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Am Sonntag haben die freien Gewerkschaften des Saargebietes auf einer Konferenz für das gesamte Gebiet ihre Haltung bei der eventuellen Abstimmung am 13. Januar präzisiert. Sie haben einstimmig und einmütig beschlossen, gegen
Die Katholiken an der Saar nicht beruhigt
eine Rüdgabe des Saargebietes an sitter: Der große Stimmungsumschwung gegen das„, dritte Reich"
Die Parole wurde unter stürmischer Zustimmung und minutenlang anhaltendem Beifall aufgenommen. Damit hat die stärkste und ausschlaggebende Gewerkschaftsorganisation des Saargebietes ihre feste Position im Abstimmungsfampf auf der Seite der freien Deutschen gegen die Knechte und Handlanger des Hakenkreuzkapitalismus bezogen. Diese Stellungnahme der freien Gewerkschaften wird im ganzen Saargebiet einen starken Widerhall finden.
Die Referate
Aus dem g. zen Saargebiet waren die Vertreter der frei: gewerkschaftlichen Arbeiterschaft zusammengekommen, so daß sie den großen Saal der Arbeiter- Wohlfahrt füllten. Im Mittelpunkt der Tagung standen zwei Referate, deren Thema lautete:
" Saarfragen im Spiegel der Rückgliede rung."
Der erste Redner, der Bezirksleiter des Deutschen Metall arbeiter Verbandes , Mar Bod, setzte den Delegierten in einem hochinteressanten und glänzend informierenden Vortrag die großen wirtschaftlichen Zusammenhänge auseinan= der, die mit der eventuellen Rückgliederung des Saargebietes auftauchen und die das Schicksal der Saarbevölkerung in ganz einschneidenden Maße bestimmen werden.
Mit den tatsächlichen Ziffern und dem tatsächlichen Stand der deutschen darniederliegenden Wirtschaft widerlegte der Redner denn auch die zahlreichen Versprechungen, die die Dema: gogen des dritten Reiches" skrupellos der Saarbevölkerung machen, obgleich fie genau wissen, daß eine Erfüllung einfach unmöglich ist.
Auch die politischen Ausführungen des Landesleiters der freien Gewerkschaften, Friz Dobisch, wurden mit großem Interesse und mit oft durchbrechendem Beifall aufgenommen. Besonders der unbeugsame Kampfwille, der aus den Wor: ten Dobischs hervortrat, riß die Funktionäre zu hellster Be= geisterung hin ur entfesselte Beifallsstürme.
Seinen beredten Ausdruck fand die kämpferische Ents schloffenheit und Siegeszuversicht innerhalb der Arbeiterschaft auch in der langen und hochstehenden Aussprache. Einig waren sich alle und ohne Vorbehalt in der Abwehr dez Hitler Faschismus und in dem festen Willen, den Nationalsozialisten an der Saar eine empfindliche Schlappe beizubringen. Gleichermaßen einmütig waren sich auch sämtliche Redner in ihrem Bekenntnis zur notwen= digen Einheitsfront aller sozialistischen, antifaschistisch eingestellten Arbeiter.
Eine Anklage
Einer der erhebendsten Höhepunkte der Konferenz aver bildete die ans tiefster Ueberzeugung und mit einer unbeschreiblichen Wucht und Kraft vorgetragene Anklage des Bergmanns Volz gegen die zum Himmel schreiende ungerechtigkeit, die auf dem Lande täglich von den Anhängern der deutschen Front" an sozialistisch und antifaschistisch eingestellten Einwohnern des Saargebietes begangen wird und um die sich kein Mensch zu kümmern scheint,
Wie packend waren seine Worte von den Landjägern mit den zwei Sorten Augen", die die Schurken der deutschen Front" schalten und walten lassen, ohne einzu: schreiten, die aber bei jeder Geringfügigkeit Antifaschisten gegenüber auf den Buchstaben des Gesetzes pochen und oft noch mehr sehen und dahinter vermuten, als sich in Wirklichkeit zuträgt, nur um der verhaßten Freiheitsfront eins auszuwischen.
