Lutze

1062 13b no

Der neue Mann stellt sich vor

DNB, München , 30. Juni, Der Chef des Stabes, Lutze, hat folgenden Aufruf erlassen:

" Aufruf!

SA. - Kameraden!

Der Führer hat mich an seine Seite als Chef des Stabes berufen. Das mir dadurch erwiesene Vertrauen muß und werde ich rechtfertigen durch unverbrüchliche Treue zum Führer und restlosen Einsatz für den Nationalsozialismus und dadurch für unser Volt.

Als ich vor etwa 12 Jahren zum erstenmal Führer einer fleinen SA. war, habe ich drei Tngenden an die Spige meines Handelns gestellt und sie von der SA. gefordert. Diese drei Tugenden haben die SA. groß gemacht, und heute, wo ich in schicksalschwerer Stunde meinem Führer an hervor: ragender Stelle dienen darf, sollen sie erst recht Nichtschuur für die ganze SA. sein:

unbedingte Trene,

schärffte Disziplin,

hingebender Opfermut!

So wollen wir, die wir Nationalsozialisten find, gemein sam arbeiten. Ich bin überzeugt, dann kann es nur ein Marsch zur Freiheit werden.

Es lebe der Führer!

Der Chef des Stabes: gez. Luge ."

Die Ernennung des Obergruppenführers Luzze, Han­ nover , zum Nachfolger Röhms als Oberster SA - Stabs­chef großes Erstaunen hervorgerufen. Selbst alte SA. - Leute kennen den Träger dieses Namens nicht und haben niemals von ihm etwas Besonderes gehört. Man weiß lediglich, daß Luze früher als SA.- Führer in Elberfeld gewirkt hat, daß er dann als Polizeipräsident nach Hannover gerufen und dort schließlich Oberpräsident geworden ist und vom Grup­penführer zum Obergruppenführer avancierte. Es ist auch Tein Geheimnis, daß Luze ein völlig bedeutungsloser und infähiger Mann ist, der sich, wie wir zuverlässig wissen, in Erfenntnis seiner eigenen Unfähigkeit zunächst geweigert hatte, den ihm übertragenen höheren Verwaltungsposten an­aunehmen. Er ist eigentlich gegen seinen Willen befördert 3worden. Aus diesem Umstande schließt man, daß Hitler ihn bum Obersten SA.- Stabschef berufen hat, um ein ihm blind ergebenes Subjekt an der Spitze der gefährlichen SA. zu baben und vor neuen Umtrieben geschützt zu sein.

Meinerlei Unstimmigkeit"

Nur Mord unter Ministerkollegen

Die Kölnische Zeitung " wendet sich an das wieder einmal ganz schlecht unterrichtete Ausland:

Mit dem jetzt geführten Schlag ist eine schwere Sorge vom deutschen Volt genommen worden. Die Führer und Verführten in dieser Weuterei werden sich vor Gericht ( Gericht" nennt sich so etwas! Ned. d. D. F.") wegen Treu­losigkeit und Landesverrat zu verantworten haben. Aus der Aftion muß ein gesäuberter und gefestigter Staat hervor­gehen. Zwei Tage zuvor war bei einem Tee- Empfang zu Ehren der Vertreter der deutschen Außenhandelskammern yon autorisierter Seite gesagt worden, daß sich das Aus= land täusche, wenn es auf Unstimmigkeit und Spannungen in der Reichsregierung irgend= melche Hoffnungen sebe. Soweit solche Ansichten im Ausland bestanden haben mögen, sind sie jetzt als irrig widerlegt worden. Die in der Nacht zum Samstag unschäd­lich gemachten Elemente waren nicht die Träger eines Volkswillens, sondern ehrgeizige Abenteurer.

Die zwölf Lügen

..Hitler weiß alles"

In der kurzen Geschichte dieser SA- Revolution gibt es ein Dokument, das zum Schändlichsten gehört, was iemals der Führer" aus seinen Händen ließ. Amtlich wird ein Befehl Hitlers an den neuen Chef des Stabes veröffent­licht: 12 Punkte, die die Ursachen der Zersezung im Körper der SA , darstellen sollen und die entsprechenden Gegenmaß­regeln verkünden.

