Pariser   Berichte

Einheitspreisgeschäfte

Das Kapitel der Einheitspreisgeschäfte, das seit Monaten Kammer und Senat erfüllt, ist noch nicht zu Ende. Einmal hat die Kammer schon mal die Auflösung der ebenso ge­füllten wie umkämpften Geschäfte der Tagesartikel be­schlossen, dann machte der Senat den Beschluß zunichte, und seitdem geht das Weberschifflein hin und her.

Jetzt ist das Projekt wieder in dem Senatsauschuß um­gegangen. Der ne Handelsminister hat ein Exposé gemacht und sich für die Reglementierung der Häuser mit den, prix uniques" ausgesprochen. Aber beschlossen wurde noch nichts. Die so verwickelte Frage in die durch eine künstliche Agitation von interessierter Seite auch die Frage der deutschen Emigranten und angeblichen deutschen Kapitals hineingezogen würde soll knifflicher Weise erst in vier­zehn Tagen wieder neu behandelt werden.

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Am Grabe Hans- Adalbert von Maltzahns

In Boulogne an der Seine, in der Landschaft, die er so geliebt hat, wurde von seinen Freunden am Freitagmittag der arme Baron Malzahn zu Grabe getragen. Es war das Begräbnis eines seltsamen Menschen, um den viel Un­verständnis, Gehettsein und Zigeunertum war.

Der schlanke Mensch mit dem Adlerkopf, Sohn einer ur­alten preußischen Offiziersfamilie, Zögling der Ritteraka­

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den Hitler und seine leicht zu habenden Würden verschmä­hend, in seinem unsteten Wandel an der Seine mit sich her­umtrug, nicht immer glaubten.

Schlaf wohl, armer Baron Maltzahn, schlaf wohl an der Seine. Ich sehe Deine große Schrift vor mir, mit den weit holenden Zügen, den eilenden Buchstaben, die wie durch die Nacht des Lebens jagten, und denke, daß du ehrlich gefallen bist, alter Rittmeister, im Kampfe um das freie Deutschland  . In dir war wenig Kleist,( obwohl man gesagt hat, daß das der einzige Preuße mit Kultur sei), in dir war viel Westliches, und die Stiche im Café de l'Univers gegenüber dem Hause Molieres sahen dich oft verständnisvoll an, und wenn ich nachdenke, warst du, mit deinem hellen Verstand und dem schwärmerischen Hang zu Frankreich   und Freiheit am ehe­sten noch ein Bruder von Büchner, mit dem du auch das frühe Schicksal teilst:

,, Ein unvollendet Lied, sinkt er hinab, Der Verse schönsten nimmt er mit hinab."

Baptist.

jetzt zu vier Jahren Gefängnis und 3000 Franken Geldstrafe verurteilt, während seine Freundin Ruth Adler 2 Jahre Ge­fängnis und 2000 Franken Geldstrafe erhielt( beide in Ab­wesenheit). Außerdem wurden noch zwei Mitangeklagte Simonsohn und Kester verknackt.

Das Schlimmste ist, daß der Fall dieses kunstbegabten Hochstapler noch nicht zu Ende zu sein scheint. In Prag   und wohl auch in Wien   scheint der internationale Gastspiel­reisende neue Opfer und Wohlmeinende oder Vertrauens­selige zu suchen und zum Teil auch schon gefunden zu haben. Es ist daher hohe Zeit, alle literarischen Zentren in gleich viel welchen Hauptstädten vor diesem Mann, der nach dem Muster der internationalen D- Zugdiebe zu behandeln ist, zu warnen. Ein Mann wie Lherman oder wie er sich sonst nennen mag, gehört nicht unter die Leute mit der Feder, son­dern unter die Leute mit den Fingerabdrücken. Wir legen den größten Wert darauf, daß dem Rückfälligen alsbald das Handwerk gelegt wird.

