Mittelstand und Bauern murren

Man schreibt uns aus Berlin  :

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Es gibt heute in Deutschland   kaum noch Bevölkerungs­freise, bei denen sich der Nationalsozialismus   besonderer Sympathien erfreut. Am meisten lehnt gegenwärtig wohl der Mitteistand das neue Regime ab. Ausgerechnet der Mit­telstand! Diese Schicht, die lange und in einer entscheidenden Zeit die Trägerin und das große Reservoire des National­sozialismus war, hat wie die Mittelständler jetzt sagen die Schnauze volt!" Aus ihr heraus erwachsen heute dem Nationalsozialismus wohl die größten Schwierigkeiten, und wenn der Widerstand nicht offener ist, so liegt das in der Hauptsache daran, daß man nicht recht weiß was man an die Stelle des heutigen Regimes zu seßen hat und weil im übri­jen von nationalsozialistischer Seite immer wieder und sehr geschickt die Gefahr des Bolschewismus und die Fol­gen eines solchen überdimensional und in der blutrünstigsten Ausmalung hingestellt wird. Eine gewisse Ausweglosigkeit und dann die panische Angst vor dem blutig an die Wand ge= malten Bolschewismus ist es also, wenn das deutsche Bür­gertum trotz seiner fortschreitenden Verärgerung in dumpfer Gedrücktheit verharrt und sich vorläufig noch in einer frucht­lojen Nögelei, in Schimpfereien und unterdrückter Empö­rung Luft verschafft.

Bis in die jüngste Zeit richtete sich die Abneigung und Ver ärgeruna allerdings noch weniger gegen Adolf Hitler   selber, der bislang von vielen Leuten als etwas Uebernatürliches verehrt wird, sondern gegen den dichten Schwarm von Unter­führern, die wie Parasiten dem Volk im Nacken fizen. Und so kommt es, daß das Volk bei den ungezählten Mißständen, die überall hervortreten, immer noch sagt, als wenn es sich selbst etwas vormachen wolle: Das will Adolf Hitler   nicht, daran sind nur die schlechten Unterführer schuld!" Wie lange fich ein solcher neudeutscher Mythos aufrechterhalten läßt, bleibt abzuwarten; schon sind genügend Mäuse dabei, an die­fem Sockel zu nagen!

Am stärksten ausgeprägt findet man die Abneigung gegen den Nationalsozialismus beim Einzelhandel und Hand­wert, also in jenen Kreisen, denen die Nationalsozialisten die verlockendsten Versprechungen gemacht haben. Nun hat man sich allmählich davon überzeugen müssen, daß man einer gerissenen Klique auf den Leim gegangen ist, die fich so gut wie nicht um die schweren Nöte des Mittelstandes sorgt und die nur das eigene Süppchen nach allen Regeln der Kunst zu kochen gewillt ist. Bekannt ist die Geschichte und der Reinfall mit den Warenhäusern und Konsumvereinen, an deren Spike heute Nationalsozialisten stehen, die sonst aber im alten Stile weitereristieren.

Reben dieser verhaßten, gefährlichen und auch im dritten Reiche" zugelassenen Konkurrenz hat noch ein weiterer Um­stand die Wandlung hervorgerufen. Seit der Machtergreifung durch den Nationalsozialismus ist die wirtschaftliche Lage des Einzelhändlers und Handwerkers noch bedeutend schlechter geworden Die Geschäfte wollen nicht florieren und im kraj­sen Widerspruch zu den optimistischen Zeitungsberichten über die zunehmende Beseitigung der Arbeitslosigkeit geht der Umsaß in den meisten Geschäften zurück. Und was durch die Efnstliche Wirtschaftsanfurbelung gutgemacht wird, das macht eine unbestreitbare Preissteigerung wieder illusorisch, da da­durch die Kaufkraft der breiten Masse noch weiter herab­gedrückt wird.

Man kann sich also leicht vorstellen, wie schnell unter tem Mittelstand aus einer deprimierenden Lustlosigkeit offene Verärgerung entsteht.