Hitler verlangt zunächst vom SA. - Führer vorbildliche Einfachheit". Er wünsche nicht, daß man kostbare Diners gibt oder an solchen teilnimmt. Er verbietet, daß Mittel der Partei für Freßgelage verwandt würden. Das luxuriöse Stabsquartier in Berlin habe monatlich bis zu 30 000 Mark für Festessen ausgegeben und sei sofort aufzulösen. Allen SA. - Führern sei die Teilnahme auch an sogenannten diplomatischen Diners verboten. Der Führer", der bekanntlich alles weiß", was im Land und im Kreise der Seinen geschieht, tut so, als ob er bisher auf dem Mond gelebt habe. Er gibt sich den Anschein, all diese Dinge gerade erst erfahren zu haben. Es ist blanke Lüge und Heuchelei, um das Blutgericht über die Rebellen zu begründen und sich die Sympathie der tieferschütterten SA. - Leute wieder zuzuwenden.

Denn er hat alles gewußt. Er befam dauernd die Berichte über die internen Vorgänge im verluderten Führerkreise. Nun hat er durchgegriffen. Er hat ruhig zu­gesehen, wie seine Vertrauten sein und seiner Garden An­sehen in Orgien verschwendeten. Jetzt auf einmal wird Hitler ethisch und moralisch, Tribun und Reiniger der deutschen Sitte von un­tauglichen Elementen, die Kraft seines Ver= trauens und unter seiner Verantwortung auf ihre einflußreichen Posten tamen.

Er tut auch so, als habe er nicht geahnt, was mit den Autos auf den sogenannten Dienstreisen getrieben wird. Punkt 5 und 6 lauten:

5. Ich wünsche nicht, daß SA.- Führer in kostbaren Limon: finen oder Kabriolets Dienstreifen unternehmen oder Dienst: gelder jür die Anschaffung derselben verwenden. Dasselbe gilt für die Leiter der politischen Organisationen.

6. SA. - Führer oder politische Leiter, die sich vor aller Oeffentlichkeit betrinken, find unwürdig, Führer ihres Volkes zu sein. Das Verbot nörgelnder Kritik ver­pflichtet zu vorbildlicher eigener Haltung. Fehler können jederzeit verziehen werden, schlechte Aufführung nicht. SA.= Führer, die sich daher vor den Augen der Oeffentlichkeit un­würdig benehmen, randalieren oder gar Erzesse veranstalten, sind ohne Rücksicht sofort aus der SA. zu entfernen. Ich mache die vorgesetzten Dienststellen verantwortlich dafür, daß durch­gegriffen wird.

Was Hitler hier fritifiert, war eine durchaus typische SA. Haltung. Das kostbare Auto gehörte zum Herrn Gauleiter, der Wein und die Mädchen dazu. Das Fußvolf amüsierte sich auf billigere Weise. Nur er, Adolf , ist immer rein geblieben und tritt jetzt mit dem feurigen Schwert unter die Sünder, die bisher ungestört in seinem Schatten tun fonnten, was sie wollten.

Auf einmal entdeckt Hitler auch, daß die Jugend ge­fährdet sei:

7. Ich erwarte von allen SA. - Führern, daß sie mithelfen, die SA. als reinliche und saubere Institution zu erhalten und zu festigen. Ich möchte insbesondere, daß jede Mutter ihren Sohn in SA. , Partei und Hitler- Jugend geben fenn, ehne

Furcht, er könne dort sittlich oder moralisch verdorben wers den. Ich wünsche daher,

daß alle S.- Führer peinlichst darüber wachen, daß Ver­fehlungen nach§ 175 mit dem sofortigen Ausschluß des Schuldigen aus SA. und Partei beantwortet werden. Ich will Männer als SA. - Führer sehen und teine lächerlichen Affen.

Das ist ein besonders klassischer Punkt. Hitler hat genau gewußt, welchen Gefahren die Jugend im Zeichen einer systematisch gepflegten Homosexualität ausgesetzt war. Er hatte Röhm zum intimsten Freunde, er fannte all die SA. - Führer, Gauleiter und Polizeipräsidenten genau mit Namen, die dauernd auf Jagd nach männlichen Schätzen waren. Er kannte die brutalen Perversionen in SA. - Kasernen, bei Folterungen und Quälereien. Jetzt stellt er sich an, als ob er die Jugend vor allem vor sittlicher Ge­fährdung beschützen wolle. Die Gefährdung besteht natürlich weiter fort. Sie ist ein Teil des SA. ­Geistes und längst tief und unverwischbar in die Hitler­Jugend eingedrungen: Der Säuberer fommt zu spät.

