem Gebiet federführendes Ministerium, hat die Aufgabe, hier Wandel zu schaffen und im Rahmen

Freitag, den 8. Juni 1934

des großen allgemeinen Arbeitsbeschaffungs­programms dem kunst- und kulturschaffenden Menschen wieder Arbeits- und Gestaltungsmöglichkeit zu gewähren." Man ist von soviel ,, Verständnis" für das Wesen der Bau­kunst erschlagen. Die Architektur hatte sich vor einem Menschenalter nach Wilhelms Prunkbedürfnis, jetzt hat sie sich nach den Erfordernissen des Hitlerschen Arbeitsbeschaf­fungsprogramms zu richten. Man stelle sich das einimal prak­tisch vor: an die in ihrer monumentalen Schlichtheit be­rühmten Fassaden der AEG., Voltastraße, des Messelschen Wertheimbaues oder des Hamburger Chilehauses sollten plötz­lich, um Steinmetzen und Bildhauern Arbeit zu geben, Re­naissanceornamente angebracht werden!

So etwas will in der Tat Goebbels  , indem er befiehlt ,,, daß grundsätzlich ein angemessener Prozentsatz der Bausumme für die Erteilung von Aufträgen an bildende Künstler und Kunsthandwerker aufgewendet wird". Das kann eine herr­liche Architektur werden, die nach vorgeschriebenen finan­ziellen Prozentsätzen den Gebäuden figürlichen Schmuck auf­pappt und ankleistert. Gewisse Gefahren sieht der Urheber des Erlasses sogar selber, denn er ordnet an:

,, Ich bitte ferner, Vorsorge zu treffen, daß das mit dem Bau verbundene oder innerhalb des Baues angebrachte Kunstwerk nicht um seiner selbst willen als zwecklose Zutat, sondern sinnvoll in Beziehung zu dem Zweck des Gebäudes, zu den örtlichen Begebenheiten und zur Um­gebung gebracht wird."

Hier heißt es jedoch: erst können! Man mache uns einmal praktisch vor, wie sich an einem modernen monumentalen Zweckbau, wie z. B. dem Kraftwerk Klingenberg,», sinnvoll" detailistischer Verzierungskram anzubringen ist, ohne die stolzen Linien und starken Formen des Ganzen zu zerreißen. Der Nationalsozialismus bildet sich ein, alles zu können. Er glaubt, im Handumdrehen ein neues Theater, einen neuen Baustil hervorzuzaubern. In Wirklichkeit kann er nichts, als den mühevoll überwundenen Kitsch und die Gesinnungs­losigkeit der künstlerisch schwächsten Epoche Deutsch­ lands   erneut heraufbeschwören und die Ansätze einer wirk­lichen Kunst zerschlagen. Er ist auch auf dem Gebiete der Kunst hoffnungslos reaktionär.

Man könnte mit dieser Feststellung schließen, wenn sie nicht vielleicht ein Mißverständnis hinterließe: Selbstver­ständlich soll der Bildhauerei und den verwandten Künsten geholfen werden. Das aber kann nicht geschehen, indem man ihre Mitarbeit nach mechanischen Regeln dem Architekten aufzwingt und aus dieser Zusammenkoppelung einen Misch­stil entstehen läßt, der beide Künste diskreditieren wird, sondern indem man den Bildhauer auf seinem eigenen Ge­biete wirken läßt. Dem eigentlichen Kunsthandwerk( z. B. der Glasmalerei) ist der von Goebbels   verpönte moderne Baustil sowieso nie abträglich geworden, eher förderlich ge­Julius Civilis.

wesen.

Der Teufel und die Miesmacher

Ein Thema für Theologen

Daß die ,, Germania  " so ziemlich die verludertste gleichgeschaltete Zeitung ist, weiß alle Welt. Immer­hin: die Leistung, die wir nachstehend wiedergeben, The dürften nicht viele für möglich gehalten haben:

Miesmacher und ,, Die Parole ,, Gegen die Meckerer!" faßt man nicht tief genug, wenn man sie nur verstehen will als einen geschickten Schachzug gegenüber Unzulänglichkeiten, Ungerechtigkeiten und Fehlgriffen, die um der innerlichen Gewinnung des letzten Volksgenossens willen besser unterblieben wären. Sie liegt vielmehr folge­richtig in der Linie der Rede unseres Führers vom 1. Mai dieses Jahres, von der uns die letzten Worte am tiefsten packten, in denen er mit der ganzen Inbrunst seines Herzens darum warb, daß ihn doch jeder Volksgenosse ver­stehen möchte. Alle, die Adolf Hitlers   Kampf und Ringen um die deutsche   Volksseele nicht erst seit gestern oder vor­gestern kennen, müssen diesen Worten den leidenschaftlich­sten Widerhall geben. Es ist tatsächlich so, daß die Jahr­zehnte und Jahrhunderte hinter uns manchen unter uns um jegliche echte Zuversicht gebracht haben. Es ist so, als ob die Mächte der Finsternis sich unsere deutschen Lande auser­koren hätten, um hier ihr zersetzendes Spiel zu treiben weil sie sich überzeugt halten können, daß eine Lähmung völkischer und christlicher Kraft in Deutschland   von kata­strophalen weltgeschichtlichen und kirchengeschichtlichen Auswirkungen sein müßte: eine Annahme, welche die bis­herige Geschichte zur Genüge bestätigten dürfte. Wir aber, zu deren Glaubensinhalt der Satz des Petrusbriefes( 1,5: 8) gehört: ,, Wachet; denn der Teufel geht umher wie ein brül­lender Löwe..." wir glaubten ihn nur im privat- persön­lichen Bereich fürchten zu müssen, während er ungestört unsere volkhafte Gemeinschaft zersetzen durfte. Höchstens glaubten wir ihn da in ihr fürchten zu müssen, wo einzelne aufzutauchen Gefahren recht vordergründlicher Natur schienen, zu deren Erkenntnis kein besonderer Scharfblick

