Der Liebesbricf" im Nachtkästchen

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Wer wirft die Bomben in Oesterreich ?

Die reichsdeutsche nationalsozialistische Presse beschul­bigt eifrig die Marristen" der Urheberschaft an den Sprengattentaten in Oesterreich . So schrieb das Haken­kreuzbanner" in Mannheim am 11. Juni:

Statt die Schuldigen dingfest zu machen und ihrer ge­rechten Strafe entgegenzuführen, offenbarte sich die Schwäche der Regierung darin, daß ihre Exefutivorgane wahllos Nationalsozialisten verhafteten und gleichzeitig planmäßige Entlassungen früher verhafteter Sozial­demokraten und Kommunisten gleichsam

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als Belohnung für den Mut zum Terror vornahmen. Daß ein derartiges Vorgehen die marristischen Terroristen zu neuen Untaten geradezu herausfordern mußte, liegt auf der Hand. Diesen Fantasien stellen wir folgenden Bericht des Salzburger Volksblattes" gegenüber:

Gelegentlich dieser Erhebungen wurden unter anderem von der Bundespolizei bei dem. Tapezierergehilfen Alois Braun in Salzburg , Gaswerfgasse 30, der ein Mitglied der SS- Formation ist, eine Hausdurchsuchung vorgenommen, wobei im Nachtkästchen ein nach München adressierter Brief gefunden wurde. Braun erklärte zuerst, es handle sich um einen Liebesbrief. Er zerriß den Brief. Die Polizei fonnte aber die Stücke wieder zusammenstellen und brachte folgenden Wortlaut heraus: Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei München . Aktion durchge= führt, laut. Befehl vom 30. Mai. 5 Erzbischof, 8 Uhr 30 Obereder. Verhaftet zwei Truppenführer, vier Scharführer, Braun Alois."( Zur Erklärung sei bemerkt, daß es sich hier um die Anschläge auf das Palais des Erz­bischofs und den Gasthof Obereder handelt.). Die weiteren Erhebungen ergaben, daß Braun derselben SS. - Formation angehört hat, wie der vor einigen Tagen verhaftete Oskar Stockinger, der nach Uebersteigen des Daches in den Hof des Regierungsgebäudes einen Böller geworfen hat.

Durch die Bundespolizei wurde einwandfrei bewiesen, daß alle bisherigen Anschläge im Auftrag einer Bentralleitung der nationalsozia= Iistischen Arbeiterpartei ausgeführt wurden und daß die Durchführung SS. - Leute übernommen hatten. Als Braun sah, daß die Beamten der Bundespolizei seinen Brief zusammengestellt und entziffert hatten, sanf er vor Schrecken zusammen und rief: Jest nüßt mir nichts mehr, jest tomm' ich nicht mehr heraus, sondern muß nach Wöllers­ dorf ."

Durch die umfangreichen Erhebungen konnten ferner die Schmierkolonnen ausgehoben werden, die von Salzburg bis zur österreichischen Grenze Straßen und Baulichkeiten mit Hafenkreuzen bemalten. Es wurden Propagandamaterial, Gummistempel usw. gefunden und bisher fünf Jungen im Alter von 13 bis 18 Jahren verhaftet, die im Auftrag ge= handelt hatten.

10 000 Schilling Belohnung

Wien , 12. Juni. Auch am Montag sind in Desterreich zahl­reiche Sprengstoffanschläge auf Eisenbahnlinien, elektrische Leitungen usw. ausgeführt worden. Die Regierung hat für Anzeigen, die zu Verhaftungen von Attentätern führen, Be­lohnungen bis zu 10 000 Schilling für jeden einzelnen Fall ausgefeßt. Die Sicherheitspatrouillen haben Anweisung be­kommen, gegebenenfalls von der Waffe rücksichtslos Gebrauch zu machen.

Von den Habsburgern

Das monarchistische Wochenblatt Der Desterreicher" ſchreibt zum Namenstag der Kaiserin" Zita : Desterreich! Hast Du auch eine Landesmutter? Hast Du Dich nicht Jahr= zehnte nach einer solchen gesehnt? Weshalb verwehrst Du ihr immer noch die Heimat? Erfenne am Tage der Heiligen Dienstmagd Zita , die ein Engel der Mütterlichkeit war, wer Dir von oben als Landesmutter gegeben ward!"

