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Papst droht mit Saarkatholiken
Plötzliche Absagen"
Was geht vor?
Seit einigen Tagen ist zu beobachten, daß die Sorgen des deutschen Katholizismus und die Saarprobleme in eine merfwürdige Beziehung zueinander gebracht werden. Das Konfordat ist gebrochen, und der Widerstand der Katholiken an der Saar gegen Gleichschaltung und Rückgliederung ist ge= wachsen. In jüngster Zeit wurden diese Zusammenhänge noch deutlicher durch die Vorgänge im Bezirk Trier . Die Proteste des Bischofs Borne wasser gegen die Tyrannei der Hitlerjugend und die Verhaftung mehrerer katholischer Priester hatten an der Saar besonders starken Eindruck gemacht, denn das Saargebiet gehört firchenpolitisch zur Diözese Trier.
Der Hl. Stuhl hat diese Sachlage zu einem scharfen Druck auf die Autoritäten des„ dritten Reiches" benutzt. Schon vor einigen Wochen haben die vom Propagandaministerium unterhaltenen Deutschen Führerbriefe" darauf hingewiesen, daß man mit Rücksicht auf die Saar zu einer Verständigung mit dem Ratholizismus wenigstens bis zur Abstimmung kommen müsse. Es liegen jetzt einige Tatsachen vor, die diese Vermutung stüßen.
Ganz plötzlich sind die drei Geistlichen der Diözese Trier aus der Haft entlassen worden. Die Entlassung erfolgte auf Grund der Besprechungen des saarländischen Mitgliedes der Regierungsfommission, des katholischen Ministers Koß=
mann, mit den maßgebenden Regierungsstellen. Alle drei
Verhafteten standen noch von früher her in engen Beziehungen zum Saargebiet. Nicht weniger auffällig ist die Tatsache, daß die große Protest kundgebung der Saarbrücker Katholiken, die am Freitag stattfinden sollte, plößlich auf einen späteren Termin verschoben wurde. Hier sollten Diözesenpräses Müller und Pfarrer Bun= garten gegen die Religionsunterdrückungen im„ dritten Reiche" sprechen. Bei der Stimmung der Katholiken an der Saar war mit einer gewaltigen Kundgebung mit weitreichenden politischen Folgen zu rechnen. Die plößliche Absage läßt erkennen, daß man im Augenblick kein Interesse daran hat, die Situation zu verschärfen. Aber auch auf der anderen Seite scheint man ein Zeichen des Einlenkens geben zu wollen. Seit Wochen machten die Deutschfrontler für eine große Saarfundgebung in Leitersweiler auf reichsdeutschem Boden, ganz nahe der Saargrenze, eifrige Reflame. Ursprünglich sollte hier sogar Göring sprechen. Nun aber ist die Kundgebung plößlich abgesagt und auf den 15. Juli verschoben worden.„ Dienstgeschäfte" des Gauleiters
Simon in Koblenz , der an Stelle von Göring in Leitersweiler reden sollte, werden als Grund der Verschiebung an= geführt.
Die Tatsachen sprechen für sich. Wir zweifeln nicht an der Geschicklichkeit der Unterhändler des Katholizismus; ebenso wenig daran, daß der Nationalsozialismus sein Kampfziel gegen den Katholizismus für eine Weile zurückzustellen bereit ist, um die Katholiken an der Saar für die Rückgliederung zu gewinnen. Es fragt sich nur, ob die Rechnung richtig sind,
malige SA. - Leute( aus Güstrow , Dresden , Barmen und Sebniz), wobei in Betracht zu ziehen ist, daß gemäß den Bestimmungen der Naziregierung die Angehörigen der SA. der allgemeinen polizeilichen Verfolgung entzogen sind und einer besonderen SA.- Gerichtsbarkeit unterliegen( der sogenannten Feldpolizer), so daß es sich in den genannten vier Fällen um besonders schwere Hochverratsvergehen handeln muß.
Insgesamt ergibt das 116 Steckbriefe aus politischen Gründen gegenüber durchschnittlich etwa 30 im gleichen Zeitraum, die noch vor wenigen Monaten erlassen wurden.
Ganz besonders aber fällt auf, daß in der Zeit vom 19. April bis 10. Mai 10 Fahnenflüchtige der Reichswehr aufgeführt werden.
Im Vergleich zu den früheren Steckbriefnachträgen bedeutet die jetzt erkennbare Häufung von Fahnenfluchtdelikten in einem so furzen Zeitraum eine geradezu aufsehenerregende Erscheinung.
ist, und ob die Saarkatholiken der Illusion zugänglig Hitlers Jugend
daß man heute noch durch Verhandlungen und Vereinbarungen die Lage des deutschen Katholizismus grundlegend verbessern könnte.
