Pariser   Berichte

Die Entdeckerin des Radiums Madame Curie   ist gestorben

Paris  , 5. Juli.

Eine der berühmtesten Frauen ist gestorben: Madame Curie  , die Entdeckerin des Radiums, eine Frau, deren unge­wöhnliche Leistung für die Wissenschaft schon seit Jahr­zehnten in der ganzen Welt das größte Aufsehen erregt. Sie starb in einem Sanatorium, das sie bereits vor einigen Wochen aufsuchen mußte. Die Siebenundsechzigjährige hinterläßt ein Werk, für das man bestimmt nicht leicht einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin finden wird.

Madame Curie  , die mit ihrem Mädchennamen Marie Sklo­ dowska   hieß, war von Geburt Polin, im Jahre 1895 wurde sie Französin durch ihre Heirat mit Pierre Curie  , und mit ihm verband sie sich zum Aufbau jenes für die Wissenschaft, für die Menschheit so segensreichen Werkes, von dem man überall auf der Erde gesprochen hat und noch heute spricht. Pierre und Marie Curie   hatten zuerst das Polonium entdeckt, das heute bereits vergessen ist, dann aber entdeckten sie das Radium, jenes radioaktive Metall, das heute schon jedes Kind wenigstens dem Namen nach kennt. Diese Entdeckun­gen trugen dem Forscher- Ehepaar im Jahre 1904 den No­bel- Preis ein. Fast um die gleiche Zeit erlangte Madame Curie  den wissenschaftlichen Doktorgrad für ihre These vom Wesen der Radioaktivität.

Im Jahre 1906 starb Pierre Curie   an den Folgen eines Un­falls, und seine Frau führte das gemeinsam begonnene Werk fort. Der Rektor der Pariser   Sorbonne, die für Pierre Curie  einen besonderen Lehrstuhl geschaffen hatte, entschloß sich sogar, diesen Lehrstuhl nunmehr auf Madame Curie   zu übertragen, sie ist die erste und einzige Frau geblieben, die einen offiziellen Lehrauftrag an der Sorbonne erhielt. Sie wurde Mitglied der medizinischen Akademie, und ihr Hörsaal wurde fast zu einem Tempel des Radiums, der von andäch­tigen Zuhörern stets überfüllt war und in dem Madame Curie  kaum noch wie eine Lehrerin, sondern eher wie eine Prie­sterin dozierte.

Bis vor ganz kurzer Zeit hat Madame Curie   in ihrer schwar­zen Bluse vor ihrem bewundernden Auditorium in der Sor­

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bonne gestanden, und es wird wahrhaftig schwer sein, für diese einzigartige Frau eine Nachfolgerin zu finden. Sie war die erste Frau, die an der Sorbonne lesen durfte wird sie auch die letzte gewesen sein?

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Wohin man auch seine Blicke wenden mag, nirgends wird man vorläufig eine Persönlichkeit finden können, die würdig wäre, diese große Erbschaft anzutreten. Als Pierre Curie  starb, hatte die Wissenschaft das Glück, in Madame Cu ie als seiner Mitarbeiterin und Gefährtin die berufene Ver­walterin seines Werkes zu besitzen, jetzt aber fragen sich die Kapazitäten der Wissenschaft mit Recht, wer nunmehr die Berufung zur Fortführung dieses Werkes besitzt.

Vielleicht wird es der Schwiegersohn der Madame Curie  sein, Herr Jolliot, der schon seit vielen Jahren ihr wissen­schaftlicher Mitarbeiter im Radium- Institut ist, vielleicht wird es auch ein anderer sein, in jedem Falle aber wird es eine höchst verantwortungsvolle Aufgabe für jeden sein, der es unternähme, das mit dem Namen Curie   verbundene Amt zu übernehmen.