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Boileau   sagt an einer Stelle die in Paris   zum Sprichwort ge­wordenen Verse: J' appelle un chat et Rolet un fripen." Diese Literaturkenntnis sollte man auf Lherman in allen im doppelten Sinne des Wortes, gebeten.)

demie zu Brandenburg  - des feudalsten und furchtbarsten, Der Fall Jo Lhermann oder Ullmann europäischen   Ländern bestens" anwenden.( Um Nachdruck,

was es gibt, schrieb seit langem von Paris   für demokra­tische und sozialistische Zeitungen. Er stand seit langem auch mit der Berliner Volksbühne in Verbindung und brachte nach Deuschland, als wirklicher Literaturförderer genaue und an der Quelle gewonnene Anschauungen des französischen  Theaters. Er liebte die Bretter in hohem Maße und war ein Mann von hoher, fast schleuderhafter und immer zum höch­sten Ausbruch bereiter Kultur und immer von höchstem Aus­druck der Persönlichkeit. Er war, wenn man so will, einer der Heiligen im Urheiligen, ein Mann, der hungerte, um seinen Leidenschaften und dem Leben, das für ihn nur Kunst und Wort war, zu fröhnen.

Der alte Reiteroffizier, der auch als Vierzigjähriger den Reiz einer hoheitsvolen Erscheinung bewahrte, hat mehrere Dichter übersetzt, vor allem Paul Raynal  , dessen Herold er war. Er war wie kein anderer berufen, als einer der letzten Gläubigen des Weltgewissens und Europäertums in Deutsch­ land   ,, am Grabe des unbekannten Soldaten" zu sitzen und den Ruhm der ,, Marneschlacht  ", den pazifistischen Sang der ,, Francerie" in die Lande hinauszutragen. Am meisten hat er darunter gelitten, daß manchmal Schicksalsgenossen diesem fast märtyrerhaften Aposteltum, das der preußische Uradlige,

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Durch eine Gerichtsverhandlung vor einer Pariser   Straf­kammer ist ein Fall in die Oeffentlichkeit gedrungen, über den seit längerer Zeit als über eins der trübsten Kapitel der RIEFKASTEN Emigration geraunt wurde. Es handelt sich um den ehe­maligen Veranstalter von Berliner   Matineen und ,, Theater­besessenen" Jo Lherman  , der unter dem( wahrscheinlich wegen des an Rilke erinnnernden Klangs gewählten) Namen Walter Maria Ullmann eine Rolle in der Pariser Literatur­gesellschaft gespielt hat, die leider auf Kosten zahlreicher anständiger Literaten geht.

er

Es ist wohl nötig, die Dinge einmal beim richtigen Namen zu nennen. Ullmann, der in Berlin   durch seine Margarine­Geschichten und durch Durchbrennen mit der Kasse bereits übel aufgefallen war, gründete in Paris   das Blaue Heft", eine in deutscher und französischer Sprache erscheinende Kunstzeitschrift mit einem Stich ins Aktuell- Politische. Für die letzten Dinge gewann er den mit einer reichen Frau aus bekannter Familie verheirateten Sohn des früheren Bot­schafters und Ministers Renaud de Jouvenel  , der darin auch seinen in Hitler  - Verständigung machenden Bruder Bertrand de Jouvenel   schreiben ließ. Inzwischen hat sich mit einigem Substanzverlust aus dem Ullmann- Wagen zurückgezogen. Die durch die gute Verbindung gewonnene Verstärkung seines Ansehens benutzte Lhermann dann zur Gewinnung einer Reihe deutscher und französischer Mit­arbeiter von Rang, die sich auf die Ehe aus Leichtsinn oder Mischung von Geldnot und Nochalance einließen. Daneben machte er Verlagsgeschäfte mit einer Reihe von Dichtern, die heute wohl gerne das dem Geschäfte in der rue Notre Dame de Lorette geliehene Vertrauen im Busen bewahrt hät­ten, während Lhermann seinerzeit natürlich die Tantieme im Busen bewahrte.