Längst haben die Oberführer die Unterführer nicht mehr in der Hand. Unaufhörlich
wird die Weltanschauung des Nationalsozialismus mit voller Ausschließlichkeit gegen andere Weltanschauungen eingesetzt. Die Dynamik der Bewegung entzieht sich längst den Bemühungen der Taktik. Die Katholiken an der Saar sollten wissen, daß es für den Nationalsozialismus keinen Vertrag und fein Versprechen gibt, die nicht gebrochen werden.
Saarausschuß tagt
dnb. Genf , 28. Juni. Die Mitglieder des Saarabstimmungsausschusses, der Schweizer Henry, der Holländer de Jongh und der Schwede Rhode, sind heute vormittag hier eingetroffen. Sie versammelten sich mit dem stellvertretenden Generalsekretär des Völkerbundes, dem Italiener Pilotti ſowie einigen mit der Behandlung der Saarfrage beauftragten Völkerbundsbeamten und der als Sachverständigen für die Kommission ernannten amerikanischen Staatsbürgerin Wambaugh zu einer konstituierenden Sitzung im Völkerbundssekretariat.
Im Verlaufe der Sißung wurde beschlossen, die Frage des Vorsizes des Abstimmungsausschusses so zu regeln, daß der Vorsitz zwischen den einzelnen Mitgliedern nach Ablauf von je zwei bis drei Monaten wechselt. Die Mitglieder des Ausschusses werden Genf am Samstag verlassen, da ihre Tätig teit in Saarbrücken offiziell am Montag, dem 2. Juli, beginnt.
Die Zuchthausmaschine
Harte Urteile gegen Illegale
Bremen, 29. Juni. ( Inpreß.) In dem Massenprozeß por dem Hanseatischen Oberlandesgericht gegen insgesamt 88 Angeflagten wurden im ersten Strafabschnitt sämtliche Angeflagten, mit Ausnahme eines einzigen, verurteilt. Bier Angeklagten erhielten wegen Vorbereitung zum Hochverrat je drei Jahre Zuchthaus, die anderen Kerferstrafen zwischen drei Monaten und zwei Jahren und sechs Monaten. Im zweiten Strafabschnitt des Verfahrens, der nun begonnen hat, stehen 29 Angeklagte vor Gericht, darunter fünf Frauen.
Breslau , 29. Juni. ( Inpreß.) Das Oberlandesgericht Breslau verhandelte im„ Grünberger Hochverratsprozeß“ gegen 23 Angeklagte und verurteilte die Hauptangeklagten Möbus und Hoemfe zu 8 bzw. 10 Jahren Zuchthaus, Kozur zu 8/2 Jahren 3 uch thaus, Müller zu 6 und Markgraf zu 7 Jahren Zuchthaus. Die fommunistischen Stadtverordneten Karl und Frizz Laube erhielten drei bzw. zweieinhalb Jahre Gefängnis, die anderen Angeklagten ein Jahr Gefängnis bis zu drei Jahren Zuchthaus.
Berlin , 29. Juni. ( Inpreß.) Das Berliner Sondergericht verurteilte einen 21jährigen Arbeiter wegen„ Verbreitung unwahrer Behauptungen über die SA ." zu sechs Monaten Gefängnis.
Leipzig , 29. Juni. ( Inpreß.) Das Reichsgericht verurteilte vier Berliner Arbeiter, die im Auftrage der Zentralleitung der KPD. im Frühjahr vergangenen Jahres hochverräterische Zeitungen und Zeitschriften vertrieben hatten", zu Gefängnisstrafen von einem Jahr und sechs Monaten bis zu zwei Jahren.
Der kommunistische Abgeordnete des Danziger Landtags, Tozki, wurde wegen Vertriebs illegaler Literatur zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.
Der Dortmunder General- Anzeiger Erpressung beim Zeitungsverkauf
Dortmund , 29. Juni( Inpreß). Vor dem Dortmunder Landgericht wird gegenwärtig ein Prozeß verhandelt, über den zu berichten der deutschen Presse strengstens verboten worden ist.
Die früheren Besitzer des„ Dortmunder Generalanzeigers", der größten Provinzzeitung vor Hitlers Macht antritt , verlangen von den jetzigen Besizern des vor einigen Monaten in Westfälische Landeszeitung" umgetauften Blattes einen Schadenersatz in Höhe von 8 Millionen Jieichsmart. Sie begründen ihre Forderung mit den eigenartigen Kaufmethoden" der heutigen Besitzer, die damit zum ersten Male in der Oeffentlichkeit bekannt werden.
