Kühle Atmosphäre in Venedig
Oesterreich im Mittelpunkt der Verhandlungen zwischen Hitler und Mussolini Rom
, 15. Juni. Die Aufnahme des deutschen Reichsfans Ie13 in Benedig erfolgte in einer offiziellen Pracht, die den Gost als dem Vertreter des Deutschen Reichs alle möglichen Ehrungen zugestand. Sucht man aber in der italienischen Presse hinter den Berichten über die glänzende Fassade nach Mitteilungen über die politischen Verhandlungen zwischen Hitler und Mussolini , so stößt man sofort auf sehr nüchterne und fühle Betrachtungen. Es besteht fein Zweifel, daß Mussolini schon in seiner ersten Unterredung mit Hitler , die unter vier Augen stattgefunden hat, deur deutschen Reichsfanzler fehr ernste Bedingungen gestellt hat, die insbesondere Oesterreichs unbedingte Selb ständigkeit betreffen. Eine bedingungslose Aenderung der nationalsozialistischen Politif ist die Voraussegung für jeden Versuch Italiens , mit dem dritten Reich" acmeinsame außenpolitische Linien zu finden. Unter dieses Joch muß Hitler tief gebückt hindurch, wenn er die italienische Unterstützung in der Rüstungsfrage und einen Rückzug nach Genf finden will.
,, Corriere de la Sera" gibt zu, daß neben der Abrüstungsfrage das Donauproblem die Hauptfrage in den Verhandlungen zwischen Hitler und Mussolini bilde. Noch deut licher ist die„ Stampa ":
„ Die Beziehungen zwischen Italien und Deutschland find nicht einfach und nicht auf Rosen gebettet. Im Gegenteil, selbst auf dem ideologischen Gebiete waren gerade in legter Zeit Polemiten aufgefommen, die manchmal abjurd, immer aber peinlich waren, und die um jeden Preis die Origi nalität erweisen wollten. Und auf dem politischen Feld haben sich potentielle Reibungsflächen geltend gemacht, eben wegen der inneren Kraft des Nationalsozialismus... Vor allem muß in definitiver Art die Stellung Deutschlanda geflärt werden über ein bestimmtes Problem, in welchem Italien klare Verantwortungen übernom= men hat. Diese Unsicherheiten werden ausgeschaltet, und jenseits von ihnen wird die Atmosphäre sogleich heiter fein."
Dann darf man noch an einen Aufsatz über„ Frankreich oder Deutsch I and" in der faschistischen Universitätszeitschrift Libro de Moschetto" erinnern. Er ist wohl, da er schon am 9. Juni veröffentlicht wurde, noch ohne Kennt
nis des bevorstehenden Zusammentreffens der beiden Regierungschefs geschrieben worden. Immer erscheint die angesehene Zeitschrift unter dem Protektorat Mussolinis. Sie schreibt:
... Das Volf der französischen Infanteristen, diese helden: hafte Maße der Kombattanten, die sich vier Jahre lang in der Verteidigung des vom irren Furor ten tonicus überfallenen Frankreis opferie, fennt die Wahrheit,"
Rache für Horst Wessel
Zwei Justizmorde beantragt
DNB. Berlin , 15. Juni. Jm Horst- Wessel - Prozeß beantragte der Staatsanwalt am Schluß seines Plädoyers, wegen gemeinschaftlichen Mordes gegen die Angeklagten Sally Epstein und Hans Ziegler die Todesstrafe und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit, wegen Beihilfe zum Mord gegen den Angeklagten Peter Stoll 13 Jahre Zuchthaus und zehn Jahre Ehr verlust. - Die Angeklagten brachen in Tränen aus.
... Nach einem Kriege schmerzlichster Opfer und leuc Seldtes Rücktrittsdrohung
tendsten Heldentums, den man, um der deutschen Barbarei die Flügel zu stugen, miteinander gekämpft hat, mißtraut man sich."
... Italien rettete Oesterreich idistischen deutschen Traum."
vor dem
... Die deutsche Raffe, die zur Herrscherin werden will; die deutsche Naffe, die schon bei der Abfurdität angelangt ist, den Faschismus für eine tentonische, nicht für eine ausgesprochen lateinische Schöpfung zu halten; die deutsche Rasse, die anscheinend von maso= chistischem Sadismus ergriffen ist, möge sich an das fatale Jahr 1914 erinnern und möge bedenken, was alles sie in den Jahrhunderten von Rom lernte..." Die Narreteien der Alldeutschen verwir
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ren uns nicht, Niemals hinter Deutschland herlansen! Es hat den Krieg gewollt, es hat siebe bekommen, es sind feine Siebe und es soll sie behalten, Begnüge es sich, auf der Mitte zwischen der übertriebenen franzöfifchen Intransigenz und den lächerlichen Naziforderungen das zu erhalten, was die gefunde italienische Bernunft ihm bietet, Nicht mehr! Das wird der Frieden sein. Andernfalls ist es unabänderliches Schicksal, daß der, der Hiebe bekommen hat, sie noch einmal zu schmecken haben wird."