Bis vor kurzem hatte man dennoch auf eine Befferung ne hefft und den Tiefstand als eine Folge der noch nicht cefts los erreichten Stabilisation des neuen Regimes hingestellt: jetzt aber zieht auch diese Entschuldigung nicht mehr und man merkt deutlich, daß die Ursachen gerade in diesem Sy­ftem liegen.

Die Zeichen, durch die sich diese Verärgerung ausdrückt, sind bereits dermaßen zahlreich und allgemein, daß es sich faum lohnt, auf Details einzugehen, wie das hier geschehen so; sie tönnen immer nur ein winziger Ausschnitt sein. Man mag hinkommen, wo man will, sei es irgendwo in der Oeffent= lichkeit oder im Familienkreise, das Thema aller Gespräche find Polit k und die augenblicklichen Zustände. Menichen, die fich ihr Leben lang nie mit Politik beschäftigten, fennen faum noch anderen Gesprächsstoff. Und die täglichen unerhörten. Borfommnisse an Uebergriffen, Unterschlagungen, Korrup tionsfällen, sensationellen Verhaftungen, die verrücktesten politischen wirtschaftlichen und sozialen Maßnahmen- alles das bietet wahrhaftig Stoff genug, zu dem die Deutschen   in der kritischsten Weise Stellung nehmen.

nie in Deutschland   existierte als gerade unter dem National­sozialismus. Aehnlich ist es mit den neudeutscher Gehältern und dem unerhörten Luxus, den die heutige Bonzokratie vor den Augen des notleidenden Volkes betreibt, ohne das Ver­werfliche und psychologisch Falsche, ja Dumme ihres Verhal­tens zu bemerken. Empörend auch die unglaubliche Arroganz, mit der junge Burschen, die lediglich auf Grund ihrer lang­jährigen Zugehörigkeit zur SA. oder SS. oder ihrer Schlag­fähigkeit" und Rauflust heute wohlbestallte Beamte und " Führer" sind, durch die Straßen marschieren, ganz Herren­menschen"!

Typisch dafür ist ein Fall in Schleswig- Holstein  . Dort herrscht unter der Bevölkerung einer Stadt heuste empörung, weil der erste Stadtrat, ein Standartenführer der SA  , der niemals einen verünstigen Beruf gehabt hat, heute täglich mit seinem Adjutanten auf stolzen Pferden seinen Spazier­ritt durch die Straßen der Stadt macht. So etwas kannte man bisher in der langen Geschichte der Stadt nicht von den Bür­germeistern. Ueber denselben Standartenführer tursierten kürzlich denn auch allerlei Gerüchte; zum Beispiel er trage sein Eisernes Kreuz   zu Unrecht und er sei überhaupt niemals in seinem Leben Offizier gewesen. Ehrliche, alte National­sozialisten sprachen untereinander darüber, äußerten sich auch fritisch und der Erfolg war, daß sieben Einwohner, haupt­sächlich Nationalsozialisten, als Gerüchtemacher vor das Amtsgericht famen. In zwei Fällen wurde die Verhandlung vertagt, in vier Fällen erhielten die Angeklagten drei Mo­nate Gefängnis und in einem Falle, bei einem Obertrupp­führer, wurden sogar vier Monate Gefängnis verhängt. In allen Urteilsbegründungen hob der Vorsitzende des Gerichts ausdrücklich hervor, daß der Beleidigte eine Persönlichkeit mit großen Verdiensten sei und sich bereits einmal in der Nähe unseres Führers und Volkskanzlers befunden habe!" In derselben Stadt ist überhaupt öfter mal etwas gefällig. So fam es fürzlich zu einer regelrechten Schlacht zwischen SA. und Sportschülern, bei der man sich auf die frisch- fröh­lichste Weise mit den Ehrendolchen zu Leibe ging. Schläge= reien sind an der Tagesordnung und sie werden nur bekannt, wenn besondere Exzesse dabei zutage treten, wie in einem seriösen Cafe, in dem sich die neue Bonzofratie gegenseitig die Torten ins Gesicht geworfen und sämtliches Mobilar zer­stört hat Den Wirt eines Pokals, in dem nur Rechtsleute verkehren, prügelte kürzlich die SA. in der unmenschlichsten Weise und warf ihn dann in hohem Bogen in ein nahes Ge­wässer, aus dem der Mann nur mit Mühe gerettet werden fonnte. Das alles trua natürlich wesentlich zur Beliebtheit" des Systems bei.

