Zwangsdeportation!
Die Sklaven werden ersucht..."- Wer nicht pariert, kommt in die Fürsorgeanstalt
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Saarbrücken, 20. Juni 1934.
Wieder ein echtes Schanddokument aus dem„ dritten Reiche"!( Weggelassen ist lediglich, was zur Ermittlung des Empfängers dienen könnte.) Schon vor einiger Zeit meldeten wir, daß in pielen Teilen Hitlerdeutschlands die Arbeitslosen vor die Wahl gestellt werden, sich entweder zur Zwangsarbeit verschicken zu lassen, oder auf Unterstügung zu verzichten. Das nebenstehende Dokument zeigt einen„ humaneren" Weg: Wer sich nicht nach Pommern oder Ostpreußen verfrachten lassen will, wird nicht mehr zum Verrecken auf die Straße geworfen. Man sperrt ihn in eine Fürsorgeanstalt, wo er zu anderer Zwangsarbeit angehalten und entsprechend„ behandelt" werden kann.
An
Was zeigt das Dokument? Es bestätigt die Erniedrigung der Arbeitnehmer zu recht- und willenlosen Akt.Nr.: Sklaven. 3wangsarbeit, 3wangsdeporta tion, 3wangserziehungshäuser! So lautet das Fazit der jetzt eingestellten und verlorenen ArbeitsSchlacht.
Die zwangsverschickten Arbeiter sind dazu ausersehen, die polnischen Saisonarbeiter in den ostelbischen Landgegenden zu ersetzen. Die polnischen Arbeiter waren beliebt wegen ihrer Bedürfnislosigkeit und ihrer billigen Arbeitskraft. Die Zwangsdeportierten wären glücklich, wenn ihnen das Los der polnischen Landarbeiter winkte. Davon aber kann keine Rede sein. Sie müssen gegen einen lächerlichen Hungerlohn und schlechte Kost arbeiten. Die Unterbringung ist menschenunwürdig, besonders für diejenigen, die im Westen Deutschlands die gehobene Wohnkultur kennen und schätzen gelernt haben. Jeder, der einmal den Osten besucht hat, kennt die luft- und lichtlosen Arbeitshäuser auf den Rittergütern, die ohne Uebertreibung als weit hinter den Viehställen stehend zu bezeichnen sind.
Von erster Begeisterung auf die Möglichkeit beglückender Landarbeit hin getrieben, haben sich viele Freiwillige gefunden, die Landhilfe im Osten leisten wollten. Diese Männer besten Willens sind über die Arbeitsbedingungen und die Arbeitsverhältnisse völlig ernüchtert worden. Biele, darunter auch Angehörige der SA., find verbotswidrig mittellos in die Heimat zurückgekehrt. Nach langen Fußmärschen abgerissen und halb verhungert. Sie haben das Bild der östlichen Landarbeiterhölle den Arbeitslosen im Westen erzählt. Deshalb stockte der Freiwilligenzuzug vollständig. Man mußte zur Zwangsverschickung greifen. Aus vielen Gegenden Deutschlands merden herzerschütternde Auftritte geschildert, die sich ereigneten, wenn junge Leute und verheiratete Männer ihre Familien verlassen mußten, um in das östliche Elend zu wandern, zu Nutz und Frommen der Großagrarier, die ihren Lohn empfangen dafür, daß sie früher Mittel gespendet haben für Hitlers SA.
Man berichtet uns: In den vergangenen we wurde überall im hiefigen Bezirk sozialdemokratische Fiugblätter verbreitet. Unsere Freunde haben aus gewissen Gründen nichts dagegen einzuwenden, daß sowohl die Behörden als auch die Bevölkerung allgemein von„ fommunistischen Flugblättern" spricht. Inhalt der Zettel war ein Aufruf an die katholische Jugend, sich im Kampf gegen den Faschismus nicht entmutigen zu lassen. Man erzählt sich, daß der Zirfus Althof der Ausgangspunkt der oppositionellen Aftion gewesen sei. Diese Annahme ist wahrscheinlich auch der Grund, weshalb das Unternehmen früher abbrechen mußte. Es murden ungefähr 30 junge Leute verhaftet aber zum größten Teil wieder freigelassen.