Das sind doch sehr peinliche Säße, zumal wenn sie furz vor dem Besuche des deutschen Reichskanzlers erscheinen. Man hat nichts davon gehört, daß diefe Universitätszeitschrift Hitler zu Ehren beschlagnahmt wurde, wie das sozialistische Blatt Polens Robotnif", als es zur Begrüßung des Dr. Goebbels Säße veröffentlichte, die im Vergleich zu den maffiven italienischen Grobheiten eine höfliche Stritif an den ungeistigen Methoden des„ dritten Reichs" gewesen sind.
Die Bedingung Mussolinis an Hitler
Offenfundig beeinflußt tennzeichnet die Zeitung Excelfior" die französische Einstellung zur Begegnung von Benedig wie folgt: Die französische Regierungsfreise erwarteten in ruhiger Abgeklärtheit die Ergebnisse der Aussprache Hitler Muffolini, Frankreich habe von einem derartigen Meinungsaustausch nichts zu fürchten. Alles, was Annähe zung und Zusammenarbeit der Völker begünstigen fönne, entspreche dem aufrichtigen Friedens- und Versöhnungswunsch, der die französische Politif in Europa fennzeichne. Alles, was auf andere Ziele ausgehe, fönne die franzöfifche Regierung nicht bedrücken, da sie ohne glückseligen Opti
Sinne zur Sprache gelommen fei, daß man sie zuerst ein mal flären müffe, um das Terrain zu bereinigen. Wenn Berlin nicht eine loyale und aufrichtige Enthaltsamkeit gegenüber Wien , befolge und wenn die nationalsozialistische Propaganda in Defterreich nicht sofort ein Ende nehmen sollte, würden die Verhandlungen von Stra gegenstandsfos werden.
Wahrscheinlich habe Mussolini in dieser Hinsicht bereits Versicherungen und Verpflichtungen erhalten. Das Interesse der Besprechungen liege natürlich auf dem Abrüstungs
mismus, aber auch ohne ungerechtfertigten Peffimismus problem und der etwaigen Rückkehr Deutschlands nach Genf.
entschlossen sei, die Rechte und die gerechten Intereffen Frankreichs zu behaupten und zu verteidigen. In dieser Hinsicht sei zwischen Rom und Paris tein Mißverständnis möglich. Die franzöfifch- italienische Annäherung bleibe weiter auf der Tagesordnung der franzöfifchen Außenpolitik. Es werde nur von Berlin abhängen, daß auch die deutsch - französische Annäherung auf der Tagesordnung einen guten Platz erhalte.
Der nach Venedig entsandte Sonderberichterstatter des ,, Matin" erklärt, daß man in amtlichen Kreisen über den Inhalt der Unterredungen völlige Zurückhaltung bewahre. Er will aber trotzdem von gewöhnlich gutunterrichteter Seite erfahren haben, daß die österreichische Frage in dem
Italien , das theoretisch nicht Stellung genommen habe und das sich stets für direkte realistische Verhandlungen ausgesprochen habe, sei heute besonders gut plaziert, um mit Deutschland unvoreingenommen und ohne Gegensatz zu irgendwelchen Grundsäßen den diplomatischen Horizont ab= zutasten. Mussolini stehe es ebenso frei, Hitler auf die Vorteile einer Rückkehr nach Genf aufmerksam zu machen wie auch gründlich das Programm der Rüstungen und der Kontrolle durchaufprechen. Was Jtalien seit den mageren Genfer Ergebnissen besonders besorge, sei die Eventualität eines Wiederauflebens des Wettrüstens und die offenfundige Isolierung, auf die die deutsche Politik hinsteuere.
Doumergue droht mit Auflösung Verdächtige Rücksicht
Die Kammeraussprache über die Militärkredite
DNB. Paris, 15. Juni. Die französische Preise ist, soweit sie hinter der Regierung Doumergue steht, mit dem ersten Tage der Kammeraussprache über die neuen Heereskredite einverstanden. Sie hebt den nationalen Gharafter der angeforderten Ausgaben hervor. Besondere Beachtung findet der Paffus der Rede Doumergues, wo der Ministerpräsident den linken Flügel seiner Parteienmehrheit warnte. Diese Warnung wiederholte Ministerpräsident Dou mergue auch nach der Situng in den Wandelgängen der Kammer, wo er noch einige Zeit verweilte und sich mit den Abgeordneten unterhielt. Er ließ dabei, wie schon in seiner Kammerrede, durchblicken, daß er sich mit dem Senat zwecks Auflösung der Kammer in Verbindung seben würde, wenn die Kammer ihm in einer so nationalen Frage die Gefolgschaft verweigern würde. Diese Drohung bildet eine ungewohnte Neuerung in den politisch- parlamentarischen Gepflogenhetten Frankreichs .