Beinahe noch verbissener ist die Abneiguna gegen den Na­tional ozialismus unter den Bauern. Auch sie bildeten, besonders in Norddeutschland, lange Zeit die Avantgarde des Nationalsozialismus. Heute ist die Stimmung mächtig umgeidlagen und mit derselben Hartnäckigkeit, mit der man sich früher für Adolf Hitler einsente, bekämpft man ihn jegt. Von Bauern aus Norddeutschland stammt auch folgender Spruch: Mit vier Pferden haben wir Adolf Hitler   geholt; mit Decschlegeln werden wir ihn davon­jagen!"

Aehnlich symptomatisch ist auch folgendes: Ein Bauer war. vor Monaten wegen staatsfeindlicher Aeußerungen ins Ge­fängnis gewandert. Als er vor einigen Wochen seine Strafe abgebüßt hatte und er zurückkehrte, fand er das ganze Dorf zu seinen Ehren festlich beflaggt vor! Und ein Reisender,

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der regelmäßig in eine bestimmte, früher sehr nazifreundliche Gegend kommt, erzählt: Wenn ich heute mit dem Haken­freuz zu den Bauern fäme, würde mir feiner etwas abfau­fen. Anders ist es, wenn man das Stahlhelm"-Abzeichen trägt!" In derselben Bauerngegend gibt es bente bereits ganze Ortschaften, in denen fein einziger Bewohner mit Heil Hitler" grüßt. Ueber das Erbhofgesetz berricht unter diesen Bauern eine ungeheure Empörung, da es ihnen große Schwierigkeiten familiärer und finanzeller Art bereitet. Des­gleichen ägerlich ist für den Bauern auch die Errichtung der Cierverwertungsstellen, ähnlich den Genossenschaftsmeie­reien. Wochenlang, monatelang können die Bauern auf Be­zahlung warten.

Neben den Bauern ist die Unzufriedenheit auch im Stahl: helm" weit verbreitet. Den Herrschaften, die sich seit Kriens  : ende als die Wahrer alter, preußischer Soldatentngenden betrachteten, paßt es garnicht, widerspruchslos in die For: mationen der SA. einaegliedert und der Milltür übler SA.­Feldwebls ausgelegt zu sein. die fich wiederum durch aller: lei Schifanen dafür rächen. dak die Angehörinen des Stahlhelm" fie Fochmütia über die Schulter ansehen und bia jest großen Wert darauf legten, ihren Gruß Sieg Heil" beizubehalten.

Auf diese Weise hat man sich bislang so demonstrativ von den

fönnen.

Nicht geringen Widerstand erwächst dem Nationalsozialis Nationalsozialisten, mehr aber noch von der A. distanzieren mus sogar aus den Reihen seiner eigenen Parteimitglieder, die fich die Herrschaft ihrer Partei ganz anders vorgestellt hatten.

Sie leben mit dem Volk in enger Tuchfühlung und sie er­fahren auf diese Weise zuerst die verheerenden Wirkungen so mancher Maßnahme. Sie sind auch die Zielscheibe des Un muts, der sich breit macht und dem sie sich persönlich nicht entziehen können. Kommt hinzu, daß viele Pgs. lange Jahre ehrlich geglaubt hatten, die Partei würde mit der Bonzen­wirtschaft" und den Mammutgehältern" aufräumen, wäh­rend sie nun erleben, daß eine größere Bonzenwirtschaft noch

