Der Attentatsversuch Zum Stimmungsumschwung an der Saar  

gegen Max Braun  

Am 4. Juli vor dem Schwurgericht Saarbrücken  , den 21. Juni 1984. Am 15. Dezember 1933 wurde mit der Paketpost eine Höllenmaschine in dem von Braun bewohnten Hause der Arbeiterwohlfahrt abgeliefert. Das sorgfältig verschlossene Paket enthielt in einer Steinfrugflasche eine große Menge von Sprengstoff, der mittlerweile als Schwarzpulver fest­gestellt worden ist. Der Sprengstoff war mit Nägeln und Stahlstücken durchsetzt. Mittels einer Zündungsvorrichtung war die Entzündung der Sprengstoffmasse durch die beim Oeffnen der Kiste entstandene Reibung sichergestellt. In der Steinfrugflasche befand sich eine derartig große Menge von Sprengstoff, daß die gelungene Sprengung geeignet gewesen wäre, großen Schaden an Menschenleben und Sachgut zu verursachen. Gleich nach Bekanntwerden der Tat waren die Schmuzblätter wie das Saarbrücker Abendblatt" und andere Goebbels- Trabanten sofort mit ihren Verdächtigungen bei der Hand, daß das Attentat eine bestellte Arbeit des Führers der Freiheitsfront Mar Braun gewesen sei, um sich populär zu machen und um einen Terrorfall zu erfinden. Die Goebbelspresse hat sich nicht genug darin tun können, diese niederträchtige Behauptung bald mehr oder weniger bestimmt immer aufs neue vorzubringen.

Nunmehr wird vor dem Schwurgericht Saarbrücken   am 4. Juli 1984 die Verhandlung gegen einen der beiden Täter, den Nationalsozialisten Schäfer aus Neunkirchen  , stattfinden. Sein Komplice, der Nationalsozialist Kellermann, ist ins dritte Reich" geflüchtet. Dort soll er nach früheren Mel­dungen der Hitlerpresse verhaftet worden sein. Wir haben die Nachricht damals angezweifelt. Jedenfalls fann gegen ihn nicht verhandelt werden, da Hitler   seine Hände schüßend vor diesen Attentäter hält.

Aber auch die Verhandlung gegen den einen Täter, Schäfer, allein wird ausreichen, um die schmutzige Ver­leumdung des Abendblattes" anzuprangern. Schäfer wird vor dem Schwurgericht auszusagen haben, ob er ein ge= fauftes Subjekt der Freiheitsfront gewesen ist. Es steht einwandfrei fest, daß er als Bote der Nationalsozialisten benutzt worden ist und daß er als Gegner von May Braun wollen. Bekannt­daß

Saarländer   sollen möglichst aus dem Reiche ferngehalten werden

Aus Berlin   fommt folgende sonderbare Meldung:

Das Interesse an der Voltsabstimmung im Saargebiet hat in den letzten Monaten in erfreulicher Weise zugenommen. Gleichzeitig aber nimmt die Zahl der Kundgebungen, die die Verbundenheit des Reiches und seiner Bevölkerung mit der Saar   bekunden sollen, täglich zu. Gewiß ist das eines: teils begrüßenswert, aber es hat sich ergeben, daß oft unverantwortliche Veranstalter die Kund: gebungen nicht im Sinne der Saar   durch= führten. Daher sind sämtliche Saarkundgebungen im Reiche, gleich in weldem Rahmen sie auch immer stattfinden, von der Genehmigung des Propagandas ministeriums abhängig.

Was bedeutet das?

Zahlreiche Vereine und sonstige Personengruppen von der Saar   sind in letzter Zeit zu Saarfundgebungen in das Reich eingeladen worden. Dort sollten sie die Begeisterung für die Saar   steigern helfen. Die Gäste von der Saar   sind auch in den besten Absichten und mit vollem Vertrauen zum Dritten Reich  " abgereist, aber sie famen meist in ganz anderer Stimmung wieder. Da es sich oft nur um Veranstaltungen im kleineren Rahmen handelte, ergab sich ein enger persönlicher Kontakt zwischen den Gästen von der Saar   und ihren Gastgebern im Reiche. Die Saar­ länder   erfuhren zu ihrer Ueberraschung, daß die Zustände im dritten Reiche" ganz anders sind, als sie das Reichs= propagandamin, rium im Radio darzustellen beliebt. Die

Woge der Miesmacherei" hat also an der Saargrenze nicht balt gemacht, sondern dringt mehr und mehr in das Saar­gebiet ein und beginnt die deutsche   Front" zu zersetzen. Um dieser Entwicklung nicht noch mehr Vorschub zu leisten, sollen die Gastreisen von Saarländern in das Reich mög­lust unterbunden werden. Die Saarfundgebungen im Reiche sollen möglichst nur nos von ganz großem Umfange sein. Zu diesen Veranstaltungen werden Saarländer   nur in größeren geschlossenen Gruppen durch Sonderzüge beför­dert, und es wird dafür gesorgt, daß sie nur durch allgemeine Feststimmung beeindruckt werden. this inladoeb