Angebliche Erklärungen
London , 15. Juni. Der„ Evening Standard" veröffentlicht im Auftrage des früheren Reichsfanzlers Brüning, der sich zur Zeit in London aufhält, eine Erklärung, die sich mit den Meldungen einiger Morgenblätter beschäftigt, wonach er bei Nacht und Nebel Deutschland verlassen habe. Brüning stellt feft, daß er sich vorübergehend in London aufhalte, daß sein Aufenthalt vollkommen Tegaler Natur fei und er einer Einladung Folge geleistet habe. Ferner erklärt Brüning, daß er nicht auf einer schwarzen Liste stehe, sondern vielmehr wiederholt mit Reichsfangler Hitler und anderen nationalsozialistischen Führern gesprochen habe. Die Erklärung bestreitet aber anscheinend nicht, daß Reichskanzler a. D. Brüning im Reiche mancherlei Miß Helligkeiten und Verfolgungen durch nationalsozialistische Organe ausgesetzt war.
Eine Weisung an die deutsche Presse
„ Wir haben bereits vor einiger Zeit darauf hingewiesen, daß grundsäßlich die Veröffentlichung von Berufsbezeichnungen bei straffällig gewor denen Personen als unerwünscht bezeichnet worden ist. Man hat mit Recht den Standpunkt vertreten, daß es die Oeffentlichkeit nicht interessiert, ob ein
Er und die Hitlerjugend
Berlin , 15. Juni. Der schon vor einigen Tagen von uns gemeldete Ueberfall einer, Bande Hitlerjugend auf den Reichsarbeitsminister Seldte in Schönebeck bei Magdeburg wird nun auch in einer Meldung des Deutschen NachrichtenBüros in vorsichtig verklausulierter Form zugegeben. Seldie macht einen Versuch, sich Genugtuung zu verschaffen.
Er hat sich nach München begeben, um Hitler noch vor der Abreise nach Italien zu sprechen: Seldte forderte den fefortigen Rücktritt der Magdeburger Führer der Hitlerjugend und verlangte weiter, daß die verantwortlichen Fühter sich bei ihm entschuldigen. Geschehe das nicht, so werde er aus dem Kabinett austreten. Hitlers Stellungnahme ist noch nicht befanntgeworden.
Streichers Leichenschändung
Der Freund des deutschen Reichskanzlers
Prag , 14. Juni( 3TA.). Die neueste Nummer des vom Intimus Hitlers , Julius Streicher , in Nürnberg herausgegebenen„ Stürmer" trägt an der Spige den Riesentitel " Der Weltgangster, Erbmäßig veranlagte Verbrecher" und ist in Text und Bildern ausschließlich der Judenheze gewidmet. Unter der Ueberschrift„ Die Schande von Paderborn " wird geschrieben:
„ Das Westfälische Volksblatt" hat dem verstorbenen Manufafturwarenjuden Ludwig Herzheim einen Nachruf erlassen, der jedem Deutschen die Schamröte ins Gesicht treibt. Das Blatt schrieb:„ Anläßlich des Todes des Kaufmannes Ludwig Herzheim, der am Freitag von einer großen Trauergemeinde auf feinem legten Wege begleitet wurde, gingen Beileidsbriefe und Beileidstelegramme von der Handelskammer Bielefeld , der Peag, dem Landrat von Laer und von verschiedenen Anstalten ein, denen er sich als Wohltäter erwiesen hat. Der verstorbene Seniorchef des Hauses Herzheim starb, wie schon fura gemeldet, in Berlin , eine Viertelstunde nach einem Besuch bei seiner hobgetagten Mutter. Die vielen, die den Verstorbenen auf seinem legten Gange begleiteten, bewiesen dieſe letzte Ehre einem alljeitig geachteten Manne." Statt zu sagen ( bemerkt dazu der„ Stürmer")" Gott sei Dant, ein Raffengenoffe der Mädchenschächter Meyer ist in den Schoß seiner Väter eingegangen", ist man charakterlos genug und singt einem Juden ein Loblied."