Gercke wird ohnmächtig Oberst von Hindenburg   bittet um erneute Vernehmung

Berlin  , 19. Juni.. Im Prozeß gegen Dr. Gerefe erklärte Oberstaatsanwalt Lauß gleich nach Eröffnung der Sizung, er habe von Oberst Os far v. Hindenburg   ein Schrei­ben bekommen, daß Fräulein Margarethe Sprung Befun­dungen gemacht habe, die unvereinbar seien mit den Tatsachen. Oberst v. Hindenburg   bitte, ihm in einer noch= maligen Zeugenvernehmung die Möglichkeit zur Richtig­stellung dieser Befundungen der Entlastungszeugin zu geben. Der Bücher sachverständige Paul Donath be­gann anschließend mit dem Vortrag seines umfangreichen Gutachtens, das zunächst die Behandlung der Verbandszeit­schrift in der Rechnungslegung des deutschen Landgemeinde­verbandes erörtert. Er erklärte unter Berufung auf die vor­

liegenden Bücher: In der Buchführung des Bandgemeinde­Die Einnahmen und Ausgaben für die Verbandszeitschrift

verbandes habe ein großes Durcheinander geherrscht.

und für die eigentliche Verbandskaffe seien bis zum Januar 1926 überhaupt nicht getrennt aufgeführt gewefen. Die Gelder feien auch auf einem gemeinsamen Bankkonto zusammen­Verbandszeitschrift zum allgemeinen Verbandseigentum ge­

Seit der Eingliederung ist das vorbei, ja. die Stahlhelm­Leute müssen sich sogar noch sagen lassen, daß fie gar feine richtigen Soldaten sind, weil sie nicht so recht den neuen Zug mitmachen. Früher war es noch gemütlich; da machte man einmal die Woche Dienst, heute hat man gefälligst

dreimal anzutreten. Und wie wird man behandelt! Ein Stahlhelm"-Mann, der am ersten gemeinsamen Abend im Mantel erschien, wurde von dem SA  - Feldwebel angeherrscht: Kommt ein Soldat so zum Dienst? Marsch, marsch, den Mantel ausziehen! Ich will euch lehren!"

schüsse seien auf das Privatkonto von Dr. Gerefe eingezahlt worden, zunächst unter der Bezeichnung als Darlehen", in den späteren Jahren einfach als Barentnahme". Diese von Dr. Gerefe persönlich entnommenen Ueberschüsse hätten in den letzten Jahren den Betrag bis 180 000 RM. iähr= lich erreicht.

Der Angeklagte Dr. Gerefe bat hierauf, die Verhandlung abzubrechen, da er nicht mehr fäbig sei, ihr zu folgen.

Der Staatsanwalt erflärte darauf, er wolle nur noch vor der Mittagspause eine einzige Frage von Gerefe beantwortet haben. Er wünsche nom Angeflagten zu mien, wie hoch seine Einfünfte am 21. April 1931 gewesen seien.

Es fam hierauf zu heftigen Zusammenstößen zwischen Ver­teidigung und Staatsanwaltschaft, während der Dr. Gereke in der Anklagebant ohnmächtia zusammenbricht. Die Ver­handlung wurde darauf vertagt.

Rekord für Scharfrichter

Wieder drei Todesurteile und 60 Jahre Kerker

Berlin  , 19. Juni. Jm Prozeß wegen der Ermordung der Polizeioffiziere Anlauf und Lenk verkündete der Vor­Friedrich Angeklagten Michael Klause  ,

Eine vielgemachte Beobachtung ist auch, daß zahlreihe Passanten schleunigst von der Straße verschwinden, in cinen Hausflur treten, durch Seitenstraßen die Flucht ergreifen oder aber in Schaufenster schauen, wenn SA. oder SS. mit ihren Fahnen vorbeimarschieren. Denn die Fahnen der braunen und schwarzen Privatarmee müssen von jedem Deutschen   mit erhobenem Arm gegrüßt werden.