Die Saarbrüder 3eitung"( Nr. 161) fann ihren Aerger über die Entwicklung der Dinge im Reich nur noch schlecht verbergen. Sie meint:

Was noch an Kampf und Abwehr zu leisten ist, kann nur und muß ausschließlich Sache der Deuts ichen an der Saar felbst sein. Damit erhalten auch die Saarfundgebungen im Reich eine andere Be: deutung. Sie werden in Zukunft weniger als bis­her aufklärenden, mehr als bisher demonstra= tiven Charakter im guten Sinne haben, d. h. zum Aus­druck bringen müssen."

Mit anderen Worten: Laßt uns möglichst in Ruhe! Je mehr das Volk an der Saar   von den Verhältnissen im dritten Reich" erfährt, um so verhängnisvoller wird die Stimmung. Was wir immer gesagt haben: Nur durch den Sturz der deutschen   Diktatur und die Beseitigung ihrer Lottermirt­schaft ist die Saar zu retten.

Wacklige ,, deutsche Front"

Das Geld der Winterhilfe- Korrupte Amtswalter und zahme Märakaschen Die Saarbrücker Volksstimme" veröffentlicht folgende Dokumente, die die Zustände in der deutschen Front" an der Saar   beleuchten:

Juni 1984.

fich bat das Abendblatt  " aunächst sugegeben, das Schäfer Erftes Dokument Saarbrüden, den 20. Ju

Mitglied der nationalsozialistischen Partei war. Es hat sogar über den Ausschluß des Attentäters aus der Partei berichtet. Später hat das Abendblatt  " sich sodann selbst berichtigt und lediglich Beziehungen Schäfers zu den Nationalsozialisten, aber feine Mitgliedschaft in der Partei zugegeben.d

Die Schwurgerichtsverhandlung dürfte geeignet sein, der Abstimmungsfommission, die am 30. Juni oder 1. Juli in Saarbrücken   eintreffen wird, ein Bild zu geben von der disziplinierten Saltung und der absoluten Friedfertigkeit der sogenannten deutschen Front".

Aus Koblenz  

Wachsende Miesmacherei

vlas

Man schreibt uns: In unserer Gegend finden wir es be­fonders ausgeprägt, daß der Nationalsozialismus   seine Leute nur durch Aeußerlichkeiten zusammenhält. Ein Fest jagt das andere. Militärischer Aufzug aller Formationen und Organisationen verfehlt nicht seinen 3wed. In lezter Zeit fommt man zu der erfreulichen Feststellung, daß der Nationalsozialist sich auf die Verteidigung einstellt. Der Un wille im Bolf über das Mißverhältnis zwischen Verspre chungen und Leistung nimmt von Tag zu Tag zu. Die nicht mehr zu übertreffende Bonzofratie, die Korruption und die Fechterei tuen das weitere. Arbeitslosigkeit, geringe Ent­Löhnung bleibt das ungelöste, aber für das Volk das pri­märste Problem. So hat auch der Bauer nicht den gewünsch ten und lohnenden Absah, was sich in einem starken Un­willen bemerkbar macht. Wird fein Zwang zur Beflaggung, zur Teilnahme an Versammlungen, Festlichkeiten usw. aus­geübt, dann bleibt die Anteilnahme immer gering. Ein Bei­spiel: die NS.  - Volkswohlfahrt sverfügte im gesamten Gau  über mehr Amtsleiter als Mitglieder. Erst mußte ein riesi­ger Propagandafeldzug eingeleitet werden. Jede Straße hatte ihre Versammlungen, ein Plakat jagte das andere, ein unerhörter Zwang zum Beitritt wurde ausgeübt. Und dennoch gelang es nicht besondere Erfolge zu erreichen. Die Zeit arbeitet in unserer Gegend stark für uns.

Vater und Sohn illegal

Eine Geheimdruckerei

Wegen Beihilfe zur Vorbereitung zum Hochverrat er­fannte das Reichsgericht gegen Hermann Dzubas aus

Abschrift Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Saargebiet

Landes- Geschäftsstelle: Saarbrücken 1, Waterloo- Str. 11 a Parteizeichen

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Kreisleitung Saarbrücken  - Land Abtl. Der Kreisleiter Tagb. Nr. W. L.

Nach erfolgter Sichtung der Unterlagen wird eine gericht­liche Klärung in die Wege geleitet. Darnach wird die Landesleitung der Deutschen   Front gegen die Schuldigen sazungsgemäß vorgehen. Es steht jedoch heute schon ein­wandfrei fest, daß der Führerrat mit diesen Vorkommnissen nicht das Geringste zu tun hat. Die neue Ortsgruppen­leitung bietet die absolute Gewähr dafür, daß Aehnliches nicht wiederkehrt.