Die sterblichen Ueberreste von Fran Professor Curie, der berühmten Physikerin und Trägerin des Nobelpreises, wurden gestern um 11 Uhr vormittags auf dem Friedhof in Sceaux   bei Paris   in dem Erbbegräbnis der Familie beige­setzt. Man hatte die Tote am Mittwoch abend in aller Stille aus dem Sterbehaus in Sancellemoz nach Paris   überführt, wo sie zunächst an der Stätte ihrer wissenschaftlichen Wirksam­keit, in der Rue Pierre- Curie  , aufgebahrt wurde. Es entsprach

Im Auto durchs Schlaraffenland Worauf er taucht und jeden von uns ins Bein kneift. Ich

Die Märchenküste

Monte- Carlo  , im Juni.

Mittag. Die Sonne steht fast senkrecht über uns. Wir sausen den Palmenquai von Cannes   entlang. Jetzt in die Kurve, herum um die Halbinsel Juan les Pins  . Am Strande  tummeln sich Bronzemädels, springen vom Turm, reiten auf Gummipferden und fliten mit kleinen Kanus über die Wellen. Auf der Spitze der Halbinsel liegt das ,, fashionable­ste" Kasino der Riviera: Palm Beach". Es ist ganz in marokkanischem Stil gebaut. Zwei haushohe Palmen stehen neben dem Portal. Rotbefrackte Negerherolde empfangen mit Dreispitz und Stab die Rolls Royces. Hier erreicht der Snobismus seinen Gipfel. Weiter geht es nicht mehr. Der glitzernde Bau wirkt wie ein Hohn auf diese Zeit, wie ein Dementi aller Erdennot.

Immer am Ufer entlang. Himmelblau und rosenrot liegen in blühenden Feengärten die Bungalows. Hollywood   kann nicht anders ausschauen. Die Luft ist süß und schwer, ein betäubendes Parfüm. Es riecht nach Zitronen, Rosen und Orangen. Es duftet nach tausend unbekannten Blumen. Diese Luft ist eine Wohltat für die Sinne.

Antibes  . Weiß und hart liegt das Städtchen am Meer. Mit flachen Dächern und Wäsche in den Fenstern. Sonnendurch­glüht, dabei kahl wie eine Festung. Hier kehrt kein Frem­der ein. Das hindret uns nicht, einen kleinen Ladenbesitzer für die Saison aller Sorgen zu entheben, indem wir nahezu seine gesamten Lebensmittelvorräte aufkaufen. Unser Kas­senwart und Mundschenk   gestattet sogar eine Flasche Sekt für 9 Franken. Dabei kommt der einzelne billiger weg als mit Bier.

Mit dem ersten Gang preschen wir hinauf in die Villen­viertel oberhalb von Nizza  . Wir nehmen unser Picknick auf einer Wiese zwischen Pinien und Kakteenbäumen. Das Meer erglänzt weit hinaus.

Nach dem Sektgelage" gondeln wir hinunter auf die Promenade des Anglais. Deren Prunkfassaden sind viel zu gewichtig und überladen für diese leichte, edenhafte, be­schwingte Welt. Ueberhaupt scheint mir eine Stadt mit regel­rechten Autobussen und Straßenbahnen schlecht an die Azur­küste zu passen. Nizza   ist das Kuckucksei in einem Kolibri­

nest.

Wir parken vor dem Meereskasino. Drinnen wickelt eine Pariser   Revuetruppe gerade ihre Nachmittags- Vorstellung ab. Wer bei diesem Wetter dort hineingeht, muß schon einen Sonnenstich haben. Um uns vor dem gleichen Schicksal zu bewahren, stürzen wir uns blindlings ins Mittelmeer  . Einer äußert er fühle sich wie ein junger Gott in Frankreich  .

frage: Ist das ein Benehmen für junge Götter?

*

Ueber die zweite Corniche eilen wir durch Felsentore und hängende Rosengärten zum Tee in den Schlaraffenstaat. Bald begegnet uns sein erstes Symbol in Gestalt eines behäbigen Polizisten. Der regelt in buntem Fantasiekostüm nach neuesten Grundsätzen den schlaraffischen Verkehr. Lächelnd weist er uns den Weg zum Finanzministerium, will sagen Spielkasino. Die Schlaraffen von Monaco   zahlen nämlich selber keine Steuern. Das überlassen sie den Fremden. Es ist angenehmer so. Tun sie überhaupt nicht viel; sie leben von der Schönheit ihrer Heimat. Arbeitslosigkeit erscheint ihnen noch als Idealzustand. Wie mittelalterlich sind heute schla­raffische Anschauungen geworden!

