Die Saar und die Gangstermorde Unruhe in der deutschen Front

Bisher hat die gleichgeschaltete Presse an der Saar zu allen Untaten des Hitlerregimes im Reiche geschwiegen. Rüdgliederungsziel nicht zu gefährden.

Wie man im Reich über die Stimmung der Saarländer lügt ie hielt Disziplin", um den Abſtimmungskampf und das

Das Hakenkreuzbanner" in Mannheim ( Nr. 309) läßt sich von unserem ständigen Saar - Korre spondenten" berichten:

Die Bevölkerung, durch die überraschende Aktion des Führers sichtlich beunruhigt, begriff schnell, was sich tatsäch­lich im Reiche abspielte. Sie verstand, daß der Kangler nicht länger gewillt war, unwürdige und unfähige Männer in Amt und Würden zu lassen. Sie empfand eine ungeheure Hochachtung vor der Wucht, der inneren Geschlossenheit und Stärke der Bewegung, die selbst nicht vor hohen und höch­sten Männern Halt machte und rücksichtslos Mißstände und Uebergriffe ans Tageslicht zerrte. m so freudiger wurde in diesen Tagen der Arm zum deut schen Gruß erhoben, weil man instinktiv empfand, welche Gefahr durch das entschlossene Verhalten Adolf Hitlers von dem deutschen Volfe abgewendet wurde. End­lich fanden die bekannten zwölf Punkte an den neuen Stabs­chef ungeteilte Zustimmung.

Seit zwei Monaten wird im Reich der Kampf gegen Saboteure und Miesmacher geführt. Derselbe wurde vom Saarvolt nicht immer richtig verstanden. Heute weiß man: Der Kampf gegen die Saboteure, gegen die unterirdischen

Giftfüchen, die sich nicht scheuten, ein Todesferum für das

eigene Volk zu brauen, dieser Kampf ist zu Ende. Die im Saargebiet erscheinende gleichgeschaltete katho­lische Saarpfalz " weiß ganz anders über die Stimmung der Saarländer zu berichten. Sie leitartikelt am 8. Juli: Es gehen im Zusammenhang mit den Vorkommnissen des 30. Juni, 1. und 2. Juli in Deutschland mancherlei Gerüchte um. Wir sind leider bis heute nicht in der Lage, alle Gerüchte, die zum Teil sogar gedruckt wieder­gegeben werden, zu widerlegen, da uns bis heute eine amtliche Verlautbarung aus Deutsch Iand nicht zugegangen ist. Wir nehmen an, daß es der deutschen Regierung bis heute nicht möglich war, eindeutig und flar ursächlichkeit, Tatsächlichkeit und Verlauf der Staatsnotwehr" darzulegen.

Es ist jedoch mit unserer Annahme allein nicht gedient; denn wir fragen uns mit Recht, woher alle diejenigen, die von uns Aufklärung fordern, inzwischen ihre Aufklärung daß der Presse der deutschen Front" schlechthin abträglich ist, wenn sie nur Meldungen zu widerlegen versuchen muß, über deren Un= richtigteit sie nicht einmal orientiert ist. Wir haben wiederholt dazu Stellung genommen und bekennen das auch heute wieder, daß wir nicht mit gewissen Me­thoden, die vielleicht im Reich angebracht sein mögen, über­einstimmen, so weit es unsere engere Heimat betrifft. Nach dem Ablauf der Dinge glauben wir auch das Recht zu haben, heute festzustellen, daß diese unsere Meinung richtig war und ist.

erhalten. Dabei sind wir durchaus der Auffassung, babes

Daß diese unsere Auffassung ausgerechnet erhärtet werden muß an den Vorkommnissen des 30. Juni, 1. und 2. Juli, ist für uns besonders tragisch; wir haben immer versucht, gerade unsere saardeutschen Interessen in Einklang zu bringen mit den reichsdeutschen Interessen: d. h. wir waren, sind und bleiben der Auffassung, daß es für alle nur ein Ziel geben fann, die Rückkehr zum deutschen Vater­land. Für dieses Ziel haben wir uns immer eingesetzt.

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Man darf uns aber auch diese Arbeit nicht allzu sehr erschweren. Insbesondere darf man uns nicht zumuten, zu manchem zu schweigen, was hier nicht verschwiegen werden darf. Dabei wollen wir gar nicht an diejenigen erinnern, die uns zugemutet haben, über ge­wisse Fragen solange zu schweigen, als unsere engere Heimat noch nicht zurückgegliedert ist. Wir betonen, daß wir diesen Dilettanten standpunft ab= lehnen.