Von allen Mitgliedern der Ortsgruppe Sulzbach   erwarte ich, daß sie auch weiterhin an den hohen Zielen der Deuts schen Front treu und unentwegt festhalten. Saarbrn. den 14. Juni 1984.

Saarbrüden 3, den 3. Januar 1984.

Driti. I

ment

Herrn

Alfred Kunz,

=

Sulzbach   Saar Fischbacher Weg 14 a

Hiermit schließe ich Sie sofort wegen Verstoß gegen die Parteisazungen aus der NSDAP  , aus. Sie haben sich einem Stahlhelmer gegenüber geäußert: Das Geld von der Winterhilfe steckt der Pfeilstücker in seine Tasche." Ich sehe hierin eine Beleidigung des Ortsgruppen­leiters.

Zw

Heil Hitler! gez. Welter Kreisleiter.

Zu den Unstimmigkeiten in der Deutschen Front Ortsgruppe Sulzbach

Erklärung

Bei den durch den Landesschatzmeister der Deutschen Front" allgemein durchgeführten Prüfungen des Kassen­wesens wurden in der Ortsgruppen Sulzbach   verschiedene Unstimmigkeiten festgestellt. Daraufhin wurde der verant­wortliche Leiter dieser Ortsgruppe zur Rechenschaft gezogen und mit mehreren Amtswaltern von den Amtsgeschäften der Ortsgruppe entbunden.

Deutsche   Front, Landesleitung gez. Pirro, Landesleiter.

Flug Tatt

An die Mitglieder der NSDAP.- Fürstenhausen Nach den bekannten Vorfällen hat es den Anschein, als mollten sich die jetzigen Führer der deutschen   Front ein für alle mal die führende Stellung hier am Ort anmaßen. Wenn so wetterwendische Gestalten wie Herr Eich und andere so tun, als hätten sie allein den Nationalsozialismus gepachtet, wirft das wie ein Hohn auf unseren jahrelangen Kampf. Es darf icht zugelassen werden, daß die alten Rämpfer der NSDAP  . an die Wand gedrückt werden.

Unser Führer Adolf Hitler   hat sehr oft schon mit aller Bestimmtheit erflärt, daß die Märzhafen nichts zu melden haben.

Jeder aufrechte Nationalsozialist lehnt es ab, den Sozia Itsmus Adolf Hitlers   durch diese Beamtenbonzen ver­wässern zu lassen.

Wir wollen Arbeiter sein und bleiben!

Wir fühlen uns in allen unseren Handlungen nicht einer anmaßenden Beamtenclique verantwortlich!

Wir sind es nur dem Führer der deutschen   Arbeiter, Adolf Hitler  ! Nationalsozialisten!

Unser Kampf geht nicht um Führerposten, sondern um die Reinerhaltung unserer Jdee und unserer Bewegung! Richtet Euch danach und denkt daran!

Mehrere alte Rämpfer der NSDAP  . Fürstenhausen.

Rache an kanolischen Ministern

Berlin  , den 20. Juni 1934.

Berlin  - Briß auf zwei Jahre und gegen feinen 26jährigen Hitler hängt ihnen Korruptionsprozesse an Sohn Heinz auf ein Jahr neun Monate Gefängnis. Angeklagten hatten im Herbst 1933 im Lohndrud ein Flug­blatt hergestellt, das zur Niederringung der Deutschen Ar­ beitsfront   aufforderte und für die staatsgefährdenden Ziele der aufgelösten Gewerkschaften eintrat. Auch eine Ausgabe der verbotenen" Roten Fahne" mit Lügenmeldungen" über den Reichstagsbrand war in dieser kommunii druckerei hergestellt worden.

Frauen als Geiseln

heim­

( Inpreß): Die Frauenfommission des Internationalen Befreiungskomitees richtet an alle Befreiungsfomitees, Majsenorganisationen und an sämtliche Antifaschisten den Appell, fich für die Freilassung von Frau Beimler, Frau Steinfurth und allen bedrohten Frauen einzuseßen.

Frau Beimler wurde vor vierzehn Monaten verhaftet und wird, nachdem ihr Mann vor mehr als einem Jahr aus Dachau   entfliehen konnte, heute noch als Geisel festgehalten. Der unglücklichen Frau Steinfurth, die man einferferte, Meuchelmord an ihrem Mann beging, will

bevor man der einen Brozek machen. Der Aufruf schließt: man it der internationalen Aktivität gelungen, Frau each zu befreien!" Es müsse alles daran gesetzt werden, um Frau Beimler und Frau Steinfurth die Befreiung zu er­fämpfen.