Hitler- Jugend und katholische Jugend ist ein besonderes Kapitel. Sie hassen sich mit einem Fanatismus, die kaum ihresgleichen hat. Durch ganze Familien geht ein Riß, den nichts mehr zu heilen imitande ist. Die Verrohung der Hitler- Jugend nimmt Formen an, die die schlimmsten Befürchtungen vor allem für die Zukunft rechtfertigen. Zwei Fälle, die selbst die Zeitungen in Trier , selbstverständlich ohne nähere Details melden mußten:
1. Auf der neuen Moselbrücke wurde eine hochschwangere Frau von einem halbwüchsigen Burschen ins Gesicht geschlagen, daß sie hinfiel und ohnmächtig wurde.
2. Auf dem Paulusplat wurden an zwei verschiedenen Tagen ein Arbeiter von zwei halbwüchtigen Burschen in den Leib und ein 11jähriger ins Bein geschossen. In beiden Fällen sind die Täter Hitler- Jugend . Der erste schlug der hochschwangeren Frau mit der Faust Gesicht, weil diefe ihren Sprößling, der in SJ.- Uniform
mar, einen Klaps versezt hat. Dies sah der Täter, und weil er den Befehl fennt:" Niemand darf einen HJ.- Jungen schlagen", schlug er die Mutter nieder. Der zweite Fall: Nach gründlicher Untersuchung fand die Polizei in der Dachfammer eines Hauses des Paulusplazes einen bis an die Zähne bewaffneten Siebzehnjährigen, der aus der Dachlucke schoß. Der Junge ist ein Opfer der Kriegs- und Gewaltpsychose, der sich heute noch kaum jemand entziehen kann. In der SA. friselt es. In Trier wurden zwei Stürme ( 5 und 8) aufgelöst. Die Leute sind einfach nicht mehr zum Appell angetreten. In den Kreisen der alten Kämpfer"
herricht Unwillen und Mißſtimmung. Zum Teil finde traurig, wenn sie die Erfolge ihrer Tätigkeit jetzt sehen. Die türlichen Elemente ſagen, die Jugend verroht und vernichtet alles; der Marxismus jest überall zum unterirdischen Kampf an; die Kirche, insbesondere die katholische im Rhein land , läßt sich nicht bezwingen; der Judenboyfott zeigt jetzt in einem bontott deutscher Waren im Ausland seine Folgen. Der Totalitätsanspruch des Nationalsozialismus als Welt
anschauung und der dadurch notwendige Kampf gegen die anch, tief verwurzelten Weltanschauungen wir der Ueberzeugung dieser alten Kämpfer nicht mit einem Sieg des Nationalsozialismus enden.
Intereſſant ist die jetzt erfolgende Auslese. In unserem Die zuverläfftaiten, herausgezogen und besonders geschliffen, Gebiet werden jetzt aus jedem Sturm 40 Mann, und zwar Sie heißen Feldschar" und stehen z. b. V. Nach AusLaffung eines Standartenbefehls sollen die in der„ Feldschar" zusammengefaßten Mannschaften nur bei„ gewissen Konflikten" Verwendung finden.
Sie werden ersucht, sich umgehend bei dem hiesigen
off
He.
Aro elcsamt unter Vorlage dieses Schreibens für die Landhilfe/ den freiw. Arbeitsdienst zu melden.. Dabei wird bemerkt, dass denjenigen, die dieser Meldung ohne triftigen Grund( Krankheit) nicht nach kommen, die Unterstützung sofort eingestellt und nur noch in Form geschlossener Fürsorge( Versorgungsheim) gewährt wird. Ausser Krankheit oder ganz besonderen Familienverhältnissen können keine Ablehnungsgründe angenommen werden.
U.
Städt. Wohlfahrts& Jugendamt
Arbeitsfürsorgestelle
I.A.
mutz
dom
Städt. Wohlfahrts& Jugendamt Arbeitsfürsorgestelle
-
Offenbach a/ M.
Handschellen in der Saarbrücker Stadtverordneten- Versammlung
Oberbürgermeister Neikes als erfolgreicher Praktiker des dritten Reiches"
In der Saarbrüder Stadtverordnetensißung fam es am Dienstag zu Standalszenen, die selbst in diesem oft stürmisch bewegten Gemeindeparlament bisher unerhört waren. Schuld daran trug der Oberbürgermeister Neikes, der in provozierender Weise. totale Politik im Namen der , deutschen Front" betreibt und sich an den politischen Auseinandersetzungen aktiv beteiligte.
Das alte Rezept, aus allen kommunalen Kommissionen alle Vertreter der Linken systematisch hinauszuwählen, wurde fortgesetzt. Alle Proteste halfen nichts. Die„ deutsche Front" setzt sich über die verachteten Gebräuche des Parla
mentarismus hinweg.