Was bieten die Monegassen den ausländischen Steuer­zahlern? Diese Zeilen schreibe ich in einem Gartencafé ge­genüber dem Kasino von Monte- Carlo  . Leise Geigen spielen die süße Melodie von Dvorak  . Vor mir liegt der schönste Platz, den ich bisher gesehen habe. Warum wirkt er so be­zaubernd? Ein Polizeimann, diesmal mit Tropenhelm und ganz in weiß, macht zwischen Chrysanthemen seine Frei­übungen. Darum! Durch eine Luft wie Champagner fahren in blitzenden Wagen die elegantesten Mädchen. Darum, da­rum! Auf der Freitreppe zum Kasino ist ein blauer Sammet­teppich ausgebreitet, fünf Meter davon sprießen Palmen und Kakteen. Darum, darum, darum!

Am Abend wird der Ausblick noch überboten. Durch eine technische Kunst, die ihresgleichen sucht. Die Anlagen zwi­schen Hauptstraße und Spielsaal werden erleuchtet. Aber wie?! In den Palmen und Pinien sind Scheinwerfer ange­

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dem letzten Willen der großen Wissenschaftlerin, daß die Bei­setzung in aller Stille stattfand. Nur ihre beiden Töchter und einige Mitarbeiter nahmen an der Beisetzungsfeier teil, bei der keinerlei Reden gehalten wurden.

100 Prozent Dividende einer französischen  Sprengstofffabrik

DNB. Paris, 7. Juli. Das Deuvre" greift aus dem Jahrsbericht der französischen   Gesellschaft zur Herstellung von Cheddit, Explosivstoffen heraus, daß diese Firma, die über ein Stammkapital von 1600 000 Franken verfüge, im Berichtsjahr über sechs Millionen Franken Abschreibungen vorgenommen hat und 1800 000 Franken Gewinn verzeichnen konnte, was die Verteilung einer Dividende von 100 Franken je 100 Franken Aktienkapital erlaube.

bracht. Die fallen auf die Blumenbeete in der Mitte. Die Büsche zwischen den Bäumen erstrahlen von innen heraus. Wir Das Kasino im Hintergrund wird taghell beleuchtet. sperren Augen, Mund und Nase auf und geben uns dem ein­zigartigen Bilde hin.

Die Riviera ist heutzutage ein Unikum in Europa  , völlig regelwidrig und ohne jede Beziehung zur Zeit. Vor zwanzig Jahren verbrachte jedes ,, bessere" Hochzeitspaar hier seine Flitterwochen. Das hat sich geändert. Neunzig Prozent der Bürger des Festlandes, die einst in jedem Frühling hierher fah­ren, können sich das heute nicht mehr leisten. Amerikaner und Engländer beherrschen das Feld.

Interessante Frage: Was wird aus der Cote d'Azur  , wenn ihre Ernährer einmal schlappmachen? Wenn der Kapitalis­mus sich nicht rechtzeitig erneuert? Können Sie sich etwa eine bolschewistische Riviera vorstellen? Ich mir nicht. Es wird nicht so weit kommen.

Wir sind totmüde und legen uns irgendwo bei Mentone ins Gras. Am Himmel stehen tausend Sterne, so viele wie nie in unseren Gegenden. Wir blicken so lange in die Milch­straße, bis uns die Augen zufallen.

Am nächsten Morgen stellen wir fest, daß wir unter Apfel­sinenbäumen genächtigt haben. Eine Grapefruit frisch vom Baum bildet unseren ersten Imbiẞ. Hinein in den neuen Georges Guillaume. Tag!

Für den Gesamtinhalt verantwortlich: Johann Biz in Dud­ weiler  ; für Inserate: Otto Kuhn in Eaerbrüden. Rotationsdrud und Verlag: Verlag der Volksstimme GmbH., Saarbrüden 8, Schüßenstraße 5.- Schließfach 776 Saarbrücken  .

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