xb2b ml antiodA
and allot
Pentjake
jpoia
Freiheit
-
Nr. 159 2. Jahrgang
Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands
Saarbrücken, Freitag, 13. Juli 1934
Chefredakteur: M. Braun
Aus dem Inhalt
Seite 5
Hitler vor dem Reichstag
Der Reichkanzler zum Reden gezwungen
Noch immer wagt der Reichskanzler nicht, die Liste der auf seinen Befehl Erschossenen zu veröffentlichen.
Noch immer wird keinerlei Beweismaterial für die Schuld der C.mordeten vorgelegt.
Immerhin ist der deutsche Reichskanzler durch die Angriffe der Presse in aller Welt und durch die wachsende Unruhe im deutschen Volke gezwungen worden, sich der Oeffentlich keit zu stellen. Er hat den Reichstag schon für Freitag, den 13. Juli einberufen. Vier Wochen früher, als ursprünglich geplant war.
Er, dessen Redefluß sonst ungehemmt und unverfieglich war, wollte nun schweigsam werden. In stiller Zurückgezogenheit fern in den Bergen oder in nördlichen Meeren wollte er idyllische Ferienruhe pflegen, um seine Morde in Vergessenheit geraten zu lassen.
Reichsregierung verhandeln, die schändlicher Verbrechen vor
aller Welt überführt ist.
Dieser Reichstag aber wird den Reichskanzler nicht stürzen. Dieses Scheinparlament wird alles widerspruchslos hinneh men, was ihm die Reichsregierung bietet. In diesem Reichs tag
wird die Stimme des deutschen Volkes nicht gehört werden.
Die Antwort, die das gefesselte deutsche Volk im Parlament nicht geben kann, muß von außen kommen.
Die„ Deutsche Freiheit" ist berufen, dem Blut- und Hungers fanzler zu antworten, dessen Name längst zu einem Schand wort der deutschen Sprache geworden ist.
Wir werden ihm und seinen Mitverbrechern die deutsche Antwort geben, die sie verdienen.
Diese Absicht hat er preisgeben müffen. Er läßt ankün- ER oder Heß? 9M 20
digen, daß er am Freitag vor dem Reichstage sprechen werde. Das ist ein Parlament, das seiner würdig ist. Mit Diäten für Nichtstun bestochene Kreaturen, verfassungswidrig unter Terror gewählt, willenlose Werkzeuge einer verbrecherischen eidbrüchigen Regierung.
Wüßte das deutsche Volk die volle Wahrheit, hätte es die Möglichkeit frei zu sprechen, frei zu wählen, so stände der Reichskanzler vor einem Parlament, das die Anklage wegen Massenmordes und Volksverrates gegen ihn erhöbe. Nicht einen Augenblick dürfte ein Reichstag, der aus Ehrenmännern und nicht aus politischen Banditen bestände, mit einer
, 12. Juli. Der„ Jour" läßt sich aus Berlin melden,
daß es noch immer nicht einwandfrei feststehe, ob Hitler am Freitag selbst sprechen werde. Es sei bekannt, daß der Kanz ler sehr leidend sei, und daß Heß für ihn reden soll. Andererseits mache bie nationalsozialistische Parteiforrespondenz die Mitteilung, daß Hitler an der morgigen Sigung teilnehmen und sprechen werde. Agence Havas teilt aus gut informierten politischen Kreisen mit, Sitlerwerbe Deutschsands Wiedereintritt in den Völkerbund anfündigen.
Einem„ Mißverständnis" ist, wie es in einer an den Bischof Dr. Bares gerichteten hitleramtlichen Entschuldigung heißt: der Leiter der katholischen Aktion, Ministerialdirektor Dr. Klausener zum Opfer gefallen. Mißverständlich hat man seiner Frau die Leiche nicht ausgeliefert. Mißverständlich hat man sie, den katholischen Gebräuchen zuwider, in aller Stille
verbrannt.
war! Um Dr. Schmid trauert eine Witwe mit drei Kindern, von denen das jüngste ein Jahr alt ist. Das fatale Borkomm
nis wurde in der Presse als Unglücksfall bezeichnet, und sogar die Münchner Neuesten", das Leibblatt Schmids, schwiegen über den wahrhaften Hintergrund ihres Mitarbeiterverlustes. Trotzdem sickerte die Wahrheit durch..."