Fantastische Geschwindigkeiten im Luftverkehr
Jm regelmäßigen Sommerluftverkehr ist Donnerstag die neue Bligflugstrecke Berlin- Frankfurt- Köln eröffnet worden. Zum Einfaz auf dieser Bligstrecke gelangt das Heinkel , Schnellverfehrsflugzeug HE 70 mit 630 PS. startem Motor der Bayerischen Motorenwerfe, München . In der Kabine finden 4 bis 5 Fluggäste Plazz, die Besazung besteht aus zwei Mann, dem Flugzeugführer und dem Funfer- Maschinisten. Zur Zeit ist HE 70 mit einer Höchst= geschwidig feit von 370 Kilometer in der Stunde das schnellste Verkehrsflugzeug der Welt. Das Flugzeug, das die Blizflugstrede Frankfurt - Berlin - Röin eröffnete, startete in Berlin um 8 Uhr und landete in Frankfurt um 9.25 Uhr, legie also die 422 Kilometer lange Strecke in 85 Minu en zurück. In Frankfurt startete sie dann wieder um 9.85 Uhr und landete in Köln um 10.10 Uhr, benötigt also zu dieser 150 Kilometer langen Strede 35 Minuten. Am Nachmittag traf die HE 70 um 17.30 Uhr von Köln wieder in Frankfurt ein, um nach einem Aufenthalt von 10 Minuten um 17.40 Uhr den Flug nach Berlin fortzusehen. Von Köln sowohl als auch von Berlin aus besteht eine gleichartige Verbindung mit Hamburg . Die Strede RöinHamburg wird in 70 Minuten und Berlin - Hamburg in 50 Minuten bewältigt.
friminell Gewordener Zimmermann, Schneider oder Arzt Keine Ley- Straße mehr
ist und daß derartige genaue Bezeichnungen nur allzusehr geeignet sind, gewisse Berufsstände der Deffentlichfeit gegenüber in ein schlechtes Licht zu rücken. Diese Auffassung der verantwortlichen Stellen muß heute noch einmal nachdrücklich unterstrichen werden. Wie befannt geworden ist, haben sich in zwei Fällen Maß regelungen von Schriftleitern als notwendig erwiesen, die diesem Grundsatz zuwiderhandelten und bei ihrer Berichterstattung über Gerichtsverhandlungen nach wie vor außer dem Namen der Angeklagten auch deren Stand angaben. Die betreffenden Schriftleiter sind aus ihren Stellungen entfernt worden. Eine deutliche Warnung für alle, die es angeht."
Es geht den zuständigen Stellen" natürlich darum daß in Gerichtsverhorneshorn mehr von en geflagten SA- und SS- Leuten, Gaufürsten und ähnlichen Funktionären des Nazismus berichtet werden darf. Immerhin ist es aufschlußreich, einmal zu hören, wie man mit der deutschen Presse und ihren Schriftleitern heute spricht.
Auf dem Flugplatz St. Jacques de la Landes bei Rennes ist am Donnerstag ein Militärflugzeug verunglückt. Es hatte dort eine Zwischenlandung vorgenommen und stürzte beim Start aus etwa 30 Meter Höhe ab. Der Pilot, ein Unteroffizier, war sofort tot, sein Begleiter ist verlegt.
In einem Dorf in der Nähe von Bilbeis ereignete sich ein Brand von großem Ausmaß. Dabei kamen 10 Personen ums Leben, während 40 Leute schwere Verlegungen erlitten. 200 Behausungen wurden durch das Feuer zerstört,
Der Innenminister Dr. Frick hat angeordnet, daß Umund Neubenennungen von Straßen nach lebenden Personen richt mehr stattfinden dürfen. Offenbar graut den NaziHäuptern selber vor dem Gedanken, was aus all den Ley-, Streicher, Freisler, Heines- Straßen und Pläßen werden soll, wenn es fich eines Tages nicht mehr vermeiden läßt, die Namensgeber in Bewohranstalten für Alkoholiker und Geistesfranfe unterzubringen.
Das Gericht verurteilte in Magdeburg einen Angeflagten, dar am 1. Mai in zwei Gastwirtschaften eingedrungen war ot Front" und" Heil Moskau" gerufen hatte, zu sechs Wochen Gefängnis.
Jüdischer Boxweltmeister Max Baers Sieg
DNB. Neuyort, 15. Juni. Der Weltmeisterschaftskampf im Schwergewicht zwischen dem italienischen Titelverteidiger Primo Carnera und seinem amerikanischen Herausforderer Mar Baer endete mit einem überraschenden Siege Mar Baers in der 11. Runde durch technischen f. o. Der Kampf fand im mit 60 000 Zuschauern besetzten Neuyorker Madison Square Garden statt.
Mar Baer hat durch diesen unerwarteten Sieg den höchsten Titel im Bogsport wieder in amerikanischen Besitz gebracht.