Es ist für uns durchaus untragbar, daß wir nach Ablauf einer Woche noch nicht einmal in der Lage find, über diejenigen Vorkomm nisse amtlich zu berichten, die heute nicht nur das Tagesgespräch im Reich, sondern auch im Saargebiet bilden. Alles fragt sich, wo­hin zielte das Komplott, wie waren die Zusammen= hänge und wer waren die Führer des Komplotts. Das ist und bleibt heute, morgen und übermorgen die große Frage, die beantwortet werden muß. Wir hoffen und wünschen, daß über diese Fragen baldigst Aufklärung gegeben wird.

Totenamt

,, Ein Requiem ist Rache nicht, ein Requiem nicht Sühne"

Saarbrücken , den 11. Juni 1934.

In der größten Kirche des Saargebietes, St. Michael, in Saarbrücken wurde heute morgen ein Requiem für den er­mordeten Katholikenführer Berlins , Dr. Klausener abge­halten. Troß der ungewöhnlichen Stunde war das Gottes­haus überfüllt. Katholiken aller Stände trauerten um ihren vorbildlichen Führer. Der Altar war mit einem riesigen Trauerflor versehen. Die Fahnen sämtlicher fatholischer Ver­bände hatten Aufstellung genommen und waren ebenfalls beflort. Prälat Schlich bat zum Schluß des Requiems die Gemeinde, zwei Vaterunser für den eines gewaltsamen Todes gestorbenen fatholischen Führer" und ein Vaterunser für unser armes, gequältes Vaterland" zu beten.

Die schwer erschütterte Saar Pariser Meinung

Paris, 11. Juli. Der Petit Parifien" macht längere Aus­führungen über die Aussichten der Rückgliederung des Saar­gebietes an Deutschland . Er meint, daß die Führer der deutschen Front", Pirro, Röchling , Kiefer und Levacher, nach Berlin gereift seien, um Hitler über die katastrophale Lage der Hitlerfreunde im Saargebiet zu unterrichten. Dazu habe beigetragen die wirtschaftliche Situation des Reiches, dann aber auch die Wirkung, die die Ereignisse des 30. Juni ge­habt hatten. Man könne ruhig sagen, daß die deutsche Front" sich in voller Auflösung befände, während die Anhänger des Status quo täglich neuen Zulauf erhielten. Nach der Ver­trauenstrise um die Marf gebe es jetzt an der Saar eine Vertrauenstrife an dem ehrlichen Willen der deutschen Regie: rung. Man könne wohl sagen, daß die Sache des jetzigen Saarregimes auf dem besten Wege sei, d. h. das kaum Ans: ficht zu einer Rückgliederung des Saargebietes an Deutsch­ land bestände.

Täglich Saar - Justiz

Was sagt die Abstimmungskommission?

Landgerichtsdirektor Kilz in Saarbrücken hat als Vor sitzender des Schnellgerichts den Emigranten Peter Bitz mit 3 Monaten und 3 Tagen Gefängnis bestraft, wegen des Zusammenstoßes in St. Arnual , anläßlich der Rück­kehr des Bundes der Opfer des Kriegs und der Arbeit von ihrem Sonntagsausfluge. Der Umzug des Bundes mit Musik war polizeilich genehmigt. Der Landgerichts direktor erlaubte sich nach dem Prozeßbericht folgende unerhörte Bemerkung:

Der Zug stellte an sich eine Provokation dar, wenn er auch genehmigt war." Der Landgerichtsdirektor denkt, wie jeder kleine Polizei beamte im Saargebiet auch: Alle Umzüge mit Hitler­Anhängern und Heil- Hitler- Rufen sind angemessen und stellen eine Provokation der freiheitlich gesinnten Be­völkerung nicht dar. Alle Umzüge der Hitler - Gegner da­gegen sind von vornherein ein Provokation und eine unzulässige Herausforderung der saarländischen Be­völkerung.

Solange die Beamten des Saargebietes dieser immer wieder bewiesenen Einstellung huldigen, verletzen sie ihre Neutralitätspflicht und geben Ursache für bedauernswerte Zusammenstöße. Diese einfache Wahrheit scheint für den größten Teil der Beamtenschaft unfaßbar zu sein. Will die Abstimmungskommission hier nicht einmal gemein­verständlich eingreifen?

Hier fünf Tage­

einen Täters festzustellen. Aber noch ehe der Name des zweiten ermittelt werden konnte, fuhren fünf Nazis auf Rädern vor, die die Auskunft gebenden Angenzengen anf solch eindrucksvolle Art verscheuchten, wie sie bei den Herren Hitlerianern beliebt ist!