Damals, Herr Binding

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Der Affe des Kronprinzen R. G. Binding, der einst demo­kratich nun nazisch begeisterte Schriftsteller und ehemalige Schmuckgast der( damals noch) reichen jüdischen Frank­ furter  , schrieb 1928 über den SA.- Kronprinzen, der sein Fronterlebnis so gestaltete: Aus einem Ruhequartier hinter der Front. Juli 1918: Die einzig glatten und muskels.arken Pferde sind die Rennpferde des deutscher Kronprinzen in dieser Stadt. Ich sage nicht, daß der Hafer, den sie den an­dern wegfressen, entscheidend ist für den Verlust des Krie­ges, aber dennoch: brauchten hier nicht zwölf aalglatte Vollblutpferde, strotzend vor Hafer, unter feinen Wolldek­ken und mit wohlaussehenden Bereitern in Livree herum­zulaufen, während für ein Artilleriepferd zwei Pfund Rü­

und zu deren Verhütung keineswegs die Alarmstufe letzten und höchsten Einsatzes erforderlich gewesen wäre. Alles, was allzu offen zutage liegt, kann nicht Meisterwerk der Mächte der Finsternis sein; und alles, was allzu plump gestaltet ist, dürfen wir, die wir diese Mächte als die persönlichen Wesen gefallener Engel betrachten, nicht als den kongenialen Ausdruck des Widersachers von Anbe­ginn ansprechen. Seine Netze sind viel feiner gesponnen, als daß er etwa mit der Vermanschung der Konfessionen oder mit einer unchristlichen Glaubensbewegung infernalische Ziele verfolgen könnte. Weder mit dem echten Vorsehungsglauben, noch mit dem nüchternen Glauben an die Wirksamkeit ,, des

Vaters der Lüge" ist so manches vereinbar, was wir heute

und gestern unter uns wahrnehmen. Die wirklichen Gefahren

liegen tiefer, und die Antwort auf unsere deutsche  Gegenwart ist nicht so unsagbar wohlfeil, wie sie von ver­schiedener Seite gegeben wird. Das Ethos dieser Zeit, das auch jeglichen gottesfürchtigen und christlichen Glauben auf Herz und Nieren erforscht, ist der Wille und die Kraft, sich hinter eine Persönlichkeit zu stellen: Adolf Hitler  . Das ist gewiß eine Forderung, die unerhört ist in der Den­kungsart des Gestern. Es kommt eben alles darauf an, ob wir, wie das vor 1933 tagtäglich in einer, deutschen" Presse zu lesen war, Adolf Hitler   als den größten ,, Verführer" oder aber als den gottgesandten Führer unseres Volkes erkennen. Das ist ein Entweder- Oder, das noch nicht alle er­faßt haben oder vor dem sich immer noch etliche hinter viel­fältigem Wenn und Aber zu verkriechen suchen. Wir können nur hoffen, daß die gegenwärtige Losung ,, Gegen die Mies­macher und Meckerer!" hier ein gutes Stück weiter die Bahn bereinigt. Mit dieser Bereinigung werden auch Schwierig­keiten zweit- und drittrangiger Ordnung am ehesten aus dem Wege zu schaffen sein."

Aus solch einem Hymnus auf das ,, Etwas dieser Zeit" darf kein Wort gestrichen werden. Man darf sagen, daß noch nie­mals ein sich katholisch nennendes Blatt alle religiösen Vor­stellungen und Ueberlieferungen so verleugnet hat wie hier.

benschnitzel den Tag verteilt werden... Der unnötige dicke schwarze Staub, den die fast immer und ohne höheren Zweck in der Stadt herumsausenden Autos des Kronprinzen ver­breiten, ist leider nicht Wolke genug, um all das zu ver­decken, was in diesem Hauptquartier geschieht und sich dem Auge beleidigend aufdrängt. Ich frage mich, warum ich mich schäme, wenn der Kronprinz, während es um letzte Dinge geht, einen Affen hält, ja, ja, einen leibhaftigen großen Affen, der in der Reitbahn auf einem Stuhl sitt und mit kreischender Stimme seine Wünsche in die Abteilung rei­tender Unteroffiziere hineinschreit, wenn es ihm zu lang­weilig wird. Dann lacht alles. Ich frage mich, warum ich mich schäme und nicht der Kronprinz..."