Kleinigkeiten, die die Stimmung andeuten, ereignen sich täglich zu Tausenden. Sie sind lehrreich und nicht minder heilsam. Man denke an den Eindruck, den es macht, wenn das neue Regime die Frau eines Gefängnisarztes, der seit Jahren Nationalsozialist ist, zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt, nur weil sie sich kritisch über die unmenschliche Behandlung von Schutzhäftlingen geäußert hatte. Oder nehmen wir einen Blumenhändler in einem besseren Stadt­teil von Hamburg  . Es ist ein reicher Mann, der bereits por mehreren Jahren ohne Rücksicht auf sein Geschäft die Hafenkreuzfahne hißte. Heute ist er einer der heftig­sten Gegner der Notionalsozialisten, anaewidert durch die forrupten Verhältnisse innerhalb der NSDAP  . Er flaggt heute- menn er schon muß- nur noch die ommunisten flagge", das ist schwarzweißrot! Gine Bürgersfrau ist wieder nach einer andern Seite empfindlich. Sic, die bisher ebenfalls begeisterte Hitler  - Anhängerin war, mendte sich fürzlich mit der Bemerkung von ihrem Ideal ab: Adolf Hitler   macht die Arbeiter ja ganz verrückt; das war doch früher nicht!" Und ein Berliner   Kriminalrat, der niemals zu bewegen war, der Sozialdemokratie beizutreten, fam neulich wutentbrannt nach Hause und schimpfte: Eine solche Schweinerei, wie sie jest täglich im Amt passiert, wäre früher nicht möglich gewesen!"

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Daß die Stimmung unter dem Hamburger Exporthandel seit der Machtergreifung durch Hitler   nie über den Gefrier­punft hinweg gekommen ist, fann man sich denken und ist auch allgemein bekannt. Schon damals hat man wobei man doch nie mit der Republik   sympathisierte von den Nationalsozialisten nichts erwartet, obgleich Hamburg   sich in den letzten Wahlkämpfen sehr stark für den National= sozialismus aussprach. Besonders unter den Südfrucht­Großhändlern ging das Wort um: Wir fönnen doch nicht hinter unserm eigenen Sarg herlaufen!" Heute ist die Stimmung aber geradezu aufrührerisch, denn der Südfrucht­handel Hamburgs hat eine ungeheure Schädigung durch die Nationalsozialisten erfahren. Man muß nämlich wissen, daß die mecklenburgischen Landschullehrer den Kindern streng­stens verbieten, Südfrüchte, wie Apfelsinen und Bananen mit in die Schule zu bringen. Durch diese Methode fallen ganze Gebiete als Absazmärkte aus. ohne daß von Partei= seite etwas dagegen unternommen wird. Im Gegenteil man ist damit einverstanden. Und das übrige besorgt die Ein­fahrtresselung, die sich beim Südfruchtmarkt sehr stark be= merfor macht.

Unübersehbar und unkontrollierbar ist auch die Verbitte= rung, die in ausgesprochen nationalsozialistisch eingestellten Betrieben und Belegichaiten herrscht. So brach fürzlich in einer großstädtischen Brotfabrif, deren Beleg chaft nur aus NSBO- Leuten besteht, eine regelrechte Meuterei aus, weil das von den Sozialdemokraten einge ührte Rechtbackverbot im dritten Reiche" aufgehoben wurde.

Eine tiefgehende Enttäuschung entstand auch unter den natio­nalsozialistischen Mitgliedern eines großen Theatrorchesters. weil sich in der neuen Aera   die Proben um viele Stunden verlängert haben. Dafür müssen sie nun auch wieder im Frack spielen, was eine weitere finanzielle Belastung für die Musi­fer bedeutet:

Wegen solcher und vieler vieler anderer unangenehmer Dinge gärt es unter dem breiten Mittelstand und die Nörgler wachen wie ze aus dem Boden. Es war deshalb ja auch nicht von ungefähr, wenn Adolf Hitler   anfäßlich der Eröff= nung der Arbeitsschlacht 1934 erffärte: Wir sprechen den Nörglern und Kritikern das Recht ab, noch lange zu ichwäßen." Diesen Wortlaut seiner Rede hat man denn auch auf Plafetten groß herausgestellt und jedes einigermaßen Geschäft muß ein solches an sichtbarer Stelle aufhängen. Die 17nterführer dagegen bringen diese Kampfansage an die Mörgler auf die viel deutlichere Formel: Gemecker wie frü­her gibt es nicht mehr."