Es gab aber noch mehr solche Mißverständnisse. Einem„ b e- Dauerlichen Versehen" auf Grund einer Namens Friedrich Beck verwechslung ist der Musiffritifer der„ Münchner Neuesten Nachrichten", Dr. Willy Schmid, zum Opfer gefallen. Ermordet werden sollte nämlich Paul Schmidt, der ehemalige zweite Direktor der„ Münchner Neuesten Nachrich ten". Paul Schmidt war im letzten Sommer im Einverständ nis mit der politischen Polizei kommissarisch als zweiter Dis rektor im Verlag der„ Münchner Neuesten Nachrichten" eingesetzt worden, geriet aber infolge verschiedener Vorgänge in Gegensatz zu der politischen Polizei und schied im Früh ling dieses Jahres aus dem Unternehmen wieder aus.
Es kann aber sein, daß auch dieser Schmidt gar nicht gemeint war. Es soll nämlich in München noch einen Wilhelm Schmidt- gegeben haben, SA.- Gruppenführer, der in die Röhm- Revolte verwickelt gewesen sei und schließlich am 30. Junt in Stadelheim erschossen wurde...
Die Beiseizung
Das blutige Ende
James Gerard prophezeit die Ermordung Hitlers Neuyork, 12. Juli. Gestern abend sprach anläßlich eines Banquetts der ehemalige amerikanische Botschafter in Ber= lin, James Gerard. Er prophezeite die Ermordung Hit lers. Gerard führte aus, Hitler lebte vom Schwerte und werde durch das Schwert fallen. Es hänge nur an einem Faden über seinem Haupte. Der Mörder werde sich an ihm für die zahlreichen Morde rächen, die gerade jetzt in Deutsch land begangen worden sind.
Die ungelöste Krise Papen und Eltz von Rübenach
Berlin, 12. Juli. Wie United Preß aus guter Quelle erfährt, wird Vizekanzler Papen sich in den nächsten Tagen zum Reichspräsidenten nach Neudeck begeben und dann wahrscheinlich eine Reise nach der Schweiz antreten, wo er mehrere Wochen verbringen dürfte. Es gilt als sicher, daß er nach seiner Rückkehr das Vizekanzleramt nicht mehr aus: üben wird. Auch der Rücktritt des Reichsministers Elz von Rübenach, in dessen Ministerium Ministerialdirektor Klau sener am 30. Juni erschossen wurde, erscheint als so gut wie ficher.
Düsterberg
Berlin, 12. Juli. Immer bestimmter wird behauptet, daß der frühere zweite Bundesvorsitzende des„ Stahlhelms", Oberst Düsterberg, in ein Konzentrationslager gebracht wor den sei. Ein amtliches Dementi liegt bisher nicht vor.
Düsterberg war bei den letzten Reichspräsidentschafts- WahIen Kandidat der Deutschnationalen. Ein anderer Präsidentschaftskandidat, Ernst Thälmann, fißt seit 16 Monaten im Gefängnis, ist schwer mißhandelt worden und erwartet seinen Prozeß. Ein dritter Präsidentschaftskandidat, Otto Braun, lebt als Emigrant in der Schweiz.
Paris, 12. Juli. Die Verhaftung Düsterbergs wird in einer Havas- Meldung bestätigt.
Berlin, 12. Juli. Die Kartoffelknappheit hält noch immer an. Auf den Märkten und vor Geschäften sieht man lange Reihen von Frauen, die auf ihre Ration an Kartoffeln warten. Die Behörden lassen erklären, daß der Mangel in wenigen Tagen behoben sein werde, aber sie begegnen allgemeinem Mißtrauen, zumal auch Fett seit Wochen knapp ist.
Photos unerwünscht
Eine Teilauflage des„ Illustrierten Beobachters", der groBen offiziellen illustrierten Zeitschrift des Regimes, wurde wegen des Abdrucks unerwünschter Fotos über die Hinrichtungen beschlagnahmt.