Als zum Schluß der Konferenz, über die wir noch einen ausführlichen Bericht bringen, die Internationale" durch das Haus dröhnte und die Freiheits"-Rufe mit einer Be
Die gleichgeschaltete katholische Landeszeitung" in Saarbrücken schreibt zur Kanzlerrede:
" So sehr Schuld und Schicksal dieses verschwörerischen SA.- Kreises, der bekanntlich unter besonderer Gerichtsbarkeit stand, durch die Darlegungen des Reichskanzlers geklärt erscheinen mögen, so sehr sind wir auch heute leider noch im Unklaren über das, was anderen, im Zusammenhang mit den Ereignissen des 30. Juni genannten und getöteten Persönlichkeiten an Schuld zugewiesen wird. In diesen Fällen, in denen es sich zum Teil um untadelige Männer des öffentlichen Lebens handelt, die plötzlich und ohne nähere Begründung mit dem schweren Verbrechen des Verrates beschuldigt und dann getötet worden sind, ist eine rückhaltlose Aufklärung des Volkes doppelt notwendig. Wir vermissen aber leider nicht nur die meisten Namen derer, die außerhalb des rebellischen SA.- Kreises von dem Schicksal des 30. Juni ereilt worden sind, sondern auch jede Darlegung darüber, welche Schuld sie auf sich geladen haben. Wir verhehlen nicht die Tatsache, daß uns das Dunkel, das in dieser Hinsicht auch heute noch besteht, ernste Besorgnisse bereitet. Als Männer, die auch nach ihrem Tode einen heiligen Anspruch auf den Nachweis ihrer Schuld oder auf eine öffentliche Ehrenrettung haben, nennen wir insbesondere Dr. Klausener, den Vorsitzenden der Katholischen Aftion im Bistum Berlin, und Adalbert Probst , den Reichs= führer der Deutschen Jugendkraft, von dem wir bisher nur das eine wissen, daß er in zeitlichem Zusammenhang mit den Ereignissen des 30. Juni verhaftet und auf der Flucht erschossen worden ist. Ueber diese beiden Personen liegt bisher noch keinerlei amtliche Erklärung darüber vor, ob und inwieweit man sie überhaupt der Teilnahme an einem Komplott gegen den Staat beschuldigt. Die Erklärung des
Ministerpräsidenten Göring am Abend des 30. Juni:„ Ich
habe meine Aufgabe erweitert, indem ich auch gegen die Unzufriedenen einen Schlag führte", und die Ungewißheit der Auslegung und der praktischen Tragweite dieser Worte machen eine Erklärung doppelt zur Pflicht. Angesichts der tieferen inneren Erschütterung, die der Tod dieser beiden Männer in weitesten Kreisen des katholischen Volkes ausgelöst hat, erwarten wir, daß diese Fälle offen und klar aus dem Dunkel hervorgezogen werden, das sie heute noch umgibt."
Die katholische Neue Saar- Post" in Saarbrücken richtet einen Offenen Brief an den„ Sehr geehrten Herrn Reichskanzler". Darin heißt es u. a.:
Herr Reichstanzler, mit Ihrer Propagandarede vom 13. Juli ist das Vertrauen nicht gewachsen, nein, ganz ehrlich soll es ausgesprochen werden, das Mißtrauen wurde noch gewaltig gesteigert. Das Volk will Belege, das Volk will Material, will Unterlagen für die staatsfeindlichen Verfehlungen jener Leute, die Sie nach Ihrem eigenen Geständ= nis vor aller Welt einfach haben erschießen lassen. Das Volk und die Welt erkennt Sie als obersten Gerichtsherrn nicht an; denn Sie sind Partei. Das deutsche Volk gibt niemand das Recht, auch nicht einem Reichskanzler, ohne Urteil je: mand aus dem Leben zu befördern.
Und nun, Herr Reichskanzler, Sie haben Ziffern genannt, die Zahl derer, die Ihrem Schwert zum Opfer fielen um mit Göring zu sprechen. Wo sind die Namen, damit Vergleiche gezogen, Nachprüfungen vorgenommen werden können? Bis jetzt ist das immer noch nicht möglich.
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Die Katholiken hätten gern etwas davon gehört, ob man den Leuten, die katholisch waren, Gelegenheit gegeben
geisterung erschollen, die aus der Siegeszuversicht entspringt, waren die Teilnehmer um ein erhebendes Ereignis bereichert und in ihrem opfervollen Kampf gegen eine Welt voller Feinde neu bestärkt.
hat, vor dem Tode die Tröstungen der Kirche zu empfangen. Wir hätten überhaupt gerne einmal etwas darüber gehört, wie Sie heute zu der Kirche und dem Katholizismus stehen, ob die Katholiken weiterhin als angebliche Wühlmäuse ver= folgt werden sollen? Die Katholiken sind enttäuscht über das, was Sie sagten, aber noch weit mehr über das, was Sie nicht sagten. Die Katholiken Deutschlands , überhaupt alle Christen, glauben an eine ewige Vergeltung, an ein ewiges Fortleben. Unsere größten Sorgen sind die Sorgen für unsere heilige Kirche, die uns für die Ewigkeit vorzubereiten berufen ist. Für die Ewigkeit, Herr Reichskanzler, nicht für die kurze Spanne Zeit auf Erden.