Der eine der Schläger hat sich zu verantworten. Es ist der 28jährige Schlosser Anton Gaul. Gemeinschaftlich han­delnd mit einer bisher nicht ermittelten Person, wird ihm gefährliche Körperverlegung und Nötigung vorgeworfen. Was sagt der Herr Nationalsozialist? Wir kennen die Taktik dieser Kämpfer" zur Gebühr: Der Gegner wird erledigt, aber nachher ists man selber niemals gewesen, da wird die Verantwortung für eine feige Tat zwei gegen einen auf keinen Fall übernommen. So auch heute: Gaul erklärt in seiner Einlassung, daß der Unbekannie", derjenige wel: cher es gewesen wäre.... Er hätte lediglich als Augenzeuge dabei gestanden, nachdem ihm der Zeitungsverteiler eine " Boltsstimme" in die Hand gedrückt habe...

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Das Gericht unter dem Vorsitz von Landgerichts- Direktor Oster fällt den Spruch:

Wegen gefährlicher Körperverlegung fage und schreibe vier Tage Gefängnis, wegen Nötigung zwei Tage, eine Strafe, die in insgesamt fünf Tage Gefängnis zusammen zuziehen ist.

Strafmildernd wird beurteilt, daß der Angeklagte noch nicht vorbestraft ist.

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dort drei Monate! sängt werden, würden es begreiflich erscheinen lassen, wenn

Unhaltbare Urteile vor dem Saarbrücker Schnellgericht

Am Samstag wurde der Verteiler der Volksstimme", der Hüttenarbeiter Heinrich Firemer von zwei National­sozialisten überfallen, niedergeschlagen und schwer mißhan­delt. Noch auf den am Boden liegenden drang man ein, ver­letzte ihn schwer an Händen und Armen und entriß ihm den Paden Zeitungen, den er noch bei sich trug, wobei er mit heftigen Fußtritten und Schlägen auf die Brust und Seite regaliert wurde. Als der Gegner fast besinnungslos dalag und sein Bruder inzwischen zur Hilfe herbeieilte, suchten die großartigen Nachahmer ihres Adolfs Hitler schleunigst das Weite. Mittlerweile war es gelungen, die Personalien des

Wir erheben die Frage an die Verantwortlichen: Auf welche Strafe wäre erfannt worden, wenn ein Verteiler der Deutschen Front" oder Herrn Schlemmers Abendblatt " von Antifaschisten überfallen und niedergetrampelt worden wäre? Die letzten Urteile der Saarjustiz, die um das heutige er­über einen solchen Delinquenten das Höchststrafmaß in der erdrückenden Schwere des Gesetzes verhängt würde. Auch am Montag stand ein Nichtvorbestrafter vor dem Schnellrichter. Er hatte einen Gegner, der die behördlich ge­nehmigte Demonstration, an der er teilnahm, dauuernd pro­vozierte, einen Schlag versetzt. Dafür wurde er von der Poli­zei so sanft" aus dem Zug gerissen, daß seine Kleidung zer­fetzt war. Für diesen Angeklagten gab es drei Monate Aufenthalt im Freiquartier der Lerchesflur, und er wurde sofort in Haft genommen. Was wollt ihr? Ein anti­soschistischer Emigrant! Wie ist sein Fall" mit dem eines aufrechten Hitlerfämpfers zu vergleichen? Daß er nicht zu vergleichen ist, bestätigen die fünf Tage Gefängnis, die die Saarjustiz am Dienstaamittag über den braunen Schläger verhängte

Aber damit ist es jetzt aus. Die Menschen an der Saar sind unruhig und ungläubig geworden. Sie lassen sich die Vertuschungen und Beschönigungen ihrer Presse nicht lange mehr bieten. In diesem Gefühl wagen sogar die gleichgeschalteten Zeitungen ernste Mahnungen und besorgte Fragen.

In der Erwartung der Reichstagsfißung schreibt die katho­lische Saarbrücker Landeszeitung":

Es ist nicht gut anders möglich, als daß der Reichs­fanzler bei dieser Gelegenheit eine rückhaltlose Darlegung der tragischen Vorgänge gibt, von denen das Volt bislang eine nur sehr unflare Vorstellung hat. Darüber hinaus wird es notwendig sein, endlich die Namen der Getöteten be= fannt zu geben und das Maß der Schuld an= zugeben, das ihnen zugewiesen wird. Wir sagen das gerade vom Saargebiet aus, das seit dem 30. Juni von einer Agitation heimgesucht wird, wie sie in dem Kampf der letzten anderthalb Jahre hier wohl nicht erlebt worden ist. Die deutschfeindlichen Blätter über­bieten sich gegenseitig in den Bemühungen, das Dunfel, das noch immer die Aktion des 30. Juni umgibt, auszu­nußen..... In diesen Tagen eines noch dunklen Ge­schehens war hier an der Saar manches Wort der Sorge und der Kritik zu hören. Aber das berührte nicht die große geschichtliche Aufgabe, für die wir hier, eine der letzten Schlachten des Weltkrieges schlagend, als Deutsche im Kampfe stehen. Dieser Kampi ist kein politischer Kampf. Wir fämpfen nicht für ein System, sondern für das deutsche Volf. Wir kämpfen nicht für Personen, sondern für das Reich. Diese Feststellungen, denen die Haltung der überwäl­tigenden Mehrheit der Saarbevölkerung entspricht, hin= dern uns nicht, dieser und jener unlieb= samen Erscheinung in Deutschland deutlich unser Mißfällen auszudrücken. Sie hindern uns auch nicht, im Namen der Wahrheit und Klarheit offene Aufklärung über das zu verlangen, was sich so= eben in Deutschland ereignet hat. Wir fordern diese Aufklärung auch über das von uns bereits wieder­gegebene Gerücht, daß die Leiche Dr. Iaufeners auf Veranlassung amtlicher Stellen eingeäschert worden sei. Ein Dementi dieser im Saargebiet seit Tagen ver­breiteten Mitteilung ist bisher noch nicht erfolgt, es be= steht deshalb aller Grund zu der Annahme, daß sie wirklich zutrifft.