Die Heimat der Zita ist, da sie eine Bourbon- Parma ist, weit eher Italien als Desterreich.

Bürgermeister Seitz schwer krank

Wie dem OND. aus Wien berichtet wird, hat Bürger­meister Seit durch die beinahe vier Monate dauernde Haft an seiner Gesundheit schweren Schaden genommen. Ein Herzspezialist stellte bei Seit bedenkliche Verfalfungs­erscheinungen fest. Außerdem hat Seitz seit vielen Jahren ein schweres Magenleiden. Das Röntgenbild zeigt Narben von Magengeschwüren und einen hypertrophischen Darm. Seitz hat nur eine Niere, so daß jede Krankheit, von der er befallen wird, schwerer ist. In der Haft hat Selz sieben Kilogramm an Gewicht verloren. Sein Gesund­heitszustand ist also sehr schlecht. Trotzdem wird er im Kerfer gehalten, ohne daß der Hochverratsprozeß angesetzt wird

Hitler arbeitet für Stalin

Das Wunder der Errettung Europas vor den Bolschewisten

B. Sch. Paris , 12. Juni.

Das Hauptverdienst Hitlers liegt ja bekanntlich darin, daß er Deutschland und damit die ganze Welt vor dem Bolsche­wismus gerettet hat. Er selber hat. es so oft verfündet, daß

er es schließlich vielleicht selber glaubt. Auch seine Emissäre im Auslande, vor allem der famose Alfred Nosenberg, haben hauptsächlich mit diesem Argument operiert, um die Sum pathien der Welt für das Nazi- Regime zu gewinnen. Sie dachten, daß wenigstens die großkapitalistischen und klein­bürgerlichen Elemente des Auslandes auf diese Schwindel parole ebenso hereinfallen würden wie seinerzeit die ent­sprechenden Kreise in Deutschland , die es übrigens zum großen Teil heute schon am meisten bereuen.

Aber von einigen ultra- reaktionären Schichten vor allem in England abgesehen, hat von Anfang an niemand an diese Errettung vor dem Bolschewismus glauben wollen. Der Reichstags brandprozeß, der nach Görings Worten den Weltbolschewismus überhaupt unter vernichtende An­tiage stellen sollte, hat mit einer förmlichen Apotheose für Dimitroff und seine Mitangeklagten geendet, und das ab­fcheuliche Nachspiel der Nichtentlassung rechtsgültig Frei­gesprochener hat nur das Ansehen der deutschen Gewalt­haber draußen in der Welt noch tiefer finfen laffen; zumat ein Stirnrunzeln der Sowjetregierung nach vollzogener Ein­bürgerung der drei Bulgaren genügte, um Hitler , Göring und Rumpanei zur panifartigen Rapitulation zu zwingen. an, durch einen Prozeß gegen Thälmann ihre Werbearbeit für den Bolschewismus womöglich noch zu steigern. Es ist faum vorstellbar, daß das dritte Reich", das eigens ein Provagandaministerium geschaffen hat, dessen Leiter, Goebbels , auch bei seinen Gegnern als über dem Durch­schnitt geschickt und intelligent galt, geradezu alles tuf, um Empathien für den Bolschewismus in der Welt zu weden! Ziehen wir einmal die außenpolitische Bilanz diefes nationalsozialistischen Kreuzzuges gegen Moskau . Die Sowjetregierung fann wahrhaftig zufrieden sein. Sie hat innerhalb eines Jahres mehr erreicht, als sie es in ihren Tühnsten Träumen innerhalb eines viel längeren Zeit­raumes selbst für möglich halten fonnte.

ralstab, der in der Tat eine Zeitlang, vor allem zu Schleichers Zeiten, einem Afford mit Deutschland feines­wegs abgeneigt war und der alles cher denn fommunisten­freundlich ist, gab nunmehr sein Votum zugunsten der Herriotschen Vorschläge ab.