Deshalb sind wir zuerst katholisch und verlangen, daß die Kirche ihre Aufgaben in Deutschland voll und ganz wahrnehmen kann. Und unser Glaube verlangt, daß wir auch gute Staatsbürger sind, daß wir unsere Heimat und unser Vaterland als eine Gottesgabe mit ganzem Herzen lieben. Weil wir Katholiken unser Vaterland lieben, deshalb diese offene Sprache, deshalb der Kampf gegen jene, die wir nicht für fähig halten, unser armes Volk herauszuführen aus den jezigen Wirren, aus den Tagen der Not und des Elends. Wir führen den Kampf gegen Lüge, gegen Verdrehung, gegen falsche Verherrlichung, gegen Personenkult, um mit Herrn v. Papen zu reden:„ Gegen Eigennut. Charakterlosigkeit, unwahrhaftigkeit, Unritterlichkeit und Schönfärbereien."
Wir an der Saar haben den Mut, die Dinge noch beim richtigen Namen zu nennen. Glauben Sie nur nicht, daß Sie das Volk überzeugt haben! Gedankenlose Männer haben Sie vielleicht für sich gewonnen und einfältige Frauen, die die Zusammenhänge nicht kennen, und denen der Wind Ihrer Phrasen den Kopf ausgeblasen hat. Die meisten Zuhörer, Herr Reichskanzler, hörten in Ihrer Rede, genau wie in der Rede Ihres Propagandaministers Goebbels , bereits ganz vernehmlich die Melodien des letzten Walzers anklingen...
Gebete verboten!
Was alles beschlagnahmt wird
Neulich ist ein an die katholische Jugend Triers gerichtetes Flugblatt des Prälaten Anheier, Diözesanpräses der katho lischen Jugendvereine beschlagnahmt worden: Der Oberbürgermeister der Stadt Trier als Ortspolizeibehörde.
Hochwürden
Herrn Prälat Anheier
Fernmdl. Anfrage v. 29. d3. Mts.
Betreff. Flublattbeschlagnahme.
Am 29. d. M. wurden in den katholischen Kirchen Triers in der Zeit der Gottesdienste 647 Flugblätter beschlagnahmt, die an die Katholischen Jungen und Mädchen in der Hitlerjugend" gerichtet und von Diözesanpräses Prälat Anheier, Domkapitular und Dompfarrer herausgegeben sind.
Die Beschlagnahme und Einbeziehung der Flugblätter ist auf Grund des§ 7 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schuße des deutschen Volfes vom 4. 2. 1933 und des§ 14 des Polizeiverwaltungsgesetzes vom 1. 6. 1931 erfolgt, da der Inhalt in seinen Wendungen„ Das absolute Erziehungsrecht hat nicht der Staat, sondern Gott allein"," Und nun will man diese Jugend zwingen, ihr Christus gegebenes Treuversprechen zu brechen", besonders aber in der Wendung " Ich bitte Dich, katholischer Junge und katholisches Mädchen, in der Staatsjugend, hilf mir beten, damit nicht das Wert des Volkskanzlers durch ungefeßlichkeiten untergeordneter Organe sabotiert wird" eine unbegründete und untragbare Kritik am nationalsozialistischen Staate darstellt und somit geeignet ist, die öffentliche Sicherheit zu gefährden.
Gegen diese Maßnahme steht Ihnen nach§ 45 des Polizeiverwaltungsgesetzes die Beschwerde zu. Diese ist innerhalb zwei Wochen schriftlich oder zu Protokoll bei mir einzulegen. Der f. Oberbürgermeister. ( gez.) Christ.
Drei Kundgebungen am Sonntag
Die antifaschistische Saar - Front wächst
In Sulzbach zählte die antifaschistische Kundgebung liber 3000 Teilnehmer, in dem kleinen Grenzörtchen Außen über 1000 und in Saarlouis , obgleich die Landjäger Hunderte abgehalten hatten, über 2000. Natürlich werden die bedauernswerten Blätter der sogenannten„ deutschen Front" in ihrer hundedemütigen Gleichschaltung wieder einmal behaupten, das seien nur„ Lothringer", oder nur ,, Emigranten" oder Farbige" oder„ Gesindel", oder aber alles zusammen gewesen.