Gott   und die Hitlerjugend  

( Inpreß.) Der Katholische Gemeindebote", der vom Stadt­pfarramt in Ettlingen   herausgegeben wird, ist auf die Dauer von 6 Wochen verboten worden. In der Begrün­dung der Pressestelle des Staatsministeriums heißt es, daß das Blatt einen Artikel veröffentlicht habe, dessen 31d es gewesen sei, unter Anrufung Gottes die katholische Eltern zu veranlassen, die Kinder vor dem Eintritt in die Hitlerjugend zu behüten und sie statt dessen in die katho­lischen Vereine zu schicken".

Seit drei Tagen läuft in Frankfurt   der Prozeß gegen den früheren, der Bayerischen Volkspartei   angehörenden Reichs­postminister Dr. Stingl und weitere Vorstands- und Auf­sichtsratsmitglieder der deutschen   Kabelwerfe. Stingl wird vorgeworfen, neben seiner Bezahlung als Aufsichtsrat noch 10 000 RM. besondere Vergütung jährlich heimlich erhalten zu haben. Die sämtlichen Angeklagten bestreiten, unrichtige Buchungen vorgenommen und Untreue begangen zu haben. Reichspoſtminister a. D. Stingl gibt zu, früher ein großer Steuersünder gewesen zu sein. Er hat aber nach seinen An­gaben dadurch die Steueramnestie für sich eintreten lassen, indem er für die Arbeitsspende 56 000 RM. gezeichnet habe. In der Mittwochverhandlung gestaltete sich die anfänglich infolge der einseitigen Prozeßführung und der gehässigen Angriffsweise der Staatsanwaltschaft ungünstig aussehende Prozeß überraschend gut für den Angeklagten Reichspost­

miniteten zu bem coluß, die Bergiftung des Dr. Stinal outch bie Rabelwerte jet einwandfrei, üblich und durchaus

angemessen. Es könne auch gegen die getrennte Buchung dieser Vergütung nichts eingewandt werden.

Gleichzeitig läuft vor der 7. großen Straffammer des Berliner   Landgerichts ein neuer Prozeß gegen den früheren Zentrumsminister Hirtsiefer  , der erst vor einiger Zeit in M.- Gladbach zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt worden ist. Neben Hirtfiefer haben sich noch zu verantworten: Der Verbandsleiter Dr. Dr. h. c. Heinrich Gerlich  , der Staats: sekretär a. D. Professor Dr. Dr. h. c. Adolf Scheidt  , der Ministerialdirektor a. D. Hermann Peters, der Ministerials direktor i. e. R. Dr. Alexander Schneider und der Mini: sterialdirektor a. D. Geheimer Regierungsrat Hermann

Tillich. Allen Angeklagten wird Untreue, teilweise verbunden mit Anstiftung zur Untreue, Gerlich außerdem Betrug zur Laft gelegt. In einer Nachtragsanflage wird Hirtfiefer außerdem paffive Bestechung im Amt in zwei Fällen vors geworfen. Nach den Feststellungen der Staatsanwaltschaft find von dem in enger Berbindung mit dem früheren preußischen Ministerium für Volkswohlfahrt stehenden Erholungspflege deutscher   Kinder im Ausland" allein für Berein Reichszentrale, Landaufenthalt für Stadtfinder und Reisekosten der Angeklagten jährlich Zehntausende von Mark ausgegeben worden. Die Verwaltungskosten sollen außerdem geradezu eine fantastische Höhe erreicht haben. Dem Angeklagten Sirtfiefer, Scheidt und Gerlich wird ferner Untreue und dem Angeflagten Peters Anstiftung zur Untreue bei der Beschaffung des dritten Ehrendoftortitels für sirtfiefer vorgeworfen. Diesen Titel mußte nach der Anklage die Reichszentrale aus preußischen Geldern mit nicht weniger als 22 000 RM. bezahlen. Aus der Kasse der

Reichszentrale ſollen weiter Fahrgelder und Kurkosten für Bartelbuchbeamte und deren Angehörige und Bekannte be­

daß er sich von dem früheren Oberbürgermeister von Köln  durch 100 Flaschen Wein, 100 Lotterielose und ein kostbares Delgemälde bestechen ließ. Für den Prozeß ist eine Ver: handlungsdauer von etwa vier Wochen vorgesehen. Die Berhandlung begegnet im übrigen feinem starken Publi: fumsintereffe. Im Zuhörerraum figt nur eine einzige Zus hörerin.

Alle diese Prozesse stellen Racheofte der braunen Gewalt­haber dar. Sie sind lediglich Mittel zur Ablenkung von der ständig wachsenden Not. Wehe demjenigen der in die Hände dieſer parteiischen Justiz und dieses verruchten Systems fällt