Flughalle gesprengt
Zu den Ermordeten in München gehört, wie wir schon furz berichteten, auch Dr. Friedrich Beck, der Direktor des Studentenhauses München und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes München. Becks Lebenswerk war die sozialstudentische Arbeit. Er war während des Krieges der Gründer des deutschen Landesverbandes der Europäischen Studentenhilfe, der sich später zum großen Deutschen Studentenwerk umwandelte. Dem entscheidenden Einfluß, Becks. des strengen Katholiken, war es zuzuschreiben, daß diese wirtschaftliche Selbsthilfeorganisation für deutsche Studenten von allem Anfang an auf überkonfessioneller Grundlage errichtet wurde. Als Vertreter des Deutschen Studentenwertes war Beck Vorstandsmitglied und in den letzten Jahren noch Vorsitzender des sozialstudentischen Ausschusses des Weltstudentenwerkes. In dieser internationalen Körperschaft wurde seine reiche Erfahrung und sein kluger Rat hoch ge= schätzt. Er vertrat die Interessen seiner deutschen Organisation und des Deutschtums überhaupt in einer äußerst angenehmen und erfolgreichen Weise. Vielen jungen ausländischen Studenten erschloß er Deutschland. Seine ihm liebste Arbeit aber leistete Beck in München. Mit ganzer Seele hing er am Studentenhaus, im Wesentlichen sein Werk. Lagen die Gründe für seine Ermordung in der Tatsache, in Polen daß Beck intensiv die internationalen studentischen Bezie= hungen pflegte? War es seine intensive Arbeit im katholischen Organisationsleben? Man weiß nichts darüber. Bed, ein stets Gütiger und Hilfsbereiter, besaß feine reinde. Das sture akademische Braunhemdentum hat allerdings seine auf Ausgleich gerichtete Arbeit unter der Studentenschaft heftig bekämpft.
Die Basler„ National- Zeitung" berichtet:„ Am letzten Freitag abend fand in München die Bestattung des Musifschriftstellers und Redakteurs Dr. Willi Schmid statt, eines Mannes, der in weiten Kreisen als Theater- und Konzertreferent der„ Münchner Neuesten Nachrichten" geschätzt und beliebt war. Von Dr. Schmid hatte man aus den Zeitungen erfahren, daß er durch einen Unglücksfall aus dem Leben geschieden war. Aber erst aus der Trauerrede des Pfarrers anläßlich der Beiseßung des Verstorbenen hörte man, welcher Art der Unglücksfall war, durch den Dr. Schmid ſein geben einbüßte. Dr. Schmid iſt das Opfer einer fatalen Ber: mechselung der Erefutionsorgane des Mün hener Standgerichtes geworden! Die Kopflosigkeit, mit der hier vorgegangen wurde, ist umso erstaunlicher, wenn man vernimmt, daß der gesuchte Obergruppenführer Schmid bereits drei Stunden vor der Er( ießung Dr. Schmids binaexime de groken Strafgericht ihren Bea bahnen
Mußte darum Beck ermordet werden? War es auch nur ein„ Mißverständnis"? Hitler- Deutschland wird die Wahrheit nicht sagen. Aber einmal wird sie sich, verbunden mit dem
Wien, 12. Juli. Aus Berlin wird der Reichspost" gemeldet, daß in der Nacht zum Mittwoch die Flughalle von Swine münde durch ein Attentat in die Luft gesprengt worden sei. Die zwölf darin befindlichen Flugzeuge seien vernichtet worden.
Warschau, 12. Juli.
Die polnischen Behörden haben soeben die Auflösung der nationalradikalen Partei angeordnet, die vor allem durch ihren scharfen Antisemitismus sich auszeichnet. Als offizieller Grund für diese Maßnahme wird angegeben,
die Partei bedrohe die öffentliche Ordnung.
Ferner wird gemeldet, daß Mitglieder dieser Partei ebenso wie 130 Ukrainer und 40 Kommunisten in einem neuerdings in Bereza Kartusta in Polen errichteten KonzentrationsLager interniert worden seien
الله عبد الله