Barthou , ficher kein Mann der Linken, aber einer der flügsten Köpfe Frankreichs , hatte es nunmehr nicht mehr schwer, ganz Frankreich vor der Notwendigkeit zu über­zeugen, alte Rejsentiments zu begraben und sich von jetzt. ab auf eine Politik der intimen Zusammenarbeit mit Mess fau einzustellen. Warschauer Bedenken verstand er zu zer­streuen. Die Wilhelmstraße, die auf die alte Russenfeindlich­feit Pilsudskis spekulierte, dürfte seit der Polenreise Barthous um eine Illusion ärmer geworden sein. Mussolini , der zwar die Kommunisten im eigenen Lande ebenso rücf­fichtslos verfolgt wie Sitler, aber zu flug ist, um wie sein deutscher Affe sich als Weltretter vor dem Bolschewismus zu empfehlen, war mit dieser Neuorientierung Frankreichs um so eher einverstanden, als er seit den Nazitreibereien in Desterreich und neuerdings auf dem Balkan von Hitler ziemlich furiert zu sein scheint. Die neuesten Freundschafts­angebote der Wilhelmstraße und ihrer Rosenbergschen Filiale im Hotel Astrn in Belgrad und Bufarest werden Mussolini bestimmt nicht veranlassen. Deutschland nachzu­laufen. Bumal ec nenerdinas sehr froh ist, daß ihm t seiner Finanznot die Banque de France tatkräftig unter die Arme greift.

Für die Sowjetreaierung war also die Machtergreifung Hitlers und besonders sein heroischer" Entschluß, Völker­ bund und Abrüstungsfonferenz zu verlassen, ein Himmels­geschent. Heute steht die Partie. so, daß, wenn Litwinoff es nur will, er mit ebensofchem Jubel im Völkerbund begrüßt werden wird wie einst Stresemann als Vertreter des demo­fratischen Deutschland vor acht Jahren. Derweilen Deutsch­ land draußen ist und nur zu gern die heroische Geste vom vergangenen Herbst ungeschehen sein ließe!

Es war Litwinoff, der jetzt in Genf die Dinge beim rechten Namen nannte, als er feststellte, daß das Regime­mechiel in gewissen Ländern, d. h. in Deutschland , die Lösung der Sicherheitsfrage vor der Abrüstungsfrage erforderlich mache. Früher war das fast ausschließlich Frankreichs These in Genf , und auch uns, die wir nicht glauben konnten, daß unser Land eines Tages dem politischen Wahnsinn verfallen würde, erschien sie unberechtigt. Jest wird Frankreichs Sicherheitsforderung von dem anderen großen Nachbarn Hitler Deutschlands übernommen. Und niemand waat mehr, zu widersprechen. Da foll einer noch bestreiten, daß Hitler wahre Wunder vollbracht...

Ist die Welt nicht furchtbar undankbar? Hitler hat sie vor dem Bolichemismus aerettet und man sollte meinen, daß sie diese Großtat belohnen würde. Statt dessen läßt sie ihn linfa liegen und sucht die Freundschaft dieses Unge­heuers. Im Mythos des 20. Jahrhunderts vor. G. wirft sich die Andromeda aanz selbstverständlich dem Perieus in die Arme, als er sie danor errettet hat, vom Monstrum ver­schlungen zu werden. Im Mnthos des 20. Jahrhunderts Rotenbernicher Aera lacht die Andromeda den Perseus aus und treibt Sodomie mit dem Drachen Bolschew!

Im Pande Paul von Hindenburas hat man für solche Undanfbarkeit natürlich fein Verständnis.

stechung einiger ob furer Pariser Blätter der Zülusion nach E'ne neue Llebe

jagte, Franfreich für die Aufrüstung des dritten Reiches" zu gewinnen, und während von Papen sich einbildete, daß seine verwandtschaftlichen und schwerindustriellen Be­

ziehungen es ihm ermöglichen würden, seine und Rechbergs alten Pläne eines Bündnisses mit Frankreich gegen das bol­icheristische Rußland wiederaufzunehmen, reifte berriot nach Moskau , halb privat, halb amtlich und entwarf die Grundlagen einer engen diplomatischen Zusammenarbeit zwischen Frankreich und der Sowjetunion .

Deutschlands Austrist aus dem Bülferbund fam diefen Bestrebungen, die zunächst auf starken Widerstand auch in Frankreich selbst gestoßen waren, außerordentlich zugute. Die Flugreise des Luftfahrtministers Pierre Cot , der mit der Mitteilung zurückkehrte, daß die Sowjetunion be= reits fünfmal, jo viel Kriegsmaschinen besitze als Frankreich , trug dazu bei, die reaktionär- fapitalistischen Widerstände gegen eine prorussische Orientierung der französischen Außenpolitik schnell zu überwinden. Der französische Gene­