Im Frühsommer des vorigen Jahres wurde der„ Dort munder Generalanzeiger" bekanntlich verboten, weil er ein Bild Hitlers veröffentlicht hatte, das angeblich einen ungünstigen Eindruck von dem Aussehen des Führers gab". Am gleichen Tage rief die Parteileitung der NSDAP . die damaligen Anteilbesiker zu einer Sizung zusammen und teilte ihnen mit, daß für ihre persönliche Sicherheit feine Gewähr übernommen werden könne, wenn sie ihre Besitzrechte an der Zeitung nicht verkaufen würden. Die Naziführer boten für die Zeitung den lächerlich geringen Betrag von 370 000 Marf und erklärten gleichzeitig, daß sämtliche Anteilbefizer, wenn der Vorschlag abgelehnt werde, in ein Konzentrationslager überführt werden würden. Auf Grund dieser Drohung wurde das Angebot angenommen. Die Käufer" zahlten den Betrag von 370 000 Mark aus den Kassenbeständen des" Dortmunder Generalanzeigers"; sie übernahmen das Blatt also völlig umsonst.
In dem Prozeß, der jetzt verhandelt wird, berufen sich die früheren Befißer darauf, daß der damalige„ Verkauf" ungültig sei, weil er mit Drohungen und unter Zwang abgepreßt worden ist.
Die„, Umgliederung" der SA.
Geheimbeichl an die Presse- Auch hohe Gruppenführer unter Zensur gestellt
Berlin , 29. Juni. ( Jnpreß.) Die Beurlaubung der SA. durch den Führer der Obergruppe III, Berlin , Gruppenführer Karl Ernst , findet ihre Erklärung in einem vertraulichen Dokument, das der„ Jnpreß" im Wortlaut vorliegt. Es handelt sich um die Presseinstruktion der Reichspressestelle vom 2. Mai 1934, die von größter poli
von solchen Stellen Notizen darüber herrühren sollten. In Zweifelsfällen möge sich die Presse sofort an das darüber allein zuständige Presseamt der Obersten SA.- Führung, Berlin SW. 68, 3immerstraße 90/91, Tel. A 1, Jäger, 0022, wenden."
Aus Ramstein ( Pfalz ) schreibt man uns: Am Sonntag marschierte die Hitlerjugend durch die Straßen, wobei sie nationale Lieder sangen. Diesem Trupp begegnete das achtjährige Töchterchen eines Meßgermeisters, das Wurstwaren austrug. Weil das Kind beim Vorbeimarsch der Hitlerjugend die Hand nicht erhob, wurde es vom Führer verprügelt. Durch das laute Schreien des Kindes wurde die Mutter auf den Vorfall aufmerksam und wollte ihrer Kleinen zur Hilfe eilen. Ohne weiteres schlug derselbe Führer, der die Kleine mißhandelt hatte, der Frau derart ins Gesicht, daß das Blut aus Mund und Nase floß. Die Frau blutete so start, daß die Uniform des Führers mit Blut befleckt wurde. Stolz. auf seine Heldentat marschierte der braune Jugenderzieher weiter.
Der Gebietsführer der badischen HJ. erläßt eine Erklärung, daß der Ueheber einer von ihrer Leitung mißbilligten Demonstration gegen katholische Pfarrer in Karlsruhe- Mühlburg noch vor einigen Monaten dem katholischen Jugendverband„ Quickborn ", an= gehört habe. Offenbar sei er als Provofateur in die HJ. eingetreten und habe ausdrückliche Befehle der Gebiets= führung verletzt. Sein Verhalten sei die Frucht nicht der Erziehung in der HJ., sondern in einer katholischen Jugendorganisation. Der Fall beweise, daß„ tatsächlich" Provokateure in die Reihen der HJ. geschickt würden, um Schwierigteiten zu bereiten und das Ansehen der„ Staatsjugend" zu schädigen.
Wir können den Fall aus der Ferne nicht beurteilen. Das aber wissen wir, daß es in der Nazibewegung, die zu feig ist, zu ihren Taten zu stehen, üblich ist, Handlungen, die man nicht ableugnen kann und nicht billigen will, auf„ Provofateure" abzuschieben. Sonst waren diese Kommunisten oder Juden, nun sind sie, dem Modenwechsel entsprechend, katho= lisch, demnächst wahrscheinlich reaktionär". An sich ist es eine alte Erfahrung, daß gerade Neulinge einer Bewegung sich meist durch besonderen Eifer und oft durch besonderen Haß gegen die Richtung, zu der sie sich früher bekannten, auszeichnen. Ganz aufrichtig. Und da solche Roheiten heute überall verübt werden und sich ganz ungezwungen aus dem Wesen und der derzeitigen Taftit der Hitlerbanden erklären lassen, so wird es mit dem„ Provokateur" nur eine faule
Ausrede sein.