Es ist unglaublich, daß ein notorischer Hochstapler in geisti­gen Regionen, aber auch gewöhnlicher Schwindler wie dieser Lherman es verstanden hat, eine Reihe wohlangesehener Leute hereinzulegen und daneben ziemlich wahllos seine Mit­arbeiter zu betrügen. Die jetzige Verhandlung vor den Straf­richtern aber hat bewiesen, daß der edle Freund der Musen auch seine bei mancherlei Tratten erworbenen Zeichenkünste auf Postabschnitten verwandte. Der ehemalige Inhaber des Bergis- Verlages machte nämlich üble Markgeschäfte mit eini­gen Banken, wobei er die Stempel auf den Zahlungen der deutschen Kunden fälschte. Als das herauskam, war der blaue Mann verduftet, einschließlich seiner Freunde, und zwar soll er bezeichnender Weise, wie die Fama berichtet, durch Hitlerdeutschland mit seinem österreichischen Paß nach Prag   gefahren sein. Die Franzosen haben den üblen Burschen

Emigrantenklub Brüssel 1933, Maison des Artistes 19 Grand Place. Am Dienstag, 12. Juni, 20.30 Uhr, spricht bei uns der in Emigra tion lebende Schriftsteller Heinz Liepmann   und liest aus seinen ver­öffentlichten und unveröfentlichten Werfen. Eintritt 4,- Fr., für Mitglieder 2,- Fr.

Wirtschaftsrat für Refugiés   in Belgien  . Diese Organisation be­zweckt in uneigennüßiger Weise, die Emigranten im Aufbau einer neuen Existenz zu unterstützen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat der Wirtschaftsrat einen Fragebogen herausgegeben, der gegen einen Franken und Beifügung des Rückportos( in Briefmarken) bei der Geschäftsstelle des Wirtschaftsrates, Bruxelles, 98, Avenue de Cortenberg, erhältlich ist.

Auslandsdeutscher in Eupen- Malmedy  . Ihre Anregung ist un­erfüllbar. Sie widerspricht den Bestimmungen des Versailler Vertrags.

Saba. Für Ihre Einsendung besten Dank. Wir nehmen aber nach wie vor den Standpunkt ein, uns in diese Auseinandersetzungen nicht einzumischen. Dazu ist die Parteiprene der betreffenden Länder berufen.

Weber. Vielen Dank für Ihr Gedicht. Die Form ist gelungen, ober der Inhalt schon etwas überholt. Vielleicht gelingt Ihnen später einmal etwas Besseres.

Pressa 1928." Uns ist über den derzeitigen Aufenthalt des frü heren Oberbürgermeisters Adenauer von Köln   nichts bekannt. Neu­lich lasen wir aber in dem Kölner   Naziblatt, daß diese System­größe" des Zentrums besonders ins Herz geschlossen hat, dies: Man hat inzwischen erfahren, daß Dr. Adenauer sein geruhsames Asyl im Kloster Maria Laach verlassen habe und sich nun in der Reichshauptstadt befinde. Es ist zwar richtig, daß der frühere Ober­bürgermeister mit seiner Familie inzwischen nach Berlin   verzogen ist, doch ließ sich bisher nicht in Erfahrung bringen, was er weiter zu tun gedenkt. Was mit der leerstehenden Villa des ehemaligen Oberbürgermeisters am Stadtwaldgürtel in Köln   geschieht, steht zur Zeit noch nicht fest."

Die soeben erscheinende Neue Weltbühne" bringt in ihrer dies­wöchentlichen Ausgabe folgende Beiträge: Neo- Pazifismus von Hermann Budzislawski  ; Goebbels  , streng vertraulich von Heinz Pol  ; Polnische Schaukelpolitik von T. N. Hudes; Kardinal Faul­ haber   von Waldemar Grimm; Hammer oder Amboß   von Peter Rau; Pässe von Walter Rode; Partisanenfrieg von Richard Papen; Militante Wirtschaft von Hans Konrad; Streicher von Erich Weinert  ; Bemerkungen Antworten.