Dazu eine kleine saarländische Randbemerfung: Die, Saar­ brücker Zeitung " unterschlägt in ihrer Ausgabe vom Sonntagmorgen die Sätze des Punktes 7, die sich mit der Homosexualität im SA .- Lager beschäftigen. Ihre Wiedergabe endigt mit den Worten: sittlich und moralisch gefährdet werden." Ist die Unterschlagung auf eine Anwandlung von Echam über soviele verlogene Heuchelei ihres Führers" zurückzuführen? Oder wollte die Saarbrüder Zeitung" hitlerischer noch als Hitler sein, um der empfindsamen Deffentlichkeit der deutschen Front" diese Sittenbilder vom Aufbruch der Nation im geliebten drit= ten Reich" zu verbergen?

Die übrigen Punkte interessieren nicht weiter. Sie handeln von Gehorsam, Treue und Kameradschaft; sie verlangen Loyalität und Offenheit. Die SA.- Führer sollten ihre Stärfe auf den Gebieten suchen, die ihnen gegeben seien, und nicht auf solchen, die andern zufämen.

So entdeckt der Führer" plötzlich die wahren Aufgaben seiner A. Auf der Bahre liegen die Er­schoffenen. Vorgestern hätten sie, wenn sie gestorben wären, ein Staatsbegräbnis erhalten. Jcht wird man sie einscharren, nach dem alttestamentarischen Spruch:" Nicht gedacht soll ihrer werden..."

Sie waren, wahrhaftig, nicht unsere Freunde. Unter den Getöteten befinden sich einige der grausamsten und gewöhn= lichsten Typen der braunen Gewalthaber, wobei sich der Blick besonders auf den Fememörder eines richtet.

Aber gewiß nahmen es auch einige der Toten ernst mit dem Sozialismus, und sie erblickten im Führer den Ver­räter an den Idealen des Nationalsozialismus. Sie waren Rebellen, und jetzt wird Schande und Schmuß auf sie ge­häuft. Statt Kränzen legt ihnen der Führer" an ihren Särgen diese zwölf Punkte nieder.

Er konnte nichts Glücklicheres tun. Sie eigenen sich vor= trefflich dazu, das Charakterbild dieses Mannes vor dem ganzen betörten und betrogenen Volfe zu enthüllen. Mit ihnen geht die Illusion von seiner Wahrhaftigkeit und seinem ehrlichen Wollen zu Ende, die noch bis jetzt bei un zähligen Deutschen bestand.. Ein verlogener und demagogischer Volkstribun wittert Rata­strophe und Untergang.

wort vom autoritären" Kurs auf, der sich angeblich auf die Autorität Hindenburgs, in Wirklichkeit auf diejenige feines in der Verfassung nicht vorgesehenen Sohns", wie Theodor Wolff ihn nannte, stützte. Nach der Verfassung bedurfte die Regierung des Vertrauens des Reichtages. Jetzt bedurfte sozusagen der Reichstag des Vertrauens der autoritär ge­stüßten Regierung. Machte er nicht, was diese wollte, dann ourde er heimgeschickt, und er machte was die Autoritären avollten, um nicht heimgeschickt zu werden.

Die staatsrechtliche Theorie" für diese falte Abschaffung der Verfassung machte der Professor Karl Schmitt , iegt der Hof- und Leibrechtsverdreher der Hitlerdiktatur. Röhm fagte sich, daß er die Verfassung der Republit nicht mehr zu achten brauche als ihre gesetzlichen Vertreter. So wuchs die SA. Sie hatte schließlich in demonstrativer Weise ihre Ober­gruppenführungen am Siße der Reichswehrkommandos, war militärisch ausgebildet, bekleidet und ausgerüstet, was aber selbstverständlich von Röhm in der frechsten Weise geleug­net wurde. Rur so viele Waffen, als sie Mannschaften batte, konnte sie denn doch nicht in der Weimarer Republik austreiben.