Heute sind der Kronprinz und der Kritiker seines Affen img gleichen Hauptquartier brüderlich vereint,

Ereignisse und Geschichten

Emigrant

Von Theodor Plivier  

Meinem Mitarbeiter ,. dem Komponisten Joseph Kosma  und allen deutschen Emigranten gewidmet.

Da sits ich alleine im Scheine

der Sonne

Es ist die Sonne ton Frankreich  . Sie tut so gut

und liegt so hell auf meinem Blut. Doch morgen läuft mein Paß ab

ein Papier  "

sie nennen es récépissé.

Was dann?

Dann scheint die Sonne nicht mehr in Frankreich  und die Grenzen sind verbarrikadiert.

Es gibt nicht mal ein Totenschiff

das

wenn auch in Dreck und Schuften

auf das grenzenlose Meer hinaus entführt. Es gibt nur

ein Hängen zwischen den Grenzen,

ein Leben im Raum, der nicht da ist. Der Boden, auf dem Du steht, die Straßen, die Du gehst, Verboten!

Verboten!

Irgendeine Sonne scheint dennoch irgendeine Luft atmest Du doch. Aber gegen das Geset.

Ein Geset

das von Menschen stammt,

von Menschen, die heraus aus staubigen Büros die Welt in Teile zerspalten,

die mit Tinte und Bergen von Papier  

gräßliche Falten

in die Erde gezogen,

die dennoch ganz ist

und rund ist

trots alledem

trots alledem!

Es gibt soviel Papier und soviel Büros in der Welt Büros, die Länder regieren

und die alle Deine Existenz negieren, Emigrant!

Emigrant!

Etwas ist faul in der Welt. Zuviele Fallen sind gestellt

zuviele Grenzen

und Barrikaden

und trennende Striche Emigrant

deutscher Emigrant

Du bist es selbst

Du hast Dich selbst um die Heimat betrogen

mit Zagen

mit mattem Fragen

und halbem Tun.

Jetzt wast Du gewogen

auf Deinen Wert

Deinen wirklichen Wert.

Jetzt heißt es: die Zähne zusammenbeißen

auf Pässe und alle papiernen Rechte... pfeifen

in den Wall, der Dich umringt, ist ein Loch zu hauen eine breite Heerstraße ist zu bauen.

Und das Loch

die Löcher

und Straßen

die geraden und krummen Straßen sie führen in ein Land hinein.

Und dieses Land muß wohl Deutschland   sein.

Zeit- Notizen

Foujita   verfilmt ,, Madame Butterfly  "

Die offiziellen japanischen Stellen haben beschlossen ,,, Ma­ dame Butterfly  " zu verfilmen, allein zu dem Zwecke, um der Welt zu zeigen, wie das Leben in Japan   in Wirklichkeit ist, im Gegensatz zu den häufigen Verfälschungen durch den aus­ländischen Film. Mit der Produktion ist die ,, Society for International Cultural Relations" betraut worden. Der künstlerische Leiter des Films wird der in der ganzen Welt bekannte Maler Tsuguharu Foujita   sein, der kürzlich in sein Heimatland zurückgekehrt ist, nachdem er lange Jahre in Paris   gelebt hat. Für die Rolle des Pinkerton soll ein be­rühmter Hollywooder Schauspieler engagiert werden, wäh­rend die anderen Darsteller aus den Besten des Landes ausgewählt werden. Sollte der Film im Ausland mit Inter­esse aufgenommen werden, so denkt die Gesellschaft daran, andere fürs Ausland bestimmte Filme herzustellen. Hiermit tritt die japanische Filmindustrie in ein neues Stadium, da von ihr bisher der außerhalb ihres Landes liegende Markt nicht beachtet worden ist.

Gegen Ibsen   und Juden

Die Nazipresse berichtet: ,, Dieser Tage gastierte Agnes Straub   als Hedda Gabler   mit eigenem Ensemble im Stettiner Stadttheater. Während aller vier Akte der Vorstellung pr testierte ein Teil des Publikums gegen Stück und Darstellew. Die Zwischenrufe richteten sich in der Hauptsache gegen die Problematik des Stückes und den im Ensemble stehenden jüdischen Schauspieler Leo Reuß  . Am Schluß der Vorstellung kam es in den Gängen des Theaters zu erregten Debatten zwischen einzelnen Publikumsgruppen." Das ,, Haus des Films" in Moskau  

Dieser Tage ist in Moskau   das Haus des Films" einge­weiht worden. Man findet darin eine riesige Bibliothek, Ver­sammlungssäle, einen Tanzsaal sowie etliche Filmbüros. Die erste Etage bietet einem Vorführungsraum Platz, der sieben­hundert Personen faßt. Das ,, Haus des Films" soll allen Filmschaffenden der Sowjetunion   als geistiges Zentrum dienen. Man denkt sogar schon an eine Vergrößerung. Ge­plant ist ein weiterer Vorführungsraum sowie ein Labora­torium für Versuchszwecke. Später soll noch ein Muscum angegliedert werden.