Nach den Bemühungen um Polen , setzt man nun mit hem Werben um Südslawien ein. Ein gleichgeschaltetes Blitt

schreibt: Die Belgrader Recieruna hat 80 Freistellen für um so bemerkenswerter, als bisher südslawische Studen füdflawische Studierende in Deutschland geschaffen. Es ist sich vorzüglich nach Paris gewandt hatten, um eine west­europäische Ausbildung zu erlangen, und Deutschland bis­her kaum berücksichtigt worden war. Möglicherweise ist diese Maßnahme ein erster Ansatz dazu, in Südslawien die bis­her gang einseitig französisch aufgezogene Bildung, wie nebenbei in den meisten Baltanstaaten, etwas zu verall­gemeinern und dem deutschen Geist auch das Wort zu lassen." Was aber sagt Mussolini zu dieser neuen Freundschaft, deren Dauer und Festigkeit nicht überschätzt werden soll?

Südwestafrikanische Politik

Anscheinend unbelehrbar, schickt sich die Masi- Regierung Ein englischer Erfolg durch Nazimethoden von Auslanddeutschen

Vor einem Jahre geschah es, daß auf der Londoner Welt­wirtschaftsfonferenz feligen Angedenkens Herr Hugenberg ( ebenfalls seligen Angedenkens), um sich bei Hitler besonders Liebkind zu machen, die Ideen des Alfred Rosen­ berg zu Papier brachte und ein famoses Memoran­dum überreichte, in dem er die Welt zur Aufteilung der USSR. unter hitlerdeuticher Führung förmlich einlud. Daß dieses großartige Schriftstück innerhalb von 24 Stunden panifartig zurüdgezogen wurde, schaffte die Tatsache dieser Selbstenthüllung nicht aus der Welt. Die Antwort folgte schlagartig: Noch während der Londoner Konferenz schloß Rußland mit seinen sämtlichen europäischen und asiatischen Nachbarn Nich amoriffanerträge von einer viel präziseren Art als ale ähnlichen Abfommen, die bisher in der Welt bestanden. Dies war übrigens das einzige posi­five Ergebnis der Fondoner Welttagung, und es war au­fällig gerade die Sowjetunion , die den Hauptnußen da

von zog.

So begann also der von Sitler verfündete internationale Areuzzug gegen den Bolschewismus!

Der nächste Schritt war von noch viel größerer Trag­weite: während Deutschland dem ebenso gemeingefährlichen wie romantischen Ziel eines Bündnisses zwischen der nor­disch- germanischen und der gelben Ralie nachjagte, die, wenigffens in ihrem tananifchen Teil, plöblich ebenbürtig erklärt wurde, vollzon Rußland einen unvergleichlich fon­freteren und wertvolleren Schritt: es erreichte seine An­erkennung durch die Vereintaten Staaten, mit denen es fofort feine wirtschaftlichen Beziehunaen fehr stark ent­midelt hat. 3weiter Erfolg der hitlerischen Kreuzzug­parole.

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Unterdessen wurde aber eine andere Sache eingeleitet, deren Bedeutung wahrscheinlich alles andere, was" Moskau auf dem Gebiet der Weltpolitif seit Jahren unternommen hat, in den Schatten stellt. Während Goebbels durch Be­

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Unter dem Titel Südwest zuerst" widmet der Deutsche Presse- Verlag" der Tatsache einen Leitartikel, daß die frühere deutsche Kolonie Südwest- Afrika als 5. Pro­vinz

der Südafrikanischen Union angegliedert werden. soa. In diesem Leitartikel, der in vielen deutschen Zeitungen abgedruckt wird, heißt es: Das Deutsch­tum in Südwest fann sich mit einer solchen Lösung nie und nimmer zufrieden geben. Deutsch- Südwest ist die einzige Kolonie gewesen, aus der die Deutschen nach Kriegsende nicht vertrieben worden sind. Die Deutschen ver­mochten sich im Gegenteil recht gut zu behaupten. Und bei den ersten Wahlen zum Südwester Landesrat im Jahre 1926 erhielten die Deutschen von 12 Mandaten 7. Am deutschen Charakter Südwestafrikas konnte also hinfort kein Zweifel mehr sein... Im April 1932 hatten die deutschen Südwester sogar die Genugtuung, daß durch Landesratsbeschluß die deutsche Sprache als dritte Amtssprache in der alten Kolonie anerkannt wurde. Die Wirtschaftskrise schädigte die deut­ schen Farmer in Südwest ungemein. Allein da gleichzeitig in der Union General Herzog und General Smuts sich ge= genseitig befehdeten und die inneren Sorgen alle Geister beschäftigten. brauchte das verwurzelte Deutschtum um seine Eriften vorst, noch nicht besorgt zu sein.