Zu einer großen Debatte fam es, als die Vorlage über die Erhöhung des Stammfapitals der Ferngasgesellschaft Saar G. m. b. S., in Höhe von 504 000 Franken erörtert wurde. Der sozialdemofratische Stadtverordnete Schwarz wandte sich mit äußer= ster Schärfe gegen den Vorschlag der Stadtverwaltung mit der Begründung, daß sie nichts anderes bezwecke, als den Hüttenwerken neue Einnahmen zu verschaffen.„ Wir sehen nicht ein, daß die saarländischen Kommunen und insbesondere die Stadt Saarbrücken zum Vorteile der Hüttenindustriellen ihre Gelder verausgaben." Es kam daraufhin zu lebhaften Auseinandersetzungen mit dem Sprecher der„ deutschen
Front", dem Gewerkschaftsvertreter Hillebrand. Selbstverständlich wurde die Vorlage von der Mehrheit ange
nommen.
„ Vornehmer"
Man kann auch sagen: rechtloser!
Darmstadt , 19. Juni. ( Inpreß.) Aus folgenden Ausführungen des Nationalsozialisten Schirmacher, die die„ Beffische Landeszeitung" veröffentlicht, ist, zu entnehmen, was Hitlers Arbeiterpartei" in den mehr als 16 Monaten ihrer Herrschaft für den Arbeiter geleistet hat:„ Arbeiter, Angestellte
und Beamte stehen heute bescheiden beiseite. Keiner von ihnen
ist mit Forderungen aufgetreten. Nur verschiedene Birt schaftszweige schreien heute in großen Tönen von Preisen, die sehr im argen liegen sollen, und verlangen gerechte
Preise. Kartelle, Innungen und Verbände schließen fich heute enger denn je zusammen; aber nicht um zu beraten, wie man die Preise senten kann... sondern sie sprechen in
Zu stürmischen Szenen fam es bei der Beratung eines fommunistischen Antrags auf Gewährung von Beihilfen für die Einkleidung von schulentlassenen Kinder der Freidenker. Der Oberbürgermeister erklärte, daß nur an Kinder tonfeffioneller Bekenntnisse städtische Beihilfen gegeben würden. Im Laufe der Aussprache meldete sich der Stadtverordnete Detjen von der kommunistischen Fraktion zur Geschäftsordnung zum Wort. Er protestierte dagegen, daß der Oberbürgermeister einen Mann von der Trübine entfernen laffe, der angebliche etwas gerufen haben solle. Detjen erklärt, daß dieser Ruf im Saal nicht gehört worden sei. Dreimal wird Detjen zur Ordnung gerufen, weil er die Maßnahmen des Oberbürgermeisters kritisiert. Schließlich wird er für drei Monate ausgeschlossen. Als Detien sich meigert, den Saal zu verlassen, ruft der Oberbürger= meister die Polizei. Es fam zu beispiellosen Auftritten. Ein Polizist bemüht sich, Detien die bandschellen anzulegen; es gelingt, und Detjen wird aus dem Saal geschleift.
Die fommunistischen und sozialdemokratischen Stadtverordneten verlassen den Saal, mit Ausnahme der beiden fozialdemokratischen Stadtverordneten Schwarz und Lehmann. Sie stellen den Oberbürgermeister wegen seines ge= schäftswidrigen und parteiischen Verhaltens zur Rede, aber die deutsche Front" stellt sich einmütig hinter das Stadtoberhaupt, das die Praris des dritten Reiches" im Saargebiet wirksam veranschaulicht.
der Hauptsache nur von Mindestpreisen... Jeder glaubt, er, müsse heute beffer leben als früher. Reiner denkt an Selbstbescheidung. Die Lohn- und Gehaltsempfänger find viel vornehmer, feiner verlangt gerechten Lohn... Der Arbeiter( der früher erwerbslos war) verdient heute ein paar Mark mehr als früher. Seine Arbeitslosenunterstüßung war nicht viel weniger gewesen."
Erst Militärdienst, dann Engagement
( Inpreß.) Die Stadt Braunschweig hat verfügt, daß fünftig nur solche Personen als städtische Beamte oder als Angestellte und Arbeiter engagiert werden sollen, die ein Jahr im Arbeitsdienst gewesen und im Befiße der Arbeitspässe sind. die sich bereits im Dienst der Stadt befinden und das 25. Diese Vorschrift findet auch auf solche Personen Anwendung, Lebensjahr noch nicht beendet haben,