Das haben inzwischen manche Stänkerer aus der Republik­zeit auf spürbare Weise erfahren müssen. Dennoch besindet sich der Nationalsozialismus mit solchen Redensarten in der Defensive! Das kommt noch mehr in dem Saß zum Aus­druck, daß alles auf Glauben und Vertrauen eingestellf" sein müsse und daß man den rechnenden Verstand als undeutich beseitigen" müsse, denn sagt man drohend und düster: Wenn der Führer sehlt, müssen 65 Millionen zugrunde gehen!" Ueberhaupt der Feldzug gegen d'e Nörgler! Er hat seinen Eindruck auf das Volk nicht verfehlt. Aber in einem weit cnderen Sinne, als die Feldherrren" es sich träumen ließen. Man empfindet diefen Feldzug als Beweis dafür, daß Naz s, die im Kampf gegen die Republik   so große Psychologen waren, jetzt in der Behauptung ihrer Position völlig von ihrem Instinkt verlassen werden. Und tatsächlich hat der Kampf gegen die Miesmacher. Nörgler und Kritikaster" die Lage nur noch schlimmer gemacht. Das ist auch der Grund, daß im Reich die Sache abgeblasen ist und man nur noch da= von hört, obgleich der Feldzug sich doch von Woche zu Woche steigern sollte. Diejenigen im Volke, die bisher alanbten, die Massen stünden tatsächlich hinter den neuen Führern, er­fahren nun durch den Feldzug. daß Miesmacher. Nörgler und Krit faster vorhanden sind, und zwar nicht wenig! Das macht das Volk mutiger; es ipricht wieder mehr aus, mas es denkt, übt seinen Mutterwitz an dem Feldzug" und hat neuen Stoff zu Lachen!

Jahren 3uchthaus und 10 Jahren Ehrverlust; Willi Balzer zu 10 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehr­verlust, Berthold Werner zu 6 Jahren Zuchthaus und 5 Jahren Ehrverlust, die Angeklagten Hans Broll, Max Holz und Rudolf Konrad   zu je vier Jahren Zuchthaus und 5 Jahren Ehrverlust. Die Angeklagte Frau Matern erhielt wegen Begünstigung 9. Monate Gefängnis, die Angeklagten Schünfe und Saffe wurden frei= gesprochen. Bei den Ageflagten Kunz und Thunert wurde das Verfahren auf Grund der Amnestie ein= gestellt.

Die Angeflagten, auch die zum Tode Verurteilten, nahmen das Urteil ruhig auf, iur Frau Mattern protestierte, als sie den Gerichtssaal verließ.

Der Vorsitzende legte dann die Gründe dar, aus denen die Einstellung des Verfahrens gegen Thünert und Kuntz habe beschlossen werden müssen. Thunert, der nach der Erschießung sich mit seiner Pistole in einer Tonne ver­krochen hätte und von der Polizei gefaßt worden sei, set bereits wegen unbefugter Waffenführung bestraft worden. der Tat gestanden habe. die jetzt abgeurteilt werde. habe

gelegt worden, so daß man daraus schließen mußte, daß die sitzende des Berliner   Schwurgerichts heute das Urteil: Die Da seine Straftat in unmittelbarem Zusammenhang mit hört. Von 1926, als eine befondere Verwaltung für die Zeit Broede und Mar Matern wurden wegen gemein- das Verfahren eingestellt werden müssen, nach dem Grund­schrift eingerichtet worden sei, bis zum Schluß zeigte sich aus schaftlichen Mordes zum Tode und zu dauerndem Verlust saß, daß niemand zweimal in der gleichen Sache ve*=

Beitung niemals( wie die Verbandsmitglieder fälschlich annahmen) ein Ruschußbetrieb gewesen sei, sondern immer

Wegen Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord wurden ver­

urteilt werden dürfe. Bei Kunz habe ebenso die Einstellung des Verfahrens erfolgen müssen, weil seine Tat unter

sehr wesentliche Ueberschüsse abgeworfen habe. Diese Ueber- urteilt; Erich Wichert und Bernhard Zachow zu je 15 die Amnestie falle.