So geht es noch eine Weile weiter. Die Aktienmehrheit der Saarbrücker Landeszeitung" befindet sich in den Hän­den der Reichsregierung. Selbst der sich daraus ergebene Zwang wird durchbrochen durch die Worte der Sorge und der Kritik", die heute allenthalten an der Saar vernehm bar sind.

Hinzu kommt, daß die ganze deutsche Front" sichtbar zu wanten beginnt. Es gibt dafür eine Reihe von Symptomen. Das Nationalblatt", Organ der NSDAP. in Trier , schreibt, man könne sich des Ein­drucks nicht erwehren, daß hier Kräfte am Werk sind, die zwar in der deutschen Front" tätig sind, die aber in einer wahrhaft deutschen Front nicht die Spur zu suchen haben dürften. Kleine Geister sind es, die das er­bärmliche Jch der eigenen Person und eines winzigen Ge­bietes über das deutsche Volt, über unser Deutschland stellen. Einerlei, wo immer diese seltsamen Patrioten" heute noch stehen mögen, einmal wird ja doch der deutsche Mensch an der Saar sein Urteil fällen über diese mehr als minderwertigen Zeitgenossen, die uns heute noch zu flein und häßlich find, als daß wir es nötig hätten, si: ins Rampenlicht der Oeffentlichkeit zu zerren und den Deutschen an der Saar und denen im Reich zu sagen: Seht sie euch an, die Saboteure, die gemein­gefährlicher und lumpiger sind als die offe= nen Verräter an der deutschen Saar ! Auch die Stunde dieser heuchlerischen Patrioten" fommt!"

Diese Zeilen versehen die Saarbrücker Landeszeitung" in helle Empörung. Das Trierer Blatt, das die deutsche Saarpresse grob und unbefugt verdächtige, hatte die Pflicht, etwas offener zu reden.....

Kurz, die Aera der Volksgemeinschaft" ist auch an der Saar vorbei. Das Volk ist beunruhigt und seine Führer" geraten sich unter Heil Hitler!" in die Haare.

Stolz weht die Flagge...

Seltsame Erinnerung

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Die deutsche Presse erinnert begeistert daran, daß vor 15 Jahren die französischen Fahnen, die den Franzosen abge­liefert hätten werden sollen, von Soldaten aus dem Zeug­haus geholt und vor dem Denkmal Friedrichs II. verbrannt worden sind. Seltsam wenig aber spricht die Presse von dem Kommandanten dieses Ueberfalls. Es war ein Leutnant namens Simons, dessen Urgroßmütter und Großmütter den Anforderungen, die man heute an sie stellt, nicht mehr ge= wachsen wären. Fast so ironisch wie die Tatsache, daß man bei den Stageraffeiern die Fahne schwarz- weiß- rot wehen ließ, ohne zu bedenken, daß der Verfasser des Flaggen liedes jüdisch gelebt hat und jüdisch gestorben ist.

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Was alles..Landesverrat" ist

Was

In der volkswirtschaftlichen Beilage des Bölkischen Beobachters"( Nr. 166) schreibt Bernhard Köhler :

Es ist Landesverrat( im Original fett gedruckt. Red.) wenn erklärt wird: Die Arbeitsschlacht kann nur gewonnen werden, wenn der Außenhandel wieder in Ord­nung kommt; denn das bedeutet nichts anderes, als daß das Ausland, das sich doch an unserem Außenhandel be­teiligen muß, darüber zu befinden hat, ob das deutsche Volk seine Arbeit tun und von seiner Arbeit leben darf oder nicht."

Man könnte auch noch einen kleinen Schritt weiter. gehen und erklären: Es ist Landesverrat, wenn einer be­hauptet, daß zweimal zwei vier ist, daß man Kühe füttern muß, um fie melken zu können, oder daß beim Abzug größerer Zahlen von kleineren sich ein Minus ergibt...

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