In allen drei Kundgebungen sprachen Mar Braun und Friz Pfordt. Die Begeisterung der Massen war grenzenlos und überstieg alle Erwartungen. Wenn Räume da freigegeben wären, die diese Massen fassen könnten, wäre mit noch stärkerem Zuzug zu rechnen. Jedenfalls steht eins fest: Die Antifaschistische Front marschiert und wächst von Tag zu Tag!
Umso häßlicher, widerlicher und kleinlicher wirkt das Benehmen gewisser Elemente der sogenannten„ deutschen Front" und gewisser Teile der Landjäger und der Polizei. Es gerügt, dafür zwei Beispiele anzuführen:
,, Pfui Teufel!"- Ein Exempel
In Außen standen einige Hitlergänse in vorgerüdtem Jungfrauenalter an einer Straßenecke und schrien und johl= ten und feiften. Desgleichen die schulpflichtige Jugend, die anscheinend im Völkerbundsland zu„ rauhen Kämpfern" nach den Sitten und Methoden der Hitler, Röhm und Genossen erzogen werden. Zugleich aber hatte die„ deutsche" Front folgendes Flugblatt im gleichen Orte verbreitet: „ Separatistischer Mord
Versammlung einberufen. Als Redner sind bestellt der berüchtigte „ Drei- Pfeilen- Bonze" Maz Braun und der„ Ritter vom hohen Sowjetstern" Frizz Pfordt. Das würdige Paar will die ihnen verbliebene Galgenfrist bis zum 13. Januar 1935 noch schnell dazu benutzen, auch in unserem Orte ihre schwindsüchtige Filiale mit Gift und Lüge wieder zu beleben. Unsere Außener Bevölkerung legt keinen Wert auf den Besuch der beiden politischen Mag und Morize, denen ihre Privatinteressen näher liegen, als unsere Volksgemeinschaft. Wir werden uns von diesen, mit französischem Gelde aushaltenen Phrasenonkels nicht zu„ status quacklern" machen lassen, das dürfen sie und andere Separatisten fich merfen. Die Außener Bevölkerung weist es weit von sich ab, mit diesen Vaterlandsverrätern Hand in Hand zu gehen. Dieser sepa
ratistische Spuf wird hier ebenso schnell verschwinden wie in der Pfalz und im Rheinland . Das Ende dieser Galgenbrüder wird ihnen zu denken geben. Wir werden ihnen zwar nicht das Ende bereiten wie jenen, die mit Knüppel totgeschlagen wurden oder ins Feuer geworfen wurden, wir haben für sie nur ein gerüttelt Maß Verachtung übrig und werden sie am Sonntag begrüßen mit einem kräftigen Pfui Tenfel". Außener Bürger! Zeigt diesen Wölfen im Schafspelz, daß ihr gleichen Sinnes und gleichen Blutes sei wie unsere pfälzischen und rheinischen Brüder, die auch in Tagen der Not tren zu Volf und Vaterland gestanden. Haltet Disziplin und meidet diese ekelerregende Sippschaft.
Omega."
Jeder Kommentar zu diesem Zeugnis Hitlerschen Ungeistes und tiefster Erniedrigung könnte den Eindruck nur abschwächen. Selbstverständlich hatte das Flugblatt nur das Gegenteil erreicht, nämlich nun erst recht alle Antifaschisten auf die Beine gebracht, so daß über 1000 Teilnehmer an der Kundgebung gezählt werden konnten.
Sie erwacht... Reichsflagge auf Halbmast zum Gedenken des ermordeten Jugendführers
Saarlouis , den 15. Juli 1934.
Heute fand hier das Kreistreffen der Deutschen Jugendfraft, der größten fatholischen Jugendorganisation, statt. Die Beteiligung war außerordentlich stark( zirka dreitausend Personen). Zum Zeichen der Trauer um den von Hitlerbanditen ermordeten DJK.- Führer Probst hatten die Jugendlichen ihre Wimpel und Fahnen mit Trauer= floren versehen. In der Saarlouiser Kirche wurde der
flüngel hat für Sonntagabend in der Wirtschaft Alexander eine Festgottesdienst abgehalten. Kaplan Faber, Schwalbach ,
sprach über die Pflicht der jungen katholischen Generation, den Weg, den der ermordete Führer Probst aufgezeigt hat, mutig weiterzugehen. Probst" so sagte Kaplan Faber wörtlich ist nach einer Meldung auf der Flucht erschossen worden. Sein Werk aber lebt und wir wären Feiglinge, wollten wir davon ablassen!"
Unter Vorantritt zahlreicher Kapellen zogen die Festteilnehmer dann zum Sportplaß. Hier sprach Kaplan Schneider. Er wies die Jugend darauf hin, daß sie mit Einsat