Dos änderte fich, als etwa vor einem Jahre die Buren: Partei an die Unionsregierung das Anfinnen stellte, Deutich Südwestafrifa als 5. Provinz der Südwestafrikanischen Union anzugliedern. Die Deutschen , wirtschaftlich in die De­fensive gedrängt, fonnten diesen Schlag nicht mehr parieren. Ga hieße Vogel- Strauß- Politif betreiben, wollte man die fatastrophalen Folgen des Anneftionsbeschlusses für das Deutschtum nicht flar herausstreichen..."

Etwa vor einem Jahr, das heißt richtiger nach der Macht­übernahme Hitlers , änderte sich das erhalten der Union in Südwest. Wesentlich trua dazu die Nazi- und VdA.- Pro= paganda bei. Die südwestafrikanischen Deutschen errten die Früchte der Hitlerpolitik, die allen Völkern und Staaten Nervosität einjagt und sie auf ihren fünftigen Schub be­dacht sein läßt: dazu kommt noch, daß die Minderheiten politif, die die Nazi in Deutschland treiben, allen Staats­völfern Mut macht, zu Hause ein wenig das zu versuchen, was Hitler in Deutschland macht. Alle aber treffen es schlech­ter als er, feiner deutschen Minderheit, wo immer sie sein mag, geht es so schlecht, wie den Minderheiten in Deutsch­ land und wie dem deutschen Kernvolf selbst. So haben die Deutschen in Südwest das Wahlrecht in den Landesrat,

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fie fönnen Parteien bilden und Politif treiben. Mit Neid sicht der Deutsche in die Südafrikanische Union , die ihren Bürgern mehr Freiheiten und Rechte gibt als das ehemalige Mutierland Südwestafrikas.

Wie fief die Entwicklung in Deutsch- Südwestafrika , gegan­gen ist, wird aus einem Rapstädter Bericht der Prager Bo­hemia" vom 25. Mai klar. Die Bohemia" schreibt: In Wind­ huk , der Hauptstadt des früheren deutschen und jetzt als Völkerbundsmandat von der Südafrikanischen Union ver­walteten Südwestafrika hat sich ein für deutsche Politik bei: nahe charakteristischer Fall ereignet. Seit geraumer Zeit streben die Buren und die Engländer, die sich in der früheren deutschen Kolonie angesiedelt haben, die Einverleibung Süd­westafrikas in die Südafrikanische Union an; bisher haben die Deutschen durch ihren Widerspruch im Parlament diesen Rechtsbruch verhindert.

So ging es ein Jahr lang, bis Dr. Schwietering, der Führer des Deutschen Bundes' n Südwestafrika, namens seiner Volksgenossen eine Denkschrift vorlegte, in der es hieß, daß eine Regierung nach dem Führerprinzip allein das Land retten könne. Die Büren und die Engländer teilten d'eje Meinung nicht; sie nahmen es auch mit Ruhe hin, daß Dr. Schwistering und die anderen Deutschen zum Zeichen des Protestes gegen die falte Aufnahme ihrer Forderungen das Parlament verließen. Als sie dann unter sich waren, be lossen Buren und Engländer mit Stimmeneinhelligkeit, d'e Südafrikanische Union um die Aufnahme Südwestafr.fas als fünften Bundesstaat zu ersuchen; die Dentschen hatten ihnen selbst die Gelegenheit gegeben, diesen immer wieder gefcheiterten Beschluß in aller Ruhe zu faffen.

Diese Entscheidung ist natürlich noch nicht endgültig: Süd­westafrika untersteht theoretisch dem Bölkerbund, so daß weder sein Parlament noch die Südafrikanische Union die Einverle bung einseitig beschließen können. Aber in den Un­terhandlungen wird es feine geringe Rolle spielen, daß das freigewählte Parlament Südwestafrikas ohne ieben äußerer Bang einstimmig den Anschluß an Südafrika beschlossen hat. Dr. Schwietering aber wird zu spät einsehen, daß es im Auslandsdeutschtum nicht möglich ist, Methoden zu über­nehmen, die für dieses unverwendbar sind.