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Für den Gesamtinhalt verantwortlich: Johann Pis in Dud. weiler; für Inserate: Ctto uhn in Saarbrücken  . Rotationsdruc und Verlag: Verlag der Volksstimme GmbH., Saarbrücken 8, Schüßenstraße 5.- Schließfach 776 Saarbrücken  .

Zum Nachdenken

Von E. J. Gumbel

Diese Zuschrift veröffentlichen wir, ohne daß wir

Wir aber müssen fragen: Warum hat es der Teil der sozialistischen   Bewegung, für den Sozialismus nicht mit bürgerlichem Fortschritt identisch ist, nicht vermocht, die Alltagssorgen zum Ausgangspunkt prinzipieller Entschei:

mit jedem Saße einverstanden sind. Red. d. D. F&" dungen zu machen? Warum hat die antikapitalistische

Ueber ein Jahr ist es her, seit die deutsche Emigration als Massenerscheinung begann. Noch heute ist sie weder ökonomisch noch politisch noch moralisch stabilisiert. Wir haben keinen Grund, besonders stolz zu sein, weder auf das, was wir in Deutschland   geleistet, noch darauf, was wir in einem Jahr Egil geschaffen.

Die entscheidende Tatsache, deren letzte Konsequenzen uns bewußt werden müssen, ist die ungeheure Niederlage der Arbeiterbewegung wie aller fortschrittlichen Jdeen, die zu ihr standen, und die unauslöschliche Schande der kampflosen Niederlage. Kampflose Niederlage ein Widerspruch nur in der Philologie, nicht in der Politik.

In unserer zentralen Aufgabe, die Naziherrschaft wirk­sam zu bekämpfen, werden wir nur Erfolg haben, wenn wir die Fragen richtig stellen. Zur Lösung eines Pro­blems ist dies häufig der wichtigste Schritt. Die Beherr schung der Zukunft setzt Kenntnis der Ursachen der Gegen wart voraus. Daher die Notwendigkeit zum Nachdenken über das, was geschah, zur prinzipiellen Erkenntnis der von uns allen begangenen Fehler.

Bisher hat es sich die Emigration demgegenüber leicht gemacht: die einen leugneten die Niederlage, nur die andern sind geschlagen. Die andern schoben die Schuld auf die einen: Warum seid Jhr abseits gestanden bei unserer Niederlagenstrategie?" Jede Gruppe besaß den Stein der Weisen und alle andern waren an allem un­glück schuld. Die alten Manuskripte, etwas umgeschrie: ben, werden zur Basis der politischen Auseinandersetzung, mit dem Ergebnis, daß manche Emigranten heute noch nicht wissen, warum sie hier sind. Dem entspricht die Ein­stellung des Auslandes: Der Uebergang eines ganzen hochindustriellen Landes in die Barbarei wird als ein maliges, deutsches Ereignis verkannt und seine Bedeu tung versandet in kurzfristigem Bedauern über die Not.

Sehnsucht der Massen sich gegen den Sozialismus ge kehrt? Warum lief die Jugend in hellen Haufen von uns fort ins Lager der Feinde? Warum gelang es den Faschisten, den Klassenhaß des Kleinbürgers gegen den Arbeiter und seine Furcht zum Hebel eines ungeheuren Arbeiter und seine Furcht zum Hebel eines ungeheuren Sieges zu machen, während wir das Klassenbewußtsein des Arbeiters und Angestellten, der überwiegenden Mehrheit des Volkes, nicht mobilisieren konnten? Wir Mehrheit des Volkes, nicht mobilisieren konnten? Wir knüpften an den spezifischen Charakter des Menschen an, der im Gegensatz zum Tier seine Nahrung selbst produ­ziert. Wie konnten die Faschisten dies erfolgreich als die Lehre der Untermenschen darstellen, sie, deren Theorie gerade die tierische Natur des Menschen als höchsten aller Werte setzt, und gerade diese Lehre zur Quelle für Be­geisterung und Freude machen? Was nutzte die Ver­schraubung einer Theorie, die erlaubte, nachträglich alles zu prophezeien, die schließlich alles, was ist, für vernünf­tig erklärte, den kühnsten Anhängern gestattete, jede Niederlage in einen Sieg umzudichten!