Der erbarmungslose Fotograf Auf dem Markusplatz in Venedig
Venedig, die Zusammenkunft der Diftatoren Mussolint und Hitler , muß man im Kino gesehen haben. Der Filmstreifen, in dem der Berichterstatter der For- Wochenschau das historische Ereignis aufgefangen hat, ist feineswegs humoristisch gemeint. Nichtsdestoweniger ist ihm in den westeuropäischen Kinotheatern ein Heiterfeitserfolg beschieden ge= wesen, der die Lustspielregisseure neidisch machen fonnte. Der Clou ist die Erscheinung Hitlers während der Rede des Duce auf dem Markusplatz. Die Linse des Kinomatografen hat den Venediger Seelenzustand des deutschen Diktators unbarmherzig eingefangen. Während der Duce zur Menge spricht, steht Hitler wie ein eben geprügelter Hund, oder richtiger: wie die Karikatur eines geprügelten Hundes, auf dem Balkon des Palazzo. Mit einem unbeschreiblich traurigen und zugleich unbegreiflich stupiden Ausdruck stiert Deutschlands Führer in die Luft von Venedig . Mussolini sprechen zu hören, ist interessant, selbst für den Ausländer, der nicht italienisch versteht. Hitler ist augenscheinlich zu melancholisch gestimmt, als daß er seinem italienischen Kollegen zuhören fönnte. Erst als ein Herr feiner Umgebung ihn heimlich anstößt, scheint sich der deutsche Diktator seiner Anstandspflicht zu erinnern, er senft den sturen Blick auf die Straße und verzieht sein Gesicht zu einem freundlichen Grinsen. Wer diese Szene auf der Leinwand gesehen hat, wird sich über den Eindruck, den Hitler in Venedig emp= fangen hat, nichts weismachen lassen. Dem Führer muß nach seinem Gespräch mit dem Duce sehr übel zumute gewesen sein. („ Neues Tagebuch".)
Vor furzem feierte der wirfliche Begründer des Naziwesens Anton Dreyler seinen 50. Geburtstag. Das Regime, das sonst so gern brüllt, hat aus diesem Tag nichts gemacht. Wir finden eine einzige fleine Notiz im gleichgeschalteten Zeitungsberg über dieses Ereignis, in der es dunkel, aber aufschlußreich heißt:„ Anton Dreckler trat vorübergehend etwas in den Hintergrund. Der Führer vergaß dem Münchner Parteigründer aber niemals die großen Dienste, hatten die er ihm geleistet hatte. Frühere Systemregierungen Anton Dreyler um Brot und Arbeit gebracht. Es war für Adolf Hitler eine Selbstverständlichkeit, den ältesten Befehlshaber der alten Garde nach der Machtergreifung wieder in seine Dienststelle einzusehen."
Das ist alles und schließlich: weniger konnte man für den Begründer der dreckigen, aber floẞia verdienenden Firma nicht tun. Oder sollte der Gründer des Nationalsozialismus über die Bewegung anders denken, als die heutigen Haunt=
einem trotz vieler Symptome und Beweise bisher der Deffentlichkeit nicht bekannt gewordenen Ausmaß zugibt. Diese Instruktion enthüllt meiter, daß die Umgliederung der SA. bereits in vollem Gange ist.
Wir geben nachstehend den Wortlaut des Dokuments: ,, Ueber die Neugliederung und Umgliederung der SA. darf in der Presse nichts gebracht werden. Wenn diese Umgliederung beendet ist, wird die Oberste SA.- Führung selbst falls dies notwendig erscheint, dazu Stellung nehmen. Das gilt auch für die Presse des Reiches dann, falls hohe Gruppen bzw. deren Führer den Versuch machen sollten, Notizen über die Umgliederung der SA. unterzubringen. Für die Veröffentlichung ist es keine Entschuldigung, wenn
Berlin , 29. Juni. ( Inpreß.) Eine aufschlußreiche Illustration zu Hitlers Verzweiflungskampf gegen die„ Miesmacher" bietet die Prüfung der laufenden Steckbriefregisterfriminellen Gründen Gesuchten schwillt die Zahl der politisch Verfolgten in immer schnellerem Tempo an. Die Nachträge zum Steckbriefregister von Mitte April bis Mitte Mai z. B., für einen Zeitraum von vier Wochen also, weisen 108 Namen von Personen auf, die wegen fommunistischer Tätigkeit neu verfolgt werden; dazu kommen eine Frau Marie Grafe, Dresden , wegen illegaler Betätigung für die SPD. , ein Polizei- Wachtmeister Rudolf Christ aus Mülheim und zwei Adlige aus München und Dresden . Weitere vier sind ehe
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