Der Machtkoller Hitlers und Röhms wuchs unter diesen Umständen ins Ungemessene. Als Brüning gar im Januar 1932 Hitler zu sich bat, um ihn zu bewegen, der Neuwahl Hindenburgs nach Ablauf seiner Wahlzeit nichts in den Weg zu legen, ließ sich Hitler auf das dringende Verlangen seiner Unterführer als Gegenkandidat gegen Hindenburg für die Reichsprästdentenschait aufstellen, nachdem er zuvor durch eine Schiebung( Scheinernennung zum braunschweigi­schen Regierungsrat) in den Befitz der deutschen Staatsan­Achörigkeit gelangt war. Brüning wagte es nicht, diese Schiebung als eine solche zu bezeichnen und Hitler als Aus­länder von der Kandidatenliste zu streichen. Nach Hitlers Wahiniederlage rächte er sich an ihm durch Auflösung der A., die von Hindenburg , Brüning und Gröner im April 1932 verfügt wurde. Das Meisterstück, Brüning und Gröner hierwegen zu stürzen und den da­mals fast unbekannten Papen zum Reichs­fanaler au machen, vollbrachte Röhm in 8u­sammenarbeit mit dem jest ermordeten Ge neral von Schleicher. Um zu wissen, wer Herr Adolf Hitler ist und was seine Sprüche über Treue und andere germanischen Tugenden wert sind, braucht man nur nach­zulesen, was über die damaligen Tage Goebbels in seinem geschwäßigen Hintertreppenbuch Bom Kaiserhof zur Reichs­fanzler" berichtet. Hitler wäre heute nicht deut­icher Diktator, wenn Röhm und Schleicher nicht gewesen wären.

Kein Wunder, daß Nöhm für so viele Taten nach dem " Umbruch" mit allen nur denkbaren Ehren überhäuft wurde. Er wurde nicht nur bayrischer Staatssekretär und Ehrenbürger des Bayrischen Staates( diese eigens geschaffene " Würde" haben außer ihm nur Hindenburg und Hitler , ein jetzt besonders bemerkenswertes Trio von Ehrenbürgern), sondern auch Reichsminister und selbstverständlich

unbeschränkter Herr der A. Es wurde ihm das Recht eingeräumt, eigene Auszeichnungen namens der SA. zu verleihen, wofür er bezeichnenderweise einen Ehren­dolch" wählte. Er war Herr über Leben und Tod nicht nur für seine Leute, sondern durfte sogar einen Ufas heraus­geben, in dem er seine A.Männer ermächtigte, falls einem A. Mann etwas passiere, im Wege der Selbstjustiz kurzhändig eine bestimmte An= zahl von unbeteiligten Gegnern zu erle= digen". Röhm machte von seiner Macht in der schamlosesten Weise Gebrauch, verfehlte selbstverständlich auch nicht, seinen Leuten jedweden Spartanismus zu predigen und sich selbst nach Kräften zu bereichern, so daß er nach sehr kurzer Zeit schon als Besitzer eines palastähnlichen Hauses in der Haupt­villengegend von München figurierte.

Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Röhm und die SA . in besonderem Maß eine öffentliche Gefahr für Deutschland wurden, schwieg die Sozialdemokratie über die andere Seite des Privatlebens von Röhm. Sie betrachtete Röhms homosexuelle Veranlagung als seine Privasangelegenheit. Als aber Röhm einen Teil seiner homosexuellen Stumpane, der Ernst, du Moulin- Eckhardt, Graf Spredi, Reiner, Hell­dorf usw., in führende SA .- Stellen brachte, so daß an der Spize dieser Vereinigung Hunderttausen= der von Jugendlichen eine ganze Sammlung Pervertierter stand, als außerdem bekannt wurde, daß Röhm fich troß seiner öffentlichen Stellung in ordinärer Weise auf öffentlichen Straßen und Plätzen an Strichiungen heranmachte, schweinische Briefe an homosexuelle Freunde schrieb, in eine Reihe von Strafverfahren nach§ 175 ver­wickelt war, gleichwohl aber in schamloser Heuchelei Dienst­befehle erließ, wonach geschlechtlich Abnorme vom Dienst in der SA . ausgeschlossen seien, sprach die sozialdemokratische Preffe diese Tatsachen aus.