Die Nazis haben es verstanden, Gemütswerte zu mobi lisieren, Minderwertigkeitsgefühle zu überkompensieren. Diese Arationalität müssen wir verstehen. Sonst lebt die Allweisheit der einmal durch die Tatsachen" festgelegten Weltauffassung weiter, auch wo die Realität, weit ent­fernt, nur gedanklich wird im Exil.

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In Deutschland   existiert heute keine revolutionäre Si­tuation. Die Gnadenfrist, welche die Entwicklung den italienischen Sozialisten gewährte, blieb uns versagt. Die illegale Arbeit wird erst nach langer Zeit Früchte tragen Die namenlosen Leiden und Opfer, die Opfer und Leiden der Namenlosen, der Heroismus derer, die, von Tortur und Qualen ohne Ende bedroht, heute in Deutschland  illegal arbeiten, müssen im großen Schuldbuch unseres illegal arbeiten, müssen im großen Schuldbuch unseres Herzens verwahrt sein.

Es gilt für uns den Kontakt mit der unterirdischen

Wirklichkeit unserer Heimat nicht zu verlieren, die autochthone Fragestellung zu erkennen, die manche lieb­gewordene Unterscheidung verwirft. Sonst werden wir bald die Sprache dort nicht mehr verstehen. Hüten wir uns, jede kleinste Bewegung, die dem eigenen Antrieb zugeschrieben wird, zu vergrößern, das Blatt mit Sieges­nachrichten zu füllen, entstonden durch falsche Perspektive, aufgeblasen durch wuchernde Hoffnungen.

Wir dürfen den Nazis nichts glauben, nicht einmal die Größe der von ihnen eingestandenen Opposition. Denn um die Fortdauer des Terrors auch im faschistischen Alltag, der grau ist wie der Alltag jeder Krise, zu recht­fertigen, müssen die Nazis die Bedeutung des inneren Feindes vergrößern.

An zwei Revolutionen haben wir die Bedingungen erkannt, unter denen sie möglich ist: ein System stirbt ,, Don selbst", wenn niemand mehr bereit ist, für es zu sterben. Wenn durch alle Gesellschaftsschichten das Be­mußtsein der Instabilität hindurchgezogen ist, vermag die organisierte, zielbewußte Minderheit sich gegenüber der apathisch gewordenen Mehrheit durchzusehen. Selbst wenn Europa   nicht im Krieg versinkt, werden noch Jahre vergehen, bis die Enttäuschung über die nicht gehaltenen Versprechungen, die Zermürbung durch die Krise, die Angst vor der Denunziation sich verwandeln in das Be­wußtsein der Unmöglichkeit einer Fortdauer, bis die Waffen deswegen keine Grundlage der Herrschaft mehr bilden, weil die zugehörige andere Basis, die Propaganda, abgeſtumpft vor tauben Ohren klingt, bis nirgends mehr. das Dutzend Maschinengewehre besetzt werden kann, das genügt, um die waffenlose Stadt zu beherrschen.

Diese Betrachtung soll uns ermutigen. Denn wir können nur siegen im Bewußtsein der Schwere des Kampfes und der Höhe des Einsatzes. Vor allem müssen wir uns klar werden über die Größe des Ziels, das meit über alles hinausragt, was bisher vor uns stand. Die Alternative lautet: Untergang in die Barbarei oder Sozialismus und damit Rettung dessen, was die bür­gerliche Gesellschaft an Traditionswürdigem ge schaffen hat.