Wiewohl sie dokumentarisch belegt waren, deckte Hitler Röhm nicht nur, sondern ließ die Behauptungen der sozial­demokratischen Presse in der gesamten Nazipresse als niederträchtige Lügen brandmarken. Röhm selbst strengte Straf- und Zivilprozesse an, zog sie aber wieder zurück, als die angegriffenen Zeitungen Wahrheitsbeweis antraten. Der Oberleutnant zur See a. D. Kloz, der die Liebesbriefe Röhms im Faksimiledruck veröffentlichte, wurde wegen seiner angeblichen Fälschung( die sich vor Gericht natürlich als echt herausstellte) von vier Naziabgeordneten des deutschen Reichstags schwer verprügelt und nach dem " Umbruch" von der Hitler - Regierung ausgebürgert. Gleich­zeitig aber wurden Mordpläne gegen Röhm und seinen da­maligen Mitarbeiter Bell bekannt( Bell haben die Nazi im März 1933 ermordet). Röhm flüchtete in Todesangst zu dem Reichsbannerführer Major Mayr und vertraute ihm die Mordpläne an. Als die nationalsozialistischen Täter dingfeit gemacht und bestraft waren, bestritt Röhm in öffent­lichen Erflärungen die Unterredung mit Manr. Es stellte sich heraus, daß die gedungenen Mordbuben von einer dem braunen Haus nahestehenden cite angeftiftet waren, gifenbar well Röhm well Röhm

einem Teil der Nazi durch die Enthüllungen über sein Privatleben als nicht mehr tragbar erschien. Wiewohl es flar erwiesen wurde, daß Röhm selbst niemand anders als die Nazireichsleitung der Anstiftung zum Mord beschuldigt batte, erflärte Hitler öffentlich, daß er mit Röhm stehe und falle.

Nach dem Umbruch" nahm das Liebesleben" Röhm3 unerhörte Dimensionen an. Jetzt, wo er sozusagen sich außer halb des Gesetzes fühlte, war es ein offenes Geheimnis, daß seine Gewissenlosigkeit gegenüber Jugendlichen feine Grenzen mehr fannte, so daß es Heiterfeit und Entrüstung zugleich erregte, als gerade Röhm im vorigen Jahr sich mit cinem Erlaß" gegen Sittlichkeitsschnüffler und Mucker" wendete. Zum letzten Mal hat die Veranlagung Röhms cine gewisse politische Rolle insofern gespielt, als es sich erwies, daß der Reichstagsbrandstifter van der Lubbe auf seiner ( im Besiße des ermordeten Bell befindlich gewefenen) Liebesliste" verzeichnet war.

Herrn Hitler aber verursachte alles dies keine Gewissens­biffe, solange er Röhm zu seinen unbedingt ergebenen Tra banten rechnete. Erst als sich die Gerüchte verdichteten, daß Röhm den Urlaub" der SA. als eine Vorbereitung ihrer Auflösung anfehe, und daß er deswegen frondiere, wurde Hitler moralisch, fuhr nach Bad Wiessee und überraschte" dort, wie es in der Bekanntmachung der Reichspreisestelle der NSDAP . vom 30. 6. 34 heißt, Röhm und seine Kumpane mit Luftknaben" in den efelhaftesten" Situationen. Je ẞt auf einmal war Röhm wegen der Dinge. die Hitler seit Jahr und Tag wußte, zu einer sittlichen Bestbeule" geworden. Jezt auf einmal ist er parteiamtlich ein frankbait ver­anlagtes Wesen". Jetzt auf einmal wird sogar zugegeben, daß Hitler durch die Deckuna Röhms in schwerste Gewissens­konflikte" gebracht worden sei.

Ernst Nöhm ist nie ein sympathischer Mensch gewesen. Dazu war er zu verlogen und zu brutal. Gegenüber den Leuten, die sich jetzt ihm gegenüber sittlich in die Brust merfen, steht er immerhin erhaben da. Persönlich war er der Knecht seines ungezügelten Trieblebens. dem die Verhält= nisse nur allzufehr entgegentamen. Intellektuell war er, was etwas heißen will, noch unter dem Nazidurchschnitt. Er war geistig eine Landsknechtanatur, die um einige hundert Jahre aut spät geboren war. Seine monoman einseitia soldatische Denkungsweise war die Quelle seines infernalischen Hasie gegen alles, was er au Recht oder zu Unrecht im Verdacht hatte, ein Gegner des Militärischen zu sein. Sein größter Ehrgeiz war, die SA . in die Reichswehr ein­zugliedern und selbst an die Spitze der Reich 3- wehr zu treten. Diesem Ziel ordnete er alle seine Ge­danken unter. Er ist gefallen, weil er alaubte. gegen den­jenigen aufmucken zu dürfen, der ihm alles verdankte.

Sein persönliches Ende ist, das ist für jeden Kenner der Berhältnisse gewiß, der Anfang der aaloppierenden Schwind­sucht der Hitlerei, das Eingeständnis der Zeriebung aller menschlichen Werte in einer Bewegung, die sich anmaßte, ein 60- Millionen- Volk ethisch zu ernenern..